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Seminararbeit / Hausarbeit

Huma­ni­sie­rung der Arbeits­welt: Persön­lich­keits­ent­wick­lung & Arbeit

4.106 Wörter / ~19 Seiten sternsternsternsternstern_0.25 Autorin Lena S. im Jun. 2012
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Seminararbeit
Geschichte / Historik

Universität, Schule

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Note, Lehrer, Jahr

2011/12

Autor / Copyright
Lena S. ©
Metadaten
Preis 5.00
Format: pdf
Größe: 0.32 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.25
ID# 21592







Inhalt: Die Semi­nar­ar­beit analy­siert den Einfluss von Arbeit auf die Persön­lich­keits­ent­wick­lung und bietet praxis­nahe Beispiele für eine menschen­ge­rechte Arbeits­ge­stal­tung. Sie beleuchtet histo­ri­sche und aktu­elle Ansätze zur Huma­ni­sie­rung der Arbeit und disku­tiert psycho­lo­gi­sche sowie tech­no­lo­gi­sche Aspekte, die für Fach­leute aus Wirt­schaft, Psycho­logie und Sozi­al­wis­sen­schaften von Inter­esse sind.
#Arbeitsgestaltung#Persönlichkeitsentwicklung#Selbstregulation

HUMANISIERUNG

DER

ARBEITSWELT

Der Mensch ist wichtiger als die Sache

Proseminararbeit aus 505.521 „Einführung in das

Studium der Zeitgeschichte“

[email protected]

Inhaltsverzeichnis

Einleitung 3

1. Zusammenhang zwischen Arbeitstätigkeit und

Persönlichkeitsentwicklung . 4

1.1 Handlung als Grundeinheit menschlicher Tätigkeit 4

1.2 Bedeutung der Arbeitstätigkeit für die Persönlichkeitsentwicklung . 5

1.3 Möglichkeiten persönlichkeitsfördernder Arbeitsgestaltung 6

1.4 Zwei Beispiele aus der Praxis . 7

a. Ein Fall aus dem Produktionsbereich . 7

b. Ein Fall aus dem Verwaltungsbereich 8

2. Technisierte und organisierte Arbeitswelt – Wo bleibt der Mensch? . 9

3. Arbeit – Beispiele für ihre Humanisierung und den damit verbundenen

Problemen 11

3.1 Möglichkeiten der Humanisierung des Arbeitslebens durch die

Entwicklung arbeitserleichternder Maschinen . 11

3.2 Beitrag der Arbeitsmedizin zur Humanität im Arbeitsleben . 12

a. Wenn Büroarbeit weh tut – Ergonomie am Arbeitsplatz 12

b. Beispiel der Nacht- und Schichtarbeit . 13

3.3 Flexible Arbeitszeit . 14

3.4 Teilautonome Arbeitsgruppen . 15

4. Schlusswort . 17

5. Quellen- und Literaturverzeichnis . 18

Einleitung

Die schlesischen Weber zerschlugen ihre Webstühle, weil sie um ihr tägliches Brot fürchteten. 100 Jahre später zertrümmern die Automobilarbeiter von Lordtown ihr Fließband, weil sie die Langweile ihrer Arbeit satt haben.

Die Zeiten ändern sich.“1

Die Humanisierung des Arbeitslebens ist ein ureigenes sozialdemokratisches und gewerkschaftliches Politikfeld, um Arbeit menschengerecht zu gestalten. Die Qualität der Arbeitsbedingungen ist offenkundig verbesserbar. Zunehmende Belastungsvielfalt, Arbeitsintensivierung, Arbeit ohne Ende sind nur einige Attribute einer Arbeitswelt mit hohem Verschleiß menschlicher Arbeitskraft.

Unter Humanisierung der Arbeit versteht man im Allgemeinen die menschengerechte Gestaltung der Arbeit. Es nicht um die generelle Reduktion der Arbeitsbelastungen; vielmehr soll ein Belastungsoptimum erreicht werden, das den Menschen weder über- noch unterfordert. Eine möglichst vielseitige Beanspruchung der menschlichen Eigenschaften und Fähigkeiten kann dabei Schnittstellen zwischen humanitären, ökonomischen und technologischen Zielen aufzeigen.

Im weiteren Sinn gehören zur Arbeitshumanisierung alle Maßnahmen, die geeignet sind, die Stellung der berufstätigen Menschen humaner, das heißt menschengerechter und menschlicher zu gestalten.

Mit meiner folgenden Arbeit möchte die Aktualität und Dringlichkeit der alten Forderungen nach besseren und humaneren Arbeitsbedingungen zum Ausdruck bringen und weiters darauf eingehen, wie wichtig Arbeit für den Menschen ist und welche Möglichkeiten es gibt diese so human wie möglich zu gestalten.

1. Zusammenhang zwischen Arbeitstätigkeit und

Persönlichkeitsentwicklung

Die Persönlichkeitsentwicklung des erwachsenen Menschen vollzieht sich weitgehend in der Auseinandersetzung mit der Arbeitstätigkeit; dies wird durch empirische Ergebnisse für bestimmte Persönlichkeitsmerkmale gestützt. Im weiteren möchte ich einige psychologisch begründete Maßnahmen zur persönlichkeitsfördernden Gestaltung der Arbeitstätigkeit vorstellen, und mit Hilfe zweier Fallstudien wird untersucht, wie die Umsetzung dieser Bedingungen in die Praxis ermöglicht werden kann.2

1.1 Handlung als Grundeinheit menschlicher Tätigkeit

Einen möglichen Zusammenhang zwischen Arbeitstätigkeit und Persönlichkeitsentwicklung wurde bereits vor zweihundert Jahren von Adam Smith, in durchaus vorwissenschaftlicher Betrachtungsweise, beschrieben: „Jemand, der tagtäglich nur wenige einfache Handgriffe ausführt, die zudem immer das gleiche oder ein ähnliches Ergebnis haben, hat keinerlei Gelegenheit, sich im Denken zu üben.

Denn da Hindernisse nicht auftreten, braucht er sich auch über deren Beseitigung keine Gedanken machen. So ist es ganz natürlich, dass er verlernt, seinen Verstand zu gebrauchen und so stumpfsinnig und einfältig wird, wie es ein menschliches Wesen nur eben werden kann. Solch geistige Trägheit macht ihn nicht nur unfähig, Gefallen an einer vernünftigen Unterhaltung zu finden oder sich daran zu beteiligen, sie stumpft ihn auch gegenüber differenzierten Empfindungen ( .) ab, so dass er selbst jenen des täglichen Lebens, verliert“.3

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Die Möglichkeit von Zusammenhängen zwischen Arbeitstätigkeit und Persönlichkeitsentwicklung wird im Rahmen wissenschaftlicher Betrachtungsweise erst intensiver diskutiert, seitdem Versuche unternommen worden sind, der Arbeitspsychologie ein allgemeinpsychologisch orientiertes Fundament zu vermitteln. Diese Versuche sind verbunden mit der Entwicklung handlungstheoretischer Konzepte und sind ebenso geeignet, die „klassische“ Allgemeine Psychologie um einige wichtige Ansätze zu erweitern.

Nach Rubinstein bildet die vom Bewusstsein kontrollierte Handlung die Grundeinheit menschlicher Tätigkeit und somit die eigentliche Basis psychologischer Analysen. Hierbei wird Handeln verstanden als bewusst zielgerichtetes, rückgemeldetes Verhalten. Wobei hier dem Adjektiv „bewusst“ eine besondere Bedeutung zukommt, denn im Rahmen der Handlung kommt der Antizipation eine besondere Rolle zu.

Dies gilt in weitere Folge natürlich auch für die Arbeitshandlung. „Im Bereich der menschlichen Arbeit ist die Antizipation Wesensmerkmal jeder Tätigkeitsform – als Vorausschau des Endziels bzw. der Teilziele, der Handlungsalternativen und Handlungsetappen, auch als geistige Vorwegnahme der Handlungsfolgen bzw. der Tätigkeitseffekte. Antizipatorische Komponenten sind insbesondere bei technischen Entwicklungstätigkeiten wie Konstruktionen oder Projektierung erfolgbestimmend“.4

Die anfangs beschriebenen Beobachtungen von Adam Smith machen deutlich, dass offenbar erhebliche Unterschiede in den Anforderungen an die Antizipationsweite bestehen. So wird sofort klar, dass Operationen die „tagtäglich nur wenige einfach Handgriffe“ erfordern, bei denen „Hindernisse nicht auftreten“ und darüber hinaus „immer das gleiche oder ein ähnliches Ergebnis haben“, nur geringe Anforderungen an die Antizipationsweite stellen im Gegensatz zu den bei Clauss genannten „technischen Entwicklungstätigkeiten“.

Durch die Realisierung des tayloristischen Prinzips, also der Trennung von „Denken“ und „Tun“, erfahren die Anforderungen an die Antizipationsweite beispielsweise eine systematische Einschränkung. So meinte Taylor wörtlich, es sei „ohne weiteres ersichtlich, dass in den meisten Fällen ein besonderer Mann zur Kopfarbeit und ein ganz anderer zur Handarbeit nötig ist“.5

1.2 Bedeutung der Arbeitstätigkeit für die Persönlichkeitsentwicklung

Laut Rubinstein ist die Arbeit „das wichtigste Mittel der Formung der Persönlichkeit“; in der Arbeitstätigkeit entwickeln sich die Fähigkeiten, Normen und Einstellungen des Menschen.

Im Arbeitsprozess werden also nicht nur vorhandene Qualifikationen eingesetzt und trainiert, sondern auch zusätzliche Qualifikationen erworben. So erhält der Arbeitsprozess den Charakter eines Lernprozesses.

Somit können wir tatsächlich annehmen, dass die Persönlichkeitsentwicklung des erwachsenen Menschen in der Auseinandersetzung mit der Arbeitstätigkeit geschieht. Hier lassen sich vier für die Persönlichkeitsentwicklung relevante Aspekte der Arbeitstätigkeit unterscheiden: 1. der Inhalt der Tätigkeit; damit verbunden 2. die Anforderungen, die die Tätigkeit stellt; davon abgeleitet 3. die zur Erfüllung der Anforderungen erforderliche Qualifikation der Ausbildung und 4. die gesellschaftliche Bewertung der Arbeitstätigkeit.


Psychologisch begründete Maßnahmen zur persönlichkeitsfördernden Gestaltung der Arbeitstätigkeit bestehen unter anderem in einer Erweiterung des Handlungsspielraums im Sinne zunehmender Selbstregulation.

Ein generelles Ziel der Einführung selbstregulierender Systeme können also der Erwerb von und das Training von Handlungskompetenzen sein. Zentrale Aspekte der Handlungskompetenz werden durch die Begriffe kognitive Kompetenz und soziale Kompetenz gekennzeichnet, und so lassen sich daraus die unterschiedlichen Zielvorstellungen ableiten.

Arbeitstätigkeit mit individueller Selbstregulation ist untrennbar mit Prozessen kognitiven Lernens verbunden. Fortgeschrittene Selbstregulation erfordert das Erfassen und Analysieren von Wirkungszusammenhängen und fördert somit die Möglichkeit zur Bewältigung sich verändernder Anforderungen der Umwelt.

Darüber hinaus ist die Einführung von Arbeitstätigkeiten mit kollektiver Selbstregulation mit Prozessen sozialen Lernens verbunden. Sie verlangt das Erfassen und Analysieren sozialer Wirkungszusammenhänge und fördert die Möglichkeiten einer Reflexion der eigenen Position in der Umwelt.

In der Praxis nennt man diese Entwicklung von Arbeitstätigkeiten mit kollektiver Selbstregulation Job enrichment (Arbeitsanreicherung), und ist dadurch gekennzeichnet, dass verschiedene Arbeitselemente in eine umfassendere Handlungseinheit integriert werden.

Sie führt zur Arbeit in Gruppen mit erweitertem Handlungsspielraum und ist dadurch gekennzeichnet, dass das Prinzip „one man – one task“ aufgegeben wird und einer Arbeitsgruppe eine komplexere Aufgabe in kollektiver Verantwortung übertragen wird. 6

Im folgenden soll nun anhand von zwei Beispielen aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten bestehen persönlichkeitsfördernde Arbeitsgestaltung in der betrieblichen Praxis umzusetzen.

1.4 Zwei Beispiele aus der Praxis

a. Ein Fall aus dem Produktionsbereich

Ein klassisches Beispiel für Arbeitsgestaltung im Sinne des tayloristischen Prinzips der „Trennung von Denken und Tun“ gilt die Fließbandfertigung, wie z.B. in der Auto- und Autozubehörindustrie üblich.

Tätigkeiten aus diesen Industriezweigen wurden vergleichsweise früh zum Gegenstand von Untersuchungen über Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit und der Arbeitsunzufriedenheit. Die Zunahme von Streiks hat gerade in der Automobilindustrie zu vielen Versuchen geführt, diesen durch Job enrichment und Arbeit in Gruppen mit erweitertem Handlungsspielraum entgegenzuwirken.

Die Montage der Motoren erfolgte in stark arbeitsteiligen Formen der Fließbandarbeit. Es sollte nun eine Alternative zu dieser Arbeitsweise entwickelt werden. Diese bestand im Aufbau einer sogenannten Gruppenmontage: Jeweils sieben Arbeiter sollten eine Gruppe mit erweitertem Handlungsspielraum bilden und als komplexe Aufgabe die komplette Montage von Motoren und der Prüfung übernehmen.

Jeder Arbeiter sollte lernen einen Motor selbstständig zu montieren. In weniger als drei Monaten haben die 28 an dem Forschungsprojekt freiwillig beteiligten Arbeiter gelernt den Sprung in den Anforderungen zu bewältigen und qualitativ einwandfrei höherwertige Arbeit zu leisten.

Es ist jedoch auch die Frage nach den subjektiven Auswirkungen der objektiv veränderten Arbeitsanforderungen zu stellen. Auswertungen zeigen eine Reihe von signifikanten positiven Veränderungen im Erleben der beteiligten Arbeiter. Festzustellen ist vor allem ein Abbau der Gefühle der qualitativen Unterforderung, weiters wird die Arbeit, da sie gründlichere Ausbildung, ständige fachliche Weiterbildung und selbstständig getroffene Entscheidungen erfordert, als anspruchsvoller charakterisiert.

Gleichzeitig wird der Grad der individuellen Autonomie im Vergleich zur partialisierten Arbeitsweise deutlich ins Bewusstsein gerückt.

Aus den Auswertungen geht ebenfalls hervor, dass sich die Arbeiter am Ende einer Schicht „weniger zerschlagen“ und „eher entlastet“ fühlen.7

b. Ein Fall aus dem Verwaltungsbereich

Die Taylorisierung von Büro- und Verwaltungstätigkeiten nimmt rasch zu, doch es gibt kaum Versuche dem mit Hilfe von Job enrichment bzw. der Arbeit in Gruppen mit erweitertem Handlungsspielraum entgegenzuwirken.

Daher erscheint der im folgenden kurz skizzierte Fall meiner Meinung nach von besonderem Interesse.

Zwei Drittel der Arbeitsplätze zeigen typische Merkmale tayloristischer Arbeit: inhaltliche Gleichförmigkeit, hoher Wiederholungsgrad, Fremdkontrolle. Negative Auswirkungen der Arbeitstätigkeiten sind unter anderem: qualitative Unterforderung, quantitative Überforderung, mangelnde Transparenz der Arbeit, geringe Autonomie der Gruppen, Demotivierung durch Fremdkontrolle.

Mit allen Mitarbeitern der Abteilung und dem Abteilungsleiter wurden nun Vorstellungen über einen Sollzustand erarbeitet. Diese beinhalteten insbesondere folgende Änderungsrichtungen: Anreicherung aller Arbeitsplätze durch anspruchsvollere Tätigkeiten, Erhöhung der Lernbereitschaft und der Flexibilität, breitere Verteilung von Kompetenzen, Abbau des Zeitdrucks und der Kollegenkontrolle, Erweiterung des Handlungsspielraums innerhalb der Gruppen. 8

In weiterer Folge stellten alle Mitarbeiter die einzelnen Tätigkeitselemente („Bausteine“) ihres Arbeitsplatzes vor. Jeder Mitarbeiter konnte sich nun darum bewerben, für andere „Bausteine“ oder andere Arbeitsplätze ausgebildet zu werden. Die Ausbildung für die neuen „Bausteine“ innerhalb der Abteilung erfolgte auf kollegialer Basis, wodurch Prozesse des individuellen und gemeinsamen Reflektierens über die eigene Arbeit ausgelöst und Ansätze zu vielseitiger arbeitsbedingter Kooperation ermöglicht.

2. Technisierte und organisierte Arbeitswelt – Wo bleibt der

Mensch?

Die Arbeitswelt, in der wir den größten Teil unserer „Daseinsleistung“ erbringen, unterliegt dem Prinzip des Abgleichs von Humanität und Ökonomie, also von wirtschaftlichen Nutzen der Arbeit und Arbeitsbedingungen, unter denen dieser Nutzen erwirtschaftet wird.

Die Generallinie einer Anpassung der Arbeitswelt an den Menschen orientiert sich an drei Bedeutungsinhalten der Arbeit. Primär dient Arbeit ja der Schaffung von Lebensgütern zur Befriedigung von Individual- und Kollektivbedürfnissen. Zugleich ist sie ein Feld der Entfaltung seiner körperlichen und geistig-seelischen Anlagen und Fähigkeiten; und zu guter Letzt ist die Arbeitsstätte ein Lebensraum, in dem sich viele Lebensbedürfnisse des Menschen befriedigen ließen, wenn die Vorraussetzungen dafür vorhanden wären.

Im Leben des Menschen nimmt die Arbeit einen höheren Stellenwert ein je mehr Bedürfnisse sie zu befriedigen vermag. Dort, wo sie als reines Instrument der Mittelbeschaffung erlebt wird, ist sie von Natur her nicht frei von Zwangcharakter. Daher dürfen wir uns nicht wundern, wenn Mitarbeiter das Gefühl einer Einschränkung der persönlichen Freiheit haben. Doch Tatsache ist, ohne ein gewisses Maß an geistiger und körperlicher Beanspruchung kann der Mensch nicht gesund sein und gesund bleiben.

Die Anpassung von Mensch und Arbeit erfolgt nun in drei Ebenen: Die erste ist die Anpassung der Arbeit an den Menschen, die zweite des Menschen an die Arbeit. In der dritten Ebene geht es um die zwischenmenschliche Anpassung, also um die Regelung des Zusammenlebens der Menschen in der Arbeitswelt. Bezugsgröße für alle ist der Mensch mit seinen Eigengesetzlichkeiten.

Der Mensch hat eine physische und psychische Lebensgrundlage; sie bilden eine untrennbare Ganzheit in Wechselbeziehung. Die psychische Lebensgrundlage zeigt jedoch mehr als das organische eine große Breite interindividuelle Unterschiede, die wir im Großen und Ganzen in der Arbeitswelt auf eine nicht vorhandene Normalperson zusammenschrumpfen lassen. Das heißt, erst die Anpassung der Arbeit an die individuelle Binnenstruktur des Menschen würde die Humanität der Arbeitswelt vollständig machen.

Zwei Phänomene des psychischen Lebensgrundes prägen in besonderem Maße und umfassender als alle organischen Eigengesetzlichkeiten die Anpassung von Mensch und Arbeitswelt: Das ist das Phänomen des Erlebens; der Mensch erlebt sich selbst und die Umgebung in der er wirkt.

Da aus Erfahrung bekannt ist, dass solche Arbeitsplätze gemieden werden und einen hohen Fehl- und Fluktuationsstand auslösen, muss diesen Problemen nachgegangen werden.

So werden, um weitere Beispiele zu nennen, anomales Klima, Lärm oder Störungen im sozialen Interaktionsgefüge als sehr negativ empfunden. Es reicht also nicht aus, organische Beanspruchungen nur nach physiologischen Daten zu bewerten, die Reflektion in den psychischen Lebensgrund ist ebenso von Bedeutung.

Als weiteres psychisches Phänomen, das die Anpassung der Arbeitswelt an den Menschen prägt, ist die Bedürfnisgebundenheit des Menschen zu nennen. Ein Bedürfnis ist ein psychischer Zustand, das Gefühl, einen Mangel zu haben, und ist von dem Streben nach Beseitigung dieses Mangels begleitet. Hier ist ein guter Ansatz, Humanität und Ökonomie miteinander zu koppeln.

Es geht darum, in der Arbeitswelt Möglichkeiten zu schaffen für die Befriedigung der Bedürfnisse des einzelnen Mitarbeiters gekoppelt mit den Zielen des Betriebes. 9

3. Arbeit – Beispiele für ihre Humanisierung und den damit

verbundenen Problemen

3.1 Möglichkeiten des Humanisierung des Arbeitslebens durch die

Entwicklung arbeitserleichternder Maschinen

Ich möchte mich bei diesem Thema auf den Bereich der Produktionstechnik beschränken, da dieser die größten Probleme bereitet und die höchsten Belastungen des Menschen beinhaltet. In der Produktionsplanung, also der Produktion von Investitions- und Konsumgütern, wird der Mensch wie eine Maschine in das System eingesetzt; doch dieser Weg kann in dieser Weise nicht weiter verfolgt werden.

Die Lösung dieses Problems kann man auf zwei Wege angreifen; einerseits indem man durch zunehmende Automatisierung die Bindung des Menschen an den Produktionsverlauf aufhebt, oder andererseits indem man Arbeit umstrukturiert und dem Menschen wieder mehr Möglichkeiten bietet sich an seinem Arbeitsplatz zu entfalten.

Ich möchte mich nun mit dem Problem der Hilfe des Menschen mit Maschinen befassen. Die bisherige Automatisierung und Mechanisierung, d.h. das Übertragen körperlicher Tätigkeiten und Entscheidungen, bzw. geistiger Funktion auf Maschinen, wurde gerechtfertigt durch höhere Wirtschaftlichkeit und durch höhere Produktivität. Der Zwang zur Automatisierung besteht aber auch aus humanitären Gründen, denn allein durch die Automatisierung und durch die Bereitstellung entsprechender technischer Hilfen ist es möglich, monotone, gefährliche und „niedrige“ Tätigkeiten zu ersetzen.

Es besteht kein Zweifel, dass der Mensch der Maschine noch in weitaus mehr Dingen überlegen ist, und dennoch erleichtert uns die Nutzung jener technischen Möglichkeiten die uns heute zur Verfügung stehen so manche Arbeit. Um diese Jedoch sinnvoll nutzten zu können bzw. um die Anzahl der sogenannten „niedrigen“ Arbeiten zu verringern muss eine entsprechende Weiterbildung des arbeitenden Menschen stattfindet. 10

3.2 Beitrag der Arbeitsmedizin zur Humanität im Arbeitsleben

a. Wenn Büroarbeit weh tut – Ergonomie am Arbeitsplatz

Ergonomie ist die Wissenschaft, die sich mit der Verbesserung und Anpassung der Arbeitsbedingungen an den menschlichen Organismus beschäftigt mit dem Ziel, negative Einflüsse auszuschalten oder zu minimieren. Ergonomisch ideale Arbeitsplätze, besseres Raumklima und mehr Bewegung können gesundheitliche Probleme reduzieren.

Büromenschen verbringen bis zu neun Jahre sitzend vor ihrem Computer, meist ist es nur eine Frage der Zeit bis die Bildschirmarbeit gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen, Augenprobleme, Venenerkrankungen etc. mit sich bringen.

„Ein ergonomischer Bürosessel sollte höhenverstellbar sein und eine Lehne haben, die zumindest bis in Schulterhöhe reicht. Die Neigung der Lehne muss veränderbar sein und die Sitzfläche sollte sich mit dem darauf sitzenden mitneigen.“

Wichtig ist, dass ein Arbeitsplatz grundsätzlich viel Bewegung ermöglicht. So ist es beispielsweise hilfreich, den Drucker nicht in reichweite aufzustellen, man ist so gezwungen auch hin und wieder seinen Schreibtisch zu verlassen. Wichtig ist neben der richtige Einstellung des Büromobiliars auch ausreichend Beleuchtung und ein angenehmes Raumklima.

„Büroräume besitzen idealerweise eine natürliche Beleuchtung, sprich es gibt Fenster. Nur wenn das nicht mehr ausreicht sollte eine künstliche Lichtquelle hinzugeschalten werden. Natürliches Licht hat nämlich eine positive Auswirkung auf unser Wohlbefinden.“11

b. Beispiel der Nacht- und Schichtarbeit

In den 50er Jahren wurde von Anatomen eine Bahn entdeckt, die vom Auge ins Zentralnervensystem zieht und dort jenes System erreicht, welches die Schlaf-Wach-Steuerung übernimmt. Der Mensch hat sozusagen eine „innere Uhr“, nach dem seine Leistungsfähigkeit gerichtet ist. Diese Leistungsfähigkeit ist über den Tag verschiedenen Schwankungen ausgesetzt.

Die 24-Stunden-Kurve zeigt, dass die Frühschicht mit einem subnormalen Aktivitätsniveau beginnt. Dann steigt die Leistungsbereitschaft zum späten Vormittag mit einem Maximum zwischen 10-11 Uhr an. Es folgt ein Minimum, die sogenannte Mittagssenke etwa um 14:00, ab 14:40 steigt die Leistungsbereitschaft wieder an. Ein weiteres Maximum wird zwischen 16:00 und 18:00 Uhr erreicht, ab dann geht es bergab.

Die Leistungsbereitschaft sinkt auf den Tiefpunkt nachts um 3 Uhr.

Dies bedeutet:

1. Wenn es eine Mittagssenke gibt und es besteht eine durchgehende Arbeitszeit, müssen etwa 20% der Leistungsreserven in Anspruch genommen werden, um die gleiche Leistung zu erzielen wie bei nicht durchgehender Arbeitszeit.

2. Die Nachmittagsschicht kann nicht die Qualität wie die Frühschicht haben und

3. Jede Nachschicht greift Leistungsreserven an. Sie sind nicht zu kompensieren.

Der wichtigste Erholungsvorgang für den Menschen ist der Schlaf, er ist gleichzeitig auch ein aktiver Schutzmechanismus zum Schutz vor Überlastung.


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