„Todesstrafe,
die schärfste aller Strafen. Sie wird im allgemeinen durch
Enthaupten, Erhängen, auf dem elektrischen Stuhl oder (bei
militärischen Verbrechen) durch Erschießung vollstreckt. […]“1
Die
Todesstrafe ist seit jeher ethisch umstritten, sei es um Vergeltung
zu üben, den Schutz vor Tätern zu gewährleisten oder die
Abschreckung als präventive Maßnahme zu nehmen. Vorrangig wird sie
aber dazu genutzt, den gestörten Rechtsfrieden
wiederherzustellen.2 Das
Thema ‚Todesstrafe‘ war und ist immer wieder ein Thema von hoher
Aktualität, das vielfach emotionale Reaktionen der
unterschiedlichsten Kategorien hervorruft. Um nicht die
themenübergreifende und durchaus ambivalente Frage, ob die
Todesstrafe moralisch gerechtfertigt sei, mühselig zu beantworten,
geht es in diesem Falle nur um die ethische Theorie des
Utilitarismus‘ und zwar die des Philosophen und liberalen
Politikers John Stuart Mill (1806 – 1876), zudem ob der
Utilitarismus die Todesstrafe für gerechtfertigt hält oder nicht
und wie er in diesen Fällen argumentiert. Vorweg ist eine Erklärung
des Utilitarismus‘ genommen, um für besseres Verständnis und
Nachvollziehen der Argumente zu sorgen.
Der
Utilitarismus (zu lat. utilitas, Nutzen, Vorteil oder utilis,
nützlich) ist eine teleologische Theorie, die moralisch eine
Handlung bewertet, oder genauer, ein Mittel ist, um Handlungen
moralisch zu beurteilen. Damit gehört sie in die Spalte der
Folgenethik. Handlungs- und Beweggründe sind in dieser Theorie
nebensächlich und es werden nur die direkten Folgen gemessen. Sofern
die Konsequenz positiv ist, ist die Handlung moralisch und ethisch
vertretbar. Das Grundprinzip dieser Theorie ist das
„größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl“3,
dass alle Konsequenzen der Entscheidungen gegeneinander abgewogen
werden müssen, um das „größtmögliche Übergewicht von guten
gegenüber schlechten Folgen“4
herzustellen. Es ist das Prinzip der Nützlichkeit, eine ethische
Kosten – Nutzen – Rechnung, wenn man so will, wobei sich die
Kosten auf das eigene Opfer beziehen, dass man für den Nutzen, also
das Glück anderer, darbringt. Nach diesem Prinzip soll es nicht um
moralische Werte oder die Gesetze der Weltordnung gehen, stattdessen
soll es eine Regelung darstellen, die das menschliche Zusammenleben
ermöglicht.5 Laut
John Stuart Mill sind die Handlungen dann moralisch richtig, wenn sie
Glück fördern, wobei man unter Glück Lust und das Freisein von
Unlust versteht, und dann moralisch falsch, wenn sie das Gegenteil
von Glück bewirken, also Unlust und das Fehlen von Lust.6
Man kann also sagen, je mehr Leute Lust und das Freisein von Unlust,
bzw. Glück durch die Folgen des Handelnden verspüren, desto
‚besser‘ ist die Handlung. Zudem fügt er an, dass der Begriff
der Qualität neben dem der Quantität mit einzubeziehen wäre, um
die Handlung bewerten zu können.7
Er stellt somit intellektuelle Freuden qualitativ höher, als die
Freuden, die mit Erfüllung der Grundbedürfnisse einhergeht. Mit
seinem Ausspruch „Es ist besser, ein unzufriedener Mensch als
ein zufriedengestelltes Schwein zu sein; besser ein unzufriedener
Sokrates als ein zufriedener Narr.“8
erklärt er, dass nicht alle Menschen fähig seien, die
intellektuellen Freuden zu erreichen und die fähigen Menschen immer
unzufrieden sein werden, da sie von sich aus nach Vollkommenheit
streben, die unmöglich zu erreichen ist. Wie jedes
Prinzip, nach dem man beurteilt, was moralisch richtig oder falsch
ist, hat auch dieses mehrere Kritikpunkte. Da dieses Prinzip nach
rein objektiven Beurteilungen handelt, werden in jeder Situation
Emotionen und die Menschlichkeit außer Acht gelassen, wobei weniger
nach wirklichem Nutzen, eher nach der Übereinstimmung mit den
anerkannten Normen der Gesellschaft beurteilt wird.9
Also bereitet schon das Abwägen guter und schlechter Konsequenzen
unüberwindlich Schwierigkeiten, da das Konzept unabhängig von
jeglicher höheren Instanzen ist, die definiert, wie die Konsequenzen
zu sehen sind. 10
Oft gehen diese getroffenen Entscheidungen gegen Gewissen und
Gesetz und können, wenn es das größtmögliche Glück für die
größte Menge an Beteiligten hervorruft, auch Verbrechen oder die
Todesstrafe rechtfertigen.11
Dabei muss beachtet werden, dass die Strafe an sich nicht für gut
befunden wird, sondern wird getreu nach dem Utilitarismus die
Konsequenz, die die Strafe beinhaltet, als nutzenorientiertes Handeln
empfunden, da so größere Übel vermieden werden können.
