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Fachbereichsarbeit
Geowissenschaften

Universität Potsdam

2009, 1,7

Bernd G. ©
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Universität Potsdam

Institut für Geographie

Modul: Humangeographie - Sozial- und Kulturgeographie

Seminar: Siedlungsgeographie/Stadtgeographie

Jerusalem

Die „heilige Stadt“ im Zentrum vieler Interessen und

kriegerischer Auseinandersetzungen

Inhaltsverzeichnis

1                                         Einleitung  3

2                                         Israel4

2.1                                     Palästina  4

2.2                                     Staatsgründung Israels  5

3                                         Jerusalem   6

3.1                                     Entstehung und Geschichte Jerusalems  6

3.1.1                                Osmanisches Reich   7

3.1.2                                Britisches Mandat (1918-1948)8

3.1.3                                Jerusalem nach der Teilung 1948  8

3.1.4                                Nach dem Sechstagekrieg  9

3.1.5                                Jerusalem – umstrittene Hauptstadt10

3.2                                     Bedeutung für die drei Weltreligionen   11

4                                         Rückeroberung Ostjerusalems  12

4.1                                     Siedlungen   12

4.2                                     Immobilienkäufe  13

4.3                                     Sperrmauer13

5                                         Fazit15

6                                         Literaturverzeichnis  16

1            Einleitung

Auf dieser Erde existieren viele gewachsene Konflikte, die daraus resultieren, dass unterschiedliche konfessionelle Gruppen oder Ethnien ein Gebiet für sich beanspruchen und mit (para)militärischen Mitteln oder terroristischen Aktionen ihre Ziele verfolgen. Als Beispielorte sind der Osten der Türkei, in dem Kurden ihre Unabhängigkeit anstreben, oder die Stadt Belfast beziehungsweise Region Nordirland mit der lange Zeit erbittert geführten Auseinandersetzung zwischen Protestanten und Katholiken zu nennen.

Dass in besetzten Gebieten die Kontrolle auch durch siedlungs-geographische Maßnahmen dauerhaft gesichert werden soll, ist gegenwärtig in Tibet zu beobachten, wo die chinesische Regierung die massive Ansiedlung von Chinesen vorantreibt. Keine Region ist aber weltpolitisch so bedeutsam wie der Nahe Osten, bei kaum einem anderen Konflikt und seiner Entwicklung sind so viele Staaten vor und hinter den Kulissen beteiligt wie in Israel respektive Palästina.

Diese Arbeit behandelt Jerusalem, in dessen Altstadt sich die Problematik einer ganzen Region auf wenigen Quadratkilometern widerspiegelt: Das Zusammenleben unterschiedlicher Konfessionen und Ethnien auf engem Raum.

Die gegenwärtige Situation Jerusalems ist geprägt von historisch gewachsenen Verhältnissen und kann nicht sinnvoll isoliert betrachtet werden. Deshalb liefert diese Arbeit einen kurzen Überblick über die Geschichte Palästinas und die Staatsgründung Israels (Kapitel 2). Von der Entstehung und Entwicklung Jerusalems berichtet das Kapitel 3.1., wobei der Fokus auf dem 20. Jahrhundert liegt.

Die Bedeutung der Stadt für die drei monotheistischen Weltreligionen (Kapitel 3.2) wird anhand zentraler konfessioneller Orte referiert. Die spezielle Situation in Ostjerusalem, in dem seit 1967 viele jüdische Siedlungen auf besetztem Gebiet entstanden sind, eine Sperrmauer das Land von seinem Umland abschneidet und eine jüdische Organisation versucht, palästinensischen Hausbesitzern in der Altstadt ihre Immobilien abzukaufen, wird in Kapitel 4 behandelt.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, die komplexe Situation in Jerusalem zu veranschaulichen und die Entwicklung dorthin nachzuzeichnen.

