„Umgekehrt“ von Thomas Bernhard
Interpretation der Kurzgeschichte & Kurzbiographie
Die Kurzgeschichte „Umgekehrt“ wurde 1978 von Thomas Bernhard
geschrieben. Bernhard schafft es mit seiner Erzählung, die Blickwinkel zwischen
Mensch und Tier zu vertauschen und die Leser so zum Nachdenken anzuregen. Er
und ein Theologieprofessor, der früher sein Studienkolleg war, besuchen den
zoologischen Garten in Schönbrunn.
Sie bleiben vor dem Affenkäfig stehen um diese intelligenten Tiere zu
beobachten. Das mitgebrachte Futter wirft der Professor den Tieren zu und
wartet auf ihre Reaktionen. Als die Tiere satt sind, sammeln sie schleunigst
die Futterreste ein. Zu ihrem größten Erstaunen reichen die Affen ihnen das
Futter durch die Käfigstäbe. Schockiert durch dieses Verhalten verlassen die
beiden Besucher sofort den Tiergarten Schönbrunn.
Der Theologieprofessor beobachtet Affen im Tiergarten Schönbrunn. Erstaunt nehmen er und sein Begleiter wahr, dass ein Affe die Affen im Käfig füttert.
Die Kurzgeschichte ist leicht verständlich und einfach geschrieben. Vor
dem Rollentausch werden die Sätze verschachtelt geschrieben, danach verwendet
der Autor Haupt- und Nebensätze.
„Wenn mir zoologische Gärten auch immer verhasst gewesen sind und die
Leute, die solche zoologischen Gärten aufsuchen, tatsächlich suspekt, ist es
mir doch nicht erspart geblieben, einmal nach Schönbrunn hinaus zu gehen und,
auf Wunsch…“, danach. „[…] Der Theologieprofessor und ich waren über das
plötzliche Verhalten der Affen so erschrocken gewesen, dass wir augenblicklich
kehrtmachten und Schönbrunn durch den nächstbesten Ausgang verließen. “ Thomas
Bernhard verwendet den Begriff „zoologische Gärten“ anstatt das einfachere
Wort „Zoo“.
Die Geschichte ist in der Ich-Perspektive erzählt, da dies ein besseres
Einfühlungsvermögen hervorbringt. „Suspekt“ bedeutet fragwürdig, bedenklich. Das
schockierende Verhalten der Affen veranlasst das sofortige Verlassen der beiden
Besucher. Thomas fühlt sich den Affen gleichgestellt, sodass die Tiere sie, als
seines Gleichen betrachten um sich gegenseitig zu nähren. Zudem möchte Thomas,
dass die Tiere nicht eingesperrt werden sondern in freier Wildbahn leben
dürfen. Diese „Austellungstiere“ dienen als Schau –Objekt und sind den Blicken
der Besucher ausgesetzt. Der typische Zoobesucher, im Text der Professor, wirft
den Tieren Futter zu. Der Erzähler beobachtet die Handlung ohne jegliche Worte
zu verlieren. Thomas kritisiert zwar die Besucher, macht es ihnen aber gleich. Das
sofortige Verlassen des Zoos zeigt, dass die beiden Protagonisten nicht bereit
sind, auf die unerwartete Situation angemessen zu reagieren. Sie sind nicht
bereit ihre Verhaltens- und Denkmuster zu ändern. Sie fühlen sich entlarvt,
weil es als Selbstverständlichkeit angesehen wird, dass der Mensch die Krone
der Schöpfung ist und den Tieren deutlich überlegen ist. Der eindeutige
Rollentausch von Mensch und Tier regt den Leser an nachzudenken und sich selbst
ein Bild bzw. eine Meinung daraus zu bilden.
Abschließend kann man sagen, dass diese Ansichten, Fragen aufwerfen und
den Denker zum Nachdenken anregen. Meiner Meinung nach reagieren die beiden
Besucher etwas übertrieben, denn das Füttern und das Ausstellen wilder Tiere gilt
heutzutage als selbstverständlich und tierschutzgetreu.
Zum Autor:
Bernhard wurde 1931 in den Niederlanden geboren und der österreichische
Autor gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts. Seine Kindheit wurde von nationalsozialistischen und katholischen
Erziehungsheimen geprägt, ein schweres Lungenleiden brachte Ihm stets die Nähe
des Todes vor die Augen, was seine Werke stark prägten. Bernhard wurde des Öfteren
ausgezeichnet, unter anderem erhielt er den österreichischen Staatspreis für
Literatur 1968. Zu seine bekanntesten Werken, die manchmal sehr provokant
wirkten, zählen der Roman „Holzfällen“ aus dem Jahr 1984 und das Drama
„Heldenplatz“ von 1988.