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Seminararbeit / Hausarbeit

Hannes Meyer: Werk und Leben des Archi­tek­ten

5.315 / ~32 sternsternsternsternstern_0.5 Petra Ö. . 2013
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Seminararbeit
Architektur

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel - CAU

2,0, Prof. Walther, 2013

Petra Ö. ©
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sternsternsternsternstern_0.5
ID# 34383







Hannes Meyer
Werk und Leben des Architekten


INHALT:

1. Einleitung

2. Der Architekt Hannes Meyer

2.1 Wichtige Bauten Und Projekte

2.1.1 Die Genossenschaftssiedlung Freidorf bei Basel

2.1.2 Die Petersschule in Basel

2.1.3 Der Völkerbundpalast in Genf

2.1.4 Die Bundesschule des allgemeinen Gewerkschaftsbundes   in Bernau

3. Das Gründungsmanifest und Programm des Bauhauses

4. Hannes Meyer am Bauhaus

4.1. Der Wandel der Unterrichtsstruktur am Bauhaus unter Hannes Meyer

4.2 Bilanz und die Entlassung von Hannes Meyer

5. Zusammenfassende Schlussbetrachtung

6. Literatur       

7. Abbildungen


1.  Einleitung


Hannes Meyer, zweiter Bauhausdirektor, wird nur wenig erinnert.

Die Leistungen von Hannes Meyer, sowohl als Meister am Bauhaus als auch später als Direktor, werden nur selten thematisiert und finden selbst in der kunsthistorischen Forschung kaum Beachtung. Wenn Hannes Meyer in einer Bauhaus Rezeption erwähnt wird, dann zumeist nur in der Fußnote, dass er zwischen den beiden Ikonen Walter Gropius und Mies van der Rohe zwar ebenfalls Direktor des Bauhauses war, aber mit seinen Leistungen nicht aus dem mächtigen Schatten Walter Gropius´ herauszutreten vermag und sogar wegen seiner Sympathie der marxistischen Ideologie gegenüber aus dem Bauhaus geworfen worden ist.

Doch bei genauerer Betrachtung der Arbeiten Meyers scheinen diese Beurteilungen zu schnell, zu oberflächlich und nicht angemessen.

Aus diesem Grund,  soll geprüft werden, ob die Geringschätzung und Unbekanntheit seiner Person und seiner Arbeit im Zusammenhang damit steht, wie und ob Hannes Meyer in der maßgeblichen Tradition des Bauhauses nach Walter Gropius gewirkt hat.

Als Ausgangspunkt soll das Gründungsmanifest des Bauhauses von Walter Gropius dienen, nach dessen Maßstab die Herangehensweise Meyers in der Entwicklung von Konzepten für Baupläne und der Strukturierung des Bauhauses insbesondere im Hinblick auf die Gliederung des Unterrichts am Bauhaus betrachtet werden soll.

Hierfür werde ich exemplarisch biographische Gegebenheiten, wichtige Bauten und Projekte Meyers, sowie sein Unterrichtskonzept unter meiner gegebenen Fragestellung auswerten und versuchen herauszuarbeiten, wie die Arbeit Hannes Meyers auf das Bauhaus wirkte.

Da die Biographie Hannes Meyers entscheidend seine Art und Weise zu Denken, Planen und Bauen prägte, soll sie gemeinsam mit seinem Wirken als Architekt aufgeführt werden. Wichtige ausgewählte Bauten und Projekte werden dann im Folgenden genauer betrachtet.


2. Der Architekt Hannes Meyer


Hannes Meyer wurde am 18.November 1889 in Basel geboren und kam nach dem Tod seines Vaters, ebenfalls Architekt, im Alter von zehn Jahren in ein Waisenhaus, wo er bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr aufwuchs und deren Zeit ihn entscheidend prägte.  Die kalte Atmosphäre, in welcher er aufwuchs, trieb ihn voran in eine regelrechte Flucht ins Lernen, wie er später selbst schrieb: ‚ „Ich lernte aus Verzweiflung“ ’ [1]