2            Israel

2.1       Palästina

Das Gebiet Palästina gehört zu den ältesten Siedlungsgebieten der Welt überhaupt (Vgl. Harenberg Länderlexikon 1998, S. 421). In ihm liegt mit Jericho auch eine der ältesten Städte der Menschheit. Bereits vor Beginn unserer Zeitrechnung war und bis heute ist Palästina Ort unzähliger kriegerischer Auseinandersetzungen. Eine genaue Darstellung dieser Geschichte würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Seit dem 16. Jahrhundert gehörte das Gebiet zum osmanischen Reich und wurde nach der Eroberung durch die Briten 1917 vom Völkerbund unter britisches Mandat gestellt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen mit dem Aufkommen zionistischer Ideen, immer mehr europäische Juden nach Palästina zu emigrieren. Dort lebten 1882 etwa 450.000 muslimische, teils auch christliche Araber und 24.000 Juden (Vgl.

Informationen zur politischen Bildung 2008, S. 6) 1947 empfahl die UN-Vollversammlung, Palästina in zwei Staaten zu teilen, einen israelischen und einen arabischen. Dies wurde jedoch von arabischer Seite abgelehnt (Vgl. Die Zeit. Das Lexikon. Bd. 11, 2005, S. 119). Auf Abbildung 1 ist dargestellt, welche Aufteilung die UN-Vollversammlung für das Gebiet vorgesehen hatte.

Der Großraum Jerusalem inklusive Bethlehem sollte dem Teilungsplan gemäß internationales Gebiet sein und unter internationaler Verwaltung stehen. Aufschlussreich ist die Abbildung insbesondere im Vergleich mit Abbildung 2, welche die territorialen Veränderungen zum UN-Teilungsplan deutlich zeigt.

Abbildung 1: Der UN-Teilungsplan 1947

Quelle: Informationen zur politischen Bildung Nr. 278 2008, S. 43

2.2       Staatsgründung Israels

Der Staat Israel wurde einen Tag vor Ablauf des britischen Mandats am 14.05.1948 von David Ben Gurion in Tel Aviv ausgerufen. Einen Tag später erklärten die arabischen Nachbarstaaten Israel den Krieg. Die folgenden zehnmonatigen Kämpfe konnte Israel mit einer Vergrößerung seines Gebiets für sich entscheiden (Vgl. Harenberg Länderlexikon 1998, S. 422), sie verursachten aber auch die Spaltung Jerusalems in einen jordanischen und einen israelischen Teil.

Der Westen Jerusalems wurde von Israel beherrscht, der Osten inklusive der Altstadt von Jordanien kontrolliert (Vgl. Atkins 1988, S. 54). Abbildung 2 zeigt die veränderte territoriale Situation nach dem Krieg. Die von Israel besetzten Gebiete sind schraffiert dargestellt. Das an die Sinaihalbinsel angrenzende Gebiet südlich des Gazastreifens, das sich von Nazareth bis zur Libanesischen Grenze erstreckende Territorium und ein zentral gelegenes Gürtelgebiet bedeuten die deutlichen Gebietszugewinn Israels.

Abbildung 2: Israel nach dem Krieg 1948/49

Quelle: Informationen zur politischen Bildung Nr. 278 2008, S. 43

3            Jerusalem

3.1         Entstehung und Geschichte Jerusalems

Das wahrscheinlich um etwa 2.500 v. Chr. gegründete Jerusalem (Vgl. Atkins 1988, S. 29) erlangte erstmalig um 1.000 v. Chr. eine zentrale Bedeutung, als der biblische König David den Regierungssitz dorthin verlegen ließ. In den folgenden Jahrhunderten wurde Jerusalem oft erobert. Babylonier, Griechen, Römer, Kreuzritter, Mameluken, Türken und Briten, um nur einige zu nennen, hinterließen dabei ihre Spuren in der Stadt (Vgl.

Großbongardt, Pieper 2009, S. 11).

3.1.1    Osmanisches Reich

Von 1516 an war Jerusalem mit kurzer Unterbrechung durch die ägyptische Besetzung von 1831 bis zur Rückeroberung 1840 Teil des Osmanischen Reichs (Vgl. Großbongardt, Pieper 2009, S. 28). Aus wirtschaftlicher und politischer Perspektive war Jerusalem bis 1840 relativ unbedeutend, obwohl es weiterhin ein religiöses Zentrum blieb.

