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Fachbereichsarbeit
Biowissenschaften

Gymnasium Templin

13, Hinz, 2013

Angelina J. ©
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ID# 27914







Jörg Blech: Gene sind kein Schicksal - Wie Gene unser Leben beeinflussen



Inhaltsverzeichnis

0.       Hinführung. 3

1.       molekulare Regulation der Gene. 4

2.       seelische Beeinflussung der Umwelt6

2.1        Stress. 6

2.2        soziale Beziehungen. 11

3.       chemische Beeinflussung der Umwelt14

3.1        Alkohol14

3.2        Ernährung. 15

4.       Fazit17

5.       Literaturverzeichnis. 18


0.      Hinführung

Sätze wie „Wie die Mutter so die Tochter“ oder auch „Wie der Vater so der Sohn“ hat jeder von uns schon einmal gehört. Doch trifft dies wirklich zu? Bestimmen die Eltern mit ihren Genen schon bevor die Kinder überhaupt geboren sind über das Wesen und zukünftige Leben ihrer Kinder? Bei äußeren Merkmalen, wie der Augen- oder Haarfarbe, ist die Vererbung wohl kaum anzuzweifeln, denn nicht selten ist der Sohn oder die Tochter der Mutter oder dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, doch ist dies auch bei Charaktereigenschaften oder Krankheiten der Fall?  Sind auch sie in den Genen verankert und somit nicht beeinflussbar?[1]

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Medizin schon seit einiger Zeit, besonders seit den enormen Fortschritten in der Labortechnik, die die Untersuchung des Erbmaterials zum einen beschleunigt und zum anderen auch preisgünstiger macht.[2] Seitdem hört man fast wöchentlich von dem Gen für Übergewicht, Herzinfarkt, schlechtes Autofahren oder ähnlichem. Doch ob es diese Gene wirklich gibt, darüber streiten sich die Wissenschaftler hartnäckig.[3]

Der Wissenschaftsjournalist und Sachbuch-Autor[4] Jörg Blech befasst sich in seinem Buch „Gene sind kein Schicksal“ genau mit diesen angeblichen Krankheitsgenen und bezeichnet die Entdeckungen eher als „die Kunst, das Datenmaterial so lange zu bearbeiten, bis ein statistisch relevant erscheinender Zusammenhang herauskommen mag.“[5] Dahingegen beruft er sich bei der Suche nach Krankheitsursachen auf eine neue Forschungsrichtung: die Epigenetik.[6] Dies ist ein

Teilgebiet der Genetik, das sich mit bleibenden Änderungen der Gentätigkeit befasst, die nicht in Veränderungen der Basensequenz begründet sind. Solche Änderungen der Gentätigkeiten beruhen oft auf Stilllegungen von Genen durch Methylgruppen, wobei das Methylierungsmuster vererbt werden kann.[7]

Ob es diesen Einfluss wirklich gibt und wie er genau funktioniert, darum soll es in dieser Arbeit gehen.


 

1.     

molekulare Regulation der Gene


molekulare Regulation der Gene

Jedes menschliche Leben beginnt mit der Samenzelle, die in die Eizelle eindringt und so einen Embryo hervorbringt. Die Gene des Embryos kommen in gleichem Maße vom Vater wie von der Mutter. Bis vor einigen Jahren sind die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass nur in dieser Phase ein Mechanismus abläuft, der das An- und Ausschalten der Gene reguliert und somit die Differenzierung hervorbringt: die Methylierung.

Doch dieser Mechanismus findet unser ganzes Leben lang statt, weshalb sich unser Erbgut ständig ändert und wandelbar ist. Er ändert jedoch nicht die Basensequenz der DNA, sondern ist nur eine kleine Modifikation an einem der vier Basen, welche jedoch eine große Auswirkung hat.[8]

Bei der Methylierung wird eine Methylgruppe (CH3-Gruppe) an den DNA-Baustein Cytosin angehängt.[9] Dies geschieht durch DNA-Methyltransferasen (Enzyme), die die Methylgruppe an das fünfte Kohlenstoffatom des Cytosinrings  heften.[10] Wenn diese Methylierung an einem regulatorischen DNA-Abschnitt auftritt, wird das Gen inaktiviert und somit nicht mehr abgelesen.[11] Mit dieser Entdeckung gab es eine Wende in der Wissenschaft, denn demnach gibt es nicht nur vier, sondern fünf Basen, die das Erbgut verschlüsseln: Adenin, Thymin, Guanin, Cytosin und das Methylcytosin.[12]

