Hausübung bzw. Proseminararbeit SS 2015 (Gruppe 1)
Gesprochene
deutsche Sprache:
Über viele Jahrhunderte war Dialekt die
Muttersprache. Welche Situation entsteht für viele Sprecher und
Sprecherinnen und die Sprachgemeinschaft Deutsch insgesamt mit
Einsetzen der breiten Alphabetisierung seit dem 19. Jahrhundert und
wie fügt sich diese in die Entwicklung des Deutschen, dessen
vorläufiges Endstadium eine auch gesprochene deutsche
Standartsprache über alle Regionen hinweg?
Damit
erwuchs für viele eine (mediale) Diglossie, nunmehr beginnt
ansatzweise eine Neuorganisation von Mündlichkeit von der
Schriftlichkeit her. Das ist Sprachwandel einer ganz neuen
Dimension. Die Sprachgemeinschaft Deutsch erweitert und erweitert
sich überregional in ungeahntem Maß, zunächst durch Stufen der
Standardisierung von Schrift, sodann durch Schriftlautung, gestützt
durch Aussprache-Normierung bis hin zu einer nunmehr auch
gesprochenen deutschen Muttersprache über alle Regionen hinweg. Das
ist das Neue.
Formulieren
Sie die Lautregeln der 2. Deutschen Lautverschiebung, die im
Konsonantensystem der folgenden Beispiele beim Übergang vom
Germanischen zum Althochdeutschen wirksam werden (bzw. aus welchem
Grund nicht wirksam werden).
As. skip ahd.
skif nhd. Schiff
Bei diesem
Beispiel wir die Tenuesverschiebung wirksam: der stl. Plosiv /p/
wird zu dem ahd. stl. Doppelfrikativ /ff/. In der Verbindung /sk/
bleibt /k/ im Bair. und Alem. unverschoben. Beim Übergang zum Mhd.
hat sich diese Konsonantenverbindung zu <sch>
weiterentwickelt.
as.
tid ahd.(bair., alem.,ofrk.) zit nhd. Zeit
Hier
kommt die Tenuesverschiebung zum Tragen: der stl. Plosiv /t/ wird
zur stl. Affrikate /ts/ im Anlaut verschoben. Zusätzlich wird hier
auch die Medienverschiebung wirksam: es erfolgt eine Verschiebung
des sth. Plosivs /d/ zum stl. Plosiv /t/. Diese Veränderung hat
sich jedoch nur im Bair., Alem. und Ofrk. Konsequent durchgesetzt.
Im Rheinfränk. und Mittelfränk. bleibt das alte /d/ meist
unverschoben.
as.
lacan ahd. lahhan nhd. Laken, Tuch
Hier
wird die Tenuesverschiebung wirksam: Außerdem entsteht hier eine
Frikativierung. Darunter versteht man den Übergang von
Verschlusslauten zu Englauten. /k/ > /h/
as.
settian ahd. sezzan nhd. setzen
Hier wird die
Tenuesverschiebung wirksam: /p,t,k/ > /pf, ts, kx/; Die
Verschiebung von /t/ zu /ts/ ist gleichmäßig über das ganze hd.
Gebiet verbreitet. Der stl. Plosiv /t/ wird zu dem stl. Affrikaten
/ts/.
as.
gripan ahd. grifan nhd. greifen
Hier
wird die Medienverschiebung wirksam: Der stl. Bilabiale Plosiv /p/
wird zu dem stl. Labiodentalen Frikativ /f/.
ae.
pencan ahd.(ofrk.) denken nhd. denken
Hier wird die
Medienverschiebung wirksam: Das germ. /p/ wandelte sich im Laufe des
Ahd. und des And. zu /d/. Die Verschiebung von /p/ zu /d/ ist im
gesamten Sprachgebiet erfolgt. Der germ. stl. Frikativ /p/ wird zum
sth. Plosiv /d/.
as.
werk ahd.(bair., alem.) wercch nhd. Werk
Hier
wird die Tenuesverschiebung wirksam: Der stl. Plosiv /k/ wird zu der
Affrikate /kx/ verschoben. Die Verschiebung von /k/ zu /kx/ wird nur
im Bair. und Alem. durchgeführt , in allen fränk. Dialekten bleibt
/k/ erhalten.
