Hegau
Exkursion
16./17.Oktober
2008
Einleitung
Der Hegau ist
schwer zu begrenzen. Das Gebiet im Norden bezeichnet man als Hegaualb. Sie
grenzt an die Baar und die Schwäbische Alb. Im Westen wird der Hegau durch den
Randen, im Süden durch den Bodensee und den Rhein begrenzt. Die Abgrenzung im
Osten fällt dagegen schwer, hier gibt es keine klare geologische Grenzlinie.
Stockach wird als östlichster Rand des Hegaus bezeichnet.
Die Entwässerung
erfolgt über die Radolfzeller Aach in den Bodensee, weitere Nebenflüsse wie
die Biber münden in den Rhein. Davor wurde dieses Gebiet über die Donau
entwässert.
Geomorphologisch
und geologisch ist der Hegau sehr inhomogen. Am Rand des Hegaus, im Nordwesten
und Westen, findet man Weißjura als anstehendes Gestein. Ältere Schichten aus
der Kreidezeit sind demgegenüber kaum mehr vorhanden. Die Formenbildung fand
hauptsächlich im Tertiär mit Molasseablagerung und Vulkanismus, im Quartär
durch die Eiszeiten statt. Im Folgenden wird auf diese drei geologischen
Bildungsprozesse und das Holozän genauer eingegangen.
1. Tertiär
Ab dem
Unteroligozän beginnt im Hegau die Bildung des Formenschatzes. Von den vier
verschiedenen Schichten der Molasse (UMM, USM, OMM, OSM) und der aktiven
tektonischen Verwerfung und dem daraus folgenden Vulkanismus ist diese Zeit
wesentlich geprägt.
1.1 Molasse ab Oligozän (35 Mio. – 8/5,3 Mio.)
Der Beginn der
Molasse wird in die Zeit vor 35 Mio. J. bis 20 Mio. J. gelegt. Von den Alpen
bis zum Rand des Molassemeers bei Tuttlingen/Geisingen erstreckte sich das Meer
und bildet hier eine Klifflinie. Dabei werden die Ablagerungen von Norden nach
Süden immer mächtiger und erreichen bis zu 5 km. Die Molasse setzt sich
zusammen aus dem Abtragungsschutt der Alpen (z.B. Hornstein-Feuerstein),
Flusssedimenten aus dem Norden (Muschelkalk, Buntsandstein, Braunjura) und
Seesedimenten.
Die
Flusssedimente werden als Juranagelfluh bezeichnet. Die ältere Juranagelfluh
bezeichnet die USM, die jüngere Juranagelfluh die OSM. Der Begriff ‚Nagelfluh’
kommt aus dem Schweizerdeutschen. ‚Fluh’ bedeutet ‚Steile Wand’, ‚Nagel’
bezieht sich auf die Kiesel und Gerölle, die mithilfe eines karbonatischen
Bindemittels zu Konglomeraten verfestigt sind und im Aufschluss wie
eingeschlagene Nägel erscheinen (eberle
et al.:2007, 39).
Der Nordwesten
des Hegaus stellt einen großen Ablagerungsbereich der Jüngeren Juranagelfluh
dar. Die ersten großen Verschüttungszonen dieser fluvialen Materialschüttungen
fanden im Miozän statt. Diese aus dem Norden kommenden Flüsse haben mit der
Donau nichts gemeinsam. Man kann sich das Klima des Miozän wie im heutigen
Algerien vorstellen. Durch das aride Klima gibt es nach starken Regenfällen
Schichtfluten mit stoßweisem Transport von Sedimenten. Kantengerundete
Materialablagerungen sind die Folge, so wie die damaligen Flüsse, die
Juranagelfluhsedimente in den Hegau transportiert haben.
In Tengen gibt
es einen der wenigen Aufschlüsse, der die Verzahnung von Meeres- und
Süßwasserablagerungen aufzeigt. Die unterste Schicht ist die ältere
Juranagelfluh. Darüber liegt die Randfazies der Oberen Meeresmolasse, die sich
aus Randengobkalk, alpinen Konglomeraten, sandigen Deckschichten,
Helicidenmergel und Alpstein zusammensetzt. Das anstehende Gestein besteht aus
jüngerer Juranagelfluh.
