Johann Heinrich Lambert
(1728 bis 1777)
„ … man nannte ihn den Mann aus
dem Monde…“
„Lambert war in Licht und
Schatten das rechte Bild eines Gelehrten des 18. Jahrhunderts, der
über Gott und die Welt alles
Mögliche schreibt, aber nicht von einem Katheder aus doziert.
Unter den rund 2500
Mitgliedern, welche die (Münchner) Akademie in den zweihundert
Jahren ihres Bestehens hatte,
findet sich kein Zweiter seinesgleichen.“
Georg Faber,1759 1877 - 1966)
Die Urteile seiner Zeitgenossen über ihn waren widersprüchlich, und
dies sowohl was seine
wissenschaftliche Laufbahn als auch seine persönliche Erscheinung
betraf.
Lambert, so ein Biograph, hatte kein angenehmes Äußeres. Auge und Ohr
hatten Mühe, sich
an ihn zu gewöhnen. Er ging seltsam gekleidet, war schüchtern und
bewegte sich ungeschickt.
Während die einen ihn für einen Universalgelehrten hielten, erkannten
die anderen zwar an,
dass er auf vielen Gebieten der Wissenschaft tätig sei, meinten aber,
wirklich bahnbrechende
wissenschaftliche Leistungen könne man von ihm nicht erwarten.
Nicht einmal 50 Jahre alt wurde Johann
Heinrich Lambert, doch seine vielfältigen Interessen
ließen ihn ein erfülltes Leben führen. Wenn er auch nur die letzten 13
Jahre in Berlin
verbrachte, so waren gerade diese reich an Ergebnissen auf so
anspruchsvollen
und unterschiedlichen Gebieten wie der Mathematik und Physik, der
Astronomie und der
Philosophie. Er repräsentiert ein Stück Berliner Wissenschafts- und
Akademiegeschichte.
Herkunft und Leben
Johann Heinrich Lamberts Familie
stammte ursprünglich aus Lothringen – einer Region im
Osten Frankreichs. Im Jahre 1635 floh die calvinistische Lambert
Familie von Lothringen
nach Mülhausen im Elsass, eine zu dieser Zeit „freie“ Stadt, die damals
noch zur
Schweiz gehörte.
Lukas Lambert, Johann Heinrichs Vater, war
Schneider - wie es auch sein eigener Vater zu
Lebzeiten gewesen war. Im Jahre 1724 heiratete Lukas Elisabeth
Schmerber und gründeten
eine Familie mit insgesamt sieben Kindern. Johann Heinrich war einer
ihrer fünf Söhne.
Er wurde am 26. August 1728 in Mülhausen
geboren.
Johann Heinrich Lambert hatte eine schwere
Jugend. Sein Vater hatte nur wenig Kundschaft und so musste der Junge bald im
Geschäft mithelfen und seine vielen Geschwister hüten.
Sehr zum Nachteil des begabten Jungen blieb
nur wenig Zeit für die Schule. Früh begann er, im Licht des Mondscheins, da ihm
seine sparsame Mutter das Öl für die Lampe verweigerte, jedes Buch zu
verschlingen. Nebenbei verschaffte er sich Geld durch Anfertigungen kleiner Zeichnungen,
die er verkaufte.
Die Energie und der Eifer dieses Jungen blieben
seinen Lehrern nicht verborgen. Sie gaben Lukas Lambert den Rat, den Jungen
evangelischer Geistlicher werden zu lassen und eine Eingabe an die
Stadtverwaltung zu machen. Doch wie das Schicksal es wollte, verweigerte der
Magistrat die Beihilfe zum Studium und so musste der Junge wieder in der
Elementarschule verbleiben.
Mit zwölf Jahren nahm ihn sein Vater aber aus
dem Unterricht, um ihm das Schneiderhandwerk beizubringen, zu welchem Johann
Heinrich aber gar kein Geschick zeigte. Sein jüngerer Bruder Georg stellte sich
geschickter an und nahm ihm heimlich die aufgetragene Arbeit ab. Er selbst
benutze die freie Zeit, um den Sternenhimmel zu bewundern und für sich weiter
zu studieren. Er wurde der lateinischen und französischen Sprache mächtig und
vertiefte seine Kenntnisse in der Rechen – und Messkunst.