Eine besondere Rolle spielt die Methylierung schon im Mutterleib. Denn wie oben bereits erwähnt, erhält jeder Embryo im gleichen Maße Gene vom Vater wie von der Mutter. Da beide aus evolutionärer Sicht jedoch verschiedene Interessen an der Entwicklung des Embryos haben, findet eine genomische Prägung statt, das Imprinting. Der Vater hat lediglich mit einer Spermiumzelle Anteil am Embryo, möchte aber einen besonders „feisten Fötus“ zeugen, dessen Überlebenschancen gut sind.

Seine Wachstumsgene werden also bevorzugt und sind nicht methyliert, also angeschaltet. Die Mutter hingegen bietet dem Embryo viel mehr als der Vater, denn sie versorgt den Embryo in ihrem Mutterleib. Sie muss jedoch dabei auch auf ihren eigenen Körper achten und an spätere Kinder denken. Ihre Wachstumsgene sind also methyliert und somit ausgeschaltet. In einigen Fällen kommt es jedoch auch dazu, dass beide Gene methyliert oder nicht methyliert sind.

Dies kann dann entweder zu einem erhöhtem Körpergewicht (beide nicht methyliert) oder einem Untergewicht (beide methyliert) führen.[13] „Mittlerweile haben Forscher bei vermutlich 40 bis 60 Genen des Menschen das Imprinting nachweisen können, womöglich sind aber Hunderte Erbanlagen betroffen.“ Das Imprinting beeinflusst jedoch nicht nur körperliche Merkmale des Embryos, sondern soll auch Auswirkungen auf das Verhalten des späteren Menschen haben.

Geht der Kampf einigermaßen unentschieden aus, so entwickelt das Kind ein normales Verhalten.[14] Gewinnt jedoch zum Beispiel die väterliche Seite, so haben Wissenschaftler entdeckt, soll sich das Gehirn eher ins autistische Zentrum entwickeln. Gewinnt dagegen die mütterliche Seite, soll sich das Gehirn eher zum psychotischen Spektrum entwickeln. Ob die Vermutungen jedoch zu hundert Prozent stimmen, ist noch nicht bewiesen.

Demnach wären diese beiden Erkrankungen jedoch enger miteinander verbunden als früher gedacht. Doch diese beiden Extreme sind eher die Ausnahme. In den meisten Fällen liegt diese seelische Prägung nämlich im normalen Bereich und hat somit keinen so großen Einfluss.[15]

molekulare Regulation der Gene

Aber noch einen anderen Mechanismus entdeckten Forscher. Neben Methylgruppen können nämlich auch Acetylgruppen angehängt oder entfernt werden. Diese verändern den Verpackungszustand der DNA, wodurch Gene besser oder schlechter abgelesen werden können. Werden Acetylgruppen angehängt, können Gene besser abgelesen werden, da sich die DNA-Verpackung lockert. Werden Acetylgruppen entfernt, so können sie schlechter abgelesen werden.[16]

Die Auswirkungen dieser Modifikationen kann man besonders gut an eineiigen Zwillingspaaren beobachten. Vierzig von ihnen untersuchte Manuel Esteller. Dabei machte er eine erstaunliche Entdeckung: „Die jungen Zwillingspaare trugen noch ähnliche epigenetische Muster. Unter älteren Paaren dagegen gab es merkliche Unterschiede.“ Dies lag vor allem an der Umwelt, in der sich die Zwillinge befanden.

Je größer die Unterschiede in jeder Hinsicht (Lebensstil, Wohnort, Ernährung) waren, desto deutlicher waren auch die Unterschiede des Erbguts.[17]

Die Methylierung und Acetylierung sind jedoch umkehrbar. Durch neue oder andere Einflüsse können diese chemischen Reaktionen auch wieder rückgängig gemacht werden. Dies bedeutet also eine Flexibilität des Erbgutes, die vorher nicht vermutet wurde. Unser ganzes Leben lang werden unsere Gene immer wieder verändert.[18]

Stress


2.1          Stress

Heutzutage ist Stress eine gängige Erscheinung, doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts kannte niemand diesen Begriff Stress. Erst der amerikanische Physiologe Walter Cannon entdeckte durch ein Experiment an Katzen,[19] dass ein Stressor[20] zu einer „Kampf oder Flucht“-Entscheidung führt.[21] Dabei werden die für den Kampf oder die Flucht benötigten Organe über die Symphatikuswirkung oder durch die Ausschüttung von Noradrenalin und Adrenalin in Bereitschaft gesetzt.[22] Diese Regulationen beruhigen sich jedoch nach der Gefahr wieder (Homöostase).[23] Diese Entdeckung nannte er jedoch nicht Stress.