Die Sehnsucht Meyers nach der ihm im Waisenhaus fehlenden Herzlichkeit und Intimität des familiären Kreises, macht sich deutlich in der Art und Weise der zukünftigen Planung von Wohnräumen bei Meyer bemerkbar und führt zu einer regelrechten ‚Sublimierung des Zuhause’ [2]

So beginnt Meyer seinen Werdegang als Architekt als Sechzehnjähriger mit einer Ausbildung als Maurer, woraufhin eine Ausbildung zum Bauzeichner und Bauführer folgt. Er erweitert seine Kenntnisse durch Besuche von „Kurse für Baubeflissene“, Abendkurse und mehrere Auslandsaufenthalte: 1912 hielt er sich für ein Jahr in England auf, wo er die für den englischen Städtebau charakteristische Gartenstadtbewegung kennen lernte.

Meyer war 25 Jahre alt als der erste Weltkrieg ausbrach. Seine Ausbildung als Städteplaner und Architekt war bereits beendet und seine Überzeugung, dass Architektur und Städteplanung nunmehr ein soziales Problem darstellen, verfestigte sich. Der moderne Architekt und Städteplaner musste nun nicht mehr den Wünschen weniger Privilegierter nachkommen, sondern die Bedürfnisse von Vielen befriedigen.

Nach seiner für ihn als unbefriedigend bezeichneten selbständigen Arbeit in der Schweiz[3], bekam Meyer die Möglichkeit von 1916 bis 1918 als Ressortchef an einem gartenstadtähnlichen  Projekt mitzuwirken: der Planung und dem Bau der Krupp-Siedlung Margarethenhöhe in Essen. Ziel dieses Siedlungsbaus war es, ausreichend Wohnungen für die Arbeiter in Betriebsnähe zu schaffen, die dadurch an den Betrieb gebunden werden. [4]

Hier konnte Meyer bereits viele Erfahrungen hinsichtlich der Problematik bei Siedlungsbau und Werkwohnungsbau sammeln, die ihm bei seinen zukünftigen Projekten hilfreich waren.

1927 wird Meyer als Meisterarchitekt ans Bauhaus berufen. Am 1. April 1928 wird er als Nachfolger von Walter Gropius Direktor am Bauhaus. 1930 wird er aus politisch motivierten Gründen fristlos entlassen, woraufhin er im selben Jahr in die Sowjetunion emigriert und dort als Professor und Architekt tätig ist. Nachdem Meyers damalige Lebensgefährtin den stalinistischen Säuberungen zum Opfer fiel, kehrte Meyer 1936 in die Schweiz zurück. 

Von 1938 bis 1949 lebte Meyer als Dozent, Städteplaner und Architekt in Mexiko. 1949 kehrte er nach politischen Differenzen endgültig in die Schweiz zurück und widmet sich bis zu seinem Tod am 19. Juli 1954 vor allem der Herausgabe architekturwissenschaftlicher Literatur.


2.1 Wichtige Bauten und Projekte


2.1.1 Die Genossenschaftssiedlung Freidorf bei Basel


„Jede Bauzeile ist Sippe ohne Blutsverwandtschaft und Helferkreis treuer Nachbarschaft. Und allen Bauwerkes Gruppenbilder sind nur bauliche Variationen über ein genossenschaftliches Thema.“ [5]


Ab 1919 war Hannes Meyer selbständig als Architekt in Basel tätig und den Auftrag für seine erste eigenständige Bautätigkeit bekam er im selben Jahr:

Das der Mensch wieder mit der Natur in Berührung gebracht werden soll, war nur einer der Grundgedanken von Bernhard Jaeggi (1869-1944), Nationalrat und Gründervater des Freidorfs.[6]

Wohnungsnot und das Ideal genossenschaftlicher Selbst- und Gemeinschaftshilfe bewogen 1919 den Präsidenten der Verwaltungskommission des Verbandes Schweizerischer Konsumvereine (VSK, heute Coop), eine Modellsiedlung genossenschaftlicher Lebensform zu erstellen:  die Genossenschaftssiedlung Freidorf bei Basel. [7]

In Anlehnung an die aus England stammende Idee der Gartenstadt wurde die Genossenschaftssiedlung in Stadtnähe auf freiem Land gebaut und gebart sich als gebauter Ausdruck des sozialen Engagements des Architekten.[8]

Die gesellschaftspolitische Idee hinter dem Bau des Freidorfs war die Schaffung eines dem bürgerlichen Konsumleben und dem Konkurrenzverhalten der Individuen entgegengesetzten Lebensraumes.[9]  Daraus ergaben sich auch die architektonischen und städtebaulichen Anforderungen, die die Siedlung zu erfüllen hatte:

Entgegen den für die Stadt typischen Mehrfamilienhäusern wurden in Freidorf

So wurde auch jedes der 150 Einzelhäuser mit einer Gartennutzfläche von 200m2 angelegt (Abb.2).