Bald wusste er so gut Bescheid, dass er sogar
Fehler in seinen Büchern fand und selbst korrigierte. Außerdem war er früh für
seine schöne Handschrift bekannt, die ihm später den Weg zu seinem Aufstieg
ebnen sollte.
Mit 15 Jahren hatte er für nichts mehr außer
Wissenschaft und Natur Interesse. Er beobachtete 1744 den Kometen und versuchte
seine Bahn zu berechnen. Schon in jener Zeit führte er Tagebücher, die
jahrzehntelang verschollen, in der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha wiederentdeckt wurden.
1745 bekam er eine Stellung als wissenschaftlicher Schreiber bei
Professor Johannes Rudolf
Iselin (engagierter Geschichtsphilosoph in der Zeit der Aufklärung) in
Basel. Dieser gab
Johann Heinrich jedoch die nötige Zeit zum Weiterstudieren und zur
Vervollständigung
seiner Lücken. Damals traten neben den mathematisch-astronomischen
Schriften zum ersten
Mal Abhandlungen philosophischen Inhalts auf.
Diese zwei Jahre in Basel waren für Johann
Heinrich von großem Gewinn. Durch den
Umgang mit vielen Gelehrten wurden seine Umgangsformen abgeschliffen,
obwohl er bis zu
seinem Tode seine Gesprächspartner nur von der Seite ansah und ihnen
nie direkt ins Gesicht
blickte. Basel war nur eine kurze Station in seinem Lebenslauf.
1748 bot sich ihm die Gelegenheit, seine
Lebenslage zu verbessern und seine erarbeiteten
Kenntnisse in der Praxis anzuwenden. Er erhielt die Stelle eines
Hauslehrers bei dem Grafen
Peter von Salis in Chur (Hauptstadt des Schweizer Kantons Graubünden).
Die nächsten acht Jahre (1746 – 1756) sollten die wichtigsten in seinem
Leben werden, denn
in diesem Zeitraum hatte er die Grundlagen zu den meisten seiner Werke
gelegt und wichtige
experimentelle Beobachtungen durchgeführt. (Aufzeichnungen: „Monatsbuch
von Lambert“)
Die Familie von Salis war sehr fromm und diese Frömmigkeit ging auch
auf Lambert über,
der auch später noch in Berlin tiefe religiöse Haltung zeigte.
1756 verließ Johann Heinrich Lambert mit zwei seiner Schüler Chur, um
sich mit ihnen auf
eine große Reise durch Westeuropa zu begeben, Universitäten zu besuchen
und die Welt
kennen zu lernen. Die erste Station war Göttingen, wo Lambert seine
juristischen Studien
wieder aufnahm, danach folgte Utrecht in Holland. Bedingt durch eine
Krankheit musste er
sich von seinen Schülern trennen und den Plan, nach England zu reisen,
aufgeben.
Wieder genesen führten seine Wege ihn nach Paris, wo er den bekannten
Gelehrten
d’Alembert
aufsuchte, der Lamberts Bedeutung zunächst nicht würdigte.
Von Paris aus führte der Reiseweg über Marseille, Nizza, Turin, Mailand
nach Chur zurück,
wo er sich noch einige Monate bei der Familie Salis, der er so vieles
verdankte, aufhielt um
sich dann endgültig von Ihnen zu trennen.
Der Wunsch seine Heimat Mülhausen wieder zu sehen erwachte in ihm und
so verbrachte er
im Mai 1759 einige Monate in seiner Heimatstadt. Johann Heinrichs Vater
war leider schon
im Jahre 1747 gestorben, doch er freute sich auf das Zusammentreffen
mit seiner Familie.
