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Interpretation

Inhalt und Inter­pre­ta­tion: Radetz­ky­marsch von Joseph Roth. Eigene Meinung

1.686 Wörter / ~4 Seiten sternsternsternsternstern Autorin Christiane L. im Jan. 2015
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Literaturanalysen zur Neuen Sachlichkeit: Die Abitur & Hausaufgabenhilfe: Interpretationen zu Erich Kästner, Joseph Roth, Irmgard Keun, Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky (Textanalysen, Band 2)
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Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

HAK Oberpullendorf

Note, Lehrer, Jahr

Sehr Gut, Prof. Ferscha, 2015

Autor / Copyright
Christiane L. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.04 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern
ID# 44782







Radetzkymarsch von Joseph Roth

Inhalt

Joseph Trotta Rettet am 24. Juni 1859 in der Schlacht bei Solferino dem jungen Kaiser Franz Joseph I. das Leben. Er wird dabei in die Schulter geschossen. Zum Dank wird er vom Kaiser in den Adelsstand erhoben und befördert. Fortan darf er sich Hauptmann Joseph von Trotta und Sipolje nennen.

Im Schulbuch seines Sohnes Franz entdeckt Joseph Trotta, dass die Szene in Solferino komplett falsch dargestellt wurde. Seiner Bitte um Richtigstellung wird nicht nachgekommen, somit quittiert er den Dienst und zieht auf das Gut seines Schwiegervaters. Nach dem Tod seines Vaters, des Schwiegervaters und seiner Frau schickt er Franz nach Wien ins Internat und verfügt, dass er niemals aktiver Soldat werden dürfe

Franz, der nun den Titel Baron von Trotta und Sipolje trägt, studiert Jura und wird Bezirkshauptmann in Mähren. Sonntags macht ihm der Kapellmeister Nechwal seine Aufwartung und spielt den Radetzkymarsch für ihn. Sein Sohn Carl Joseph beginnt eine vermeintlich heimliche Affäre mit der Frau des Wachtmeistern Slama. Nach dem Schulabschluss wird er Leutnant bei den Ulanen. Als Frau Slama stirbt, übergibt ihm ihr Mann seine Liebesbriefe.

Das Leben bei den Ulanen besteht aus dem Üben am Exerzierplatz, dem Besuch des Casinos und des Bordells von Frau Horvath. Dort freundet er sich mit dem Regimentsarzt Max Demant an. Der weiß zwar, dass ihm seine Frau untreu ist, jedoch sieht er darüber hinweg, weil er sie liebt.

Eines Abends bringt Carl Joseph Eva Demant aus dem Theater heim und wird dabei vom Rittmeister Tattinger beobachtet. Anzügliche Bemerkungen sind die Folge. Die Ehre verlangt es, dass sich Demant und Tattinger duellieren. Dabei kommen beide ums Leben.

Obwohl nichts zwischen Eva und Carl Joseph passiert ist, gibt er sich die Schuld am Tod seines einzigen Freundes. Deshalb lässt er sich an die russische Grenze zum Jägerbataillon versetzen. Die Offiziere der umliegenden Regimenter treffen sich regelmäßig beim Grafen Wojciech Chojnicki. Dieser vertritt die Ansicht, dass die Monarchie nach dem Tod des Kaisers zerfallen wird.

Bei einem Arbeiteraufstand wird Carl Joseph schwer verletzt, nach dem Krankenhaus kehrt er zum Bataillon zurück und der Kaiser besucht die Truppen. Der Kaiser meint: „Ich kann mich noch gut an Ihren Vater erinnern. Er war sehr bescheiden, der „Held von Solferino“!“ Carl Joseph antwortet jedoch nur, dass dies sein Großvater gewesen sei.

Wegen seiner Geliebten und einer Bürgschaft für den Hauptmann Wagner hat er bald sehr hohe Schulden beim Geldverleiher Kapturak. Als dieser auf Begleichung der Schuld beharrt, wird Trotta wütend und zückt den Säbel. Nun muss er mit einer unehrenhaften Entlassung aus der Armee rechnen und bittet seinen Vater um Hilfe. Dieser spricht in einer Audienz beim Kaiser vor. Die Schulden werden beglichen und Kapturak muss die Stadt verlassen.

Carl Joseph quittiert den Dienst, doch als der Krieg ausbricht, kehrt er zum Jägerbataillon zurück. Beim Wasserholen wird er von gegnerischen Truppen tödlich getroffen. Baron von Trotta ist entsetzt, dass sein Sohn nicht in einer Schlacht gefallen ist.

