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Seminararbeit
Erziehungswissenschaf­t

Friedrich-Schiller-Universität Jena - FSU

3,3, 2014

Alexander B. ©
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ID# 43391







Friedrich-Schiller-Universität Jena

Institut für Erziehungswissenschaft

Veranstaltungsform: Öffentliche Früherziehung – ein historischer Dokumentenvergleich

Dozent/in: Dr. Steffen Großkopf

Sommersemester 2014

Institutionen der öffentlichen Früherziehung –

Wie viel Schule steckt in Einrichtungen der Öffentlichen Früherziehung?

vorgelegt von:

Studiengang: HF: Sportmanagement NF: Erziehungswissenschaft

Fachsemester: 2/2

Matrikel- Nummer.: 148271

marius.baier@uni-jena.de

Abgabedatum: 16. September 2014

Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitende Worte zur Hausarbeit……………………………… ….… . 1

2. Entstehung des Kindergartens………………………………………… .…… 1

3. Forschungsinhalt: Eine Analyse der Institutionen öffentlicher Früherziehung . 3

4. Institutionen der Öffentlichen Früherziehung……………………… … . 5

4.1 Vorschule…………………………………………………………… . 6

4.2 Spielschule…………………………………………… ……………. 6

4.3 Kinderschule………………………………………………….… . 6

4.4 Kleinkinderschule………………………………………….………… 7

4.5 Strickschule……………………………………….……….………… 8

4.6 Schulkindergarten ……………………………………….…… . 8

4.7 Tagesheimschule ……………………………………….….………… 9

4.8 Schulhort …………………………………………….…….………… 9

4.9 Bewahrschule…………………………………………… …… . 10

5. Forschungsergebnis…………………………………… … 11

6. Fazit…………………………………………………… .… .…………….… 13

Anhang…………………………………………….…………………………… .14

Literaturverzeichnis . 15

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1………………………………………………………………………………4

Tabelle 2………………………………………………………………………………5

  1. Einleitende Worte zur Hausarbeit

Die zunehmende Verzahnung von Institutionen der öffentlichen Früherziehung und der primären Grundschule, machen besonders deutlich, wie wichtig frühkindliche Bildung und Erziehung für die heutige Gesellschaft und das Leben in der Erwachsenenwelt ist. Deutlich zur Diskussion wird das Thema im Diskurs um das frühkindliche Bildungssystem. Was brauchen Kinder in welchem Alter? Wie viel Bildung darf ein Vorschüler erfahren? Oder wie wichtig ist die häusliche Erziehung? All das sind Fragen, die noch nicht optimal beantwortet werden können, und bei denen die Forschung noch erhebliche Zeit beanspruchen wird, bis man ein Bildungssystem entwickeln kann, das optimal funktioniert.

Auf dieses Thema soll in der nachstehenden Hausarbeit eingegangen und geklärt werden, wie viel Schule in Einrichtungen für Eins- bis Fünfjährige steckt.

Die vorliegende Hausarbeit beginnt der Übersichtlichkeit halber mit einer kurzen Zusammenfassung der Entstehung frühkindlicher Erziehungseinrichtungen und des Kindergartens als Hauptinstitution der öffentlichen Früherziehung in Verbindung mit weiteren Institutionen, die als Vorläufer oder Mitstreiter zu werten sind. Im Anschluss wird auf die eigentliche Forschungsarbeit eingegangen und geklärt, wie viel Schule doch wirklich in den einzelnen frühkindlichen Betreuungseinrichtungen steckt, die auch im Seminar verwendet wurden.

  1. Entstehung des Kindergartens

Wenn man sich die Entwicklung des Kindergartens vor Augen führt wird deutlich, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem gegenwärtigen Bild des Kindes und seiner Funktion und Aufgabe in der Gesellschaft besteht, die der Kindergarten bzw. die zugeordnete Betreuungsinstitution zu erfüllen versucht. Dies gründet sich darin, dass der Gegenstand der frühkindlichen Erziehung, die als primäre Aufgabe des Kindergartens zu sehen ist, das Kind darstellt, das es zu erziehen gilt.