1.2 Vulkanismus
Im Mittelmiozän,
während der Ablagerung der Oberen Süßwassermolasse, vor etwa 17 Mio. J.v.h.
nimmt die tektonische Aktivitäte wieder erheblich zu. Aufgrund der
Alpenentstehung und der Hebung der Grabenschultern des Oberrheingrabens
entstehen viele Verwerfungen oder wurden reaktiviert, z.B. auch nördlich des
Schienerberges und am Galgenberg. Dies hat unter anderem im Hegau eine Phase
aktiven Vulkanismus zur Folge. Die frühesten Formen sind Deckentuffe, ein
Konglomerat mit Kalk- und Grundgesteinsanteilen, die in Verbindung stehen mit
explosivem Vulkanismus. Auf Grund der großflächigen Fundstellen von
Deckentuffen, kann man auf einen aktiven Vulkanismus vor 17 Mio.J.v.h.
schließen. Diese großflächig abgelagerten Schichten wurden damals bis zu 100 m
mächtig. In ihnen findet man Lapilli, kleine Lavabrocken, die vom Vulkan
ausgeschleudert wurden. Sie bestehen aus einem vulkanischem Kern und einem
Mantel aus Calzit. Einen der wenigen Aufschlüsse kann man an der K6125 Richtung
Duchtlingen betrachten. Weitere Vorkommen findet man beispielsweise auch auf
dem Galgenberg.
Das vulkanische
Gestein der folgenden Zeit beschränkt sich auf einige wenige Vorkommen, was
eine rein punktuelle Aktivität belegt. Im Folgenden wird darauf näher
eingegangen. Die zweite aktive Vulkanphase besteht aus dem älteren basaltischen
Gestein und dem jüngeren phonolitischen (vor 8 Mio. J.).
Basaltsäulen sieht man heute noch am Hohenstoffeln,
Hohenhewen, Höwenegg oder am Neuhewen. Sie entstehen, nachdem die basaltische
Magma in den Schloten stecken bleibt. Diese Säulen stellen nicht mehr die
damaligen Vulkanformen dar, sondern nur noch die basaltischen Überreste der
Schlote, die im Gegensatz zu den weicheren Molasseschichten nicht abgetragen
werden konnten. Die Hegauvulkane stellen heute also nicht mehr die
ursprünglichen Vulkankegel dar, sondern die durch die Verwitterung
herauspräparierten Schlotfüllungen (Geologische Schulkarte, 62). Vor 8 Mio.J.
kommt es zu Nachschüben von phonolithischer Magma. Besonders ausgeprägt und
sichtbar ist dies am Hohentwiel, Hohenkrähen und am Mägdeberg.
Durch den
Vulkanismus entstehen auf dem Schienerberg Maarseen, die von feinkörnigen
Süßwasserkalken und Mergelschichten der OSM gefüllt werden. Heute kann man
diese sogenannten Öhninger Schichten besonders gut in der schwer zugänglichen
Bohlinger Schlucht untersuchen. Sie bestehen aus etwa 4 m mächtigen,
feinschichtigen, graugrünen bis gelbgrauen Mergeln, Kalkmergeln und
dünnbandigen Kalksteinen. Unterhalb davon wird die OSM sandig und
kilometerdick. Die Mergel der Öhninger Schichten und das sich darüber
befindende Konglomerat stellen hier sichtbar den Übergang von Tertiär zu
Quartär dar.
Molasse und
Vulkanismus enden vor 8-7 Mio.J., die Eiszeiten beginnen jedoch erst vor etwa 1
Mio.J. Für die Zeit dazwischen gibt es keine geologischen Fundstellen, daher
kann man darüber nur Vermutungen anstellen. Wahrscheinlich ist der Abtransport
von Molassematerial durch die pliozäne Aare-Donau. Belege dafür findet man
jedoch nicht, da die Gletscher das Gebiet überprägt haben. Fundorte sind auf
der Albhochfläche bei Ulm/Beuron sichtbar.
2 Quartär
Das Quartär hat mit der pleistozänen und holozänen Epoche
das junge Landschaftsbild des Hegaus maßgeblich geprägt.
2.1 Pleistozän - Eiszeiten
Der Großteil des
heutigen Hegaus wurde hauptsächlich von der letzten Eiszeit, der Würm geprägt.
Im Norden auch noch vom weiterreichenden Riß Komplex. Aber auch für die Mindel
gibt es einige wenige Funde, wie die Konglomerate auf dem Schienerberg belegen.
Die Günz reichte nicht bis in den Hegau, sondern nur etwa bis Überlingen am
See.
Die Rißeiszeit
prägt die jüngere Hegaulandschaft am meisten. Gut auszumachen ist dies an der
großen Höhendifferenz von 230 m vom Schienerberg mit der Mindelmoräne auf 600 m
und der Rißmoräne auf 370 m Höhe bei Schaffhausen. Im Vergleich dazu beträgt
die Differenz zwischen Riß- und Würmmoräne, die im Singener Becken auf 350 m
Höhe liegt, lediglich 20 m. Eine andere Erklärung für die große Höhendifferenz
ist eine tektonische Aktivität nach dem Mindelkomplex.
