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Fachbereichsarbeit
Literaturwissenschaft

Schulzentrum Ungargasse Wien HAK HTL

2006

Felix R. ©
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ID# 22439







J.R.R. Tolkien –

Der

Schöpfer

von Mittelerde


Inhaltsverzeichnis:

1. Vorwort

2. Biographie

3. Der kleine Hobbit

3.1 Inhalt des Romans

3.2 Analyse des Stils und der Sprache

3.3 Analyse der Handlung

4. Der Herr der Ringe

4.1 Inhalt des Romans

4.2 Analyse des Stils und der Sprache

         4.2.1 Fantasy – Entstehung eines Genres

4.3 Analyse der Handlung

4.3.1 Auffassung des Bösen und religiöse Hintergründe

5. Quellenverzeichnis

5.1 Primärliteratur

5.2 Sekundärliteratur

1. Vorwort:

In dieser Facharbeit, die als Projekt im Deutsch-Unterricht unter Herrn Professor Tanzer durchgeführt wurde, möchte ich Professor John Ronald Reuen Tolkien, der mit seinen Werken und Leistungen zweifelsohne die Literaturlandschaft des 20sten Jahrhunderts deutlich geprägt hat, als Person, Philologen und Autor genauer beschreiben. Neben einem kurzen Lebenslauf beabsichtige ich nicht nur einen kurzen Abriss über seine Bücher, sondern auch eine genauere Beobachtung seines Verhältnisses zu seiner erschaffenen Fantasiewelt zu erstellen.

Dabei will ich nicht versuchen die öffentliche Meinung der „so genannten“ und der wahren Literaturexperten wiederzugeben, sondern versuchen eine möglichst neutrale und faire Beschreibung seines Lebenswerkes darzulegen. In weiterer Folge ist es auch mein Ziel zu versuchen eine Verbindung zwischen seinen Lebenserfahrungen und den niedergeschriebenen Worten zu finden.

Ich hoffe schließlich durch diese Arbeit ein wenig Licht in die Hintergründe der Werke dieses Vaters der Fantasy-Literatur zu bringen. Im gesamten folgenden Text sind Ausdrücke, deren Beschaffenheit es erfordert im Glossar getrennt erklärt zu werden, kursiv markiert.


2. Biographie:

Diese Biographie soll einen kurzen Überblick über das Schaffen von J.R.R. Tolkien geben, der einen großen Teil seines Lebens seinem Hobby, dem Erschaffen von Sprachen und den dazugehörigen Geschichten gewidmet hat.


1892 John Ronald Reuel Tolkien wird am 3. Januar in dem kleinen Ort Bloemfontein, Südafrika als Sohn des englischen Bankmanagers Arthur Tolkien und der Tochter eines Tuchhändlers Mabel Tolkien (frühere Suffield) geboren.

1895 Da ihr das Klima nicht bekommt reist Mabel mit ihren beiden Söhnen John Ronald Reuel und Hilary Arthur Reuel wieder nach England.

1896 Arthur Tolkien stirbt an rheumatischem Fieber und lässt die Familie in schweren finanziellen Problemen zurück. Mabel zieht nach Sarhole Mill bei Birmingham, wo sie auch vier Jahre gemeinsam mit ihren Kindern bleibt.

1900 Mabel Tolkien und mit ihr auch ihre beiden Söhne konvertieren zur katholischen Kirche, was ihnen den Ärger der Verwandten einbringt. Ronald beginnt als Schüler in der King-Edwards-School in Birmingham

1904 Mabel Tolkien erfährt, dass sie Diabetes hat. Ende des Jahres stirbt sie in einem diabetischen Koma und hinterlässt Ronald mit 12 Jahren.

1908 Ronald und Hilary ziehen um. Ronald lernt hier Edith Bratt kennen, seine spätere Frau.

1911 Er beginnt sein erstes Semester am Exeter College in Oxford.

1913 Er beginnt an der Fakultät für englische Sprache und Literatur zu studieren.

1916 Tolkien heiratet Edith Bratt und muss aber bald als Wehrpflichtiger für den 1. Weltkrieg einrücken und kommt als Unterleutnant des 11. Bataillons der Lancashire Fusiliers an die Somme in Frankreich. Bald erkrankt am gefürchteten "Grabenfieber" und kommt zurück nach England.

1917 Er beginnt das „Book of Lost Tales“ (Deutsch: Das Buch der verschollenen Geschichten) während seines Genesungsurlaubs zu schreiben.