Das Bild der Wissenschaft und der Gesellschaft vom Kind definiert damit das Verständnis über die Erziehung und nimmt direkten Einfluss auf die Stellung und Konzeption des Kindergartens. Jean Paul (1763–1825) äußerte sich erstmals 1806 in seiner Veröffentlichung „Levana oder Erziehungslehre“ über den Stellenwert der frühen Kindheit im Bezug auf die allgemeine, auch Erwachsenenerziehung des Menschen.

Laut Paul „kann nur der ein ganzer Mensch werden, der die Kindheit voll durchlebt hat“ (vgl. Becker-Textor, 1995). Als wesentliche menschliche Grundlage zur freien Entwicklung definiert er das kindliche Spielen auszuleben und die Heiterkeit in einer glücklichen Kindheit erleben zu können. Ähnlich wie Jean Paul sieht es wenige Jahre später auch Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782–1852), der durch seine praxisnahen beruflichen Tätigkeiten die elementare Bedeutung der frühen Kindheit in der menschlichen Entwicklung entdeckte und voran trieb.

Er beschäftigte sich mit der erziehungstechnischen Konzeption im Vorschulalter und den Ideen der Heranführung von Kindern an das erwachsene Leben (vgl. Becker- Textor, 1995). Geprägt durch sein naturwissenschaftliches Studium und anschließende berufliche Tätigkeiten ist für ihn das lebendige und naturverbundene Erlernen des gesamten Welt- und Lebenszusammenhangs eine sehr wichtige und grundlegende Determinante der Erziehung.Der Grundgedanke Fröbels, war der, dass Kinder in einem Kinder-Garten, wie Pflanzen gepflegt und aufgezogen werden sollten.
Seine Erziehungslehre beinhaltet Werte der freien Selbstbestimmung und Selbstständigkeit, um den intrinsischen kindlichen Kräften eine freie Entfaltung und Entwicklung zu ermöglichen.

Fröbel verstand nicht die Erziehung im Sinne von Bildung, wie wir es heute im 21. Jahrhundert verstehen (vgl. Hoffmann, 1971). Der Gründer des Kindergartens wollte vielmehr dort Abhilfe schaffen, wo durch wirtschaftliche Veränderungen Erziehung wegfiel beziehungsweise im Alltag untergeht oder misslingt. Eine Erziehung, ähnlich der mütterlichen Fürsorge, welche jedoch nicht gänzlich ersetzen soll.

Er wollte dort ansetzen, wo die natürliche Erziehung, die er in der Familie bestimmt sieht, nicht mehr gänzlich stattfinden kann und hier Hilfestellung und Ergänzung auch für die Elternteile leisten (vgl. Becker- Textor, 1995). Sein Vorgehen und seine Ideen zur frühkindlichen Erziehung stehen im direkten Gegensatz zu der Erziehung, welche in den Bewahranstalten Anfang des 19. Jahrhunderts ausgeübt wurden.

Und zwar eine Erziehung für mittellose und aufsichtslose Kinder, deren Ziel die Verwahrung und Pflege beinhaltete, um den Eltern wirtschaftliche Tätigkeiten außer Haus zu ermöglichen, sie vor Gefahren des aufkommenden Verkehrs zu schützen und zu verhindern, sie schon früh zu Schlüsselkinder werden. Erst durch Fröbel wird die Bewahranstalt einem existentiellen Wandel unterzogen, den zum Volkskindergarten (vgl. Hoffmann, 1971).

Durch die einhergehende Fröbelbewegung gewinnt die frühkindliche Erziehung immer mehr an Bedeutung und Wertschätzung in der Gesellschaft. Fröbel fordert zudem die Bildung und die Vermittlung pädagogischer Werte der Kindererziehung an die Eltern, vor allem den Müttern, um die häusliche Erziehung zu fördern mit dem Ziel, das Leben der Kinder aus Sicht der Eltern verständlich zu machen und eine optimale familiäre Basis zu schaffen, auf der außerfamiliäre Institutionen auf dem Lebensweg des Kindes schließlich aufbauen können. Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Konzept des Kindergartens in den geteilten deutschen Staaten unterschiedlich.