Von felsiger Landschaft umgeben, war die halbverfallene Stadt unterbevölkert und es wurden Freiflächen entlang der Stadtmauer landwirtschaftlich genutzt. (Vgl. Sabbagh 1993, S. 50). Aufgewertet wurde die Stadt ab 1838 durch Eröffnungen europäischer Konsulate. Diese schützten Minderheiten in Palästina, woraufhin mehr Juden und Christen nach Palästina auswanderten. Seit den 1860er Jahren wurde die Infrastruktur der Stadt verbessert und ausgebaut, die Straßen wurden gepflastert und Gaslampen und Wasserrohre installiert.

Ab dieser Zeit wuchs die Bevölkerung durch Einwanderung kontinuierlich, wie aus Abbildung 3 hervorgeht. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden neue Jerusalemer Stadtviertel außerhalb der Stadtmauern wie „Yemin Moschoe“ oder „Mea Schearim“, die als „Neustadt“ bezeichnet werden (Vgl. Yaron 2008, S. 48)

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung Jerusalems 1844-1987

Quelle: Sabbagh 1993, S. 52

3.1.2    Britisches Mandat (1918-1948)

In der Zeit des britischen Mandats nahm die Bevölkerung Jerusalems um mehr als das Doppelte zu. Sowohl die Darstellung der Bevölkerungsentwicklung von Sabbagh (Abb. 1) als auch die Werte von Gudrun Krämer (2004, S. 46), die die Zahl der Einwohner Jerusalems für das Jahr 1915 auf 75.000 schätzt und im Jahr 1947 mit etwa 165.000 Einwohnern angibt, belegen diese enorme Zunahme, die sich durch die massive Auswanderung europäischer Juden im Zuge der zionistischen Bewegung und als Reaktion auf den Antisemitismus und Pogrome in Europa erklären lässt.

Während des britischen Mandats wurden fast alle Baulücken, die sich zwischen Siedlungen der Neustadt aus der Zeit des osmanischen Reichs ergeben hatten, geschlossen (Vgl. Sabbagh 1993, S. 52). Es entstanden aber auch einige Gartenvororte außerhalb der damaligen Stadtgrenze. Charakteristisch für die Siedlungen ist die Trennung nach religiöser Zugehörigkeit.

3.1.3    Jerusalem nach der Teilung 1948

Verursacht durch den auf die israelische Staatsausrufung folgenden Krieg und die Teilung Jerusalems in einen israelischen und einen jordanischen Teil, kam es zu fluchtartigen Umsiedlungen und Vertreibungen. Arabische Siedlungen im Westteil wie Mosrara oder Katamon wurden völlig geräumt und die meisten Bewohner flohen in den Ostteil der Stadt. Ungefähr 4000 Juden, die zumeist im altstädtischen Judenviertel wohnten, flüchteten in den Westteil der Stadt (Vgl.

Sabbagh 1993, S. 55). Während im israelischen Westteil zügig mit dem Wiederaufbau begonnen wurde und durch neue Einwanderungsströme auch die Bevölkerung wieder wuchs, die Stadt nach Westen hin erweitert wurde und Neusiedlungen gebaut wurden, kam es im Ostteil der Stadt zu keiner nennenswerten Entwicklung. Von jordanischer Seite wurden kaum Anstrengungen unternommen, den Ostteil zu modernisieren oder zu erweitern (Vgl.

Timm 2004, S. 166).

3.1.4    Nach dem Sechstagekrieg

Als Israel im Juni 1967 im Sechstagekrieg das Westjordanland, die Sinaihalbinsel, den Gazastreifen und die syrischen Golanhöhen besetzte, wurde auch Ostjerusalem mit der Altstadt erobert (Vgl. Großbongardt, Pieper 2009, S. 30; Segev 2009, S. 186). Etwa 13.000 Araber, die sich nach der Flucht aus dem Westteil der Stadt im jüdischen Viertel der Altstadt niedergelassen hatten, mussten erneut fliehen.