Als Symbol des genossenschaftlichen Gemeinschaftsgedankens wurde zentral das Genossenschaftshaus (1924) (Abb.3) mit Laden, Schule, Bibliothek, Restaurant sowie Lehr- und Vortragssälen gebaut. Daneben liegt der öffentliche, rechteckige Platz zum Spielen mit Brunnen und Obelisk. Ein „Freundschaftsband“ [10] aus Mauern umschließt die gesamte Siedlung und schirmt sie so nach außen ab.

Dem genossenschaftlich egalitären Entwurf einer sozialen Lebensordnung innerhalb der Lebensgemeinschaft im Freidorf entsprach somit auch die formale Gestaltung, wie Meyer selbst beschrieb:

„Die Einheitsform der Wohnhäuser, die Gleichartigkeit und Gleichfarbigkeit der Hausblöcke und der Gleichklang der Bauteile . Mithin der Versuch der Symbolik? Mehr als dieses: ein Ringen um Wahrheit. Denn die Stützen der Gemeinschaft sind die Säulen des Bauwerkes: Einfachheit, Gleichheit, Wahrhaftigkeit.“[11]


Die einheitliche Gestaltung und Anordnung der Wohnhäuser sollte von den Siedlern als proportionale Raumharmonie erlebt werden und sich auf die genossenschaftliche Harmonie übertragen und somit auch eine psychologische Wirkung auf das genossenschaftliche Leben im Freidorf haben.[12]

Das Modell des Freidorfs gelangte zu nationaler und internationaler Bekanntheit und wurde als bedeutendste Gartenstadt in der Schweiz erachtet.[13]

Die enge Zusammenarbeit mit der Genossenschaftsbewegung beeinflusste Meyer indes weiter in die von ihm bereits eingeschlagene Richtung:

die architektonische Gestaltung der neuen Gesellschaft nach ihren Bedürfnissen. Ihm selbst ging dabei die Genossenschaftssiedlung Freidorf nicht weit genug als kollektives Konzept. Die Erfüllung seiner Idee eines kollektiven Konzeptes hätte es, wie Meyer 1925 rückblickend selbst schrieb, noch folgender Umsetzungen bedurft:

„Reinere Gemeinschaftsbindung ruft reinerer Siedelungsform. Etwa fiele Schranke von Familie zu Familie, jetzt herkömmlich - respektvoll verehrt, - so fiele mit dieser alle Einrichtung der Trennung, es fielen Gartenzäune und Scheidemauern. Es entstünden gemeinsam bewirtschaftete Gartenfelder, Fernheizwerk, Zentralboileranlage, Zentralküche.“ [14]


Meyers Idee eines neuen Architekturbegriffs bestimmt durch die gesellschaftlichen Bedürfnisse, brachte ihn auf der Suche nach neuen Bauformen, die die Architektur umgestalten sollten, in Kontakt mit verschiedenen Künstlergruppierungen.

So wie Meyer, waren auch sie um eine Erneuerung der Architektur bemüht und beteiligten sich bei der Herausgabe der Zeitschrift „ABC-Beiträge zum Bauen“ (1924-1928).[16]


2.1.2 Die Petersschule in Basel


Seit 1926 betrieben Hannes Meyer und Hans Wittwer ein gemeinsames Architekturbüro. Der Wettbewerbsbeitrag für die Peterschule in Basel (Abb.4) war das erste gemeinsame Projekt.