1918 Er kehrt nach Oxford zurück und nimmt Teil an der Arbeit für das New English Dictionary, was ihm hilft viel Neues über die Ursprünge der Sprachen zu lernen.

1920 Tolkien beginnt seine Tätigkeit als Lektor für englische Sprache an der Universität Leeds.

1925 Tolkien wird zum Professor für Angelsächsisch in Oxford gewählt.

1926 In Oxford lernt er C.S. Lewis kennen, der ihm später ein guter Freund wird.

1930 Ronald beginnt an der Geschichte zum „kleinen Hobbit“ zu schreiben.

1936 Dem Verlag Allen & Unwin wird von einer eifrigen Studentin ein Manuskript des „kleinen Hobbits“ zugeschickt, worauf diese Tolkien ermutigen das Buch fertigzustellen.

1937 „The Hobbit“ erscheint am englischen Büchermarkt. Aufgrund der guten Nachfrage beim „kleinen Hobbit“ fragen viele nach einer Fortsetzung, die Tolkien auch bald beginnt.

1939 Vortrag “On Fairy-Stories” an der St. Andrew's University. Der zweite Weltkrieg beginnt.

1945 Tolkien wird Professor für englische Sprache und Literatur in Oxford.

1949 Die Arbeit am “The Lord of the rings” ist beendet.

1954 - 1955 „The Lord of the rings“erscheint.

1959 Tolkien geht in die Pension.

1965 „The Lord of the rings“ wird zum Bestseller, da eine nicht autorisierte Taschenbuchversion am amerikanischen Markt erscheint.

1969 - 1970 „Der Herr der Ringe“ erscheint am deutschen Markt.

1971 Am 29. November stirbt seine geliebte Frau Edith Tolkien.

1972 Tolkien erhält von der Königin einen Orden und von der Universität Oxford ein Ehrendoktorat der Literaturwissenschaften.

1973 Am 28. August wird Tolkien krank und stirbt schließlich in einer Klinik, am 2.September mit einundachtzig Jahren.


3. Der Hobbit

3.1 Inhalt des Romans

Ein Liliputaner geht auf eine lange Reise um einen Drachen zu vernichten. Mit diesem Satz könnte man die Handlung dieses Buches beschreiben. In Wahrheit ist die Handlung natürlich schon ein ganzes Stück komplizierter, obgleich sie natürlich nicht mit den komplizierten Handlungssträngen des „Herrn der Ringe“ mithalten kann. Hauptperson dieses Buches ist Bilbo Beutlin, ein Hobbit.

Zuerst einmal wäre zu klären, was Hobbits überhaupt sind. Hobbits sind fiktive humanoide Wesen, die im Unterschied zum Menschen jedoch nur circa 1 Meter groß werden. Eine weitere Besonderheit ist auch, dass Hobbits nie Schuhe tragen, da sie große behaarte Füße mit stark verhornten Sohlen haben. Hobbits leben dabei in einer kleinen Landschaft, die in vier Bezirke aufgeteilt wird und Auenland genannt ist.

Allgemein lässt sich noch sagen, dass sie ein ruhiges sesshaftes Völkchen sind, das sich vorwiegend dem Ackerbau verschrieben hat. Kriege oder auch Verbrechen sind ihnen fremd und sie mischen sich auch nicht gerne in die Kämpfe der umliegenden Völker ein.

Bilbo Beutlin ist ein wohlhabender Hobbit der Mittelschicht, der zum Zeitpunkt der Geschichte ohne Nachkommen oder Erben alleine in seiner gemütlichen Hobbithöhle im Zentrum des Auenlandes in der Ortschaft Hobbingen lebt. Eines schönen Morgens, als Bilbo gerade bei seiner Morgenpfeife ist, kommt der Zauberer Gandalf (oder auch Mithrandir, wie er bei den Elben und Gondorianern genannt wird) auf Besuch.

Gandalf ist eine der mächtigsten Personen, die es in Mittelerde überhaupt gibt. Vor einer langen Zeit kam er über das Meer nach Mittelerde um den ansässigen Völkern in ihrem Kampf gegen das Böse in der Welt zu helfen. Er ist ein Mitglied einer Zauberergilde, die über ganz Mittelerde verstreut seit Jahrtausenden ihr Werk tut. Ein Zauberer kann man also nicht werden, man ist es von Geburt an.