Dies tat erst der Biochemiker Hans Selye. Er setzte Ratten systematisch unangenehmen Situationen aus und stellte fest, dass alle mit den gleichen Symptomen reagierten: „mit schrumpfenden Lymphknoten und Magengeschwüren“. Dieses Phänomen übertrug er auch auf den Menschen. Auf Belastungen jeder Art reagiert dieser mit bestimmten Symptomen. Der Begriff Stress wurde geboren und war Lösung vieler Krankheiten und Probleme.[24]

So hat eine Umfrage in den USA ergeben, dass vor allem die herrschende Wirtschaftskrise ein Grund für den dort herrschenden Stress ist. Demnach fühlen sich 80 Prozent der US-Bürger aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit gestresst.[25] Aber auch fehlende Anerkennung, Über- und Unterforderung, schlechtes Betriebsklima und Zeitdruck im Job sind entscheidende Auslöser.

Dabei müssen dies nicht immer Auslöser für negativen Stress sein, sondern können auch positiven auslösen, der zu Höchstleistungen anregt. Zum einen kann nämlich der Einfluss entscheidend sein. „Wer hohe Anforderungen bewältigen soll, aber kaum Einfluss nehmen kann, der ist am stärksten bedroht.“[26] So sind Lehrer fast vollkommen auf die Kooperation der Schüler angewiesen, die ihnen oft jedoch verwehrt bleibt.

Sie sind also stärker bedroht als andere, die nicht auf andere angewiesen sind.[27] Bei älteren Menschen oder Menschen mit Behinderungen, Suchtproblemen oder ähnlichem ist oft auch die soziale Isolation eine Ursache für Stress.[28] Sie haben keine Freunde oder Familie, mit denen sie reden können.[29] Dahingegen ist bei Jugendlichen die Schule ein großer Stresspunkt. 42 Prozent der Eltern in Deutschland gaben an, dass sie bei ihren Kindern Stresssymptome wie Nervosität und Aufgedrehtheit beobachten konnten. [30] Aber auch frühere Einflüsse, wie z. B. die Erziehung, können eine epigenetische Veränderung bereits bewirkt haben und somit eine stärkere Reaktion auf Stress in Gang setzen, wie später in dieser Arbeit noch erwähnt wird.

Stress

Dadurch wird eine Kettenreaktion ausgelöst: Das CRH-Hormon gelangt in eine benachbarte Hirnregion mit dem Namen Hirnanhangsdrüse, welche auch Hypophyse genannt wird, wo das Hormon das POMC-Gen anschaltet. Dieses Gen ist wiederum für die Produktion des ACTH-Hormons verantwortlich, welches sich durch den Blutkreislauf  im ganzen Körper verteilt und die Synthese von Cortisol in der Nebenniere veranlasst.[35] Aber es werden nicht nur Alarmsignale an den Hypothalamus gesendet, sondern auch an das Stammhirn.[36] Dieses steuert die essentiellen Lebensfunktionen[37], wie die Atem- und Pulsfrequenz, den Blutdruck und durch den Vagusnerv auch die Herz-, Magen- und Darmregulation.

Bei Alarmsignalen schüttet das Stammhirn nun die Botenstoffe Adrenalin und Noradrenalin aus.[38] Zusammen mit dem Cortisol haben sie zahlreiche Effekte auf den Körper, die früher zur Flucht dienten und Schutzmechanismen des Körpers waren.[39] Das Cortisol sorgt zum Beispiel dafür, dass wir erst einmal keinen Appetit mehr empfinden, denn dies wäre bei einer Flucht nicht sehr hilfreich und zum anderen treibt es den Blutdruck nach oben.[40] Das Adrenalin und Noradrenalin treiben dazu noch Herzfrequenz, den Kreislauf und den Puls hoch.