Die Aufgabe war der Entwurf für den Neubau einer 11-klassigen Mädchen-Volksschule mit Turnhalle, Zeichensaal, Schulbad und Suppenküche für 528 Schülerinnen im Zentrum der Baseler Altstadt.[17]

Meyer erachtete die geplante Baufläche für ein neuzeitliches Schulhaus als ungeeignet. Mit rund 500m2 sei die Baufläche lächerlich gering, dazu schlecht belüftet und schattig durch die hohe Randbebauung.

Um diesen, von Meyer als ungeeignet erachteten Faktoren für den Bau eines neuzeitlichen Schulhauses, entgegenzuwirken, baute er in seinem Entwurf folgende Lösungsmaßnahmen ein, die für ihn allerdings auch nur Kompromisse darstellen[18]:

Meyer führt eine Berechnung der Beleuchtungsstärke aller Schulräume (Abb.5) aus, um den größtmöglichen Einfall von natürlichem Sonnenlicht in die Klassenräume zu erreichen und kommt zu dem Schluss, dass dies nur durch eine vertikale Stapelung aller Schulräume  gegen Osten erreicht werden kann.

Er verlagerte die Klassenräume, sowie das Lehrerzimmer in die oberen Etagen, um die größtmögliche Entfernung des Schulbetriebes von der Erdoberfläche in die besonnte und belichtete Höhenlage zu gewährleisten, ganz nach seiner ideologischen Zielsetzung Luft, Licht, Sonne.[19]

Im Erdgeschoss befinden sich im geschlossenen Raum das Schulbad und die Turnhalle. Die verbleibende Hoffläche soll für den öffentlichen Verkehr und als Parkplatz genutzt werden.

Doch ein für Meyer wichtiger Platz steht noch aus:

ein Aufenthaltsplatz für die Schülerinnen in ihrer Freizeit, ebenfalls mit Luft, Licht und Sonne. Denn die Schule soll kein Platz zum befohlenen Lernen und der Rückgratverkrümmung sein, sondern ein Ort für erlebtes Wissen und der Körperpflege für eine lebensfähige Jugend.[20]

Deshalb entwarfen Meyer und Wittwer anstelle eines ebenerdigen Schulhofes, bei welchem die Schülerinnen sich dem städtischen Treiben nicht entziehen hätten können, zwei hängende Freiflächen und alle weiteren Oberflächen des Gebäudekörpers als Aufenthaltsort für die Schülerinnen:

„im Ganzen 1250 m2 sonnige Spielfläche, der Altstadt entrückt.“[21]

Das Eigengewicht des Hauskörpers sei für die an vier Drahtseilen hängende, herauskragende Freifläche nutzbar verwendet, doch rein statisch gesehen, wäre eine solche Baukonstruktion sehr kostspielig geworden und es wurde auch die Notwendigkeit infragegestellt, da die Freifläche auch viel einfacher durch Stützen befestigt hätte werden können.

Doch dadurch wäre die optische Rasanz der freihängenden Kragkonstruktion[22] und somit auch die regelrechte Provokation der Symbolik des neuen Ausdrucks der Moderne verloren gegangen.


Doch da der Entwurf Meyers und Wittwers über die Vorgabe eines traditionellen Baus, welche Meyer zum Beispiel beim Bau der Genossenschaftssiedlung Freidorf mit klassischen Walmdächern umsetzte, radikal hinwegsetzte, schied der Entwurf bereits in der ersten Runde aus.


2.1.3 Der Völkerbundpalast in Genf


1924 beschloss der Völkerbund den Neubau für das Sekretariat und die Versammlungsräume für den Völkerbundpalast in Genf, welches dann im April 1926 ausgeschrieben wurde und für den 377 Entwürfe eingingen.[24]

Mit ihrem Entwurf für den Völkerbundpalast orientierten sich Hannes Meyer und Hans Wittwer an Wesen und Zielsetzung des 1920 gegründeten Völkerbundes, für den die Bewahrung des Friedens und die Schaffung von Öffentlichkeit und Transparenz bei der Lösung internationaler Probleme Ziel war.[25] Es sollte sich also in Abhängigkeit zu der Funktion und dem Anliegen des Völkerbundes die Gebäudeform ergeben.