Kurz darauf stirbt am 21. November 1916 Kaiser Franz Joseph I.. Am Tag seiner Beisetzung in der Kapuzinergruft stirbt Baron Franz von Trotta. Sein Schachpartner Dr. Skowronnek meint: „Ich glaube, sie konnten beide Österreich nicht überleben!“



Interpretation

Joseph Roths Roman zeigt das Heimweh nach der untergegangenen Doppelmonarchie. Der Autor zeigt uns aber auch, warum die Habsburger Monarchie untergehen musste. Sie war zerfressen von Scheinheiligkeit und Doppelmoral, die Gesellschaft musste, wie auch die Familie Trotta untergehen, wie auch die Monarchie selber.

Auf der anderen Seite lässt Roth die Donaumonarchie aber in seinen Werken wieder auferstehen, in der Hoffnung, dass nicht das NS-Regime unter Hitler an die Macht kommt, sondern er hofft auf die Heimkehr des letzten Kaisers aus dem Exil auf Madeira und auf die Wiedereinführung der Monarchie.

Die Geschichte lehrt uns, dass es aber nicht so gekommen ist.

,,Radetzkymarsch" - Die Geschichte eines Unterganges

Der Roman ist eine verklärende Darstellung des Kaiserreiches, in dem aber auch die Notwendigkeit des Endes sichtbar wird. Im Aufstieg und Untergang einer Familie spiegelt sich der letzte Glanz der Donaumonarchie wider. Am wechselvollen Schicksal dreier Generationen der Familie Trotta beschreibt der Autor den allmählichen Zerfall des Habsburgerreiches.

Der Aufstieg der Trottas beginnt mit dem Helden von Solferino, Sohn eines einfachen slowenischen Bauern aus Sipolje. Durch ihn wird ein neues Geschlecht geboren, das parallel zur Monarchie seinen Aufstieg und Untergang erlebt. Hauptmann Trotta, wie er sich nun nennen darf, ist der Inbegriff von persönlicher Kraft und Stärke: entschlossen riskiert er sein eigenes Leben, um das des Kaisers zu retten. Sein Bildnis sollte die Familie Trotta stets ihren Ahnherren erinnern. Sein Enkel Carl Joseph scheint der unsichtbaren Macht und Stärke nicht gewachsen zu sein.

Zunächst aber übernimmt sein Sohn das Erbe der Trottas. Als Beamter ist Baron Franz von Trotta ein Vorbild, der die Macht der Habsburger in der Provinz vertritt. Er dient dort treu und ergeben dem Oberhaupt der Monarchie, Kaiser Franz Joseph. Als sich die Beiden bei einer Privataudienz gegenüberstehen, erkennen sie ihre Ähnlichkeit. Wie zwei alte und verwitterte Schiffe treiben sie ihrem Ende entgegen. Sie sollten später gemeinsam mit Österreich-Ungarn untergehen, denn ,,sie konnten beide Österreich nicht überleben". Doch noch steht der Bezirkshauptmann voll im Leben, noch geht alles seinen gewohnten Gang: Jeden Sonntag wird vor seinem Haus der Radetzkymarsch, Leitmotiv des Romans, angestimmt. Er steht für die Idee der Einheit des Vielvölkerstaats, die es in Wirklichkeit gar nicht mehr gibt.. Die ironische Formulierung ,,Einmal in der Woche war Österreich" bringt dies zum Ausdruck. Doch noch immer verkennt der Bezirkshauptmann die Hinfälligkeit der Monarchie und verharmlost eindeutige politische Strömungen. So zum Beispiel als er in seinen Akten den Ausdruck ,,revolutionärer Agitator" durch ,,verdächtiges Individuum" ersetzt. Noch steht die Figur des Kaisers und auch die des Barons für den Vielvölkerstaat. Doch letztendlich müssen beide erkennen: ,,Die Zeit will uns nicht mehr! Diese Zeit will sich selbständige Nationalstaaten schaffen!"

Den endgültigen Untergang des Habsburgerreiches und damit der Familie Trotta symbolisiert der kinderlose Enkel des Helden von Solferino. Er ist sich seiner eigenen Schwäche wohlbewusst. Ständig spürt er in seinem Nacken den bohrenden Blick seines Großvaters (den er nur von einem Gemälde kennt), dem er nicht gewachsen ist: ,,Ich bin nicht stark genug für dieses Bild!". Hatte jener den Kaiser selbst gerettet, so begnügt sich der Enkel, das Bild Franz Josephs aus einem Bordell zu ,,retten". Als Leutnant fällt Carl Joseph scheinbar sinnlos beim Wasserholen. Hier kommt die ganze Ironie zum Ausdruck, denn er starb nicht in heldenhaft in einer Schlacht sondern an einem Brunnen.

Den unwiderruflichen Untergang jedoch symbolisieren der Kaiser und der Bezirkshauptmann gemeinsam. Mit dem fast zeitgleichen Tod werden sowohl Österreich-Ungarn, als auch das Geschleckt der Trottas zu Grabe getragen.