Zur Produktion dieser Botenstoffe werden im Stammhirn Gene aktiviert, die diese Produktion übernehmen. Der Körper ist startbereit für eine Flucht.[41] Sobald die Stresssituation jedoch überstanden ist, tritt die schon von Walter Cannon beobachtete Homöostase ein. Der Körper fährt wieder herunter und nimmt seinen alltäglichen Rhythmus auf. Geschieht dies jedoch nicht und „Stresswelle um Stresswelle“ wird ausgelöst, kann dies schwerwiegende Folgen haben.[42] Ein erhöhter Cortisol-Wert über einen längeren Zeitraum sorgt nämlich in Zusammenhang mit Glutamat für das Absterben von Nervenzellen.

Bei einer Fluchtsituation war es besonders wichtig Energie zu sparen. Deshalb wurden alle Funktionen, die nicht zum Überleben wichtig waren, ausgeschaltet. Zu eben diesen gehörte auch die Neubildung und Regeneration von Nervenzellen.[44] Die Gene, die für diese Neubildung und Regeneration verantwortlich sind, werden deshalb noch heute bei Stressreaktionen ausgeschaltet oder herabgedreht.[45]

Stress

Da der Hippocampus aber vor allem für das Lernen und Erinnern wichtig ist, kann Stress aufgrund des Absterbens der Nervenzellen viele verschiedene Folgen haben. Vor allem die Struktur des Nervensystems kann sich verändern. „Bereits drei Wochen Stress, […], reichen aus, um das Volumen des Hippocampus um drei Prozent zu verringern.“[46] Somit merken die Gestressten meist gar nicht, wenn die Stresssituation vorbei ist, sondern bleiben in dieser Situation stecken.

Laut dem Wissenschaftler Perera werden dadurch 90 Prozent der Depressionen ausgelöst. Aber auch Angststörungen, eine Verschlechterung des Gedächtnis‘ und krankhafte Niedergeschlagenheit kann ausgelöst werden.[47] Viele Menschen greifen bei dieser Niedergeschlagenheit oder bei Frust zu „Gummibärchen und Schokolade und räumen abends den Kühlschrank leer.“ Das Gehirn verlangt aufgrund des Stresses „nach immer mehr Nahrung, obwohl der Körper schon längst genug hat.“ Folge dessen ist die Gewichtzunahme, was bis zur Fettleibigkeit führen kann.[48] Zum anderen können auch Krankheiten, wie zum Beispiel Viruserkrankungen, schneller ausbrechen, weil das Immunsystem geschwächt wird.

Stress

Die Kinder jener Mütter, die während der Schwangerschaft im Stress waren, hatten auffällig große Mengen des Immunglobulins vom Typ E im Körper – was das Risiko für Asthma und auch Allergien erhöht.[50]

Besonders schwer können auch die Folgen auf das Herz sein. Der hohe Puls kann zu Arteriosklerose, verengten Blutgefäßen und Herzattacken führen. Deswegen stieg vor allem während der Fußballweltmeisterschaft 2006 die Zahl der Herzattacken „sprunghaft um den Faktor 2,7“.[51]

Doch wir können etwas gegen den Stress tun um zu verhindern, dass er solche Auswirkungen auf uns hat. Anhand eines Experimentes entdeckte so die Neurowissenschaftlerin Henriette van Praag, dass Bewegung eine positive Auswirkung auf ein gestresstes Gehirn hat. Dies bewies sie mit Versuchsmäusen. Diese stammten aus einer pleitegegangenen Biotech-Firma und hatten ihr ganzes Leben in Käfigen verbracht.

Ein Teil der Mäuse bewältigte ein 35 Tage langes Fitnessprogramm, während die anderen Mäuse weiter in ihren Käfigen eingesperrt waren. Bei einem Lerntest begriffen die trainierten Mäuse eindeutig schneller als die untrainierten. Im Hippocampus bildeten sich durch die Bewegung neue Nervenzellen, die  die Lernfähigkeit der Mäuse positiv beeinträchtigte. Tägliche Bewegung kann also den Stress bekämpfen aber ebenso die durch den Stress ausgelösten Folgen.[52]

Stress

Einige von ihnen bekamen Psychopharmaka verabreicht, die anderen nicht. Während die Affen ohne Psychopharmaka vereinsamten, waren die mit Psychopharmaka putzmunter.[54] Um aber sicher zu gehen, dass die Psychopharmaka für diese Wirkung verantwortlich waren, untersuchte Perera einige Tiere noch genauer. Er bestrahlte das Gehirn einiger graubrauner Primaten vor der Einnahme von Psychopharmaka, mit Röntgenstrahlen.