Inder Bundesrepublik DeutschlandstandBildung und die individuelle Persönlichkeitsentwicklungim Vordergrund, während die Kinder imder Deutschen Demokratischen Republik zur sozialistischen Moral erzogen wurden.Nach der Wiedervereinigung 1989, wurden auch in Ostdeutschland die Strukturen des Kindergartens an den Westen des Landes angepasst (vgl Hoffmann, 1971). Derzeit entwickelt sich der Kindergarten von einer pädagogischen Einrichtung mit einem ausgeprägten Betreuungsauftrag zu einem Kindergarten als Bildungseinrichtung.

Die Institution Kindergarten steht heute extrem in der öffentlichen und politischen Diskussion als wichtiger Teil im Bildungsgefüge. Durch verschiedene Programme zur Verbesserung der frühkindlichen öffentlichen Bildung entstanden vielfältige Formen des Kindergartens (vgl. Hoffmann, 1971).

  1. Forschungsinhalt: Eine Analyse der Institutionen öffentlicher Früherziehung

Mit der zunehmenden gesellschaftlichen und politischen Bedeutung der öffentlichen Kleinkinderziehung als grundlegende Determinante für die spätere Entwicklung der Kinder und Jugendlichen entstanden einhergehend vielfältige und unterschiedliche Konzeptionen, Begriffe und Einrichtungen. Die nachfolgende Liste enthält nur einen Teil der Institutionen öffentlicher Früherziehung, für eine erste Orientierung. Sie ist nicht vollständig.

Vorschule, Spielschule, Kinderschule, Erziehungsheim, Tagesheim, Kinderbeschäftigungsanstalt, Strickschule, Kinderhort, Kleinkinderschule, Bewahrungsheim, Kindertagesstätte, Bewahranstalt, Bewahrschule, Schulhort, Warteschule, Krippe, Erziehungsanstalt, Kinderpflegeanstalt, Schulkindergarten, Kindertagesheim, Kleinkinderbewahranstalt, Verwahranstalten und der Kindergarten.

Bei der Listung der Begriffe fällt auf, dass sehr häufig der Begriff Schule als Wortteil auftaucht, was einen nicht unwichtigen Einfluss auf die Institution haben muss. Was hat der Begriff Schule, den man eher mit Leistung, Lernen und Lehre in Verbindung bringt mit der außerfamiliären Erziehung Eins- bis Fünfjähriger zu tun?

Unter Zuhilfenahme der im Seminar entwickelten, jedoch nicht ganz durchgearbeiteten und unvollständigen Lexikatabelle, lässt sich feststellen, dass solche Begriffe, die den Wortteil Schule in sich tragen einen bestimmten Wandel aufzeigen. Hierzu wurde die Tabelle aus dem Seminar Öffentliche Früherziehung – Ein historischer Dokumentenvergleich - aufbereitet und zuerst die Begrifflichkeiten auf die vorhandenen Institutionen reduziert.

Im Anschluss wurde zur Visualisierung jeder Schulbegriff rot markiert.

Eine vergrößerte Ansicht der Tabellen, befindet sich im Anhang dieser Hausarbeit.

Tabelle 1

Lexikatabelle, der im Seminar erarbeiteten öffentlichen Früherziehungseinrichtungen Teil 1

Quelle: Seminar Dr. Großkopf

Tabelle 2

Lexikatabelle, der im Seminar erarbeiteten öffentlichen Früherziehungseinrichtungen Teil 2

Quelle: Seminar Dr. Großkopf

Optisch ist deutlich zu erkennen, dass sich die Institutionen mit dem Schulbegriff bis 1952 sehr häufen und anschließend ausdünnen und nur vereinzelt in den Lexika nach 1952 auftreten. Gründe hierfür könnten zum einen die unvollständige Recherche und Arbeit mit der Tabelle im Seminar sein oder, dass sich der Schulbegriff im Bezug auf die frühkindliche Erziehung in den jeweiligen Institutionen sehr geändert hat.

Die Frage ist nun, welchen Erziehungs- und Bildungsauftrag haben die Institutionen? Wieso werden sie als Schulen bezeichnet? Die hohe Vielfalt der unterschiedlichen Begrifflichkeiten für frühkindliche Erziehungs- und Bildungseinrichtungen bringt auch eine große Varianz an unterschiedlichen Konzeptionen, Erziehungsmethoden und Zielen mit sich. Nachfolgend wird versucht die einzelnen, in der Tabelle vorhanden, Institutionen definiert darzustellen und zu klären wie sehr der Schulbegriff und damit verbundene Thematiken des Lernens und der Bildung vorhanden sind.