Eigene Meinung

Aus gegebenem historischen Anlass (100 Jahre Ausbruch des Ersten Weltkrieges) haben wir den Roman „Radetzkymarsch“ als Klassenlektüre gelesen. Bevor ich auf den Roman näher eingehe, möchte ich zuerst ein paar Wort über den Autor sagen.

Joseph Roth wuchs in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Das instabile Verhältnis zu seiner Mutter führte dazu, dass er sich als Erwachsener in Alkohol, Depressionen und gestörte Frauenbeziehungen flüchtete. Sein Germanistikstudium brauch er ab, um in der Armee zu dienen. Der Zerfall der Monarchie stürzte Roth in eine Krise. Diese versucht er in den Romanen „Radetzkymarsch“ und „Kupuzinergruft“ aufzuarbeiten.

Sein Werk beginnt mit der historischen Schlacht bei Solferino und erzählt anhand einer drei Generationen umspannenden Familiengeschichte den Untergang der Donaumonarchie.

Waren die Trottas zu Beginn noch einfache Bauern aus Sipolje, wurden sie durch die Heldentat Joseph Trottas in den Adelsstand gehoben. Dadurch änderte sich auch das ohnehin schon subtile Verhältnis zu seinem Vater. Durch eine Falschauslegung in den Geschichtsbüchern quittiert der „Held“ erbost den Dienst und verfügt, dass sein Sohn niemals Soldat werden dürfe.

Ich kann mir schon vorstellen, dass es zur damaligen Zeit möglich war, dass der Vater bestimmen konnte, ob der Sohn zum Militär gehen darf oder nicht. Wenn man adelig ist! Einfache Leute konnten es sich nicht wirklich aussuchen.

Stellt sich für mich nun die Frage, was passiert wäre, wenn Joseph nicht dem Kaiser das Leben gerettet hätte. Dann wäre wahrscheinlich sein Sohn auch ein einfacher Soldat geworden.

So ist es erst Carl Joseph, der Enkel des Helden von Solferino, der wieder in die Armee eintritt. Joseph Roth zeigt uns, dass der Kaiser seine schützende Hand über die Familie hält. Selbst eine Straftat hat keine Konsequenzen für Carl Joseph.

Anhand dieser Reaktion konnte ich erfahren, dass Adelige scheinbar einen „Freibrief“ hatten. Der Geschädigte musste auf Geheiß des Kaisers die Stadt verlassen. Der Schädiger blieb straffrei! Nun das ist manchmal auch in der heutigen Zeit nicht anders.

Als Beispiel möchte ich nur unseren ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser nennen. Auch wenn man ahnt, dass nicht alles astrein über die Bühne gelaufen ist, Beweise gibt es keine und somit auch keine Strafe. Da gäbe es noch einige andere Beispiele zu nennen, die genauso zeigen, dass bei manchen Personen die Regierung die schützende Hand über sie hält.

Dass Carl Joseph nicht in einer Schlacht, sondern beim Wasserholen getötet wird, ist in meinen Augen nur ausgleichende Gerechtigkeit. So bleibt es ihm verwehrt, auch als Kriegsheld in die Annalen einzugehen. Mit dem Tod des Kaisers und dem Tod des Barons am Tag der Beisetzung nimmt die Handlung am Schluss noch einmal Fahrt auf.

Daran merkt man, dass Joseph Roth sehr dem Untergang der Doppelmonarchie nachtrauert. Wer aber glaubt, dass es sich bei dem Roman um ein historisch belegtes Werk handelt, der irrt. Zwar nimmt Roth Bezug auf die Schlacht von Solferino und das Attentat auf den Kaiser, jedoch liefert der Roman sonst keinerlei geschichtliche Informationen.

Beim Lesen habe ich gemerkt, dass es dem Autor darum geht, die Auflösung des österreichischen Kaiserreiches darzustellen. Dass er daraus eine Familiensaga macht, finde ich persönlich als gelungenen Schachzug. Auch die Wahl des Titels – „Radetzkymarsch“ – zeigt mit abermals, welchen Stellenwert das Kaiserreich in Roths Leben hat.

Ich kann dieses Meisterwerk aus dem vorigen Jahrhundert nur jedem empfehlen, der an der guten alten Zeit hängt. Historisch jedoch ist es nicht sehr wertvoll. Wenn man es aber als Ausgangspunkt für eine historische Recherche nimmt, dann zeigt es einem den Weg in die richtige Richtung.

Wenn es meine spärliche Freizeit zulässt, werde ich auch den Folgeroman „Kapuzinergruft“ lesen. Ich bin mal gespannt, ob Joseph Roth darin seinem Hang zur alten Zeit treu bleibt.


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