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Seminararbeit
Soziologie

PHBern Bern

5.5, DR. Helmes, 2015

Gabriele J. ©
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ID# 52306







Individualisierungsparadigma
bei der Berufswahl

Produktarbeit

Seminar Jugend & Gesellschaft


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Was heisst Individualisierung?

Chancen und Risiken der Individualisierung für Jugendliche

Vergleich mit Beispielen aus der Praxis

Schlussfolgerung / Fazit

Literaturverzeichnis


Einleitung

Jugendlichen stehen heute unzählige Bildungswege offen. Es scheint, jede und jeder hat die Chance alles zu erreichen, was er oder sie will. Bildungsbiographien können so vielseitig und individuell sein wie noch nie zuvor. Diese Wahlfreiheit kann aber auch Unsicherheiten und Überforderungen mit sich bringen. Jeder ist selbst für sein Glück oder sein Unglück verantwortlich.

In dieser Arbeit beschäftigen wir uns mit dem Begriff Individualisierung und den Chancen und Risiken, die damit verbunden sein können. Zu Beginn der Arbeit werden wir erläutern, was in der Soziologie unter Individualisierung verstanden wird. Wir beziehen uns dabei auf die Ausführungen von Matthias Junge (2002) und Uwe Schimank (2012).

Eine wissenschaftliche Eingrenzung ist nötig, da der Begriff in der Alltagssprache häufig, aber auch unterschiedlich gebraucht wird. In einem zweiten Teil der Arbeit werden wir aufzeigen, welche Chancen und Risiken bezüglich der Individualisierung, speziell bei Jugendlichen bestehen. Um diese theoretischen Untersuchungen mit praktischen Beispielen vergleichen zu können, haben wir ein Interview mit einer Reallehrperson und eines mit einem Konvikt Leiter  durchgeführt. (Angaben zur Durchführung und Transkription) Um möglichst unterschiedliche Sichtweisen zu erhalten, haben wir eine Reallehrperson und den Konvikt Leiter der Maturitätsschule Kreuzlingen befragt.

Aussagen dieser beiden Personen werden wir mit der Literatur vergleichen.


Was heisst Individualisierung?

Der Begriff Individualisierung wird in der Alltagssprache häufig und vielseitig gebraucht. Deshalb ist es wichtig, den Begriff wissenschaftlich einzugrenzen. Matthias Junge (2002) gibt in „Individualisierung“ eine Übersicht, was unter dem Begriff zu verstehen ist. „Individualisierung bedeutet, dass das Individuum zentraler Bezugspunkt für sich selbst und die Gesellschaft wird. […] Die Ausgestaltung der Gesellschaft und der Formen des Zusammenlebens sind Ausdruck der eigenständigen Wahlentscheidungen der Handelnden.“ (Junge, 2002, S.7) Sichtbar werden diese Veränderungen durch die Individualisierung an der Pluralisierung der Lebensformen und an der Flexibilisierung von Lebensverläufen.

Pluralisierung der Lebensformen meint, dass nicht nur die Ehe mit Kindern, sondern viele andere Kombinationen an Lebensgemeinschaften existieren. Flexible Lebensverläufe sind möglich geworden, da die Ausbildung heute kein abschliessender Prozess mehr ist. Ausbildungsabschlüsse und Berufswechsel sind auch noch in höherem Alter möglich. (vgl. Junge, 2002, S.8) Junge weist darauf hin, dass der Begriff Individualisierung nicht so einfach zu definieren ist und er bereits eine „sprachliche Vereinfachung“ sei, es gehe vielmehr „um eine Vielzahl von Individualisierungsprozessen und Diagnosen“.

Unter Individualisierung im Allgemeinen kann jedoch eine wachsende Bedeutung des Einzelnen für den „Vergesellschaftungsprozess“ verstanden werden. Das Individuum wird als Gestalter seiner sozialen Welt gesehen. (vgl. Junge, 2002, S.9)

Uwe Schimank (2012) bezieht sich in seinen Erläuterungen zur Individualisierung auf das Konzept der „Lebenschancen“ von Ralf Dahrendorfs (1979). Darin geht Dahrendorf davon aus, dass die Lebenschancen aus Optionen und aus Ligaturen bestehen. Null Optionen hat jemand, der total fremdbestimmt und chancenlos ist. Ligaturen sind „sinnstiftende Bindungen zu kulturellen Werten und sozialen Gemeinschaften“.