Gandalf ist von der Erscheinungsform her ein alter breiter und gebückter Mann mit einem langen weißen Bart und einem spitzen blauen Hut. Doch der Schein kann trügen, denn er ist ähnlich wie die Elben unsterblich und von keiner menschlichen Abstammung. Die meist einfältigen Hobbits wissen natürlich kaum etwas von der Herkunft oder Macht der Zauberer. Sie kennen Gandalf nur von seinen atemberaubenden Feuerwerken her.

Schlussendlich schlägt er Gandalf die Tür vor der Nase zu und hofft damit in Ruhe gelassen zu werden. Dieser lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken und kratzt mit seinem Stab eine Zwergen-Rune in die Tür. Am nächsten Tag kommt plötzlich doch noch Besuch für Bilbo. Nach und nach trudeln 13 Zwerge und im Laufe des Tages auch noch Gandalf bei ihm ein. Der Anführer der Gruppe von Zwergen ist Thorin Eichenschild, ein Nachfahre der alten Zwergenkönige unter dem einsamen Berg.

Mit dabei sind aber auch noch Dwalin, Balin, Fili, Kili, Dori, Nori, Ori, Oin, Gloin, Bifur, Bofur und Bombur. Bilbo erfährt im Laufe des Gesprächs schließlich auch den Grund für den Besuch. Die Zwerge beabsichtigen einen Schatz von sagenhaftem Ausmaß aus der alten Hauptstadt des Zwergenreiches im Einsamen Berg in ihren Besitz zu bringen. Thorin Eichenschild ist der rechtmäßige Erbe des Schatzes.

Das einzige Problem ist, dass der Schatz immer noch von jenem unsterblichen Drachen Smaug bewacht wird, der auch die Zwergenhauptstadt entvölkert und zerstört hat. Bilbo Beutlin soll dabei als Meisterdieb die Zwerge bei ihrer Aufgabe den Schatz dem Drachen zu stehlen unterstützen. Schlussendlich muss Bilbo seine Ehre verteidigen und sagt verhängnisvoller Weise zu.

Am nächsten Tag beginnt die Reise mit dem vorläufigen Zwischenziel Bruchtal, dem letzten gastlichen Haus, im Besitz des weisen Halbelben Elrond. Das erste Abenteuer erlebt die Reisegesellschaft, als sie sich ohne Beistand von Gandalf in der Nacht einem Lagerfeuer im Wald nähern. Bilbo zeigt seine Fähigkeiten und schleicht sich nah genug heran um zu sehen, dass drei große Trolle schlemmend dabei sitzen.

Durch einen missglückten Versuch sich als Meisterdieb zu beweisen wird Bilbo jedoch von den Trollen gefangen. Nach und nach versuchen die Zwerge ihm zu Hilfe zu kommen und werden dabei jedoch mitgefangen. Gandalf, der von seiner Erkundung zurückgekommen ist kann die Trolle nun lange genug ablenken, bis sie sich durch das Licht der aufgehenden Sonne in Stein verwandeln.

Gemeinsam wird nun die Höhle der Trolle durchsucht und dabei kommen einige Schätze, die unvorsichtigen Reisenden geraubt wurden, zum Vorschein. Dabei sind auch die Elbenschwerter Glamdring, Orkrist und ein kleines Kurzschwert, das von Bilbo Stich getauft wird. Nach diesem Aufenthalt kommt die Reisegesellschaft bald nach Bruchtal und damit zu Elrond. Er gibt ihnen einige gute Ratschläge für ihre Reise.

Bald müssen die Zwerge aber weiter zum Nebelgebirge, das bald überquert werden muss um nach Osten und zum Einsamen Berg zu gelangen. Bei der gefährlichen Passüberquerung übernachten sie in einer Höhle, die sich mitten in der Nacht jedoch als Eingang zu einer Orkfestung herausstellt. Zuerst werden alle außer Gandalf gefangen und weit ins Innere des Berges gebracht.

Auf seiner Wanderung findet er zufälligerweise einen Ring auf dem Boden eines Ganges. Dieser schicksalhafte Fund gelangt später zu einer unvorstellbaren Bedeutung. Weiter im inneren des Berges, am Ufer eines unterirdischen Sees, trifft Bilbo die Kreatur Gollum. Er lebt schon seit tausenden von Jahren auf einer Insel in diesem See. Der Ring der Macht, den er, wie er noch nicht weiß, verloren hat, verlieh ihm ein unnatürlich langes Leben.