Diese verhinderten die Entstehung von neuen Nervenzellen. Und tatsächlich wurden die Stresssymptome nicht bekämpft.[55] Doch auch wenn diese Medikamente den Stress ohne viel Aufwand beseitigen würden, sind Wissenschaftler der Meinung, dass sie zu „heikel“ und keine wirkliche Lösung des Problems wären. [56] Zwei Wissenschaftler, Britta Hölzel und Richard Davidson, entdeckten beide durch zwei verschiedene Experimente, dass auch Meditation eine positive Wirkung auf das Gehirn hat.

Zum einen machte Britta Hölzel in Deutschland Experimente mit gestressten Menschen, indem sie die Gehirnstruktur vor dem Experiment mit einem Kernspintomographen analysierte und ihnen dann tägliches Meditieren verschrieb. Die Probanden fühlten sich schon nach acht Wochen deutlich besser. Außerdem konnte Hölzel auch im Gehirn deutliche Veränderungen erkennen. Nervenzellen im Hippocampus hatten sich regeneriert und neu gebildet.[57] Zum anderen untersuchte Richard Davidson das Gehirn eines Mönchs, welcher 10 000 Stunden meditiert hatte.

2.2         

soziale Beziehungen


soziale Beziehungen

Dass soziale Beziehungen Auswirkungen auf unsere Gene im Gehirn haben, entdeckte schon der Nervenarzt Michael Meaney als er Ratten beobachtete. Dabei konnte er verschiedene Erziehungsmethoden der Mütter beobachten. Während die einen Mütter ihre Babys liebevoll leckten, taten dies andere Mütter kaum. Und dies übertrugen sie auch auf ihre weiblichen Babys.

Waren die Babys von einer liebvollen Mutter aufgezogen, so leckten auch sie ihre Babys, waren sie dagegen nicht von der Mutter geleckt worden, waren sie eine eher lieblose Mutter. Aber diese unterschiedliche Erziehung zeigte noch eine andere Veränderung, und zwar im Verhalten der Ratten. Die liebevoll erzogenen Ratten waren im Erwachsenenalter gelassen und entspannt, während die lieblos erzogenen Ratten ängstlich waren.

In Stresssituationen schütteten sie viel mehr Stresshormone aus.[60] Diese Stresshormone werden, wie schon in dieser Arbeit erwähnt, vom Gehirn ausgeschüttet, haben aber wiederum auch eine Rückwirkung auf das Gehirn. Sie docken dort nämlich an Rezeptoren an, wodurch der Ausstoß der Stresshormone gestoppt wird. Für die Synthese dieser Rezeptoren ist ein bestimmtes Gen verantwortlich.

Bei den soeben genannten Ratten konnten Meaney und Szef zusätzlich noch eine verstärkte Acetylierung in den Nervenzellen feststellen. Somit konnte das Gen für den Stresshormon-Rezeptor besser abgelesen werden. Es entstanden mehr Rezeptoren bei den liebevoll erzogenen Rattenbabys.[62]

Zusätzlich unternahm Meaney aber noch ein weiteres Experiment. Er setze Babys der lieblosen Mutter zu einer liebevollen Mutter und beobachtete deren Entwicklung. Sowohl männliche als auch weibliche Adoptivkinder entwickelten sich zu entspannten Erwachsenen und die weiblichen Tiere wurden später ebenfalls zu liebevollen Müttern.[63] Diese Experimente bewiesen, „dass Erfahrungen der frühen Kinderjahre spätere seelische und körperliche Abläufe ‚bahnen‘“.