  1. Institutionen der öffentlichen Früherziehung

Im nächsten Kapitel befinden sich die grundlegendsten Institutionen der frühkindlichen Erziehung, die den Begriff Schule enthalten. Die Einrichtungen beschränken sich lediglich auf den Bereich Deutschland und vom Autor für wichtig empfundene beziehungsweise im Seminar bereits verwendete Institutionen.

4.1 Vorschule

Die Institution Vorschule beschäftigt sich mit der Erziehung und Bildung noch nicht schulpflichtiger Kinder vor dem Schuleintritt. Wie der Name schon sagt, ist die Institution eine Schule vor der Schule. Inhalte sind die ganzheitliche schulvorbereitende Förderung, Aufarbeitung defizitärer Bildungszustände und Stärkung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls besonders bei benachteiligten Kindern, sodass eine Elementarschule im Anschluss leistungsgerecht besucht werden kann.

Vorschulen können an Kindergärten oder ähnliche Einrichtungen gekoppelt oder gesonderte Vorschuleinrichtungen sein. Die Vorschule kann öffentliche oder private Träger haben, was sie somit gebührenpflichtig machen kann. Nach heutigem Sprachgebrauch bereiten Vorschulen auf die Grundschule vor, früher ersetzten sie die Grundschule, weshalb sie aus Fairnessgründen 1920 durch staatliche Grundschulen ersetzt wurden, womit sich nicht nur die höheren Schichten die Vorschule leisten und somit jeder auch die höhere Bildungsanstalt besuchen konnte (vgl. Böhm, 2005).

Heutzutage existieren nur noch wenige Vorschulen. Sie werden abgebaut und dem bildenden Kindergartenbereich zugeordnet.

4.2 Spielschule

Die Institution Spielschule galt Ende des 19 Jahrhunderts als Institution für besonders verhaltensgestörte Kinder, in der sie spielen lernen sollen und sich entwickeln konnten um in das fortführende Bildungssystem wieder eingegliedert werden zu können. Heute beschreibt die Spielschule eine familienergänzende Betreuung mit offenem Ansatz und sehr enger Verknüpfung mit den Eltern um die optimale Entwicklung der Kinder individuell, spielorientiert und kindgerecht fördern zu können (vgl. Rombach 1952).

Die Spielschule ist somit nicht als klassische Schul- oder Vorschuleinrichtung zu kategorisieren. Dennoch wird in ihr durch spielerische Handlungen gelernt und zum Leben gehörende Thematiken vermittelt.


Die Bezeichnung Kinderschule ist vergleichbar mit den Begriffen Kindergarten und Kindertageseinrichtung, jedoch nicht zu verwechseln mit der Kleinkinderschule, welche als nächstes aufgeführt wird. In der Kinderschule wird den Kindern bis zum Schuleintritt eine ganztägige Betreuung und die Möglichkeit zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit geboten. Ziele der Institution sind die Förderung sozialer Kompetenzen, die Entwicklung des Selbstwertgefühls und das Erleben von Beziehungen durch das gemeinsame Zusammenleben.

Der Tagesablauf ist eine Mischung aus offenem Unterricht, Spiel und Bewegung (vgl. Böhm 2005). Auch die Kinderschule ist also keine klassische Schule. Es wird mehr Wert auf die physische und psycho- soziale Entwicklung der Kinder und eine ganzheitliche Förderung gelegt.

4.4 Kleinkinderschule

Die Kleinkinderschule ist nicht zu verwechseln mit der oben genannten Betreuungseinrichtung Kinderschule. Die Institution Kleinkinderschule wurde am häufigsten in der öffentlichen Früherziehung verwendet. 1850 entstanden die ersten Kleinkinderschulen, die später durch den Kindergarten nach Fröbel abgelöst wurden. Die Kleinkinderschulen dienten der intellektuellen Vorbereitung auf die Schulzeit und sollten zu Sittsamkeit und Ordnung erziehen.