Schließlich erfährt Gollum aber, dass Bilbo seinen Schatz (den Ring) hat und letzterer muss fliehen. Dabei entdeckt er aber eine nützliche Eigenschaft des Ringes, er macht unsichtbar. Dadurch schafft Bilbo es an den Orkwachen vorbei ins Freie zu kommen. Bald trifft er auch wieder seine Gefährten und die Reise geht weiter. Nach weiteren Kämpfen mit den wütenden Orks und unter Beihilfe der Adler gelangen sie zu dem Einsiedler Beorn auf der anderen Seite des Nebelgebirges.

Er stattet sie mit allem Nötigen für die Reise durch den Düsterwald aus. Vor der Grenze des Waldes verlässt sie Gandalf, da er noch wichtige Geschäfte im Süden zu erledigen hat. Nach einer langen Wanderung verlassen die Zwerge mit Bilbo von Hunger getrieben den Pfad und begeben sich, durch ein entfernt sichtbares Fest der Waldelben angelockt, in den Wald. Nach heftigen Kämpfen mit Riesenspinnen, die den dunklen Düsterwald bewohnen, werden die Zwerge schließlich von den Elben gefangen und in die Festung der Waldelben gebracht.

Bilbo schafft es durch seinen magischen Zauberring unbemerkt zu bleiben und den Zwergen schließlich zur Flucht zu verhelfen. Dabei müssen die Zwerge sich aber in leeren Fässern verstecken. Nach einer kalten und nassen Reise durch den Waldfluss gelangen sie schlussendlich nach Seestadt, in der Nähe des Einsamen Berges. Die Gefährten werden von den dort ansässigen Menschen großzügig aufgenommen und reichlich unterstützt, da sich Thorin als Erbe der Zwergenkönige vorgestellt hat.

Dabei kann der Drache jedoch herausfinden, dass die Menschen der Seestadt die Zwerge unterstützt haben und rachedurstig greift er die Zwerge an und zertrümmert die Flanke des Berges. Die Zwerge können sich gerade noch rechtzeitig ins innere des Geheimtunnels retten. Nach seinem vermeintlichen Sieg greift Smaug die Seestadt an und vernichtet sie beinahe gänzlich. Der kühne Bogenschütze Bard trifft den Drachen jedoch an seiner einzigen verwundbaren Stelle tödlich.

Die Nachricht vom Tod des Drachen verbreitet sich schnell und bald sind nicht nur die verbliebenen Menschen von Seestadt, sondern auch die Waldelben unter ihrem König auf dem Weg zum Einsamen Berg um den sagenhaften Schatz in ihren Besitz zu bringen. Vom fernen Eisengebirge kommen Verwandte zur Unterstützung Thorins herbei. Bevor es jedoch zu einem Kampf zwischen den Völkern aufgrund der Starrköpfigkeit von Thorin Eichenschild, der besonders den Menschen von Seestadt keinen Schadenersatz zugestehen will, kommt, greift eine riesige Armee von Orks vom fernen Nebelgebirge die Menschen, Elben und Zwerge an.

In der Schlacht stirbt Thorin schließlich. Die vereinten Kräfte gewinnen schließlich gegen die Orks und können sich endlich auf einen Kompromiss einigen. Alle Beteiligten erhalten in Folge einen angemessenen Schadenersatz für ihre Mühen. Die Zwerge vom Eisengebirge unter Dainerrichten das Königreich unter dem Berg wieder und auch die alte Stadt Thal, am Fusse des Berges, wird von den Menschen wieder aufgebaut.


3.2 Analyse des Stils und der Sprache

„Der kleine Hobbit“ wurde klar ersichtlich als eine Geschichte für Kinder geschrieben. Besonders die Sprache und Wortwahl sind klar und verständlich gehalten.

Nicht desto trotz ist die Handlung nicht kindlich. Wie allgemein bekannt ist war C. S. Lewis ein guter Freund Tolkiens, demzufolge glaube ich annehmen zu dürfen, dass Tolkien Lewis’ Meinung im Bezug auf Kinderbücher unterstützte. „Kein Buch ist es wert, von Kindern gelesen zu werden, wenn es nicht auch von Erwachsenen gelesen werden kann.“ [1]Damit soll, meiner Meinung nach, ausgesagt werden, dass auch Kinderbücher ein genügend hohes Niveau haben sollten, damit sie auch den höheren Ansprüchen von Erwachsenen genügen können.

Beim „kleinen Hobbit“ lässt sich klar erkennen, dass der Stil an Kinder angepasst wurde, aber doch nicht kindisch wird. Zum Beispiel gibt der Erzähler oft zusätzliche Erklärungen, welche zum Vergleich im
“Herrn der Ringe“ gänzlich fehlen. „Wenn ihr jemals einen Drachen in der Klemme gesehen habt, so werdet ihr feststellen, dass dies eine höchst poetische Übertreibung in Bezug auf einen Hobbit war.“[2]Dabei adressiert der Erzähler die fiktiven Zuhörer oft auch direkt, wie in dem angegebenen Fall.