Leider sollte das Familienglück nicht von Dauer sein, denn während
seines Aufenthalts in
Mülhausen verstarb seine Mutter. Johann Heinrich wurde Pate seines
gleichnamigen Neffen,
dem man die Plakette auf der Lambertsäule verdankt.
Nach dem Verlassen seiner Vaterstadt begann eine Zeit unruhigen
Wanderlebens. Er reiste
nach Augsburg, wo er einen Verleger für seine Photometrie gefunden
hatte. In rascher Folge
erschienen in jener Zeit außerdem noch „Die Eigenschaften der
Kometenbahnen (1761)“ und
im selben Jahr auch die berühmten „Cosmologischen Briefe“.
Die Nähe Münchens sollte für Lambert von
großer Wichtigkeit werden. Maßgebende Münchner Kreise hatten die Absicht, eine
bayrische Akademie der Wissenschaften zu gründen. Sie beschlossen, Lambert zum
Mitglied zu wählen und ihm die Organisation der Gesellschaft und die
Ausarbeitung der Statuen zu übertragen. Lambert hatte zwar die Wahl als
Akademiker angenommen, aber er ging nicht nach München.
1762 wurde ihm von der Akademie mitgeteilt,
dass er entlassen sei.
Danach kehrte Lambert für einige Zeit in die
Schweiz zurück und blieb bis Herbst 1762 in Chur. Er vollendete das „Neue
Organon“, außerdem konnte er seine Begabung für die praktische Geometrie
unter Beweis stellen.
Sein weiterer Weg führte ihn nochmals nach
Augsburg und dann nach Leipzig, wo er einen Verleger für sein „Neues
Organon“ fand. Es schwebten Verhandlungen mit ihm wegen einer Stelle in
Russland, aber Lambert zögerte noch mit der Zusage, denn er hoffte immer noch,
dass durch seinen Briefwechsel mit Leonard Euler, der am 1.Juli 1758 begonnen
hatte, ihn dieser nach Berlin einladen würde.
Im Jänner 1764 traf Lambert in Berlin ein, wo
er herzlich begrüßt wurde. Am 9.Jänner 1765 wurde er zum ordentlichen Mitglied
der physikalischen Klasse der Akademie ernannt.
Jetzt hatte Johann Heinrich Lambert den
Arbeitsplatz erlangt, nach dem er sich immer sehnte. Hier in Berlin war ihm die
Möglichkeit gegeben, ungestört zu arbeiten und seine Arbeiten zu publizieren.
Zählt man auch die Abhandlungen, die nach seinem viel zu frühen Tode
erschienen, dann kommen auf die Berliner Zeit 162 Arbeiten!
Seine Arbeitszeit ging von fünf Uhr morgens
bis Mitternacht. Manchmal machte er nachmittags Spaziergänge, meistens allein.
Hier fiel er denn Berlinern, die ihn noch nicht kannten dadurch auf, dass er
laut vor sich hin sprach und in seiner Selbstversunkenheit die Umwelt völlig
vergaß. Leider hatte er durch diese Überlastung seine ohnehin schwache
Gesundheit ruiniert.
Sein Gehalt wurde bald verbessert und er
durfte bald mit dem berühmten Mathematiker Leonard Euler zusammen arbeiten. Außerdem
wurde er Mitglied des Kollegiums zur Oberaufsicht über die allgemeine
Landverbesserung und das Landbauwesen mit dem Titel Oberbaurat. Durch diese
Tätigkeit wandte er sich wieder Fragen der Landvermessung zu, die er früher
schon in Chur begonnen und in den Schriften der bayrischen Akademie
veröffentlicht hatte.
Am 8.Juni 1770 wurde er zum Oberbaurat ernannt
und schon am 11.Juni erging ein von Lambert unterzeichneter Bericht über die
Herstellung von Maßen, vor allem Längenmaßen, ein.