Diese Bindungen können vielseitig sein – von Freundschaften bis zu einem Idol oder der eigenen Nation. (vgl. Schimank, 2012, S.1) Je besser es bei einem Menschen um Optionen und Ligaturen steht, desto grösser sind seine Lebenschancen. Schimank sagt, dass der Kult zur Individualisierung zu einer Überbetonung von Optionen auf Kosten der Ligaturen neige. Die Individualisierung führe zu einer Enttraditionalisierung aller Lebenszusammenhänge, um ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen zu können. (vgl. Schimank, 2012, S.1) Wie auch Junge nennt Schimank die Pluralisierung der Lebensformen als eine Auswirkung der Individualisierung.

Weiter nennt er als zentraler Punkt den sozialen Aufstieg – wobei hier anzumerken ist, dass sozialer Aufstieg zu mehr Individualisierung führt. Folglich nennt er die Notwendigkeit, sich zwischen verschiedenen Optionen zu entscheiden. (vgl. Schimank, 2012, S.2) Letzteres wird von beiden Autoren sowohl als Chance wie auch als Hürde für die Individuen beschrieben. Freiheit wird zum Zwang sich entscheiden zu müssen.

Jeder ist selbst für seine Entscheidungen und dessen Auswirkungen verantwortlich. Diese Verantwortung für die Zukunft kann zu einer sehr hohen Belastung führen. (vgl. Junge, 2002, S.12 und Schimank, 2012, S.3) Gesellschaftliche Prozesse bringen meist positive wie auch negative Folgen mit sich. Die Optionenvielfalt, welche die Individualisierung mit sich gebracht hat, ist gerade für Jugendliche auf Grund der Berufswahl eine teils hohe Belastung.

Im nächsten Kapitel soll ausführlicher darauf eingegangen werden, welche Chancen und Risiken der Individualisierung, im Besonderen bei Jugendlichen, bestehen.

Chancen und Risiken der Individualisierung für Jugendliche

Wenn von Jugend gesprochen wird, stellt sich zwingend die Frage, was Jugend denn überhaupt ist und wann ein Wechsel zum Erwachsenenalter stattfindet. Scherr (2009) stellt fest, dass der Übergang von der Jugendphase ins Erwachsenenalter nicht mehr durch ein eindeutiges Kriterium, wie beispielsweise ein soziales Ereignis, festgelegt ist, sondern durch mehrere Ereignisse, die zeitlich auseinanderliegen: „Ende der Pubertät, rechtliche Mündigkeit, Abschluss der schulischen und beruflichen Erstausbildung, Ablösung und ökonomische Unabhängigkeit von der Herkunftsfamilie, Gründung eines eigenen Haushalts“. (Scherr, 2009, S.22) „Ein traditionelles Verständnis von Jugend als zeitlich klar abgegrenzte Lebensphase, die mit der Pubertät beginnt und mit dem Eintritt in die Arbeitswelt, der Gründung einer eigenen Familie und der Festlegung auf einen privaten und beruflichen  Lebensentwurf endet, ist der gegenwärtigen Situation […] nicht mehr angemessen.“ (Scherr, 2009, S.23) Jugend und Jugendlichkeit ist nicht nur eine Lebensphase, sondern ist in vielerlei Hinsicht auch ein Ideal, das auch im Erwachsenenalter noch angestrebt wird. (vgl. Scherr, 2009, S. 22-23) Wenn der Wechsel von der Jugend zum Erwachsenenalter so flexibel ist, erstaunt es nicht, wenn „Jugendliche“ Schwierigkeiten haben Entscheidungen zu treffen, die dieser Wechsel mit sich bringt.