Eine besondere Auffälligkeit in der heutigen
Hegaulandschaft stellt der im Vergleich zum Umland besonders hohe Schienerberg
dar. Dies lässt sich durch den Grundsatz der Kaltzeiten erklären: Je höher das
Material liegt, um so älter ist es und je älter es ist, desto stärker ist es
verfestigt. Die obersten Ablagerungen des Schienerbergs sind aus der
Mindelkaltzeit, die durch Kalklösung und hohen Druck zu sehr festen
Ablagerungen verbacken sind. Sie verhalten sich wie Festgestein, sind aber
Moränenmasse. Die darauffolgenden Gletscher sind nicht mehr so mächtig und
können deshalb die stark verbackenen Deckenschotter nur schwer erodieren. Die
vulkanischen Gesteine widerstehen ebenso den Gletschern und sind dadurch
besonders herausgeprägt, wie bereits im vorherigen Abschnitt beschrieben wurde.
Der zweite große Komplex, welcher zur Landschaftsformung
im Pleistozän beigetragen hat, sind die randglazialen Entwässerungsrinnen. In
der Forschung hat man drei große Stadien ausgemacht: Schaffhausener, Singener
und Konstanzer Stadium. Diese werden als oszillierendes System bezeichnet. Die Entstehung dieser Rinnen geht auf das Abschmelzen
der Würmgletscher zurück. Das Würmeis stößt vor und schmilzt an den Endmoränen
wieder ab. Die Entwässerung erfolgt dann entlang der Endmoräne. Jeder
Eisrückzug lässt eine neue Wasserscheide entstehen, die dann ein
moränenparalleles Entwässerungstal genannt wird. Zwischen den
Schmelzwasserrinnen im Zungenbecken findet man aber auch Vollformen wie den
Galgenberg, der wahrscheinlich ein Rundhöcker ist.
Besonders deutlich auszumachen ist die Wirkung der
Entwässerungstäler am Hohenhewen. Dort befand sich die Endmoräne der
Würmeiszeit. Nach dem Abschmelzen des Eises entstand ein See in der
Entwässerungsrinne. Nach Überlaufen des Sees setzt die Erosion am Hohenhewen
ein und untergräbt die Sedimente der Molasseschichten, sodass diese zusammen
mit den jüngeren Juranagelflugschichten und Basalt abrutschten. Der Hohenhewen
sticht besonders hervor durch die Abgrenzung der von Norden kommenden Gesteine der
Deltaschüttungen und der Endmoräne des Gletschers von Süden. Die Herkunft der
Gletscher kann man anhand der Gesteine in den Gletschern nachweisen. In den
Ablagerungen der Endmoränen findet man das erratische Material der Alpen, wie
an einem Aufschluss oberhalb von Welschingen zu sehen ist.
2.2 Holozän
Nach dem Ende
der Kaltzeiten ist das Holozän verantwortlich für die heutige Gestalt des
Hegaus. Mit Beginn der letzten Schneeschmelze beginnen sich Moore und
Feuchtgebiete zu bilden. Das Ried mit seinem Niedermoorcharakter zeigt die
Verlandung des Bodensees an seinem westlichen Ufer. Anhand der Terrassen auf
der Höri kann man davon ausgehen, dass der Bodensee größer gewesen sein muss.
Der heutige mittlere Wasserstand liegt bei 395 m und schwankt um 2-3 m im
Jahr. In der Jungmoränenlandschaft liegen Vollformen wie Moränen und
Hohlformen, wie der Litzelsee, ein ursprüngliches Toteisloch. Toteislöcher
entstehen, wenn Ablagerungen auf Gletschern das Abschmelzen verlangsamen und so
zu einer Zerklüftung der Zunge führen. Diese riesigen Toteismassen sind
abflusslos und bilden somit Toteislöcher. Teilweise ist der Litzelsee schon
verlandet und bildet ein Niedermoor. Der große Unterschied zwischen Jung- und
Altmoränenlandschaften besteht in der Abnahme des Gewässernetzes und der Seen
(Toteislöcher) in der Altmoränenlandschaft. Die heutigen Böden konnten sich
erst in den letzten 15000 Jahren entwickeln und sind etwa 60 bis 70 cm mächtig.
Das hauptsächlich anzutreffende Bodenprofil ist Parabraunerde mit einer Horizontabfolge
von Al – Bt – C, dabei ist das anstehende Gestein sehr
kalkhaltig.