Im Frühjahr 1775 erkältete sich Lambert
schwer, tat aber nichts gegen seine Beschwerden. Der Husten nahm stark zu, und
er erkrankte an Tuberkulose. Doch anstatt sich zu schonen, arbeitete er
angestrengt weiter. Vor allem seine „Pyrometrie“ wollte er druckreif
machen. In kurzen Wochen, vom 4.März bis zum 16.Mai 1777 beendigte er das Werk,
das er leider gedruckt nicht mehr zu Gesicht bekommen sollte. Es erschien erst
1779. Er beschleunigte seinen Krankheitsablauf durch die Unvernunft, auf einen
Arzt zu verzichten. Stattdessen versuchte er zu berechnen, wie lange er noch zu
leben hatte.
Am 25.September 1777 starb Johann Heinrich
Lambert im Alter von nur 49 Jahren. Leider ist bis heute unbekannt, wo er
beigesetzt wurde und ob sein Grab der Nachwelt erhalten blieb.
Überblickt man das Leben und die Leistungen
dieses genialen Forschers, so wird man von tiefem Staunen und ehrfürchtiger
Bewunderung über die Ergebnisse in seinem leider so kurzen Dasein.
Trotz seiner Darstellungsweise, liebte Lambert
die Lehrtätigkeit nicht, anders als sein Nachfolger und Vollender Gauß. Zweimal
wurden ihm Lehrstühle in Genf und Chur angeboten, doch er lehnte ab, weil ihn
dies von seinen Forschungsarbeiten abhalten würde.
Es war von schicksalhafter Bedeutung, dass
Johann Heinrich Lambert im gleichen Jahr seine Augen für immer schloss, in dem
der größte deutsche Mathematiker Johann Carl Friedrich Gauß, der viele Ideen Lamberts zu
Ende dachte, geboren wurde!
„Lambert
stand in der Mathematik nicht auf Höhe von Euler und Lagrange, in der
Astronomie war er kein Herschel, in der Physik kein Newton, in der Philosophie
gebrach es ihm an Leibnizens Fülle und Beweglichkeit und an Kants bohrendem
Tiefsinn.
Aber
dass er in allen vier Disziplinen mit grundlegenden Arbeiten befruchtet, macht
ihn doch den Größten ähnlich!“
Ernst
Laas
Lambert Leistungen in der Mathematik
Das 18.Jahundert, dem Johann Heinrich Lambert
angehört, ist die Blütezeit der mathematischen Wissenschaften. Die im
17.Jahundert von Männern wie Descartes,
Leibniz
und Newton
geschaffenen Methoden der analytischen Geometrie und der Differentialrechnung
erwiesen sich für die Ausgestaltung der mathematischen Wissenschaften als so
fruchtbar, dass man geradezu von einem mathematischen Rausch dieses Zeitalters
sprechen kann.
Johann Heinrich Lambert war wie Leibniz ein
universaler Geist, von einer Wissensfülle und einer produktiven Schaffenskraft,
wie er nur selten vorkommt. Alles aber wurde bei ihm beherrscht durch die
Mathematik. Auf diesem Gebiet hat er seine größten Leistungen vollbracht.
Lambert war ein prophetischer Geist, der
Größtes vorausahnte und aussprach, mit dem aber seine Zeitgenossen und
unmittelbaren Nachfolger nichts anzufangen wussten. Er beschäftigte sich mit
Fragen und schnitt Probleme an, zu deren Lösung es noch der Arbeit eines ganzen
Jahrhunderts bedurfte, Probleme von denen Leonard Euler, einer der größten
Mathematiker seiner Zeit, sagte, dass sie die menschliche Fassungskraft
übersteigen. Dies betrifft vor allem die Frage nach der algebraischen Natur der
Zahlen e und π und die Grundlagen der Geometrie. So groß das Interesse
heute auch ist, so gering war das Verständnis dafür noch am Beginn des
19.Jahrhunderts.
Lambert war ebenso sehr ein Vertreter der
angewandten, wie der reinen Mathematik. Er hat jedoch auch auf Gebieten, von
der reinen Mathematik weit abgelegen, grundlegende Arbeiten veröffentlicht. Die
freie Perspektive und die Kartenprojektion verdanken ihm neue Wege. Der
Astronomie gab er den zur Berechnung der Kometenbahnen grundlegenden, so
genannten „Lambertschen Satz“.