Sie dienten als Aufsicht und Pflege aller Kinder während des Tages, wenn die Eltern arbeiteten (vgl. Böhm, 2005; Meyers Lexikon 1905). Theodor Flieder bezeichnet 1835 im Tagesablauf der Kinderschule die Bezugs- und Lehrperson der Kinder schon als Lehrer, was auf eine eher schulische Einrichtung schließen lässt. Auch der Tagesablauf ähnelt in kindgerecht modifizierter Form dem einer Grundschule.

„Um 9 Uhr morgens sammeln sie sich ins Zimmer und singen zuerst ein Morgenlied. […] kurzes Gebet […] Sodann singen sie wieder in Liedchen, und der Lehrer zeigt ihnen ein Bild von biblischen Geschichten […]. Sodann Gesang und Schreiben der Anfangsstücke und Buchstaben auf die Schiefertafel, deren jedes Kind eine hat, nach der Vorzeichnung auf der großen Tafel. Dann Zeichnen oder Malen, wie es die Kinder nennen, beliebiger Striche und Figuren. […] 10 Uhr Spielen im Freien, wo sie ein Butterbrot verzehren, was die meisten von Haus mitgebracht haben und was ihnen bis dahin verwahrt wird, den ganz armen wird ein solches von der Anstalt gereicht. […] Um viertel vor 11 Uhr Rückkehr ins Zimmer und Gesang, darauf Sprech- und Denkübungen auf eine unterhaltsame Art und Weise. […] Alsdann Gesang und Zählen nebst den anderen Anfangsgründen des Rechnens: alles aber geschieht auch hier spielend […]“(vgl. Fliedner, 1836, aus Erning 1976, Seite 56-58).

Der Nachmittag ist eine Abwechslung aus „Zählen in taktmäßiger Bewegung“, „Gesang und Gebet“, „Schreiben und Zeichnen“, „Auswendiglernen leichter Liedverse und Sprüche“, „Stricken“, „Unterhaltung über Gott und seine Werke, Erzählung moralischer Geschichten, und Sprechübungen“ und „Spielen im Freien“ (vgl. Fliedner, 1836, aus Erning 1976). Dem vorstehenden Lehrer steht eine Gehilfin zur Seite, die das Stricken leitet und sich um die leibliche Pflege der Kinder sorgt.

Sie versucht den Kindern Reinlichkeit und Ordnung nahe zu legen und bei ihnen zu fördern, wäscht und kämmt Kinder, die es nötig haben, reicht Brote und Trinkwasser, steht bei natürlichen Bedürfnissen zur Seite und hilft dem Lehrer um die nötige Ordnung zu halten (vgl. Fliedner, 1836, aus Erning 1976). Flieder nannte als elementare Erfolge der Kleinkinderschule die wachsende Lust der Kinder auf die Schule, die positiven Auswirkungen der Bewegungsspiele auf die körperliche Gesundheit, die Reduktion von zwischenmenschlichen Streitigkeiten und die positive emotionale Ausstrahlungen bis in die Familien hinein (vgl. Fliedner, 1836, aus Erning 1976, Seite 61).

Frölsing deutet an, dass hier „nicht von einem Unterricht im engeren Sinne, noch von dem strengen Ernst der Lehre, sondern nur von der kindlich- heiteren Beschäftigung und der kindlich- freundlichen, liebevollen Strenge die Rede sein kann“ (vgl. Frölsing, 1848, in Erning, 1976).

4.5 Strickschule

Aufgrund schlechter Bildungsverhältnisse der Kinder und Jugendlichen errichtete Theodor Fliedner 1835 eine Strickschule, um zum einen Kinder und Jugendliche vor der Straffälligkeit zu bewahren und zum anderen, um die allgemeine Bildung zu verbessern. 1836 erweiterte er seine Stickschule zu einer Kleinkinderschule ohne schulbezogene Leistungsansätze, sondern zu einfachen familienunterstützenden Zwecken für ärmere Schichten (vgl. Sticker, 1989).


Der Schulkindergarten diente der Förderung von Kindern mit mangelhaften emotionalen, sozialen und kognitiven Fähigkeiten. Die Einrichtung half den zwar schulpflichtigen aber noch nicht schulreifen Kindern bei der Vorbereitung innerhalb eines Jahres auf den Schulbesuch, sodass der weitere Bildungsweg möglich ist. Häufig erhielten hier Kinder aus sozio- ökonomisch schwächeren Bevölkerungsschichten elementare Hilfe.