Nach Winfried Nerdinger gilt der Beitrag Meyers und Wittwers zum Wettbewerb für den Völkerbundpalast „als Musterbeispiel rein funktionaler Architektur, ( .).“[26]


Der Entwurf bestand aus einem zweiteiligen Bau, der durch eine mehrgeschossige Brücke verbunden wurde. Der sehr ins horizontale gehende ovale und überkuppelte Versammlungskomplex enthielt einen 2.600 Personen fassenden, akustisch dimensionierten Saal. Rundherum wurde dieser von einem auf vier Etagen ausgelegten Komplex aus Foyers und Sitzungsräumen umgeben.

Dem gegenüber stand im starken Kontrast dazu das vertikal ausgerichtete Sekreteriatskomplex, welches aus 24 Etagen mit abschließendem Flachdach bestehen sollte.

Obwohl das Modell gerne auf die Verkehrs-, Belichtungs- und Besonnungsdiagramme reduziert wird, widerspricht nach Nerdinger die Orientierung der Büros in dem hochhausartigen Sekreteriatskomplex, jeweils zur Hälfte nach Osten oder nach Westen ausgerichtet, dieser Behauptung.[28]

Auch der Haupteingang ist nicht offen ersichtlich aus dem Bauentwurf, weshalb der Zugang durch einen großen, roten Pfeil im Grundriss gekennzeichnet werden musste. Der gesamte Bau scheint beinahe nicht auf eine Benutzung ausgerichtet zu sein, sondern eher danach den am stärksten möglichen Kontrast zu erzielen (Abb.8) und somit ein Zeichen zu setzen. [29]


2.1.4 Die Bundesschule des allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbundes

in Bernau


Der allgemeine deutsche Gewerkschaftsbund schrieb 1928 zum Bau der Schule einen beschränkten Wettbewerb unter sechs Architekten aus, aus welchem der Entwurf von Hannes Meyer und seinem Partner Hans Wittwer als Sieger hervorging.


Gewünscht wurde ein „Musterbeispiel der modernen Baukultur“[30], in welchem 120 weibliche und männliche Funktionäre der Gewerkschaft für auf vier Wochen angelegte Schulungen sowohl Raum zur Unterkunft als auch zur Erholung haben sollten. In der Anlage sollte ein reibungsloser Schulbetrieb, neben Wohnalltag und Erholung ermöglicht werden können.

Für die Fortbildungen sollten mehrere Seminar- und Vortragsräume entstehen, zur Erholung würde, neben Aufenthaltsräumen und einer Turnhalle, ein großer Park nebst Kiefernlichtung mit kleinem See einladen.


Von 1928 bis 1930 wurde die Bundesschule des allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbundes durch den seit dem 1. April 1928 als Bauhaus-Direktor tätigen Hannes Meyer gemeinsam mit Hans Witwer, der seit März 1928 als Meister der Bauabteilung und Leiter des Baubüros am Bauhaus tätig war, errichtet. Entwurf, Planung und Bau der Bundesschule waren direkt mit der Baulehre verknüpft und deren Studierende wurden in die Mitarbeit am Bau durch die Einbeziehung der Werkstätten in den Bauprozess eingebunden.

Meyer selbst bezeichnete den Bau der Bundesschule als ‚„plastische Umsetzung ( .) [der] sozial-pädagogischen Funktionen ( .) eine direkte Übertragung aus dem Funktionsdiagramm“’.[32]

Nach Meyers Entwurf bildet sich der Z-förmige Gebäudekomplex (Abb.9) aus einer additiven Zusammensetzung einzelner Baukörper. Dadurch vermeidet Meyer eine konzentrische Häufung von Baumassen und es entsteht eine exzentrische Lockerung der Bauteile.

Die Orientierung aller Aufenthaltsräume Richtung Landschaft und dem nahen See, ermöglichte den Studierenden Erholung in der Natur. Ebenfalls war diese Ausrichtung konzipiert für die optimale Besonnung der 60 Zweibettzimmer.Meyers Intention war es, nicht nur ein Gebäude für den Lehrbetrieb zu bauen, sondern eine völlig neue, sozialpädagogische Organisation des Zusammenlebens zu konzipieren, die in seiner Architektur ihren Ausdruck finden sollte.