Einer dieser Entscheide ist die Berufswahl.Früher war eine Berufswahl fürs ganze Leben prägend. Ein Berufswechsel war nicht so einfach möglich. Noch 1998 betont Matthias Sacher die entscheidende Bedeutung einer Berufswahl und des Berufseinstieges. „Benachteiligungen beim Berufsstart prägen in der Regel den gesamten Lebenslauf […]. Der Berufseinstieg hat also nach wie vor eine stark prägende Wirkung auf den weiteren Verlauf der Erwerbsbiographie.“ (Sacher, 1998, S.169) Diese Bedeutung hat in den letzten gut 15 Jahren sicherlich abgenommen.

Auch eine Angabe zur Dauer des Übergangs ist nicht mehr leicht. Ausbildungswege können direkt oder verzweigt zum Ziel führen. Und selbst die Zielfrage ist für Jugendliche komplexer geworden. Selbstverwirklichungsträume und eine geregelte Arbeit stehen einander gegenüber. Die Individualisierung hat Träume vom DJ einer Strandbar in Spanien zugelassen, vom Bereisen der Welt und von einzigartigen Lebensläufen.

Die Individualisierung hat auch die Chance erhöht, diese Träume verwirklichen zu können. Gleichzeitig steigt aber auch das Risiko zwischen Studentenjob und Weltbereisung den entscheidenden Moment für den Einstieg in eine gesicherte Zukunft zu verpassen. Durch diese individuellen Möglichkeiten, die offen stehen und den Entscheidungsschwierigkeiten, wird das Ende der Jugendphase immer weiter nach hinten verschoben.

Im nächsten Kapitel stehen Einschätzungen von Lehrkräften im Zentrum. Wir haben sie zu „ihren“ Jugendlichen und zu deren Berufs- und Zukunftsentscheidungen befragt.


Vergleich mit Beispielen aus der Praxis


Um die Erkenntnisse aus der Forschung mit der Praxis vergleichen zu können, haben wir zwei Interviews mit zwei Lehrpersonen geführt: Einem 58-Jähriger Realschullehrer Kuno in Kirchberg und einem Konvikt Leiter an einer Maturitätsschule in Kreuzlingen.

Beide Lehrpersonen haben jahrelange Erfahrung und somit auch die Veränderungen der Lebensformen und der Flexibilisierung der Lebensläufe mitbekommen. Beide Interviews wurden auf einen Tonträger aufgenommen und anschliessend transkribiert (siehe Anhang). Die Aussagen der Interviewten sollen aber nicht als Grundlage für unsere Arbeit dienen, sondern mehr als Illustration zu den theoretischen Konzepte von Junge (2002) und Schimank (2012).


Erkenntnisse

 Interview 1 mit einer Reallehrperson aus Kirchberg

Im Gespräch mit wurde klar, dass die Berufswahl ein sehr zentrales Thema sei, welchem viel Zeit und Raum eingeplant werden muss. betont, dass sich grundsätzlich alle SuS sehr dafür interessieren, wie es nach der obligatorischen Schulzeit weitergehe.

Einige hätten grosse Schwierigkeiten, sich zu entscheiden und würden zwischen verschiedenen Berufen schwanken. Es gäbe aber auch viele, die gewisse Bedingungen für den gewünschten Beruf (noch) nicht erfüllen würden. Somit sei es für einige auch eher eine Qual als eine Wahl, den geeigneten Beruf zu finden.

Als gute Lehrstelle würden viele von s Jugendlichen eine Lehrstelle in unmittelbarer Umgebung sehen, so dass sie ihren Freundeskreis behalten können.

Zur Frage, welche Personen denn Einfluss auf den Berufsentscheid der Jugendlichen hätten, meinte , dass die Lehreperson schon eine zentrale Rolle hat und sie die SuS mit ihren Stärken und Schwächen sehr gut kenne und ihnen Ratschläge erteilen könne.

Bei den Realschüler/innen hätten die Eltern ein kleineres Interesse für die Berufswahl ihrer Jugendlichen im Gegensatz zu den Sekundarschüler/innen. hat die Erfahrung gemacht, dass viele dieser Eltern denken, es sei Sache der Schule die Jugendlichen auf die Berufswahl vorzubereiten. Jedoch würde in dieser Zeit der Freundeskreis bei Entscheidungsfragen einen massgeblich mitbestimmen.

Jugendliche würden sich in der Peergruppe austauschen und beeinflussen so die Entscheidungen der einzelnen Mitglieder.

