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Hausübung
Erziehungswissenschaf­t

Humboldt-Universität zu Berlin

2010, Göstemeyer

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ID# 8327







Steven Schätzchen 03.02.2011


Karikatur einer vielfach verbreiteten und sehr beliebten Lehr-/Lernmethode


In der oben dargestellten Karikatur sind zwei Menschen mit Wassergefäßen als Kopf dargestellt. Auf dem Gefäß des kleineren Menschen ist ein Trichter gesetzt und in diesem Behältnis schwimmt ein Vogel, dem das Wasser bis zum Hals steht. In dem Gefäß der größeren Person befindet sich ein Fisch, der im Wasser schwimmt.

Gleichzeitig wird Wasser von dem Gefäß der größeren Person in jenes der kleineren durch den Trichter hineingegossen.


Bei der Betrachtung der vorliegenden Karikatur ist evident, dass es sich um das allgemein bekannte Prinzip des „Nürnberger Trichters“ handelt.

Diejenigen, die gemäß dieses Prinzips lehren oder auch lernen, denn ich nehme viele der in heutigen pädagogischen Institutionen lernenden von dem Gebrauch dieser Didaktik nicht aus, gehen davon aus, dass jeder Lehrer jedem Schüler jeden Lehr-/ Lerngegenstand jeglicher Schwierigkeit vermitteln, gleichsam selbstredend jeder Schüler jeden Lerngegenstand sich mühelos aneignen kann.


Bei einer solchen Methodik wird pädagogisch naiv von einer Allmacht der Pädagogik ausgegangen. Als würden individuelle Bestimmtheiten in Form von Anlage, Begabung, Lerntempo, ausgeprägter auditiver oder visueller Wahrnehmung, usf. auf die Aufnahmefähigkeit eines zu Lehrenden keinerlei Auswirkungen haben, gehen auf solch einer Didaktik basierende pädagogische Handlungen von keinerlei Abhängigkeit natürlicher Unterschiede der Zöglinge aus.

Dies führt unweigerlich dazu, dass auf diesem Fundament die vermittelte/erhaltene Bildung lediglich in materialer Form stattfindet und gleichzeitig gemäß der intentionalen Erziehungstheorie gehandelt wird, da es ja offenkundig nur die Intention der Wissensvermittlung gibt.

Darüber hinaus werden verschiedene Prinzipen pädagogischen Handelns schlichtweg missachtet. Am deutlichsten evident ist wohl die Missachtung der didaktischen Transformation, da gemäß diesem Prinzip keine Fragen an den Lehrgegenstand gestellt werden, wenn es sich um bloße „Wissenseintrichterung“ handelt.

Wenn ein Sachverhalt lediglich 1:1 von dem Schüler rezipiert werden soll, kann selbstredend keine diskursive Auseinandersetzung, keine intergenerationelle Verständigung, geschweige denn gesellschaftliche Kontextualisierung an eben diesem stattfinden. Dies bedeutet ständige Reproduktion und, um noch einen Schritt weiter zugehen, Vermehrung von Normen, die dem Einzelnen in einer Gesellschaft schaden könnten, schenkt man den Worten Rousseau´s aus seinem Diskurs Glauben.

Betrachten wir nun das Grundfundament pädagogischen Handelns. Man wird wohl leicht einsehen, dass bei einer solchen Lernmethode dem Begriff der Bildsamkeit im Sinne einer freien und offenen Unbestimmtheit nicht genüge getragen wird. Lernen Schüler immer das, was ihnen von dem Pädagogen eingetrichtert wird, wird wohl bald der frei gestaltete Gebrauch von Bildsamkeit depraviert, wenn nicht gar in bitterer Konsequenz zerstört.

Im Zuge dessen drängt sich auch der Gedanke auf, dass die Schüler wohl niemals selbsttätig Lerngegenstände auswählen, reflektieren oder denken lernen, womit auch dem zweiten Grundpfeiler pädagogischen Handelns dem der Aufforderung zur Selbsttätigkeit sträfliche Missachtung widerfährt.


Offensichtlich findet in der Karikatur kein direkter Kontakt zwischen beiden statt, da jeder in seinem Gefäß quasi isoliert scheint. Stattdessen gibt es einen einseitigen Fluss von der älteren zur jüngeren Generation, was bedeutet, dass in diesem Fall die ältere die jüngere nach ihrer Vorstellung zu formen und bestimmen versucht, ohne dass es die geringste Rückforderung also einen Austausch gäbe.

Die der Karikatur immanente Konsequenz dieser Asymmetrie mutet sehr drastisch an. Denn wenn man bedenkt, dass dem Vogel das Wasser bis zum Hals steht und der Fisch, wenn alles Wasser ausgegossen ist, der Luft ausgesetzt ist, bedeutete dies den Tod beider. Wahrscheinlich ist das eine doch eher stark überzeichnete Metapher, die den Verlust von gesamtgesellschaftlichen Potenzialen darstellen soll, der sich ohne angemessene Generationenverständigung vollzieht.

Sie bestimmt das Leid der heutigen und den noch größeren Schaden der künftigen Generation.(Diskurs S. 75) Da Rousseau unter der Natur des Menschen die perfectibilite also die freie und offene Bildsamkeit versteht, passt dieser Gedanke auf die Fisch-Vogel-Metapher vielleicht noch besser.


Dieser vordem auseinandergesetzte Sachverhalt initiiert bei mir ganz unwillkürlich den Gedanken an den neumodischen Begriffs des „Bulimie-Lernens“, der ja besagt, dass nur noch prüfungsrelevante Themen gleich wie bei einer Fressattacke aufgesogen werden, um sie dann in der Prüfung „auszukotzen“.



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