Eine weitere
Ausprägung ist mittlerweile durch den Menschen entstanden. Durch eine frühe
Besiedlung des westlichen Bodenseeufers wurde die Landschaft durch anthropogene
Kolluvien stark geprägt. Die Sesshaftwerdung der urzeitlichen Nomadenvölker hat
die Landschaft durch Abholzung der Wälder, Ackerbau und Viehzucht weiter
verändert. Dies konnte die Pollenanalyse eindeutig nachweisen.
Eine weitere
Veränderung der Landschaft stellt die Erosion dar. Beispielsweise findet man am
Ausgang der Bohlinger Schlucht, einer der bekanntesten Tobel des
Schienerbergs, einen Schwemmfächer. Bei Unwetter kommen hier Wassermassen mit
lockerem Gesteinsmaterial heraus, das aus Mindelschottern, Mindelmoränen,
Öhninger Schichten, und Material der OSM besteht.
Die meisten
Flächen der Juranagelfluh bestehen aus großen Ackerflächen, mit einer
Bodenkennzahl zwischen 50 und 60. An den steileren Hängen im Norden des Hegaus
gibt es Weiden und Laubwälder mit Fichtengürteln. Der restliche Hegau wird
besonders ackerbaulich genutzt. Daneben spielt der Kiesabbau eine entscheidende
Rolle. In den großen Schotterfelder der Würmmoränenlandschaft wird der Rohstoff
Kies besonders stark abgebaut.
Im Folgenden
wird näher auf die Nutzung und den Nutzungskonflikt im Singener Kiesfeld
eingegangen. Die Problematik der Kiesfelder besteht darin, dass sie kaum
überdeckt sind von Lössablagerungen oder anderen bodenbildendem Material. Die
Böden befinden sich also direkt auf dem Kies und es gibt keine Filterschicht.
Das Kiesbett hat eine große Bedeutung für die Grundwasserspeicherung. Es gibt
unterschiedliche Schichten mit Grundwasser, die von lehmigen Schichten
durchwachsen sind, sodass sich komplizierte Strömungen ergeben. Das Singener
Kiesfeld wird hauptsächlich zur Rohstoffgewinnung und Trinkwasserversorgung der
Region genutzt. Die große Gefahr stellen anthropogene Faktoren dar, wie die
Verunreinigung des Bodens und somit auch des Grundwassers. Durch die Strömungen
kann ein Teil des Singener Becken durch einen Unfall kontaminiert werden.
Besonders anfällig für Kontaminationen sind die Baggerseen, die durch den
Kiesabbau entstehen. Diese anthropogene Hohlform füllt sich direkt mit
Grundwasser. Mit dem Abbau des Rohstoffes Kies und der industriellen
Vergrößerung von Singen, erhöht sich das Risiko für die Trinkwasserversorgung
für die ganze Umgebung. Besonders durch die industrielle Versiegelung sinkt die
Höhe des Grundwasserspiegels. Konkret heißt das: Kies wird in großen Mengen
abgebaut und bevorzugt ins Ausland verkauft. Die entstehenden Gruben werden mit
dem Schutt von Baugruben wieder aufgefüllt. Auf diesen von dem Mensch schon
zerstörten Flächen wird neue Industrie angesiedelt. Dies macht es lukrativ Kies
abzubauen, die Fläche des Kiesfeldes und die Wasserschutzgebiete zur
Trinkwasserversorgung verkleinern sich jedoch dadurch. Als Ausgleich von
wirtschaftlichen Interessen und Natur- und Umweltschutz, werden die
Wasserschutzgebiete verkleinert, jedoch stärkere Auflagen für Industrie und
höhere Kontrollen des Trinkwassers eingeführt.
Zusammenfassung
Nach dieser
Betrachtung ist klar, dass der Hegau eine sehr inhomogene Prägung aufweist. In
den 35 Mio. Jahren bis heute haben hauptsächlich drei Phasen den Hegau in
seiner heutigen Form entstehen lassen. (1) das Molassemeer und die
Deltaschüttungen der Süßwassermolasse, (2) der Vulkanismus, (3) die Eiszeiten.
Um es auf einen
Punkt zu bringen: Der Hegau wurde geprägt von Wasser, Feuer und Eis.
Literatur
eberle, j., b. eitel, w.d. blümel & p.
wittmann (2007): Deutschlands Süden vom
Erdmittelalter
zur Gegenwart. Springer, Berlin, Heidelberg. 188 S.
Erläuterungen zu Geologische Schulkarte Baden-Württemberg.
Landesamt für Geologie,
Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg,
Freiburg 1988. 142 S.
geyer, m.: Vulkane
im Hegau. Landesvermessungsamt Baden-Württemberg