Bezüglich der Beständigkeit einer getroffenen Berufswahl meint , dass die heutigen Jugendlichen viel flexibler seien als früher und sich ja auch beliebig weiterbilden könnten.

Zur Frage, ob davon ausgehe, dass die Jugendlichen wissen, wie ihre Berufssituation in zehn Jahren aussieht, gibt es ein klares Nein. Die Jugendlichen gehen nicht von 10 Jahresschritten aus, sondern eher in Lehrausbildungsabschnitten. Jugendliche seien viel flexibler und spontaner als früher und gehen auch gar nicht davon aus, dass sie in 30-40 Jahren noch den selben Beruf ausüben werden.

Bezüglich dem Berufswahlverfahren habe sich schon einiges geändert. Heutzutage hätte auch ein/e Realschüler/in noch die Möglichkeit, über viele Umwege noch zu einem Maturitätsabschluss zu kommen oder einen höheren Abschluss zu erlangen. Dies sei früher schon nicht möglich gewesen. Doch meint abschliessend, dass die Jugendlichen von heute deshalb nicht mehr oder weniger glücklich seien.


Interview 2 mit einem Konvikt Leiter Maturitätsschule Kreuzlingen

Der Konvikt Leiter,  David Binotto, gewinnt durch die vielen Gespräche mit den Maturitätsschüler/innen, den selben Eindruck.  Er sagt, dass sich ca. 60% der SuS der Pädagogischen Maturitätsschule Kreuzlingen für ein anschliessendes Studium an der PH entscheiden, die Jugendlichen aber nie davon ausgehen den Beruf bis zur Pensionierung auszuüben.

Viele spielen mit dem Gedanken, gar keine Festanstellungen anzunehmen, so dass dazwischen längere Reisen möglich sind. Obwohl die Jugendlichen also nicht davon ausgehen, dass ihre Berufswahl endgültig ist, erkennt Binotto immer wieder, dass die Maturitätsschüler/innen grosse Probleme damit haben, sich für ein Studium zu entscheiden. Das ist spannend im Hinblick darauf, dass den Jugendlichen eigentlich bewusst ist, dass die Möglichkeit besteht, Beruf und Studium wechseln zu können.

Dabei steigen die Möglichkeiten der Berufswahl im Vergleich zur Sekundarschule in der Maturitätsschule nochmals an. Realschüler haben weniger Optionen und müssen sich deshalb schon früh mit der Berufswahl beschäftigen. Binotto meint sogar, dass sich SuS  auch für den Besuch einer Maturitätsschule entscheiden, weil so die Berufs-und Studienwahl hinausgezögert werden kann.

Im Vergleich zu den Erfahrungen, die Binotto als Realschullehrer gemacht hat, gibt es einen grossen Unterschied zu den Maturitässchüler/innen.  Viele Realschüler besuchen die Schule nicht sehr gern und gehen deshalb eher davon aus, dass sie in einem Beruf einige Jahre arbeiten werden, ohne eine Weiterbildung zu machen.

Maturitässchüler/innen hingegen wählen oftmals Studiengänge im Bewusstsein, dass sie sich evtl. nochmals umentscheiden werden. Sie haben kein klares Berufsziel vor Augen, auch weil die Studiengänge diese meist nicht vorgeben. In Bezug auf das Entscheidungsverhalten sind Binotto nicht nur Unterschiede zwischen verschiedenen Schulstufen, sondern auch zwischen Mädchen und Jungen aufgefallen.

In Gesprächen mit vielen Jugendlichen  wurde klar, dass sich Mädchen im Zusammenhang mehr mit ihrer Berufswahl beschäftigen und planen als Jungen. Sie machen sich Gedanken über die Familienplanung, was bei Jungen kein Thema ist, fragen sich ob ein Lebensentwurf mit den eigenen Qualitäten zu vereinbaren ist, ob ihre Ressourcen ausreichen um ein bestimmtes Studium bewältigen zu können.

