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Seminararbeit
Pädagogik

TU Darmstadt

1,3, Arnoldi, 2012

Leon L. ©
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ID# 31098







Hochschuldidaktik

-Veränderung der universitären Lehre und tutoriellen Arbeit-

-zwischen Humboldt und Bolonga-Prozess-

Inhaltsverzeichnis

Einleitung2

Universitäre Bildung3

Klassische Definition3

Bologna Prozess4

Lernen durch Lehren6

Tutorium7

Geschichte8

Akademische Tutorien8

Autonome Tutorien10

Fazit10

Abbildungsverzeichnis12

Quellen12


Einleitung

Nahezu jeder Student und jede Studentin kommt im Laufe seines/ihres Studiums mit dem Veranstaltungsformat Tutorium in Kontakt. Tutorinnen und Tutoren erfüllen im Umfeld der Hochschule und Universität eine Vielzahl von wichtigen Funktionen, nicht nur, weil sie das akademische Personal unterstützen und entlasten, sie führen Lehrveranstaltungen und Übungen durch, helfen bei der Betreuung von studentischen Arbeitsgruppen und stellen selbständig Material für Lehrveranstaltungen zusammen.

Tutoren/innen fördern auf vielfältige Art die Lernautonomie und die wissenschaftliche Selbstständigkeit der Studierenden. Tutoren/innen sind meist Ratgeber für ihre Kommilitonen und Kommilitoninnen, um sich im universitären Alltag zu Recht zu finden. Im Hinblick auf dieses breite Spektrum an verantwortungsvollen Aufgaben lohnt es sich einen Blick hinter die tutorielle Bildung zu werfen.

Welchen Wandel hat die tutorielle Tätigkeit seit ihrer Einführung erfahren und wie wirken sich strukturelle und gesellschaftliche Veränderungen auf die Arbeit eines Tutors aus. Welchen Einfluss haben Tutorien auf die Qualität der universitären Lehre und auf die Motivation der Studierenden. Diese Punkte werden die zentralen Aspekte dieses Beitrages sein.

Um die Bedeutung der tutoriellen Lehre und die Auswirkungen auf die Qualität der universitären Bildung erörtern zu können, müssen zunächst die klassischen Prinzip Humboldts und seine Definition einer Hochschule erläutert und anschließend die Veränderungen durch den Bologna-Prozess analysiert werden.

Universitäre Bildung

Klassische Definition


Um die Veränderung der tutoriellen Arbeit, durch gesellschaftliche Prozesse und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Qualität der universitären Lehre beschreiben zu können, muss zunächst das charakteristische Wesen der universitären Bildung durchschaut werden. Die klassische Definition der universitären Bildung wurde 1810 von Wilhelm von Humboldt wie folgt beschrieben:

Der Grundgedanke der „höheren wissenschaftlichen Anstalten […] beruht darauf […]die objective Wissenschaft mit der subjectiven Bildung […] zu verknüpfen. […]. Da diese Anstalten ihren Zweck indes nur erreichen können, wenn jede, soviel als immer möglich, der reinen Idee der Wissenschaft gegenüber steht, so sind Einsamkeit und Freiheit die in ihrem Kreise vorwaltenden Principien. […] Es ist ferner eine Eigenthümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie die Wissenschaften immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln und daher immer im Forschen bleiben, da die Schule es nur mit abgemachten und fertigen Kenntnissen zu thun hat […] Sobald man aufhört, eigentlich Wissenschaft zu suchen oder sich einbildet, sie brauche nicht aus der Tiefe des Geistes heraus geschaffen, sondern könne durch Sammeln extensiv aneinandergereiht werden, so ist Alles unwiederbringlich und auf ewig verloren […].

Denn nur die Wissenschaft, die aus dem Innern stammt und in’s Innere gepflanzt werden kann, bildet auch den Charakter um, und dem Staat ist es ebenso wenig als der Menschheit um Wissen und Reden, sondern um Character und Handeln zu thun“ (Humboldt, 1810/1996, 255-256 und 257-258).

Humboldt beschreibt den Prozess der Bildung an einer Universität durch „Einsamkeit und Freiheit“. Es ist ein Ort, an dem sich die Studierenden durch den Umgang mit Wissenschaften bilden, sich auf Unbekanntes einlassen und somit ihren Charakter formen. Das Ziel ist nicht die Anhäufung von Faktenwissen, sondern das Suchen und Finden von Problemlösestrategien durch Originalität und Freiheit im Denken.

Neue Denkansätze können nur entwickelt werden, wenn eine Gemeinschaft aus Lehrenden und Lernenden vorhandene Kenntnisse weiterentwickelt. Der Grundgedanke der Freiheit von Forschung und Lehre ist eine fachliche Unabhängigkeit von Lehrenden und Lernenden. Zusammenfassend sind Humboldts klassische Prinzipien universitärer Bildung: 1. Bildung durch Wissenschaft, 2. Einsamkeit und Freiheit, 3. Einheit von Forschung und Lehre, 4. Freiheit von Forschung und Lehre.

Humboldts Idee der Bildung durch Wissenschaft war so machtvoll, dass es die deutschen Universitäten bis in die heutige Zeit beeinflusst hat. Es stellt sich die Frage, ob durch die gesellschaftlichen Prozesse und nicht zuletzt durch den Bologna-Prozess selbst die „[…] humanistischen Substanz[n] der europäischen Universitätsidee […] (Humboldt) [bleibt] oder gerät sie [die Idee] in den Sog einer umfassenden Ökonomisierung (McKinsey) […]. (vgl. Nida-Rümelin) Dessen Ergebnis eine Landschaft von ‚Eliteuniversitäten‘ und ‚Einrichtungen beruflicher Bildung‘ ist, welche unselbständig, unfrei und wirtschaftsorientierte Forschung betreiben und eine unüberschaubare Anzahl von ‚berufsbefähigenden’ Bachelor- und Master- Absolventen/innen produzieren, die mit der Idee des wissenschaftlichen Studiums – der Idee der Menschenbildung – nicht in Konnex gekommen sind.


Grundlage für die Bologna-Erklärung, welche 1999 verabschiedet wurde, war ein völkerrechtliches Abkommen zur Legitimation und Anerkennung von Studienabschlüssen und die Möglichkeit der Vorsetzung eines bereits begonnen Studiums in Europa. Steigerung von Flexibilität und Mobilität, internationaler Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit sind die erklärten Ziele des Bologna-Prozesses. Weiterhin soll es ein Konzept gefördert werden, das den Menschen dazu befähigt, während seiner gesamten Lebensspanne eigenständig zu lernen (Lebenslanges Lernen).

Außerdem sollen Fähigkeiten vermittelt werden, die es einer Person ermöglichen, die in einem sozialen System vorherrschenden Erwartungen, Werte, Handlungsmuster und Verhaltensweisen, entsprechend seiner Position gewachsen zu sein und, bei Bedarf, zu wechseln (Wechsel sozialer Rollen). In der westlichen Gesellschaft und in der modernen Wirtschaft wird von Bildungseinrichtungen ein Bildungsplan verlangt, der offen und dynamisch auf unvorhersehbare Ereignisse reagieren kann. (vlg.

Es soll außerdem sichergestellt werden, dass erbrachte Leistungen von Studenten/innen an Hochschulen des Europäischen Hochschulraums vergleichbar und bei einem Wechsel von einer Hochschule zur anderen, auch über Ländergrenzen, anrechenbar sind. (vgl. Beschluss der Kultusministerkonferenz, 2003)

Die Konsequenzen aus dem wirtschaftlichen Diktat und der Ökonomisierung der Bildung, ist eine stark differenzierte Hochschullandschaft mit unterschiedlichen Schwerpunkten an unterschiedlichen Hochschulorten und ein leicht überprüfbares Wissen mittels credit points (Leistungspunkten), ein Warenkorb, den man nach Marktlage füllen kann.

Das Akkreditierungsverfahren für Bachelor- und Masterstudiengänge wurde nach dem US-amerikanischen Vorbild etabliert.

Die Grundlage bei der Bologna Umsetzung in Deutschland sind 30 Leistungspunkte im Semester mit einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand von 30 Arbeitsstunden pro Leistungspunkt. Daraus ergibt sich eine Arbeitsbelastung von 40 Stunden pro Woche, die ein Student/in für sein/ihr Studium aufwenden muss. Hierbei wird allerdings angenommen, dass Studierende ihr Studium nicht selbständig finanzieren oder erhebliche Zeitanteile für tutorielles, gesellschaftliches oder familiäres Engagement aufwenden müssen.

Die Umstrukturierung der Studiengänge und der hohe Leistungsdruck bergen viele Gefahren in sich. Depressionen und ‚Burn Out‘ sind die Folgen von Überforderung und Stress.


Lernen durch Lehren


Den Gedanken, dass man beim Lehren selber Lernt gibt es schon seit der Antike. Aus ökonomischen und didaktisch-pädagogischen Gründen wurden Schüler schon im 17-18 Jh. als unterrichtende eingesetzt. Der anhaltende wirtschaftliche Einfluss auf Universitäten im 20 Jh. und mit dem Beginn des Bologna-Prozesses erhöhte sich die Anzahl der Studierenden in einem Ausmaß, dass akademisches Lehrpersonal vor qualitative- und quantitative Probleme bei der Vermittlung von Wissen gestellt wurde.

Tutorien sind eine Möglichkeit der Kompensation. Um den humboldtschen Ideal einer Universitären Lehre gerecht zu werden, können Studierende im Tutorium, dass transferieren von Wissen trainieren, neue Denkprozesse anstoßen sowie Forschung und Lehre verknüpfen. Um den Leistungsanforderungen einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden, müssen Tutorien Kernwissen vermitteln und im Anschluss forschend erörtern.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Abbildung 1 - Entwicklung Studierende an deutschen Hochschulen


Tutorium


Die Aufgabe einer Hochschule ist nicht die reine Vermittlung von Wissen und Methoden, sondern die Unterstützung der Studierenden bei der Aneignung von verschiedenen Kritik- und Problemlösestrategien außerdem soll sie den Menschen zum Menschensein bilden.

Nur die Adaption und Wiedergabe von Wissen ist nicht Bildung. Entwicklung von moralischem Bewusstsein, die Fähigkeit zum Selbstbestimmen Handel, Kritikfähigkeit und vielseitige andere Fähigkeiten machen den Begriff der Bildung schwer definierbar.


Geschichte


Ein Tutor ist seit jeher ein Kurator, ein Bevollmächtigter und Vormund für Personen, die nach der Rechtsprechung des römischen Reiches nicht eigenverantwortlich, über ihre Handlungen entscheiden durften. Unmündige waren zunächst alle, die nicht der Verfügungsgewalt des Familienoberhauptes unterstanden (Kinder bis zum Erreichen der Geschlechtsreife und darüber hinaus).

Lehrer, Mentoren, Coaches und Tutoren sind die bekanntesten unter ihnen. Die vorbestimmten und vorgedachten Lernprozesse, wie wir sie in der modernen tutoriellen Lernbegleitung finden, sind auf eine der Hauptströmungen der Lerntheorie und unterschiedlichen Einflüssen der Psychologie, Philosophie und Linguistik zurückzuführen, im Mittelpunkt stehen individuelle Informationsverarbeitung sowie die dazugehörigen Denk- und Verarbeitungsprozesse der Lernenden.


Akademische Tutorien


Tutoren und Totorinnen haben ein umfassendes Aufgabenspektrum im Umfeld der Universität. Lehrbegleitung und -beratung sowie Motivation zum eigenverantwortlichen Lernen zählten schon immer zu den zentralen Aufgaben eines/einer Tutor/in. Dabei ist zu beachten das Tutor/innen/en keine professionell ausgebildeten Lehrenden sind.

Tutor/innen/en haben mit vielen divergierenden Erwartungen an ihre Rolle und Person zu tun. „z.B. durch das fachkulturelle Lehrverständnis, das oft instruktionistisch und inhaltsorientiert ist und infolgedessen mit den zentralen kooperativen Tätigkeiten der Tutor/inn/en kollidieren[…]“ (Jahnke, I; Wildt, J, 2011). Lernkulturen und -verhalten welches durch die jeweiligen Eigenheiten der Fachbereiche gegeben ist, können wiederstände der Studierenden hervorrufen.

In diesem mannigfaltigen Netzwerk aus „Erwartungsstrukturen“ mit unterschiedlichen Einflussfaktoren müssen sich Tutor/innen/en orientieren und arbeiten. Tutorielle Aufgaben werden durch sich gegenseitig beeinflussende Faktoren geformt welche ich Abbildung 1 dargestellt werden.

·         Soziales Umfeld: sozialer Hintergrund, die Art und Weise wie der Austausch von Informationen stattfindet, bestimmte Arbeits- und Herangehensweisen, die durch unterschiedliche Fachbereiche geprägt sind und das Verhältnis zwischen Tutor/innen/en und Studierenden

·         Sachkenntnisse: Je nachdem wie sich das zu vermittelnde Wissen gestaltet, werden die Anforderungen an die Aufgabenstellungen der Tutor/innen/en gestellt. Eine zentrale Frage ist, kann das Wissen überhaupt vermittelt werden oder muss es sich eigenständig, durch Transfer angeeignet werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage: ist es persönlich, qualitativ und quantitativ von Wert.


Autonome Tutorien


Ohne die Anleitung durch Dozierende und abseits von Bologna-Zwängen. Hierfür wird einen Freiraum geschaffen, in dem sich interessierte Studierende zusammenfinden können, die sonst im anonymen Studienalltag nicht zusammengefunden hätten. Ein Autonomes Tutorium lebt von der Mitgestaltung und Mitarbeit aller Teilnehmenden. Hierbei sind die „Tutor/innen/en“ keine Dozierenden, denn es sollte schließlich darum gehen, sich gemeinsam ein wissenschaftliches Thema zu erarbeiten und sich gegenseitig zu bereichern.


Fazit


Im Laufe des 20. Jahrhunderts haben sich politische und gesellschaftliche Veränderungen ergeben, welche direkten Einfluss auf die universitäre Lehre genommen haben. Struktureller Wandel in der Bildungspolitik und wirtschaftliche Einflüsse tragen zur Veränderung der Hochschulkultur bei und verzerren das, von Humboldt geprägte Bild der Universität in Deutschland und Europa.

Ich habe versucht einen kritischen Vergleich der klassischen Definition von Bildung und Universität mit den Veränderungen, welche durch den Bologna-Prozess ausgelöst wurden, darzulegen und die Auswirkungen auf die universitäre Lehre und die Lehrform Tutorium zu veranschaulichen.


Weiterhin konnte ich Aufzeigen wie sich die Aufgabengebiete eines Tutor/in/s gestalten, welche Einflüsse ökonomische und ökologische Veränderungen auf die Arbeit eines/er Tutor/in/s wirken und somit auf die Qualität der der Bildungseinrichtung. Weiterbildungsmaßnahmen und Qualifizierung für Tutoren sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, zur Steigerung der Qualität der Lehre.


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