Erstmals wurde 1906 solch eine schulpädagogische und schulvorbereitende Einrichtung mit pädagogischen Förderbedarf für Kinder eingerichtet, die die erforderliche Schulreife noch nicht besaßen (vgl Böhm, 2005). Schulkindergärten sind Grund- oder Förderschulen zugeordnete Einrichtungen oder eigenständige Institutionen. Schulkindergärten waren mit einem konzeptionellem Schulreifekonzept und entsprechende Tests ausgestattet, um die Schulreife der Kinder festzustellen, somit entwickelte sich ein neues Begabungs- und Entwicklungsverständnis, was sich mit der Schulfähigkeit auch in Abhängigkeit mit den sozialen Verhältnissen befasste.

Mit der Einführung der neuen Schuleingangsstufe 1975 für alle schulpflichtigen Kinder wurde der Schulkindergarten überflüssig. Ziele des Schulkindergartens waren die Spracherziehung, die Natur- und Sachbegegnungen, soziales Lernen, Umgang mit Zahlen und Mengen, rhythmische, musikalische, sowie mototische Erziehung in einem Wechsel aus Spiel und Unterricht, und die Verwirklichung einer optimalen Grundlagen für erfolgreichen Schulstart (vgl. Ewering & Rath, 1997).

4.7 Tagesheimschule

Laut Böhm (2005) und Schaub & Zenke (2000) gleicht die Institution Tagesheimschule der unter heutigem Verständnis bekannten Ganztagsschule (Vollzeitschule mit ganztägigem Schulbesuch) und ist somit nicht für die Forschung zum Thema Öffentliche Früherziehung relevant.

4.8 Schulhort

Gleiches wie für die Tagesheimschule gilt auch für den Schulhort. Laut Schaub & Zenke (2000) übernimmt der Hort (allgemeine Bezeichnung) die leibliche, soziale und seelische Betreuung von Schulkindern zwischen 6 und 15 Jahren. Böhm (2005) beschreibt lediglich die ganztägige außerschulische Betreuung von schulpflichtigen Kindern. Beide Autoren sind sich jedoch einig, dass der Schulhort nicht zur Öffentlichen Früherziehung gehört, denn Zielgruppen sind hier eindeutig Schülerinnen und Schüler, die die Schule bereits besuchen.

Somit ist der Hort beziehungsweise der Schulhort ebenfalls für die vorliegende Forschungsarbeit nicht relevant.

4.9 Bewahrschule

Laut Höltershinken (2012) ist der Begriff Bewahrschule gleichzusetzen mit dem Begriff der Bewahranstalt und eine Einrichtung zur Beaufsichtigung und Betreuung von Kindern aller, auch der gehobenen bürgerlichen Schichten außerhalb der Familie durch Ammen oder Wärterinnen. Die Bewahranstalt ist dazu bestimmt, Kinder unter Aufsicht und Leitung zu nehmen, um ihnen entweder die häusliche Erziehung zu ersetzen oder dieselbe zu unterstützen.

Häufig fingen die Bewahranstalten schon Kinder ab dem ersten Lebensjahr auf, deren Eltern Tagelöhner oder Fabrikarbeiter, waren, bis sie gehen und stehen konnten (vgl. Wirth, aus Erning, 1976). Zweck der Bewahranstalten war die ganztägige Aufsicht, der aufsichtslosen und herumirrenden Kinder mit dem Ziel diese von der Straße zu holen und ihnen mit der Anstalt eine optimale Zufluchtsstätte bieten zu können.

Nach Wirth ist die Sprache in der Einrichtung „dem kindlichen Fassungsvermögen berücksichtigt und möglichst einfach sowie lebendig“ und „alle Vorgänge nach den Kräften der Kleinen bemessen“ (vgl. Wirth, aus Erning 1976 S. 79).

  1. Forschungsergebnis

Bei der Recherche und der Arbeit mit den verschiedenen Begriffen zu Institutionen der öffentlichen Früherziehung, konnten verschiedene Befunde festgestellt werden. Drei grundlegende Arten von Institutionen konnten festgehalten werden. Institutionen mit verwahrendem und beaufsichtigendem Charakter, Institutionen mit lehrendem Charakter und Institutionen mit einer ganzheitlichen, dem Alter angemessenen, sozial- fürsorglichen Rundumbetreuung.

