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Hausübung
Philosophie

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

3, Prof. Gaitsch, 2013

Ines E. ©

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ID# 41347








Rhetorisch-argumentative Textanalyse / Rationales Argumentieren


Text: Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft (Transzendentale Ästhetik Seite 69-86)


In welchem historisch-theoretischen Diskussionszusammenhang steht der Text? Welcher Disziplin ist er zuzuordnen?


Immanuel Kant war einer der einflussreichsten deutschen Philosophen der Aufklärung, dessen Ansichten, im speziellen aus seinem Werk Kritik der reinen Vernunft, einen Wendepunkt in der Philosophie darstellten. Er war einer der ersten Philosophen, die den Verstand als Erkenntnisquelle hervorhoben, obwohl sein Menschenbild in einem Zeitalter entstand, in dem es noch an empirischen Möglichkeiten mangelte viele seiner Theorien mit tatsächlichen Forschungsergebnissen zu beweisen. Seine Auffassungen sind geprägt von den Vorstellungen seiner Zeit, wurden aber später in der Westlichen Welt als revolutionäre Neuerungen der Aufklärung gefeiert. Auch seine Schriften zu ethischen Themen schuf ganz neue Perspektiven in der Philosophie, als prominentestes Beispiel, die des kategorischen Imperativs, die in verschriener Weise als Begründungen oder Grundlegung ethischen Handels dienen.


In seinem Werk Kritik der reinen Vernunft, das 1771 erschien, kann man Kritik als Reflexion des Erkenntnisvermögens, weshalb sein Werk eindeutig den Disziplin der Philosophie und in weiterer Folge der Erkenntnistheorie zuordnen kann. Kritik ist in diesem Sinne zu verstehen, als dass sie eine Antwort auf die Auseinandersetzung zwischen Empirismus und Rationalismus geben sollte und durch analytisch-formale Beweisführung bzw. durch philosophische Argumentation versucht Erkenntnis logisch dazulegen


Was ist die zentrale Fragestellung und Zielsetzung des Textes?

Welche Thesen werden formuliert?


1.) Theorie des nichtempirischen Erkenntnisvermögens im Hinblick auf nichtempirische Gegenstände

2.) Theorie des der Erfahrungserkenntnis und sich selbst in einer Läuterung die eigenen Grenzen aufzuzeigenden nichtempirischen Erkenntnisvermögens,

3.) Theorie der ihr Vermögen und Unvermögen ineinander umschlagen lassenden reinen Vernunft.“


Zusätzlich würde ich dem Text ebenfalls eine analytisch-formale Beweisführung zuschreiben, sowie eine philosophische Argumentation, in der er bemüht ist die Grundpfeiler der Erkenntnis darzulegen. Der Text ist zwar auf den ersten Blick stringent unterteilt, nach Paragraphen gegliedert und Kant teilt auch die Raum-Zeit-Analyse in eine Metaphysische Erörterung und anschließend in eine Transzendentale Erörterung. Jedoch ist aber auf den zweiten Blick kein klarer Aufbau bzw. Struktur zu erkennen. Es erscheint eher als ein Gewirr aus bruchstückhaften Argumentationssträngen, was auch an der uneinheitlichen Wortwahl liegen kann.


Die Rezeptivität der Sinnlichkeit (passiv) sowie die Spontaneität des Verstandes (aktiv), stehen in wechselseitiger Beziehung zueinander, was Kant im vielzitierten Satz der KrV deutlich betont: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“


Rekonstruktion der Argumentationsstruktur


Metaphysische Erörterung des Raumbegriffs: Definition des Raums bei Kant


Behauptungen:

Behauptung 1: „Der Raum ist kein empirischer Begriff der von äußeren Erfahrungen abgezogen worden.“ (B 38/39).