Im Gehirn werden dabei bekanntermaßen Nervenzell-Netzwerke angelegt, die ausschlaggebend dafür sind, wie die Umwelt wahrgenommen wird, wie Beziehungen gestaltet werden und wie Herausforderungen gemeistert werden. Je nachdem, welche Erfahrungen also gemacht wurden, also zum Beispiel ob die Rattenbabys geleckt wurden oder nicht, unterscheiden sich diese Nervenzell-Netzwerk-Konstruktionen.[64]

soziale Beziehungen

Denn der IQ der reichen Kinder, die in armen Familien aufgenommen wurden, war im Durchschnitt um 12 Punkte schlechter, als der IQ der reichen Kinder, die wiederum in reiche Adoptivfamilien aufgenommen wurden. Dies zeigt deutlich, welchen Einfluss die Umwelt auf die Intelligenz hat. Doch die Psychologen entwickelten noch eine weitere Studie. Dieses Mal untersuchten sie den Einfluss reicher Adoptiveltern auf Kinder aus sozial schwachen Familien und verglichen sie mit den Geschwistern, die in der leiblichen Familie geblieben waren.

Und auch hier Betrug der Unterschied im Test im Durchschnitt 12 Punkte. Doch diese Eindeutigkeit reichte den Wissenschaftlern immer noch nicht und sie fertigten noch eine dritte Studie an. Dieses Mal untersuchten sie nicht Kinder aus sozial schwachen Familien, sondern Kinder, die vernachlässigt und misshandelt worden waren. Sie waren erst im Alter von vier bis sechs Jahren und durch die Behörden in Adoptivfamilien gekommen.

Und auch hier war das Ergebnis eindeutig. Wurden die Kinder zunächst als „lernbehindert“ eingestuft, so stieg ihr IQ in intakten, aber sozial schwachen, Familien um 8 Punkte und in reichen Familien sogar um den erstaunlichen Wert 19,5. Diese Ergebnisse wurden zusätzlich durch 61 weitere Studien bewiesen.[66] Durch die positiven bzw. negativen Erlebnisse muss sich also etwas im Gehirn verändern haben, was den Intelligenzverlust bzw. die -zunahme erklärt.

soziale Beziehungen

Die Nervenzellen sorgen für eine Ausschüttung von Botenstoffen, insbesondere von Glutamat, und es werden bestimmte Notfallgene aktiviert. Alarmsignale werden zusätzlich wie beim Stress an den Hypothalamus und dem Hirnstamm gesendet. Und wie bereits erwähnt wurde, sorgt Glutamat in Verbindung mit Cortisol zum Absterben von Nervenzellen in bestimmten Hirnregionen (z.

B. im Hippocampus). Je schwerwiegender also das Erlebnis in den Kinderjahren, desto gravierender sind auch die Schäden im Gehirn.[67] Die Folgen dessen können schwer sein. Meaney und Szyf entdeckten eine von ihnen.

Meaney und Szyf untersuchten in einem anderen Experiment das Erbmaterial von 12 Selbstmördern, die in ihrer Kindheit vernachlässigt oder missbraucht wurden, und verglichen diese  Ergebnisse mit denen von Unfallopfern. Die Ergebnisse zeigten eindeutig:

‚Die Erlebnisse in früher Kindheit markieren das Gehirn‘, sagt Szyf. ‚Diese Markierung bleibt bestehen und kann irgendwann etwas Krankhaftes bewirken. In den von uns untersuchten Fällen ist es der Selbstmord.‘


Dies alles zeigt, dass die sozialen und zwischenmenschlichen Beziehungen gerade in den ersten Lebensjahren eines Kindes von großer Bedeutung sind. Sie können ausschlaggebend für die Entwicklung sein und das Leben schon in diesem Moment prägen. Sie können eine positive Entwicklung bewirken, jedoch auch eine negative, die sogar ins Krankhafte abrutschen kann.


3.     

Alkohol


chemische Beeinflussung der Umwelt

Zu den Chemikalien, durch die wir ständig beeinflusst werden, zählen zum einen der Trinkalkohol, Hormone, aber auch die Nahrung, die wir täglich zu uns nehmen. Diese Chemikalien wirken aber nicht nur auf unseren Köper ein, wenn wir sie uns selbst zuführen, sondern auch schon im Mutterleib beeinflussen sie den Körper, durch die Verbindung zwischen Mutter und Kind.

Was also die Mutter in der Schwangerschaft zu sich nimmt, kann je nach Substanz einen verschieden großen Einfluss auf das Kind haben.[69]

3.1          Alkohol

Alkohol kann in zwei verschiedenen Phasen unseres Lebens die Gene prägen. Einmal ist dies im Mutterleib durch die Mutter und zum zweiten ist das der eigene Konsum im Leben.  In dieser Arbeit möchte ich mich jedoch auf ersteres konzentrieren.


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