Interview mit
Philipp Markhardt
(12.03.2013):
1. Nach den Vorfällen in Düsseldorf
haben sich die "Chosen Few" ja dazu entschlossen, Bengalos
und Ähnliches zukünftig zur Seite zu legen. Ist das ein Einzelfall
oder gibt es allgemein bei den Ultras ein Umdenken in Sachen
Pyrotechnik
Das ist sicherlich nicht die Regel,
wenngleich es ja zum Beispiel auch in Nürnberg nach dem Verletzten
aus dem Gästeblock in Bochum hier ein Umdenken gegeben hat und auf
Pyrotechnik seitdem weitestgehend verzichtet wird.
2. Was für Vor- und Nachteile hätte
ein "Pyro-Block"? Was halten Sie davon?
Natürlich schließen "Pyroblöcke"
Risiken nicht komplett aus. Allerdings wäre ein Block, in dem es
Pyrotechnik nach festen Regeln gibt, schon mal ein erster Schritt
zu mehr Sicherheit. Schlussendlich ist Pyrotechnik schon seit
fast 30 Jahren Bestandteil deutscher Fankurven. Es hat sie immer
gegeben, sie war noch nie erlaubt. Die Betonung des Verbotes von
Pyrotechnik hat allerdings keinesfalls zu einem Rückgang ihres
Einsatzes gesorgt. Insofern sollte man vielleicht überdenken, ob das
Beharren auf einem Pyroverbot wirklich zielführend ist und ob es
ferner nicht eigentlich klüger wäre, die Gefahren zu minimieren.
Bspw. dadurch, dass in einem Pyroblock Fackeln nicht mehr aus Angst
vor Strafverfolgung zu Boden geworfen werden.
3. Sie sind ja Sprecher der Kampagne
"12doppelpunkt12". Inwiefern war diese Aktion erfolgreich?
Was konnte man dadurch abwenden?
Eigentlich bin ich Sprecher von
ProFans, habe das aber auch für 12:12 übernommen. Die Kampagne
war insoweit ein Erfolg, dass die Macht der Fans deutlich wurde, wenn
diese sich zusammenschließen und für ein gemeinsames Ziel
eintreten. Zudem hat die öffentliche Diskussion zumindest
zeitweilig den Weg auf eine sachliche Ebene geschafft. das ist in
Anbetracht der Hysterie vorher sicher nicht hoch genug anzusiedeln.
Außerdem wurde das Sicherheitspapier der DFL immerhin abgeschwächt.
Ob das allerdings am Ende tatsächlich auch positiv ist, bleibt
offen.
4. Vor allem in Dortmund gab es
zuletzt häufigeres Auftreten von Rechtsextremisten im Stadion. Ich
habe schon oft gelesen, dass die Ultras etwas dagegen tun müssen,
ein Zeichen setzen. Aber wie kann man da vorgehen als Ultra? Mit
einem Spruchband, wo draufsteht "Gegen Homophobie, Rassismus und
Sexismus" ist doch nicht viel getan, oder?
Dortmund ist hier nur das
prominenteste Beispiel. Und es ist auch nicht alleinige Aufgabe der
Ultras sondern aller Zuschauer und eben der Vereine hiergegen
vorzugehen. Ultras allein verfügen mit Sicherheit nicht über die
"Schlagkraft", um hier die Kurvenpolizei zu spielen. Zumal
sie dies auch gar nicht dürfen. Rechtsextremisten treten in der
Regel dort offen auf, wo sie sich sicher und stark fühlen, wo es
keinen öffentlich artikulierten Konsens gegen Rechts gibt. Bestes
Beispiel hier ist Aaachen. Hier haben sich Ultras ganz klar gegen
Rechts positioniert, waren aber zu schwach. Der Rest der Szene und
besonders auch der Verein haben hingegen nichts getan. Das mag
zwar auch an dem "missionarischen Eifer" der AC Ultras
gelegen haben (überhaupt ein grundsätzliches Problem in meinen
Augen), denn dieser führt zu einer "Lass mich damit doch in
Ruhe"-Haltung. Man muss aber ganz klar konstatieren, dass sich
die anderen Stadionbesucher aus der Verantwortung gestohlen haben und
mit dem Ausspruch "Keep politics out of football" den
Rechten nur den Weg geebnet haben. Der Verein hat sich ebenfalls aus
der Verantwortung gestohlen. Ein klares Statement vermisse ich hier
bis heute. das ist übrigens vielerorts das Grundproblem. Wo
öffentlich das Thema Rechtsextremismus diskutiert wird, versuchen
viele Vereine das Ganze unter Verschluss zu halten und merken nicht,
dass sie damit das Problem verstärken.