Über Photometrie und Pyrometrie hat er
gearbeitet und sich für das Versicherungswesen interessiert, ja er hielt es
nicht für unter seiner Würde, sogar Untersuchungen über die Wirkung einer
Feuerspritze anzustellen.
Wenn man nun noch bedenkt, dass Lambert keinen
regelmäßigen Unterricht genossen durfte, sondern sich alles aus eigener Kraft
ohne eine führende Hand erworben hat, so sieht man erst,
wie groß und tief dieser lang verkannte Geist
war.
Für die heutige Forschung besonders interessant
und von großer Bedeutung ist vor allem die fünfte Abhandlung des zweiten Teiles
seines Werkes „Beiträge zum Gebrauch der Mathematik und deren Anwendung mit
Kupfern, Berlin 1770“, sie trägt den Titel „Vorläufige Kenntnis für die,
so die Quadratur und Rektifikation des Zirkuls suchen“.
In dieser Schrift und der, einige Monate
nachher in der königlichen Akademie der Wissenschaften gelesenen „Abhandlung
über einige bemerkenswerte Eigenschaften transzendenter, kreisförmiger und
logarithmischer Größen“ weist Lambert einwandfrei die Irrationalität der
Zahlen e und π nach und eröffnet damit eine neue Periode in der Geschichte
des Problems der Quadratur des Kreises.
Kein mathematisches Problem hat seit
Jahrtausenden die Menschen so bewegt, wie gerade dieses. Über 4000 Jahre lang haben
die größten mathematischen Geister mit ihm gerungen, bis es endlich Lindemann im Jahre 1882 in München
gelang, es zum Abschluss zu bringen.
Es handelt sich um folgende Aufgabe:
Ist es möglich, mit alleiniger Benutzung
eines Zirkels und des Lineals einen Kreis in ein inhaltsgleiches Quadrat zu
verwandeln?
Oder anders formuliert:
Konstruiere eine Strecke πd, wenn die
Strecke d gegeben ist; π bedeutet dabei wie gewöhnlich das Verhältnis des
Kreisumfangs zum Durchmesser.
Die Lösung wurde zunächst rein geometrisch
versucht und zwar durch Vergleich der ein- und umgeschriebenen Polygone mit dem
Kreisumfang. Diese geometrische Periode, die durch die Namen Archimedes und Huygens charakterisiert ist, dauerte
etwa bis 1650.
Einen neuen Auftrieb bekam die Forschung durch
die Erfindung der Differentialrechnung durch Leibniz und Newton. Es gelang
Wallis
π durch ein unendliches Produkt darzustellen:
und Leibniz gab die unter seinem Namen
bekannte Reihenentwicklung:
Aber auch mit diesen Forschungen war das
Problem nicht gelöst. Lambert eröffnete den dritten und abschließenden
Zeitraum, den man als die algebraische Periode bezeichnen kann.
Es lohnt sich, den ersten Satz seiner
Abhandlung zu zitieren:
„Ich kann mit einigem Grund bezweifeln, ob
gegenwärtige Abhandlung von denjenigen werde gelesen oder auch verstanden, die
den meisten Anteil daran nehmen sollten, ich meine von denen, die Zeit und Mühe
aufwenden, die Quadratur des Zirkuls zu suchen.“
Bei seinem Beweis der Irrationalität der
Zahlen e und π geht Lambert von den Beziehungen zwischen den
trigonometrischen Funktionen und der Exponentialfunktion aus, die Leonard Euler
kurze Zeit vorher entdeckt hatte; Beziehungen, die man auf die etwas anmutende
Formel bringen könnte: .
Euler hatte in seiner „Analysis
infinitorum“ die Kettenbruchentwicklung gegeben:
Von dieser Formel ausgehend leitet Lambert
nacheinander die folgenden Kettenbruchentwicklungen ab:
und allgemein:
Aus den letzen beiden Formeln folgt aber für
rationale x leicht, dass und irrational
sind. Da aber ist, so folgt daraus die
Irrationalität von π.
