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Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Gymnasium Engen

Note, Lehrer, Jahr

Klasse 11

Autor / Copyright
Wilfried Hä. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.22 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern
ID# 41312







Inhalt: Die Inter­pre­ta­tion bietet Einblicke in die Themen Kind­heit, Iden­tität und Schick­sal, indem sie die Entwick­lung der Charak­tere und die Auswir­kungen ihrer Vergan­gen­heit auf ihr späteres Leben analy­siert. Sie beleuch­tet, wie subtile Verän­de­rungen das Leben beein­flussen können und regt zur Refle­xion über den Einfluss von Kind­heits­er­leb­nissen an.
#Kindheitserlebnisse#Identitätsfindung#Lebensverlauf

Interpretation

„Ficken“ von Angelika Klüssendorf

 

In der Kurzgeschichte mit dem provokanten Titel  „Ficken“ von Angelika Klüssendorf aus der Geschichtensammlung „Aus allen Himmeln“ von 2004 schildert der Ich-Erzähler seine kindlichen und erwachsenen Erlebnisse mit einem Mädchen bzw. einer Frau. Er spricht von einem Mädchen, das alle durch ihr Aussehen und ihre Kleidung immer für einen Jungen hielten. Als der Freund des Ich-Erzählers Tadek, der immer zu Besuch in den Ferien ist, da seine Eltern Saisonkellner sind mit dem Mädchen allein an den Strand geht, folgt der Ich-Erzähler den beiden um herauszufinden was sie tun. Er sieht sie in der Heide sitzen regungslos und ohne zu reden und er frägt Tadek, was sie machen würden. Tadek antwortet „Wir ficken“ (Z.114) und zwinkert ihm zu. Jedesmal wenn Tadek nun mit Mädchen in die Heide geht zwinkert er dem Ich-Erzähler zu. Folgend erzählt der Ich-Erzähler von seiner Ausbildung zum Polizist. Als er eines Tages auf der Wache ist und Protokoll führt, kommt eine junge Frau herein und schildert, wie sie in der Silversternacht vergewaltigt wurde. Er erkennt das Mädchen von früher, das alle für einen Jungen hielten. Die Frau erklärt, dass sie in der Nacht nichts getrunken habe. Ein Arzt untersuchte sie noch in der selben Nacht und stellt fest, dass sie betrunken gewesen sei und noch immer Jungfrau ist.

Das blonde Mädchen in Jungenkleidung sitzt neben Tadek am Strand, beide blicken still auf die Heide.
Das blonde Mädchen in Jungenkleidung sitzt neben Tadek am Strand, beide blicken still auf die Heide.

Die Erzählung ist in zwei inhaltliche und zeitlich Abschnitte gegliedert. Im ersten Abschnitt geht es um die Zeit als Pubertierender des Ich-Erzählers und im zweiten Teil um die Zeit als erwachsener, werdender Polizist. In der Kurzgeschichte handelt es sich um ein personales Erzählen. Im ersten Teil der Geschichte wird genauestens die Atmosphäre und der Ort des Geschehens geschildert, man erkennt hier eine deutliche Zeitdehnung.

Der Ich-Erzähler schildert, wie das Mädchen im Kleid mit ihrer nervigen Schwester aus dem Haus kommt und alle Augen auf sie gerichtet sind, „sogar der Kellner, der die leeren Flaschen rausbrachte, sah zweimal hin“ (Z.9-13). Das Mädchen, dass sonst immer nur in Lederhosen herumlief wurde von Tadek angesprochen: „Du bist ja ein Mädchen“, sagte er (Z.26), aber sie antwortete nicht.  Tadek war nicht der Einzige, der überrascht über die Person des Mädchens war. Das Mädchen verlässt den Hof und Tadek folgt ihr in die Heide. Nun wird die Atmosphäre beschrieben. Durch Personifikationen wie z.B. „Die Mittagshitze knisterte“ (Z.80) wird die Spannung in der Luft, aber auch die träge, gelangweilte Stimmung verdeutlicht. Man könnte die Atmosphäre auch als etwas agressiv betiteln.  Der Ich- Erzähler interessiert sich für das Verbleiben von Tadek und dem Mädchen. Als er zu ihnen stößt und sie nebeneinander sitzen sieht, frägt er Tadek, was sie machen würden. Tadek antwortet „Wir ficken“ (Z.114). Diese Aussage Tadeks wirkt in der Geschichte überhaupt nicht außergewöhnlich. Man hat das Gefühl Tadek hätte genauso gut „Wir reden“ sagen können und es wäre ähnlich unbedeutend gewesen. In diesem Moment verspürt der Ich-Erzähler den Drang das Mädchen zu küssen, er findet ihr Augen sehr attraktiv. Dies behält er aber für sich, vielleicht auch aus Angst, was Andere über ihn denken. „Der Sommer verflog“ (Z.130) sehr schnell und der Ich-Erzähler verspürte nie mehr den Drang das Mädchen zu küssen. 

Mit einer Zeitraffung springt der Ich-Erzähler zur Polizeiwache und sein erwachsenes Leben. Es ist ein Tag wie jeder andere und der Ich-Erzähler erläutert, wie das Mädchen von früher als nun junge Frau auf der Wache ihre Vergewaltigung schildert.           

Ich denke in der Kindheit des Mädchens, aber auch in der des Ich-Erzählers gab es viele Probleme. In der Geschichte werden Eltern nie benannt. Man kann außerdem in Zeile 71-76 einen Hinweis darauf erkennen. Der Ich-Erzähler und Tadek schauen auf das Gewimmel  von Würmern und Maden schonfast krankhaft, wie hypnotisiert. Die Eltern haben keine Zeit für ihre Kinder. Gerade auch wegen ihres Aussehens hatte die Frau keine schöne Kindheit. Ihr ganzes Leben wird von ihrem Aussehen negativ geprägt und sie musste bestimmt viele Rückschläge erleiden.  Niemand hatte sie je attraktiv gefunden und sie konnte ihre sexuellen Wünsche nie richtig ausleben. Sie versucht sich wichtig zu machen um ein Stück weit mehr als Frau wahrgenommen zu werden. Hätte der Ich-Erzähler als Kind vielleicht sich mehr mit ihr unterhalten oder sie geküsst hätte, als er das Verlangen danach hatte, hätte sich vielleicht ihr ganzes Leben geändert und auch der weitere Verlauf. Er hätte nur den Mut dazu haben müssen aber Tadek hatte eher das Image des Anführers.

Abschließend kann man sagen, dass der Titel zuerst ein ganz falsches Licht auf die Geschichte wirft. Meine ersten Erwartungen an die Geschichte dich durch den Titel geprägt wurden trafen überhaupt nicht zu. In der Erzählung beschreibt Angelika Klüssendorf sehr klar, wie das Leben dieser Frau durch ihre Kindheit dermaßen geprägt wird. Schon durch geringe Veränderungen oder Ereignisse hätte sich das Leben der Frau zum Guten wenden können.

Diese Interpretation beschäftigt sich mit der Kurzgeschichte „Ficken“ von Angelika Klüssendorf , welche 2004 verfasst wurde und einer Geschichtensammlung zugehört.


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