Behauptung 2: „Der Raum ist eine notwendige Vorstellung, a priori, die allen äußeren Anschauungen zum Grunde liegt.“ (B 38/39)


Behauptung 3 : „Der Raum ist kein diskursiver, oder wie man sagt, allgemeiner Begriff von Verhältnissen der Dinge überhaupt, sondern eine reine Anschauung.“ (B40)


Behauptung 4: „Der Raum wird als eine unendliche gegebene Größe vorgestellt.“ (B 40)



Raum stellt keine Eigenschaft der Dinge an sich dar, da sowohl absolute wie auch relative Bestimmungen nicht vor dem Dasein der Dinge, sozusagen a priori gesehen werden können. Kant versteht den Raum als subjektive Bedingung der Sinnlichkeit, die erst die Anschauung möglich macht. (Vgl. Transzendentale Erörterung des Raumbegriffs KrV B75/A51)


Welches sind die zentralen Begriffe definiert?

Welche Begriffe werden mehr oder weniger vorausgesetzt?


Metaphysische Erörterung des Zeitbegriffs: Definition bei Zeit


1. Behauptungen: „Die Zeit ist kein empirischer Begriff, der irgend von einer Erfahrung abgezogen worden.“ (B 46/47)


2.Behauptung/Definition: „Die Zeit ist eine notwendige Vorstellung, die allen Anschauungen zum Grunde liegt.“ (B 46/47)


3. Behauptung/Definition: „Sie hat nur Eine Dimension: verschiedene Zeiten sind nicht zugleich, sondern nach einander (so wie verschiedene Räume nicht nach einander, sonder zugleich sind).“ (B 46/47-48)


4. Behauptung/Definition: „Zeit ist kein diskursiver, oder, wie man ihn nennt, allgemeiner Begriff, sondern eine reine Form der sinnlichen Anschauung. Verschiedene Zeiten sind nur Teile eben derselben Zeit.“ (B 48)


5. Behauptung/Definition t: „Die Unendlichkeit der Zeit bedeutet nichts weiter, als dass alle bestimmte Größe der Zeit nur durch Einschränkungen von einer einigen zum Grunde liegenden Zeit möglich sei. Daher muss die ursprüngliche Vorstellung Zeit als uneingeschränkt gegeben sein.“ (B 48)


Transzendentale Erörterung des Zeitbegriffs

Zeit kann nicht für sich allein stehen, da sie erst in Relation zu Objekten an Bedeutung gewinnt. Sie stellt eine Form der inneren Anschauung dar und keine Bestimmung äußerer Erscheinungen. Im Gegensatz zum Raum, da er nur die reine Form aller äußeren Erscheinungen darstellt, ist die Zeit als formale Bedingung sowohl der äußeren, als auch der inneren Erscheinungen.


Analyse

Im ersten Argument bezieht sich Kant auf die Unabhängigkeit von Raum und Zeit gegenüber der empirischen Erfahrung. Anschließend erklärt er im zweiten Argument Raum und Zeit als erläuternde Ergänzung, nicht aber, dass sie als „abhängende Bestimmung“ gesehen werden können. Als Beweis, dass Raum und Zeit a priori verstanden werden und mit der Unmöglichkeit ihres Nichtseins vorgestellt werden müssen. Beide Anschauungen können sie nicht weggedacht bzw. als nicht existent gedacht werden, im Gegensatz zu den Erscheinungen. Im Unterschied zum Raum betont er, dass die Zeit nur eine Dimension hat, wobei es sich eigentlich um ein transzendentales Argument handelt, obwohl Kant es bei der metaphysischen Erörterung anführt, wie er selbst erwähnt. Im vorletzten Argument geht es Kant nicht mehr um den Ursprung, sondern um die Art der Vorstellung. Um nachzuweisen, dass die Vorstellungen von Raum und Zeit Anschauungen und keine Begriffe sind, führt er die offensichtliche Einzelheit der Raum- und Zeitvorstellung, als wichtigsten Beweisgrund an:


Der Vorstellung eines einzelnen Dinges entspricht die Anschauung, der Vorstellung einer Gattung hingegen der Begriff.


o Pramisse 1: Kein Begriff hat eine unendliche Menge von Vorstellungen in sich.

o Prämisse 2: Der Raum hat eine unendliche Menge von Vorstellungen in sich.

o Konklusion: -> Ergo/Also ist der Raum kein Begriff.