Benennen
Sie die Lautwandelphänomene in den nachfolgend angeführten
Beispielen:
a.) mhd. geswir > nhd.
Geschwür
Das Lautwandelphänomen um das es sich hier
handelt, ist das der Labialisierung. Es erfolgt ein Übergang vom
ungerundeten Vokal /i/ zum gerundeten Vokal /ü/. Labialisierung ist
die Bezeichnung für den diachronischen Prozess, bei dem eine
Lippenrundung verschiedener Sprachlaute erfolgt.
b.) mhd.
birnen : mhd. brinnen (brennen)
Hier handelt es sich um
das Lautwandelphänomen der Metathese. Hier spielt die lautliche
Umgebung eine Rolle. Es geht um die Verkehrung der Reihenfolge
lautlicher Einheiten: /ir/ > /ri/.
c.) mhd.
sumber : mhd. sumer > fnhd. (md.) somer (Sommer)
Die
Veränderung von /u/ zu /o/ ist zurückzuführen auf das
Lautwandelphänomen der Senkung/Öffnung. Die Senkung od. Öffnung
ist eine Lautveränderung im Vokalbereich, die aus einer Veränderung
der Artikulationsstelle durch niedrige Zungenlage resultiert.
d.)
ahd. gamiza > mhd. gemeze > nhd. Gämse
Es
handelt sich hier um einen ä-Umlaut. Dieser Umlaut ist das Ergebnis
einer partiellen und regressiven Assimilation des Vokals der
Hauttonsilbe an den Vokal der folgenden Silbe.
Für das
lange <ä> gilt, dass es in der ahd. Graphie zunächst
umgelautet auftritt. Erst im Mhd., als die umlautbewirkenden Phoneme
in den Folgesilben aufgrund von Lautwandel nicht mehr vorhanden
waren, wurde der Umlaut in der Schreibe konsequent durchgeführt.
Das kann aber nicht heißen, dass das Ahd. nur den Primärlaut
gekannt hat und erst in einer zweiten Phase der mdh. Sekundärlaut
gefolgt ist.
e.) mhd. gejegede : gejeide (nhd.
Jagd)
Dieser Lautwandelprozess ist auf die
Diphthongierung zurückzuführen: /e/ > /ei/. Hier werden
einfache (lange) Vokale aufgrund allmählicher
Artikulationsverschiebung od. phonologischen Druckes zu
Diphthongen.
f.) mhd. scherninc : mhd.
scherlinc (Schierling)
Der
Übergang von /n/ zu /l/ erklärt sich durch Konsonantenveränderung
infolge Dissimilation. Bei der Dissimilation wird ein Laut
abgeändert, wenn der gleiche Laut in der Nähe vorkommt. Dadurch
wird die Aussprache erleichtert. Sehr häufig von der Dissimilation
betroffen sind Liquide und Nasale.
g.) mhd. gelouben
(Inf.) : mhd. geloupte (Prät) (nhd. glauben: glaubte)
Es
entsteht hier ein grammatischer Wechsel zwischen Infinitiv und
Präteritum, welcher auf die Auslautverhärtung zurückzuführen
ist. Stimmhaft Plosiv /b/ wird zu Stimmlos Plosiv /p/.
e.)
ahd. magad > mhd. maget > mait/magt (nhd.
Maid/Magd)
Diese Veränderung ist mit dem
Konsonantenschwund bzw. der Kontraktion erklärbar: der sth. Plosiv
/g/ wird durch Palatalisierung zu /i/ vokalisiert sodass durch
Kontraktion /ai/ entsteht.