Ein Beispiel dafür ist das Erlebnis mit den Schwertern in der Trollhöhle: „Es sind alte Elbenschwerter, die in Gondolin für die Orkkriege geschmiedet wurden. Sie müssen aus einem Drachenschatz oder aus dem Raub von Orks stammen, denn Drachen und Orks zerstörten diese Stadt vor vielen, vielen Jahren.“[3] In dieser Textpassage gibt Tolkien einen kurzen Ausblick auf sagenhafte Orkkriege um die Stadt Gondolin und wer das Silmarillion gelesen hat, der weiß, dass diese Schwerter tatsächlich tausende von Jahren alt sind und mit der Geschichte des zweiten Zeitalters von Mittelerde zusammenhängen.

Ein einfaches, aber sehr gutes Stilmittel für Fantasygeschichten wird dabei auch angewendet. Durch die gesamte Erzählung von „Der kleine Hobbit“, bis zum „Herrn der Ringe“ sind die Hobbits ein deutlicher Anachronismus. Sie kennen einen Postzustelldienst, Polizeibeamte, einen Bürgermeister, Gasthäuser und vieles mehr, das uns sehr bekannt vorkommt.

Wenn man wirklich versuchen müsste, die Kultur der Hobbits in unserer Geschichte anzusiedeln, so würden ihre Standards noch am ehesten in die englische Gesellschaft des 19ten Jahrhunderts, vor allem in die Biedermeierzeit passen. Wie uns der Autor aber klar mitteilt, spielt die Geschichte „in der Frühe der Zeiten, als es noch mehr Grün und weniger Lärm auf der Welt gab.“[4]

Tolkien hat hier, wie viele Fantasy - Autoren nach ihm, dem Leser einen Anhaltspunkt gegeben, etwas, womit er vertraut ist und von dem aus er die neue Welt erkunden kann. Besonders für Kinder wäre es ja schwer bis beinahe unmöglich einer Geschichte zu folgen, die die Gedankengänge von seltsamen Wesen wie Orks vermittelt. Der geschulte Leser wird sicher Beispiele wie Hohlbeins Enwor Saga kennen, in der keine bekannten Gestalten aus dem Alltag geboten werden, im Gegenteil, der Leser hat die mühevolle Aufgabe vor sich erst einmal hunderte Seiten zu lesen, bevor er sich überhaupt ein Bild von der Hauptperson machen kann.

Tolkien, wie viele Autoren nach ihm, gibt uns nur scheinbar etwas Neues mit den Hobbits. In Wahrheit ist Bilbo Beutlin gar nicht so verschieden von einem gemütlichen Engländer, der am liebsten einfach nur seine Ruhe hätte. Trotz ihres Aussehens können wir uns ganz gut in ihre Gedankengänge hineinversetzen, viel mehr als wir das, zum Beispiel, bei dem dunklen Herrscher Sauron, oder dem Drachen Smaug könnten.

Ein weiterer Aspekt der Geschichte ist, dass Bilbo im Laufe der Erzählung mehr und mehr von dem gemütlichen Hobbit, der eigentlich nichts mehr schätzt, als sechs Mahlzeiten am Tag, zum mutigen Kämpfer und Helden wird. Ich würde sagen, dass es schon im Wohnzimmer beginnt, als er, vom Ehrgefühl gepackt, versucht sich zu verteidigen und aus diesem Impuls heraus der Reise zustimmt.

Den Höhepunkt hat diese Entwicklung wohl im Düsterwald, als Bilbo unbewusst zum wirklichen Anführer der Zwerge wird. Sein heroischer Kampf mit den Riesenspinnen und die Befreiung der Zwerge aus deren Klauen hat nur noch sehr wenig mit dem gemütlichen Hobbit zu tun, der sich wahrscheinlich wehrlos hätte gefangen nehmen lassen. Besonders später im Zwiegespräch mit dem Drachen Smaug kommt die abenteuerliche mutige Seite zum Vorschein.