Mit diesem Beweis der Irrationalität der
Zahlen e und π war das Problem aber nicht erledigt.
Das sah Lambert selbst sehr deutlich ein. In
seiner Akademie-Abhandlung gibt er dann mit geradezu prophetischem Blick der
Vermutung Ausdruck, dass e und π überhaupt keine algebraischen Zahlen
sind, d.h. niemals Wurzeln einer algebraischen Gleichung mir rationalen
Koeffizienten sein können, und fordert direkt zum Beweisen auf. Diese Bemerkung
ist umso erstaunlicher, als man zu seiner Zeit überhaupt noch keine einzige
transzendente Zahl kannte.
Noch bedurfte es der Arbeiten einer Reihe
glänzender Mathematiker wie Liouville
und Hermite,
bis es 1882 Lindemann gelang, die Transzendenz von π zu beweisen.
Am Anfang des Weges aber, der zum Ziel führen
sollte, steht Johann Heinrich Lambert.
Es wird immer sein Verdienst bleiben, den Weg
zur endgültigen Lösung gewiesen zu haben.
Aber auch auf anderen Gebieten hat Lambert
bahnbrechend gewirkt.
Die Untersuchungen über die Grundlagen der
Geometrie, die lange Zeit vollständig vernachlässigt worden waren, haben zu
einer neuen, der so genannten nichteuklidischen Geometrie geführt. Lange Zeit
wurden diese Untersuchungen als eine mehr oder weniger geistreiche Spielerei
betrachtet, bis endlich die die neueste Entwicklung der Physik, die
Atomtheorie, ihre praktische Bedeutung erwiesen hat.
Lambert ist der lang vergessene Vorläufer von
Gauß, Bolyai,
Lobatschewski,
Riemann
und Anderen. Dass Lambert sich mit solchen Fragen beschäftigte, zeigt, dass es
ihm weniger auf den Umfang als auf die Vertiefung der Wissenschaft ankam.
Die grundlegende Arbeit Lamberts ist die
Theorie der Parallellinien. Er hat sie nicht selbst veröffentlicht. Sie wurde
aus dem Nachlass im Jahre 1786 von Johann Bernoulli in dem Magazin für die
reine und angewandte Mathematik herausgegeben, blieb aber völlig unbeachtet.
Erst Paul Stäckel
wurde auf sie wieder aufmerksam und besorgte im Jahre 1895 einen Neudruck. Sie
ist von einer wohltuenden Klarheit und Frische und in der Art, wie das Problem
gestellt und behandelt wird, kommt Lamberts außerordentliche logische Begabung
voll zur Geltung.
Bekanntlich stellt Euklid in seinen Elementen eine Reihe
von Forderungen und Grundsätzen an die Spitze, die er nicht beweist, weil sie
unmittelbar einleuchtend sind. Unter Ihnen befindet sich die berühmte fünfte
Forderung. Sie lautet:
Wenn eine zwei Geraden schneidende Gerade mit
Ihnen zwei innere entgegengesetzte Winkel bildet, die zusammen kleiner als zwei
Rechte sind, so schneiden sich die beiden geschnittenen Geraden bei
unbegrenzter Verlängerung auf der Seite der schneidenden Gerade, auf der diese
Winkel liegen.
Dieser Satz ist nicht so unmittelbar
einleuchtend wie die Übrigen. Er verlangt einen Beweis. Diesen Beweis will
Lambert liefern.
Im ersten Abschnitt, der außerordentlich klar
geschrieben und heute noch lesenswert ist, bemüht sich Lambert um die strenge
Formulierung des Problems.
Lambert ist von der Möglichkeit, dass der Satz
bewiesen werden kann, überzeugt und macht dazu verschiedene Ansätze. Schon dies
zeigt, dass es ihm nicht recht gelingen will.