Jedoch kann man diese drei Institutionen nicht unabdingbar voneinander trennen, denn es gibt immer wieder vor allem in der Praxis Ãœberschneidungen und Mischformen aus zwei oder mehreren oben genannten Charakteren. Die verschiedenen Institutionen bringen jeweils auch unterschiedliche Konzepte und Methoden mit sich, die sich jeweils an ihrer Funktion orientierten und unterschiedliche der Zeit entsprechende Ziele verfolgen.

Wie aus der historischen Kurzzusammenfassung zu entnehmen, entstanden die ersten Institutionen öffentlicher Früherziehung aus einer eigentlichen Zwangslage der Eltern heraus, die sich nicht ausreichend um ihre Nachkömmlinge, aufgrund außerhäuslicher Tätigkeiten, sorgen konnten. So sind Institutionen wie die Strickschule oder die Bewahrschule dem verwahrenden und beaufsichtigenden Charakter zuzuordnen, Vorschule und Kleinkinderschule eher dem lehrenden Charakter.

Eine moderne Mischung aus allen Charakteren bietet die Spielschule, die Kinderschule und der Schulkindergarten, die die Bildung und Erziehung der Kinder vermehrt in den Fokus rücken. Alle Einrichtungen haben Ziele, die im Sinne der Kinder formuliert und angestrebt werden. Es werden je nach gesellschaftlicher, oder politischer Situation differenzierte Schwerpunkte gesetzt.

Mit der Differenzierung zu vergleichbaren Einrichtungen die den Schulbegriff nicht beinhalten würde sich ein genaueres Bild der öffentlichen Früherziehung bilden lassen und Vergleiche tiefgründiger und deutlicher werden.

Klar ist, dass die frühkindliche Erziehung heute dem Kind eine optimale Ausgangsvoraussetzung für den weiteren Bildungsweg, wie auch für das spätere Leben in allen Belangen bieten soll. Um die Anfangszeit der frühkindlichen Erziehung begann somit auch die Entwicklung des Verständnisses, was für Kinder im frühkindlichen Alter überhaupt von Bedeutung ist. So gibt es bis heute politische und gesellschaftliche Diskussionen um das frühkindliche Bildungssystem, um alle Kinder fair, gleichmäßig und angemessen zu erziehen beziehungsweise sozial, emotional und kognitiv auszubilden und sie auf einen Wissens- und Entwicklungsstand zu bringen, der für den Schulanfang geeignet und angemessen ist.

Desweiteren steht die Frage im Raum, ob und wie man Schule, im Sinne von Bildung, Leistung und Lehre und frühkindliche Bildung, im Sinne von körperlicher Erziehung, Bildung von sozialem und emotionalen Verständnis und Erlernen von grundlegender Natur trennt bzw. ab wann sich beide Formen wieder treffen und wie sie sich am besten miteinander verbinden lassen. Besonderes Augenmerk bei frühkindlicher Bildung und Erziehung muss auf die individuelle und feinfühlige Förderung der Kinder gelegt werden, denn Kinder im frühen Alter entwickeln sich höchst unterschiedlich und stehen im ständigen Austausch mit ihrer Umgebung.

Nicht nur die Autoren erschwerten die Recherche sondern auch die Einordnung der Artikel in einen zeitgeschichtlichen Hintergrund. Aktuelle Texte aus dem 21 Jahrhundert konnten nicht direkt mit Literatur aus dem 19 Jahrhundert verglichen werden. Was hierbei auffiel war, dass Autoren natürlich nicht immer die gleiche Meinung zu einem Thema haben, Tatsachen unterschiedlich wahrnehmen oder andere Schwerpunkte in ihrer Literatur legen.

Was klar wurde ist, dass man nicht die ganzheitliche Wahrheit finden wird, was ein Thema betrifft. Deshalb ist es Aufgabe der Forschung sich mit solchen Thematiken auseinander zusetzten.