Während der ganzen Entwicklung ist aber zu beachten, dass Bilbo nie vollends zum mächtigen Helden seiner Zeit wird. Er entwickelt zwar einen achtbaren Mut, ist aber noch immer nicht einer der Drachentöter des vergangenen Zeitalters. In den Wirren vor der Schlacht der fünf Armeen versiegt die Abenteuerlust schließlich zu einem großen Teil, da er sich nicht wie die Zwerge zornentbrannt auf die Orks stürzt, sondern eher verloren unsichtbar am Rande steht und schließlich von einem herumfliegenden Stein getroffen wird und in Ohnmacht fällt.

Ein weiteres Beispiel ist in der Einführung der Person Gandalf zu finden: „Gandalf, Wenn ihr auch nur ein Viertel von dem gehört hättet, was ich über ihn gehört habe …“[6]Klar erkennbar spricht der Autor hier wieder direkt den Leser an und unterstellt ihm, das er(der Autor) etwas von Gandalf gehört hätte.

Insgesamt gibt es im „kleinen Hobbit“fünfundvierzig Fälle einer direkten Anrede des Lesers durch den Erzähler. Oft wird statt der direkten Anrede auch einfach ein „natürlich“ verwendet um so zu tun, als wäre diese Welt nichts Neues für den Leser, nur etwas lange Verdrängtes und als Märchen Abgeschobenes. Durch die ganze Geschichte hinweg führt der Autor dadurch immer mehr in die Welt von Mittelerde hinein und am Ende ist der Leser scheinbar vertraut mit den Gestalten und Kreaturen, die dort wohnen.

Während des ganzen Handlungsstranges bleibt die Erzählsituation deutlich auktorial. Der Erzähler betrachtet gemeinsam mit dem Leser das Geschehen auf der Reise Bilbos. Wie schon angemerkt, wird der Leser dabei aber nicht außen stehen gelassen, sondern es wird praktisch angenommen, dass er eigentlich schon über einiges von Mittelerde Bescheid weiß.

Von den Waldläufern an den Grenzen des Auenlandes bewacht und beschützt und in einem fruchtbaren Land lebend, hatten die Hobbits die besten Voraussetzungen für Vermehrung und Ausdehnung. Im Großen und Ganzen hatte sich ihr Volk seit der Einwanderung in das Auenland stetig vermehrt. Dieses Paradoxon in der Mythologie Mittelerdes kann meiner Meinung nach nicht gelöst werden.

Die einzige Erklärung ist, dass Tolkien „den kleinen Hobbit“ lange vor dem „Herrn der Ringe“ geschrieben hatte und ursprünglich keine Fortsetzung gedacht war. Auch in der Beschreibung verschiedener Figuren, wie zum Beispiel Gollum, kann man eine merkbare Veränderung feststellen. Es gibt im „kleinen Hobbit“ noch weitere kleine, aber kaum wegzuerklärende Stellen, die das Gesamtbild zwar nicht merklich stören, die aber erkennen lassen, dass besonders eine so komplizierte und durchdachte Mythologie nie aus einem Stück wächst, sondern immer aus verschiedenen Wurzeln und Ursprüngen stammt, die sich im Laufe der Geschichte noch deutlich ändern können.

Über die Handlung kann zu erst einmal gesagt werden, dass die Geschichte sehr übersichtlich in verschiedene Episoden gegliedert ist. Der erste Teil handelt von den Abenteuern auf der Reise bis zur Drachenhöhle; der zweite von der Gewinnung, Behütung und Teilung des Drachenschatzes. Diese Teile lassen sich aber noch gut in weitere Episoden unterteilen, wie erstens, den Marsch zum Nebelgebirge, wo die Reisenden von den Orks gefangen genommen werden; zweitens die Durchquerung des Gebirges und der Ringfund; drittens die Abenteuer im Düsterwald und der Kampf mit den Riesenspinnen und die Flucht aus dem Gefängnis der Waldelben; viertens die ersten Versuche Smaug zu bestehlen und dessen Tod durch den Bogenschützen Brad; fünftens den Streit um den Drachenschatz und sechstens die Heimkehr und das Ende der Geschichte.

Die Hauptperson ist ganz klar Bilbo Beutlin. Er ist es, von dem wir am meisten erfahren und von seinen Erlebnissen aus verfolgt die Geschichte das Geschehen. Wir wissen meist nicht viel mehr, als er weiß. Ganz im Gegensatz zum „Herrn der Ringe“ bleibt der Erzählstrang meist durchgängig und ohne Sprünge von einer Person zu einer anderen. Es gibt gerade mal einen deutlichen Sprung, als Bilbo am Drachenhort ist und die Erzählung aber von dem Kampf gegen den Drachen in Seestadt erzählt.


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