Allgemein kann man aber sagen, dass Berufswahlentscheide im Verlaufe der Zeit immer seltener vom Umfeld, wie beispielsweise der Familie abhängig gemacht wurden, dafür aber andere Faktoren, wie die Interessen der Jugendlichen für diese Entscheidung immer wichtiger werden, so Binotto.  Er meint, dass die Eltern vor 15 Jahren, als er als Lehrperson tätig war, noch einen grösseren Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder hatten.

Beispielsweise wurden Optionen wie der Besuch einer Maturitätsschule in Arbeiterfamilien gar nicht oder eher selten diskutiert. Heute wirken die Eltern in Bezug auf die Berufswahl ihrer Kinder eher beratend, erklären oder informierend.

Die Jugendlichen haben die absolute Wahl und wären wohl sogar froh, wenn ihnen jemand klar sagen würde, für welchen Weg sie sich entschieden sollten. Allerdings, so Binotto, vor allem um die Vorschläge abzulehnen, zu sagen „nein das möchte ich nicht“. In der heutigen individualisierten Gesellschaft wäre es kaum noch möglich, dass Eltern für ihre Kinder Entschiede fällen und diese von den Jugendlichen akzeptiert werden würden.


Das zeigt sich auch dadurch, dass viele Jugendliche nach der Matura ein Zwischenjahr einlegen um mit einem handwerklichen Job Geld zu verdienen. Ebenfalls belastend ist, dass Jugendliche nach der Matura und mit Antritt des Studiums meist immer noch kein klares Berufsziel haben. Der Ausbildungsweg ist extrem lang und sie wissen nicht wohin er führt. Damit haben viele Maturanden und Maturandinnen Probleme, so Binotto.

Die Jugendlichen wären oft froh um ein klares Ziel, um die Gewissheit nach der Ausbildung einem Beruf nachgehen zu können, der ihre Existenz sichert und spannend ist. Er selber sieht diese Situation eher als grosse Chance und findet es völlig natürlich und auch schön, wenn nach der Matura noch kein kompletter Lebensplan aufgestellt wurde. Trotzdem versteht er, dass die Situation, in der sich die SuS befinden nicht einfach ist.

Er selbst hatte ebenfalls Mühe bei der Studienwahl. Weil er überhaupt nicht wusste, was er mit seinem Leben anfangen sollte, bezeichnet er diese Situation sogar als Krise. Darauf hin startete er mit dem Germanistikstudium, was ihn aber nicht befriedigte, weil dadurch weiterhin kein klares Berufsziel feststand. Also entschloss er sich Lehrer zu werden. Rückblickend meint Binotto, dass auch der Umweg über das Germanistikstudium wichtig war für seine Entwicklung.

Schlussfolgerung

In den exemplarischen Interviews sind einige Parallelen zu den theoretischen Erkenntnissen ersichtlich. Dass zu viel Freiheit zu einem Zwang sich entscheiden zu müssen werden kann, kommt aus beiden Interviews hervor. Wie in der Theorie beschreiben kann dieser Zwang eine hohe Belastung darstellen, was eine Erklärung für das Herausschieben einer Entscheidung anstelle der Maturität sein könnte.

Wenn man sich nicht entscheiden kann, dann besucht man besser noch eine weitere Schule was zum paradoxen Begriff des „ewigen Studenten“ führt. Des Weiteren ist ersichtlich, dass sich die Lebensphase von der Pubertät in die Erwachsenenwelt nicht mehr durch ein einschneidendes Ereignis ergibt, sondern dass der Verlauf fliessend und sehr individuell geworden ist, was auch beide Lehrpersonen betonen.

Wie auch in der Theorie beschrieben, hat der Berufseinstieg an Bedeutung verloren, da man heute zahlreiche Möglichkeiten hat, seinen Berufsweg zu verändern oder sich weiterzubilden.


Fazit

Hinsichtlich unserer zukünftigen Arbeit als Lehrperson nehmen wir aus dieser Produktarbeit mit, dass sich der Berufseinstieg verändert hat und sich die Jugendlichen mit einem grossen Angebot an Möglichkeiten herumschlagen müssen. Als Lehrpersonen ist es uns ein Anliegen sensibilisiert zu sein und den Jugendlichen im Wahlchaos eine Stütze zu sein.