Auch im letzten Argument befasst sich Kant mit der Art der Vorstellung und weist auf die Unendlichkeit von Raum und Zeit hin, die den a priori-Charakter beider Anschauungen unterstreichen soll.


Kritik

Die „Kritik der reinen Vernunft“ stellt bis heute ein bisher eher erfolglos angefochtenes Meisterwerk der Philosophie dar. Als größtes Manko könnte man Kant eine gewisse Ungenauigkeit bei der Ausführung seiner Argumente bzw. eine unvollständige Beweisführung ebendieser unterstellen:

Beispielsweise, auch wenn er davon überzeugt war, dass es ausschließlich ein einziges Raum-Zeit-System gibt, wonach alle räumlichen und zeitlichen Faktoren in Relation miteinander stehen, liefert er hierzu keine weiteren Begründungen, die verschiedene Raum-Zeit-Systeme ausschließen würden.


In seiner Argumentation möchte Kant den Beweis liefern, dass Raum und Zeit nicht durch die Sinne, folglich also nicht durch die Erfahrung gewonnen werden. Auf ungenaue Weise folgert er daraus jedoch, dass die Vorstellungen von Raum und Zeit vor allen erfahrbaren Dingen steht, was er aber nicht weiter belegen kann. Richtigerweise wäre daraus nur zu schließen, dass wenn Dinge wahrgenommen werden, sogleich Raum und Zeit wahrgenommen werden.


Nach Strawson könnte man Raum und Zeit auch als essentielle Ordnungsprinzipien ansehen ohne die Anschauungen nicht möglich sind.8 Auch wenn Kants Raum- und Zeit-Auffassung in sich geschlossen logisch ist, steht sie im klaren Widerspruch zur Relativitätstheorie, da diese sehr wohl besagt, dass Raum und Zeit Eigenschaften der Dinge an sich sind.


Verwendete Literatur:

Bilek, Thomas: Raum und Zeit bei Kant, Fichte, Schelling und Hegel; Deduktion und Gegebensein von Raum und Zeit gemäß dem Verhältnis von Logik und Anschauung; Dissertation; Wien; 2003;

Strawson, Peter F.: Die Grenzen des Sinns. Ein Kommentar zur Kants Kritik der reinen Vernunft, Konigstein/Taunus 1981

Vaihinger, Hans: Kommentar zur Kritik der reinen Vernunft, Union Deutsche Verlagsgesellschaft; Stuttgart 1892



ANHANG:

Kurzinformation zum Leben Immanuel Kants:

Quelle:

Immanuel Kant wurde am 22. April 1724 in Königsberg als viertes Kind einer traditionsreichen Handwerkerfamilie geboren. Von seinen acht Geschwistern erreichten nur drei weitere das Erwachsenenalter. Seine Mutter legte großen Wert auf Bildung und erzog ihre Kinder im streng pietistischen Glauben. Dank guter Förderung kam er 1732 an das Friedrichskollegium, und begann bereits als Sechzehnjähriger das Studium an der Albertina, der Königsberger Universität. Kant interessierte sich sehr für die Naturwissenschaften und studierte unter anderem Philosophie, klassische Naturwissenschaften, Physik und Mathematik. Martin Knutzen, sein Professor für Logik und Metaphysik, lehrte die Theorien von Leibniz und Newton, die Kant maßgeblich beeinflussten.

Die Arbeit als Hauslehrer

Kants erste Veröffentlichung beschäftigte sich mit den Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte und wurde im Jahr 1746 publiziert.  Professor Knutzen erkannte diese jedoch nicht als Abschlussarbeit an. Nach dem Tod seines Vaters im selben Jahr unterbrach Kant sein Studium und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Hauslehrer. Die ersten vier Jahre arbeitete er in bei dem reformierten Prediger Daniel Ernst Andersch in einer Schweizer Kolonie größtenteils französisch sprechender Siedler. Danach wirkte er bis etwa 1753 als Hauslehrer auf dem Gut des Majors Bernhard Friedrich von Hülsen bei Mohrungen. Seine letzte Stelle fand er nahe Königsberg bei der Familie Keyserlingk auf dem Schloss Waldburg-Capustigall. Hier erhielt er Zugang in die höheren Kreise der Königsberger Gesellschaft.

