Lisa
Perrin
Analyse
und Interpretation: „Heimkehr“ (Franz Kafka)
Der
tschechisch-deutsche Schriftsteller Franz Kafka, dessen berühmteste
Werke „Das Urteil“, „Die Verwandlung“ und „Der Process“
sind, schrieb 1920 eine Parabel, die von einem heimkehrenden Sohn
erzählt der sich nicht überwinden kann, Kontakt mit seiner Familie
aufzunehmen. Ihr Titel lautet „Heimkehr“ und sie wurde 1936 von
Max Brod, einem engen Freund Kafkas, gegen dessen Willen
veröffentlicht.
Der
Sohn eines Landwirtes kehrt zu dem Hof seines Vaters zurück und
betrachtet ihn (Z. 1-12). Er sieht “altes, unbrauchbares Gerät“
(Z.3), das ausdrückt, dass der Hof heruntergekommen aussieht. Der
Sohn stellt sich viele Fragen, zum Beispiel, wer auf ihn in der Küche
warten würde. (Z. 8f) Diese inneren Farben drücken auf der einen
Seite Unsicherheit aus, er weiß nicht, wer auf ihn erwartet, auf der
anderen Seite aber auch Neugier, aus. Auf einem Geländer sitzt eine
lauernde Katze (Z.5). Man erkennt, dass der Sohn nicht erwünscht
aus. Auch kann man aus der Tatsache, dass das „ alte unbrauchbare
Gerät“ ihm den Weg zur Treppe versperrt (Z.3ff) folgern, dass
diese, nie weggeräumten Maschinen, eine Metapher für Hindernisse
darstellen, die es ihm erschweren, zur Tür zu gelangen.
Mit „Rauch
kommt aus dem Schornstein, der Kaffee zum Abendessen wird gekocht“
(Z.9f), wird dem Leser ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit
vermittelt, das aber nach der folgenden inneren Frage, ob er sich den
zu Hause fühle (Z.10f), und seiner Antwort, er sei sich unsicher
(Z.11f) direkt abbricht. Dieser Wechsel drückt wieder die
Unsicherheit des Sohnes und seine „Hin- und – Her- Gerissenheit“,
ob er jetzt seiner Familie gegenübertreten soll, aus.
Beim weiteren Betrachten
des Hauses projiziert er sein Bild von seinem Vater auf das Haus. (Z.
12-17) Der Landwirtssohn personifiziert die verschiedenen Teile des
Hauses, als welche, die jeweils ihrer eigenen Tätigkeit nachgehen.
Sein Vater war dem Anschein nach nie für ihn da, weil er zu
beschäftigt war. Was genau sein Vater tat, weiß er aber nicht mehr
und wusste es nie. (Z. 14f) Das drückt aus, dass sein Verhältnis zu
seinem Vater nicht sehr gut sein konnte. Die Personifikationen der
Stücke des Hauses können Metaphern für Zeiträume sein, das das
Haus eine Personifikation für den Vater darstellt. Diese Zeiträume
sind nun die Abschnitte seiner Jugend oder seines Lebens, in denen
der Sohn Zeit mit seinem Vater verbracht hat. Er, der Sohn, hadert
mit sich selbst, er fragt sich, was er denn für einen Nutzen habe.
(Z.15f). Auffällig in diesem Satz ist das „sei“, also der
Konjunktiv, was den Vater wieder in Verbindung mit dem Haus bringt.
Nun steht er im Haus vor der Küchentür. (Z.17-23) Er möchte
wissen, was sie sagen, wagt sich aber nicht in die Küche. Deshalb
lauscht er, versteht aber nichts außer den Uhrschlag, bei dem er
nicht sicher ist, ob er real oder vergangen, aus seinen
„Kindertagen“(Z. 23) ist. In diesem Abschnitt wird „Ferne“
(Z. 18,20) und „horche“ (Z.18,19, 21) oft wiederholt. Beides
drückt den Ausschluss aus der Familie. Der Erzähler fühlt sich
nicht mehr zugehörig. Tiere horchen auch um Feinde aus der Ferne
kommen zu hören. Der Glockenschlag ist eine eine Metapher für eine
vergangene Zeit. Durch das Geheimnis wird wieder Ausgeschlossenheit
ausgedrückt. Die Menschen in der Küche werden im letzten Abschnitt
zu Gegenspieler von ihm, die ihn bewusst ausschließen und
Geheimnisse vor ihm haben (Z.23-29). Die Familie hat sich von ihm
abgewandt, oder er selbst hat sich von ihr distanziert.
Es
könnte sein, dass die Parabel das Verhältnis von Kafka und seinem
Vater widerspiegelt. Kafkas Vater war auch „unerreichbar“ für
Kafka, da beide gegensätzlich waren. Häufig gibt es auch diese
Geschichten, Gleichnisse von jungen Menschen, die ihre Familien
verlassen um etwas zu erleben und irgendwann zurückkommen, sich aber
schämen. (vgl. verlorener Sohn)
Der
Titel, den Brod der Parabel gab, ist nicht passend, da der Sohn zwar
heimkehrt, aber nicht wirklich angekommen ist.