Es soll ihnen auch aufgezeigt werden, dass eine getroffene Wahl im Berufsleben mit Disziplin und Durchhaltewillen auszuhalten und bis zum Ende erfolgreich abzuschliessen. Unser Ansicht nach könnte dies in einer Welt der Technologisierung und Kurzlebigkeit immer wie schwieriger werden. Es geht also nicht darum den Jugendlichen zu sagen was richtig  für sie ist, sondern darum ihnen Verständnis entgegen zu bringen und zuzugeben, dass es nicht einfach, aber trotzdem notwendig ist, sich zu entscheiden.


Literaturverzeichnis

Jacobs Foundation (Hg) (2012): Juvenir Studie 2.0. Die erste grosse Entscheidung- wie Schweizer Jugendliche eine (Berufs)Ausbildung wählen. (30.03.2015)

Junge, Matthias (2002):Individualisierung. Frankfurt/New York: Campus Verlag

Sacher, Matthias (1998): Berufseinstieg – gestern und heute. Ein Kohortenvergleich In: Friedrichs Jürgen (Hrsg.): Die Individualisierungsthese. Opladen: Leske + Budrich. S.165-180.

Scherr, Albert (2009): Jugendsoziologie – Einführung in Grundlagen und Theorien. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.


Anhang

Offener Fragekatalog zum Thema Berufswahl und Individualisierung

Die Fragen dienen als roter Faden, das Interview wurde aber offen geführt und wurde demnach nicht ausschliesslich anhand dieser Fragen ausgelegt.


1.    Was haben die Jugendlichen nach der obligatorischen Schule gemacht?

2.    Haben die Jugendlichen schon genaue Vorstellungen über Ihre berufliche Zukunft? Wenn ja, wo liegt die Tendenz? (weiterführende Schule, Berufslehre, Auslandjahr)

3.    Wie bewältigen Jugendliche ihre Ausbildungswahl?


4.    Welche Gründe geben Jugendliche für die Wahl einer Berufslehre an?

5.    Welche Gründe geben Jugendliche für die Wahl einer weiterführenden Schule an?

6.    Was für Berufswahltypen gibt es Ihrer Meinung nach?

7.    Wer hat Ihrer Meinung nach einen Einfluss auf die weitere Berufslaufbahn?

8.    Wie beständig ist die von Ihren SuS getroffen Berufswahl/Laufbahnentscheidung? (schneller Wechsel, konstant, zielstrebig etc?)

9.    Wie sicher sind sich Ihre SuS über Ihren in 10 Jahren ausübenden Beruf?

10.Was denken Sie, schliessen Ihre SuS die getroffene Ausbildung erfolgreich ab? Oder brechen sie Ihre Ausbildung ab? Wenn ja, welche Gründe geben sie an?

12.Wie zufrieden sind Ihre SuS mit ihrer aktuellen Berufsentscheidung?

13.Was denken Sie ist die momentane Tendenz nach der Erstausbildung Ihrer SuS? (Zweitausbildung, Weiterbildung, derselbe Beruf?

14.Inwiefern hat sich die ganze Berufswahl in den letzten 10 / 20 Jahren verändert?


Interview mit Reallehrperson K.

Angaben zur Person:

Jahrgang: 1957

Geschlecht: männlich

Staatsangehörigkeit: Schweiz

Berufsweg: Primarschule, Gymnasium in Solothurn, Sekundarlehramt in Bern, 1 Semester in Paris, Lehrtätigkeit in Kirchberg an einer Realschule

I = Interviewer / B= Befragter

Transkription

I: Also es geht jetzt hier um die Individualisierungen von Berufsausbildungen und ich möchte Sie dazu befragen. Einerseits sind Sie Sekundarlehrer auf der Realstufe, andererseits haben Sie auch Erfahrungen in anderen Klassen.

I: Was machen die meisten Jugendlichen auf der Realschule nach der obligatorischen Schule, also nach dem 9. Schuljahr? Wo liegt da so die Tendenz?

B: Ja die meisten sind natürlich dazu bestrebt eine Lehrstelle zu bekommen und eh ein paar wenige, denen das noch nicht auf anhieb gelingt schalten ein Zwischenjahr ein, ein sogenanntes 10. Schuljahr, das sie da in Bern oder in Burgdorf absolvieren.


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