Wenn man den Mörder
also tötet, spart man das Geld, das für den lebenslänglichen
Aufenthalt sonst an Kosten für die Allgemeinheit zukommen würde, so
‚Die Welt‘ 200712
Geld ist essentiell wichtig für unsere Gesellschaft. Wieso Geld für
den Aufenthalt eines Mörders bezahlen, wenn man damit sein mögliches
Glück verringert? Für die größtmögliche Zahl würde weniger
‚sinnlos‘ investiertes Geld für Glück sorgen. Zwei Jahre später
wird jedoch berichtet, dass die Hinrichtung doch wesentlich teurer
ist, als die Lebenslange Haft.13
Somit ist dieses Argument unzureichend. Im Gegensatz dazu steht ein
mögliches falsches und durch die Todesstrafe unumkehrbares Urteil.
Die Hinrichtung kann nicht rückgängig gemacht werden.14
Wie kann es überhaupt zu solchen Justizirrtürmern kommen? Das Leid
des vermeintlichen Mörders ist schwer zu kompensieren und bedeutet
so eine moralisch falsche Folge. Das Töten von Mördern
verhindert Wiederholungsfälle und dient als Abschreckung, für die,
die vorhaben sollten, zu morden.15
Die direkte Folge lautet also, dass es keine Morde mehr gibt. Doch
was ist mit Statistiken, die belegen, dass durch die Todesstrafe
nicht weniger Morde geschehen sind? Für die größtmögliche Zahl
ist die Folge quasi wertlos. Nach Mill stellt die ‚goldenen
Regel‘ die utilitaristische Moral in ihrer höchsten Vollkommenheit
dar, „[…]sich dem andern gegenüber so zu verhalten, wie man
möchte, dass er sich einem selbst gegenüber verhält[…]“.16
Doch wie verhält es sich dann mit dem größtmöglichen Glück?
Es
ist schwierig zu sagen, wie der Utilitarismus zur Todesstrafe sieht,
da sich das Abwägen von Interessen schwierig gestaltet. Es wird
zudem ein realistisches Menschenbild vorausgesetzt, dass so nicht
existiert.17
Auch wenn die Handlung nebensächlich ist, die Folgen sind im
Vordergrund, die meist nicht leicht zu bewerten sind. Letztlich ist
aber die Frage: Was wiegt nach dem Utilitarismus mehr? Das Leid des
Mörders oder Glück der Allgemeinheit? Und was ist eigentlich mit
der unantastbaren Menschenwürde?
Literaturverzeichnis
Aßman,
Lothar; Bergmann, Reiner u.w.. Zugänge zur Philosophie. Grundband
für die Oberstufe. 1. Auflage. Berlin: Cornelsen, 1995, S. 214; 217
– 220; 224
Bode,
Britta. Die Hinrichtung kostet mehr als eine lebenslange Haft.
20.10.02.
11.01.15
Cassese,
Antonio. Die Todesstrafe torpediert das Gebot der Menschenwürde.
30.06.07
11.01.15
Frankena,
William K.. Analytische Ethik. Eine Einführung. 3. Auflage. München:
dtv Wissenschaft, Mai 1981, S. 54 - 55
Wagner,
Johanna. Utilitarismus. Ohne Datum.
11.01.15
Way,
Ingo. Die Todesstrafe und die Grenzen des Utilitarismus. 25. 10.2006.
11.01.15