Die unter Punkt 3. festgestellte Begriffsdichte von Institutionen, die den Schulbegriff beinhalten ist wohl darin zu begründen, dass zum Zeitpunkt zu dem frühkindliche Erziehung vermehrt ein politisches und gesellschaftliches Thema wurde, viele Institutionen von verschiedenen Pädagogen ins Leben gerufen wurden, um das bestmöglichste für das Kind zu erreichen. Es wurden verschiedene Konzepte und Institutionen auf unterschiedlichen Grundlagen entwickelt.

  1. Fazit

Man kann es drehen und wenden wie man will. Im übergeordneten Sinne sind alle öffentlichen Einrichtungen der frühkindlichen Erziehung die den Schulbegriff beinhalten und auch solche, die ihn nicht beinhalten im entferntesten Sinne als Schulen zu bezeichnen. Kinder, egal in welchem Alter, sind täglich und ununterbrochen am Lernen. Manche Einrichtungen sind eher als Schule zu charakterisieren, da sie Lehrpersonal, ein streng vorgeschriebenes Curriculum oder einfach den Wortteil Schule in sich tragen.

Bei anderen Einrichtungen tut man sich schwer sie direkt zur Sparte Schule zuzuordnen. Aber dennoch wird gelernt. Grundlegende alltägliche Tätigkeiten, wie zählen, malen, sprechen, zwischenmenschliches Verständnis, Umgang mit Gleichaltrigen und Fremden, erlernen von weltlichen Begriffen, grundlegendes physisches und psychisches Verständnis sind nur ein Bruchteil zu erlernender Grundlagen, um anschließend weitergehend lernen zu können.

Einrichtungen der frühkindlichen Erziehung egal in welcher Art und Weise sie ausgeprägt sind haben ein grundlegenden und elementaren Bildungs- und Erziehungsauftrag und sind im Bildungssystem enorm wichtig.

  1. Anhang

Lexikatabelle, der im Seminar erarbeiteten öffentlichen Früherziehungseinrichtungen Teil 1

Lexikatabelle, der im Seminar erarbeiteten öffentlichen Früherziehungseinrichtungen Teil 2

Literaturverzeichnis

Becker-Textor, I. (1995). Kindergarten 2010- Traum – Vision – Realität. (3. Auflage). Freiburg: Herder Verlag.

Böhm, W. (2005). Wörterbuch der Pädagogik. Stuttgart: Kröner Verlag.

Diller, E., Leu, R. & Rauschenbach, T. (Hrsg.). (2010). Wie viel Schule verträgt der Kindergarten? – Annäherung zweier Lernwelten. Wiesbaden: VS- Verlag.

Erning, G. (1976). Quellen zur Geschichte der öffentlichen Kleinkinderziehung. Kastellaun: Aloys Henn Verlag.

Ewering, H. & Rath, N. (Hrsg.). (1997). Der Schulkindergarten. Münster.

Hoffmann, E. (1971). Vorschulerziehung in Deutschland. Witten: Luther- Verlag.

Höltershinken, D. (2012). Bewahranstalt. In Horn, K.-P., Kemnitz, H., Marotzki, W. & Sandfuchs, U. (Hrsg.). Klinkhardt- Lexikon Erziehungswissenschaft. Stuttgart: 2011 Verlag Julius Klinkhardt.

Kleinkinderschule. (1905). In Meyers Großes Konversations- Lexikon (Band 11, S. 120). Leipzig.

Krüger, H.-H. & Rauschenbach, T. (1995). Einführung in die Arbeitsfelder der Erziehungswissenschaft. (S. 89 – 105). Opladen: Leske + Budrich.

Rombach, H. (1952). Lexikon der Pädagogik. (Band 1). Freiburg: Herder- Verlag.

Rombach, H. (1971). Lexikon der Pädagogik. (2. Auflage). Freiburg: Herder- Verlag.

Schaub, H. & Zenke, K. (2000). Wörterbuch der Pädagogik. München: Deutscher Taschenbuch- Verlag.

Seminar Großkopf, S. (2014). Forschungsergebnis aus dem Seminar „Öffentliche Früherziehung – ein historischer Dokumentenvergleich. FSU Jena.

Sticker, A. (1989). Theodor und Friederike Fliedner. Wuppertal: R. Brockhaus.


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