Die wissenschaftliche Laufbahn Kants

1754 nahm Kant sein Studium in Königsberg wieder auf. Bereits ein Jahr danach veröffentlichte er mit Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels seine erste wichtige Schrift. Noch 1755 habilitierte er mit dem Thema Die ersten Grundsätze der metaphysischen Erkenntnis (Nova dilucidatio) und wurde Privatdozent in den Fächern Logik, Metaphysik, Anthropologie, Moralphilosophie, Natürliche Theologie, Mathematik, Physik, Mechanik, Geographie, Pädagogik und Naturrecht.

Seine Vorlesungen waren sehr gut besucht, so schrieb beispielsweise einer seine Studenten, der Literat und Theoretiker Johann Gottfried Herder:

Mit dankbarer Freude erinnere ich mich aus meinen Jugendjahren der Bekanntschaft und des Unterrichts eines Philosophen, der mir ein wahrer Lehrer der Humanität war […] Seine Philosophie weckte das eigne Denken auf, und ich kann mir beinahe nichts Erleseneres und Wirksameres hierzu vorstellen, als sein Vortrag war.

Trotz Kants umfangreicher Lehrtätigkeit wurde seine erste Bewerbung auf einen Lehrstuhl 1759 abgelehnt. Von 1766 bis 1772 nahm Kant seine erste feste Anstellung als Unterbibliothekar der königlichen Schlossbibliothek an. Neben dem Lehrstuhl für Dichtkunst in Königsberg schlug er auch Angebote einer Lehrtätigkeit in Erlangen und Jena aus. Erst 1770 erhielt er die Stelle des Professors für Logik und Metaphysik in seiner Heimatstadt und dissertiere ein weiteres Mal mit der Studie Formen und Gründe der Sinnes- und Verstandeswelt. Selbst die Bitte des damaligen Kulturministers von Zedlitz, an der berühmten Universität von Halle zu lehren, konnte ihn nicht von Königsberg, dem heutigen Kaliningrad trennen. Dort wurde er 1786/88 Rektor der Universität. 1787 wurde er in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

In den letzten 15 Jahren seines Lebens geriet Kant ständig in Konflikt mit der preußischen Zensurbehörde, jetzt unter der Leitung des neuen Kulturministers Wöllner. Kant lehrte weiter bis 1796, war aber angehalten, sich religiöser Schriften zu enthalten, da seine Lehren nicht mit der Bibel vereinbar seien.

Das bis heute überlieferte Bild des Philosophen als steifer, professoraler Mensch, der Wert auf einen streng geregelten Tagesablauf legte, ist stark überzeichnet. So war er zwar pflichtbewusst und konzentrierte sich auf seine Arbeit, galt aber als guter Karten- und Billardspieler und war sehr gesellig. Er putzte sich gern mit modischen Kleidern heraus, genoss große Gesellschaften und trug mit seiner Belesenheit und seinem trockenen Humor sehr zu deren Unterhaltung bei. Erst als Kant ins Alter kam und es mit seiner Gesundheit nicht mehr zum Besten stand, begann er einen regelmäßigen Tagesablauf zu pflegen. Morgens um 4:45 Uhr ließ er sich von seinem Hausdiener, dem ehemaligen Soldaten Martin Lampe, mit den Worten „Es ist Zeit!“ wecken und ging um 22 Uhr zu Bett. Zum Mittagessen lud er meist Freunde ein und pflegte die Geselligkeit, vermied dabei aber philosophische Themen. Außerdem machte er täglich zur gleichen Zeit einen Spaziergang.

1794 wurde Kant der „Herabwürdigung mancher Haupt- und Grundlehren der heiligen Schrift und des Christentums“ bezichtigt.

Am 12. Februar 1804 starb er. Beigesetzt wurde er in Königsberg, wo er fast sein gesamtes Leben verbrachte hatte.


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