Zwar wurden umgehend die Spuren der Teilung wie Stacheldraht, Betonmauern und Minenfelder beseitigt, infrastrukturell blieb die Stadt aber weiterhin geteilt (Vgl. Sabbagh 1993, S. 56). Die Stadtgrenzen wurden neu festgelegt, so dass sich Jerusalem von 38 Quadratkilometern auf 108 Quadratkilometer vergrößerte (Vgl. Timm 2004, S. 168f). Die enorme Flächenvergrößerung der Stadt ist in Abbildung 4 zu sehen.

Aus administrativer Sicht wurde durch die Aushändigung israelischer Ausweise an die Bewohner Ostjerusalems die Spaltung Jerusalems beseitigt und gleichzeitig die Trennung der arabischen Bevölkerung in Ostjerusalem vom Westjordanland besiegelt. Diese Trennung wurde materiell auch mit der Enteignung arabischen Privatgrundbesitzes in Ostjerusalem vollzogen. Auf diesem Land wurden bis zum Jahr 2000 46.978 Wohneinheiten für Juden gebaut (Yaron 2008, S. 165).

Entlang der östlichen Grenze von Ostjerusalem sind jüdische Siedlungen auf Hügeln gebaut worden, die eine neue Teilung der Stadt unmöglich machen sollen.

Abbildung 4: Flächenentwicklung der Stadt Jerusalem von 1844 - 1987

Quelle: Sabbagh 1993, S. 56

3.1.5    Jerusalem – umstrittene Hauptstadt

Am 30. Juli 1980 wurde von der Knesset ein neues Grundgesetz verabschiedet. Darin wurde Jerusalem als unteilbare neue Hauptstadt Israels festgelegt. Dieser Hauptstadtstatus wird von den meisten Staaten der Welt nicht anerkannt (Vgl. Timm 2004, S. 171). Sie haben ihre Botschaften weiterhin in Tel Aviv. Offiziell gilt Ostjerusalem als besetztes Gebiet.

3.2         Bedeutung für die drei Weltreligionen

In Jerusalem befinden sich heilige Stätten der drei monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam. Diese heiligen Orte sind insofern ähnlich, als dass legendenhafte Umstände ihre Heiligkeit begründen, die nicht mit wissenschaftlicher Gewissheit bewiesen werden können.

Für das Judentum ist die sogenannte Klagemauer von größter Bedeutung. Sie soll eine Stützmauer des antiken Tempelkomplexes gewesen sein und ist zentrale Gebetsstätte gläubiger Juden und Ziel jüdischer Wahlfahrer aus der ganzen Welt. „Die Klagemauer (…) ist zum religiösen und nationalen Herz des Staates Israel geworden“ (Yaron 2009, S. 49).

Das Christentum hat in der Grabeskirche neben einigen weiteren heiligen Stätten wie z. B. der Via Dolorosa ihren wichtigsten Ort, der insbesondere in der Osterzeit von vielen Pilgern besucht wird. An ihrer Stelle soll das Grab Christi gewesen sein (Vgl. Atkins1988, S. 98).

Für den Islam ist Jerusalem mit dem Felsendom und der AlAksa-Moschee die nach Mekka und Medina drittwichtigste Stadt. (Vgl. Seidensticker 2004, S. 99). Vom Felsendom aus soll Mohammed in den Himmel gefahren sein.

Wie aus der nachfolgend abgebildeten Karte hervorgeht, befinden sich die genannten Stätten in der Altstadt in unmittelbarer Nähe zueinander auf einem nur etwa ein Quadratkilometer großen Gebiet.

Abbildung 5: Karte der Altstadt von Jerusalem (1997)

Quelle:

4            Rückeroberung Ostjerusalems

Israel versucht mit verschiedenen Strategien, die Vorherrschaft in Jerusalem dauerhaft zu sichern. Dabei sind die staatlichen von den privaten Unternehmungen zu trennen. Von staatlicher Seite aus sind die Siedlungspolitik und die Sperrmauer anzuführen, auf privater Seite gibt es Organisationen, die über den Kauf von Immobilien und Grundstücken Ostjerusalem in Besitz nehmen wollen.

4.1         Siedlungen

Bereits 1978 hieß es in einem Jerusalemer Städtebauplan des Bezirksplanungs- und Baukomitees: „Jedes Gebiet in der Stadt, das nicht von Juden bewohnt wird, befindet sich in Gefahr, von Israel abgetrennt zu werden und so unter arabische Kontrolle zu gelangen. Deswegen muss die administrative Richtlinie innerhalb der Stadt umgesetzt werden, indem man in allen Teilen Wohnorte errichtet, beginnend mit den am weitesten entfernten Gebieten.“ (Zit. n.

Yaron 2008, S. 165). Nach Angaben von Gisela Dachs (2010, S. 147) leben gegenwärtig etwa 190.000 jüdische Siedler in Ostjerusalem. Bereits nach der Besetzung 1967 wurde von israelischer Seite begonnen, an strategisch wichtigen Punkten Siedlungen zu errichten, um die Kontrolle Ostjerusalems dauerhaft zu sichern. In Abbildung 6 sind die größten Siedlungen abgebildet und die geplanten Wohnungsneubauten aufgeführt.

4.2         Immobilienkäufe

In Jerusalem ist die jüdische Organisation „Ateret Cohanim“ (Übers. Krone der Priester) aktiv, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, in den arabischen Vierteln der Altstadt Häuser zu kaufen, in die dann jüdische Bewohner ziehen sollen. Ihrer Ideologie zufolge gehe es um das Herz Jerusalems [gemeint ist die Altstadt; d. V.], wo jüdische Präsenz angesichts einer internationalen Verschwörung mit dem Ziel, heilige Orte den Juden entreißen zu wollen, am wichtigsten sei (Vgl.

FAZ 08.12.2009, S. 6). Der Exekutivdirektor der Organisation David Luria vertritt die Ansicht, dass es sich bei dem Projekt um eine Heimkehr handele, da seiner Aussage nach Ende des 19. Jahrhunderts die Juden mehrheitlich in der Altstadt wohnten. Eine weitere Organisation ist der „Israel Land Fund“, der nicht nur in Ostjerusalem, sondern auch im Westjordanland und Jordanien versucht, palästinensische Häuser und Grundstücke zu erwerben.

4.3         Sperrmauer

Israel hat im Jahr 2003 mit dem Bau einer rund 750 km langen Sperranlage begonnen, die in Israel als „Anti-Terror- Zaun“ (Vgl. Yaron 2008, S. 192) bezeichnet wird und von den Palästinensern häufig „Apartheid-Mauer“ oder auch „Monster“ (Vgl. von Mittelstaedt 2009, S. 255) genannt wird. Sie umschließt fast das ganze Westjordanland und trennt auch Ostjerusalem von dem Hinterland und den Städten Bethlehem und Ramallah ab.

Da für die Palästinenser der Großraum Jerusalem mit seinen Trabantenstädten,   Bethlehem und Ramallah der wichtigste Wirtschaftsraum war, in dem etwa ein Drittel des Bruttosozialproduktes erwirtschaftet wurde, sind die Folgen der Trennung auch in wirtschaftlicher Hinsicht für die Palästinenser katastrophal (Vgl. Yaron 2008, S. 196). In Abbildung 6 ist der Verlauf der Sperranlage zu sehen.

Abbildung 6: Gemeldete Siedlungsexpansionspläne in Ostjerusalem im März 2010

Quelle:

5            Fazit

Jerusalem ist aus israelischer Sicht die Hauptstadt von Israel. Aus palästinensischer Perspektive ist Ostjerusalem besetztes Gebiet, auf dem völkerrechtswidrig israelische Siedlungen errichtet wurden und werden. Die Situation in Jerusalem ist gegenwärtig wieder sehr angespannt. Im März dieses Jahres reiste der amerikanische Außenminister Joe Biden nach Jerusalem, um den Dialog zwischen Juden und Palästinensern wieder anzuleiten.

Während seines Besuchs erklärte das israelische Innenministerium, dass der Bau 1.600 neuer Wohnungen in Ostjerusalem genehmigt wurde. Dieses Vorgehen wurde von amerikanischer Seite als Provokation empfunden, denn damit waren die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme von Friedensgesprächen denkbar schlecht. Als kurze Zeit später der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die USA besuchte, wurde er dort sehr kühl empfangen.