Wichtiger aber und für die Zukunft der
mathematischen Forschung bedeutungsvoller ist der dritte Abschnitt:
Er behandelt das Viereck ABCD, in dem drei
Winkel A, B, C rechte Winkel sind, und untersucht nacheinander die drei
Möglichkeiten:
- D = 90°,
- D > 90°,
- D < 90°,
in der Absicht, die erste als die einzig
Mögliche zu beweisen.
Die erste Hypothese ist identisch mit dem
Parallelenaxiom. Die Erörterung der zweiten und dritten Hypothese führte zu
ganz bedeutenden Ergebnissen. Lambert zeigte, dass man dann ein absolutes Maß
für die Länge jeder Linie, des Inhalts jeder Flächenräume und jeder
körperlichen Räume hätte. Er findet, dass der Flächeninhalt jedes Dreiecks
proportional der Abweichung der Winkelsumme von zwei rechten Winkeln ist.
Lambert war sich über die Folgerungen klar: Die trigonometrischen Tafeln würden
unendlich weitläufig sein.
Es besteht also kein Zweifel: Unter allen
Vorgängern der eigentlichen Begründer der nichteuklidischen Geometrie ist
Johann Heinrich Lambert der Größte, aber ein tragisches Schicksal hat es
gewollt, dass seine Worte in Vergessenheit gerieten. Der Gedankenflug war zu
hoch, seine Zeitgenossen und unmittelbaren Nachfolger konnten ihm nicht folgen.
Wir verdanken diesem Mann auch die so genannte
„Lambertsche Reihe“:
Sie ist deshalb so interessant, weil die
Exponenten derjenigen Glieder, deren Koeffizient 2 ist, Primzahlen sind. Die funktionentheoretischen
Arbeiten von Knopp knüpfen an diese Reihe an.
Weiter verfasste Lambert zwei größere Arbeiten
über die Hyperbelfunktionen. Die Erste im
Jahr 1761 mit dem Titel: “Abhandlung über
einige bemerkenswerte Eigenschaften transzendenter, kreisförmiger und
logarithmischer Größen“, und die Zweite im Jahr 1770.
Besonders erfreulich ist, dass Lambert eine
Tabelle der Hyperbelfunktionen erstellt, und sie dadurch für die numerische
Rechnung brauchbar macht.
Am bekanntesten ist Johann Heinrich Lambert
wohl geworden durch seine Forschungen über Kartenprojektion. Seine Arbeiten
bedeuteten eine neue Epoche in der Projektionslehre. Sie finden sich im dritten
Teil seines Werkes: „Beiträge zum Gebrauch der Mathematik und deren
Anwendung durch J.H.Lambert, Berlin 1772“.
Lambert war der Erste, der den Versuch einer
mathematischen Theorie der Kartenprojektion macht. Seine winkeltreue
Kegelprojektion, seine winkeltreuen Kreisnetze, seine flächentreue
Kegelprojektion werden heute noch in den Lehrbüchern unter seinem Namen
aufgeführt.
Erwähnenswert seien noch seine astronomischen
Arbeiten.
Zu seiner Zeit waren ja Astronomie und
Mathematik nicht so getrennt wie heute.
Man bedenke, dass er schon als
sechzehnjähriger Junge den als „Lambertsches Theorem“ bekannten Satz
fand:
„In der parabolischen Bahn eines
Himmelskörpers ist die Zeit, in welcher ein Bogen durchlaufen wird, nur
abhängig von der Sehne des Bogens und der Summe der zugehörigen Brennstrahlen.“
Auf diesem Satz konnte dann Olbers seine Methode zur Berechnung
der Kometenbahnen gründen.
Quellen:
(Bildquelle)
Johann_Heinrich_Lambert
Johann Heinrich Lambert: Leistung und Leben;
(Friedrich Löwenhaupt)
Anhang 1:
Anhang 2:
Anhang 3:
Anhang 4:
Anhang 5:
Anhang 6: Lamberts flächentreue Azimutal-Projektion aus Diercke Schulatlas
Anhang 7: