<
>

andra


1.ÜBUNG: HEINRICH VON KLEIST – DER ZERBROCHENE KRUG


Text 1 : Labhardt, Robert : Metapher und Geschichte. Kleists dramatische Metaphorik bis zur

Penthesilea als Widerspiegelung seiner Position. Kronberg: Scriptor Verlag 1976.

(= Monographien Literaturwissenschaft. 32.) S.176- 198.


Text 2: Schmidt, Jochen: Heinrich von Kleist. Die Dramen und Erzählungen in ihrer Epoche.

Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft.2003. S. 63-84.


Im ersten Text von Robert Labhardt wird vor allem die Sprache im „zerbrochenen Krug“ analysiert und die von allen Charakteren verwendeten Metaphern beleuchtet. Im ersten Teil der Arbeit werden Adams Lügen thematisiert, wobei der Autor Adams Wortspiele im Eingang des Stückes behandelt.

Er sagt, dass Adams Lügen durchwegs metaphorischen Charakter haben und dadurch der Versuch unternommen wird, die Wahrheit zu verbergen, wobei gerade dadurch die Enthüllungen gefördert werden. Gleich am Eingang des Stückes wird eines der vielen Wortspiele des Adams aufgegriffen.

Anhand Adams ersten Worten in Vers 3-6 zeigt der Autor diese Form der Wortspielerei. Adam sagt hier: „Ja, seht. Zum Straucheln brauchts doch nichts, als Füsse. Auf diesem glatten Boden, ist ein Strauch hier? Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt Den leidgen Stein zum Anstoss in sich selbst.“ Das Wort „straucheln“ wird hier von Labhardt beispielhaft für die Wortspielerei und die metaphorische Verwendung aufgezeigt.

Der Autor schildert sehr ausführlich, wie Adam sich durch immer größer werdende Widersprüche um Kopf und Kragen redet. Viele Argumente des Autors belegt er mit Beispielen aus dem Stück. Er beleuchtet alle relevanten Figuren sehr ausführlich und analysiert deren Charakterzüge.




Labhardt untersucht den „zerbrochenen Krug“ vor allem auch in Bezug auf die damals geltenden moralischen und gesellschaftspolitischen Hintergründe. Er sieht das Stück als Kleists Reaktion auf die damals aktuellen bürgerlich-rationalen Gesellschaftsverhältnisse.

Die gesamte Geschichte wird anhand des zerbrochenen Kruges verdeutlicht und in das Stück eingearbeitet.

Der Autor schildert sehr ausführlich Mathes Rolle in diesem Stück. Ihre detailreiche Rede wird von Labhardt sehr genau analysiert. Eve und Walter werden von ihm als Personifizierung der Wahrheit betrachtet. Eve als „Wahrheit des menschlichen Innern“ und Walter als „ Wahrheit des Ganzen, das Prinzip höherer Ordnung und Gerechtigkeit.“

Damit leitet der Autor auch die Entstehungsgeschichte des „Variants“ ein, dem großen und ausführlichen Finale im zerbrochenen Krug, indem Eve die gesamte Geschichte für das Publikum nochmals nacherzählt.

Allerdings nahm Kleist dieses langatmige Ende aus dem Stück heraus, da es den Rahmen der Komödie sprengte und bei der Uraufführung schlechte Kritiken erhielt.

Labhardt analysiert die Rolle der Eve äußerst detailreich und glaubt in Eves „Forderung nach Vertrauen, das mit religiöser Unbedingtheit auf die Liebe und ihre Versprechen baut und nicht sich an die täuschenden Zeichen der Außenwelt hält“ Kleists eigene Forderung an die Gesellschaft zu erkennen.


Im zweiten Text von Jochen Schmidt wird Eingangs gleich der Vergleich mit dem Ödipus-Stoff angestellt. Schmidt erzählt die Entstehungsgeschichte des „zerbrochenen Kruges“ und was der Anlass für Kleist gewesen sei, das Stück zu verfassen. Ausführlich wird beschrieben,


wie Kleist seinen „zerbrochen Krug“ niederländisches, bürgerliches Milieu bettet und sich gleichzeitig der klassischen aristotelischen Poetik annimmt.

Der Autor vergleicht den „zerbrochenen Krug“ sehr genau mit dem Ödipus – Stoff und erklärt, wie dieser jeweils in den zerbrochenen Krug übernommen wurde. Die Personenkonstellation wird von Schmidt ebenfalls genau mit der des Ödipus-Stoffes verglichen.

Er meint, dass vor allem Adam wie Ödipus als Täter und Richter in einem agiert. Er stellt auch die interessante Frage, wie Kleist bei all seinen Analogiebildungen, die er aus der Tragödie für sein Werk durchführte, eine Komödie erschaffen konnte? Schmidt nennt diese Grundoperation Depotenzierung.

„Das Pathos der höchsten gesellschaftlichen Ebene – Ödipus ist ja König von Theben – wird mit der Kleinwelt eines niederländischen Dorfes vertauscht.“

Auch die Handlung wird diesem Verfahren unterzogen. Im König Ödipus geht es um schwere Blutschuld und ihre furchtbaren Folgen, bei Kleist aber nur um einen zerbrochenen Krug, womit das letztendlich Harmlose des Geschehens bereits feststeht. Ödipus wird als tragischer Held konzipiert, Adam hingegen agiert als komischer Held.

Kleist entwickelt durch die Depotenzierung eine „verkehrte Welt“ : Der Richter ist selbst der Übeltäter, er soll etwas aufdecken, was er aber versucht zu vertuschen und die einzige Person, nämlich Eve, die aufgrund ihres Wissens sprechen sollte, schweigt.

Schmidt geht ebenfalls sehr ausführlich auf die Struktur des Stückes ein und betreibt eine Analyse dieser.


Vergleicht man beide Texte miteinander bekommt man den Eindruck, dass Labhardt das Thema seiner Arbeit subjektiver betrachtet, als Schmidt. Labhardt arbeitet mit sehr vielen Einschüben von Zitaten aus dem „zerbrochenen Krug“ und hebt diese sichtbar vom Fließtext ab. Schmidt hingegen arbeitet mit eindeutig weniger Zitaten aus dem Werk Kleists.

Schmidt verweist sehr ausführlich auf seine Quellen. Diese sind jeweils am Ende der Seite angeführt, was das Verstehen des Gesamttextes vereinfacht, wohingegen Labhardt seine Fußnoten nicht sichtbar am Ende der jeweiligen Seite anführt und das Textverständnis erschweren.

Die Gemeinsamkeiten der beiden Werke sind vor allem die historischen Ausführungen über den „zerbrochenen Krug“. Beide Autoren gehen auf den Ödipus-Stoff als Vorlage ein und beschreiben die Parallelen, die zwischen den beiden Werken herrschen.

Labhardt geht aber auch sehr genau auf die historischen Hintergründe dieser Zeit ein und unternimmt den Versuch, in den gesellschaftspolitischen Problemen und Moralvorstellungen der damaligen Zeit eine Ursache für die Entstehung des Werks zu finden und damit das Motiv Kleists zu liefern, weshalb er das Stück geschrieben hat.



| | | | |
Tausche dein Hausarbeiten