Zwar entschuldigte sich Israel für die Bekanntgabe der Bauvorhaben während des Besuchs von Biden, war aber nicht bereit, die Pläne zurück zu nehmen (Vgl. Spiegel online 2010). Welche Perspektiven lassen diese jüngsten Entwicklungen und die in der Arbeit referierten Verhältnisse für Jerusalem zu? Israel baut seine Präsenz in Ostjerusalem weiter aus. Aus heutiger Sicht ist es deshalb kaum vorstellbar, dass Jerusalem wieder eine geteilte Stadt werden könnte.

Die Aussichten der Palästinenser auf eine Zwei-Staaten-Lösung mit der palästinensischen Hauptstadt Ostjerusalem sind also obsolet geworden. Ist es denkbar, dass Palästinenser an der Verwaltung und Gestaltung der Stadt beteiligt werden und es dauerhaft zu einer friedlichen und gleichberechtigten Koexistenz kommen kann? Wenn zuvor die Situation für die Palästinenser in ganz Israel, dem Westjordanland und dem Gazastreifen verbessert und ein palästinensischer Staat zugelassen wird, ist mit viel Optimismus so eine Aussicht vorstellbar.

Solange Israel aber immer neue Siedlungen in Ostjerusalem und dem Westjordanland errichtet, sieht es eher danach aus, dass Israel immer mehr Gebiet für den israelischen Staat hinzugewinnen möchte und an keiner friedlichen Lösung mit den Palästinensern interessiert ist.

6            Literaturverzeichnis

Atkins, N. (1988): Jerusalem. Berlin et. al.

Dachs, G. (2010). Israel kurzgefasst. 1. Aufl. Bonn.

Die Zeit. Das Lexikon in 20 Bänden (2005). Hrsg.: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG. Hamburg, Mannheim. Band 7 und Band 11.

Foundation for middle east peace (fmep)(2010): Reported settlement expansion plans in East Jerusalem, March 2010. In: (20.03.2010)

Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 08.12.2009, Nr. 285, S. 6.

Großbongardt, A.; Pieper, D. Hrsg. (2009): Jerusalem. Die Geschichte einer heiligen Stadt. 1. Aufl. München.

Harenberg Länderlexikon (1998). Dortmund.

Informationen zur politischen Bildung Nr. 278. Israel. (2008). Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn.

Krämer, G. (2004): Juden, Christen und Muslime in der „Heiligen Stadt“. In: Jerusalem im Widerstreit politischer und religiöser Interessen. Hrsg.: H. Hubel, T. Seidensticker, 1. Aufl., Frankfurt a. M. S. 41-58.

Sabbagh, J. (1993): Jerusalem - Stadt dreier Religionen. Entwicklung und Konflikte seit Mitte des 19. Jahrhunderts. In: Geographische Rundschau. Jg. 1993, H. 1 S. 50-57.

Segev, T. (2009): Offene Wunde. In: Jerusalem. Die Geschichte einer heiligen Stadt. Hrsg.: A. Großbongardt, D. Pieper, 1. Aufl., München. S. 181-190.

Spiegel online (2010): Netanjahu fürchtet Washingtons Zorn. In: (28.03.2010)

Timm, A. (2004): Der Status Jerusalems - eine völkerrechtliche Betrachtung. In: Jerusalem im Widerstreit politischer und religiöser Interessen. Hrsg.: H. Hubel, T. Seidensticker, 1. Aufl., Frankfurt a. M. S. 183-196.

Von Mittelstaedt, J. (2009): Wie in einem Käfig. In: Jerusalem. Die Geschichte einer heiligen Stadt. Hrsg.: A. Großbongardt, D. Pieper, 1. Aufl., München. S. 181-190.

Yaron, G. (2009): Leben im Haus Gottes. In: Jerusalem. Die Geschichte einer heiligen Stadt. Hrsg.: A. Großbongardt, D. Pieper, 1. Aufl., München. S. 41-49

Yaron, G. (2008): Jerusalem. Ein historisch-politischer Stadtführer. Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn.

Zank, M. (o. J.): Jerusalem. The Old City. In: (12.03.2010).


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