Schule nicht nur als Lern- und Unterrichtsort, sondern als Lebensort.

Die additive Zusammensetzung der Z-förmigen Gesamtanlage aus einzelnen Baukörpern begründet Meyer mit dem internen Ordnungsprinzip von Kameradschaft bis zum Kollektiv.[33] Doch bei den vier in der Mitte gestaffelten Baukörpern für die Studierenden fügte er einen fünften identisch gebauten Baukörper für das Personal hinzu.


„Der harmonisch ausbalancierte Rhythmus der Z-förmigen Gesamtanlage mit verstaffeltem Mittelteil und zwei gegeneinander versetzten Endpunkten bestimmte offensichtlich den Aufbau. Zur Ordnung und Organisation von Funktionen und Umwelt gehört eben auch der harmo­nische Gesamteindruck, der nicht aus Funktionsdiagrammen gleichsam selbständig von innen heraus entsteht, sondern im Wechselspiel von innen und außen, von Detail und Ganzem geplant werden muss.“[37]


Die Bundesschule entspricht im Stil beinahe einer Industrieanlage, die kein überflüssiges Detail enthält. Der Eingangsbereich (Abb.10) wirkt wie der Eingang zu einem Fabrikgelände. Meyer spielte mit den entsprechenden Motiven und lässt die Bauteile ihre Funktion verraten.Der blockhafte Kubus der Aula und die drei Schornsteine der Heizungsanlage beherrschen das Bild beim Anblick des Eingangsbereiches und sind so inszeniert, dass Nerdinger hier von einer symbolischen Überhöhung spricht: in Gewerkschaftskreisen bezeichnete man sie als die drei Pfeiler der Arbeiterbewegung: Genossenschaft, Gewerkschaft, Partei.[38] Meyer spielte mit den Motiven aus dem Arbeitermilieu platziert die für das Funktionieren des Hauses notwendigen Anlagen, wie eine Anlieferungsrampe (Abb.11) für den Küchenbereich, markant im Eingangsbereich.


Der Bau der Bundesschule des allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbundes zählt zu den bedeutendsten Werken der Architekten des Bauhauses. Es war neben dem Bauhaus in Dessau das größte Bauhausprojekt.


3. Das Gründungsmanifest und Programm des Bauhauses


Aus der bis 1914 von Henry van den Velde geleiteten Großherzoglich Sächsischen Hochschule für bildende Kunst in Weimar wird durch die Bemühungen von Walter Gropius 1919 das Staatliche Bauhaus in Weimar. Gleich nach seinem Amtsantritt als Bauhaus-Direktor veröffentlicht Gropius das Gründungsmanifest und ein detailliertes Programm in Form eines vierseitigen Flugblattes mit einem Holzschnitt von Lyonel Feininger, „Kathedrale des Sozialismus“ (Abb.12).

Der Holzschnitt zeigt ein steil nach oben, in den Sternenhimmel schießendes, dreitürmiges Gebäude. Auf diesen Türmen befinden sich je ein fünfzackiger, Strahlenaussendender Stern.[40]

Die „Kathedrale des Sozialismus“ soll die Ziele des Bauhauses repräsentieren, die Walter Gropius in dem einseitigen Manifest, welches dem Bauhausprogramm vorangestellt ist, formuliert:

Gropius erkannte die Vereinzelung der bildenden Künstler und forderte in seinem Manifest zu einem Wandel auf:

„Architekten, Maler und Bildhauer müssen die vielgliedrige Gestalt des Baues in seiner Gesamtheit und in seinen Teilen wieder kennen und begreifen lernen, dann werden sich von selbst ihre Werke wieder mit architektonischem Geiste füllen, den sie in der Salonkunst verloren." [42]


Dies gelingt nach Gropius durch die Rückführung der Architektur, Bildhauerei und Malerei zum Handwerk, weshalb diese Maxime auch die Basis des Bauhausprogrammes bildet und begründet seine Forderung mit der Festlegung von vier Fakten:

1. Es gibt keine ‚Kunst von Beruf’. Kunst ist an sich nicht lehr- bzw. lernbar, jedoch das Handwerk.

2. Negierung eines Wesensunterschiedes zwischen Künstler und Handwerker

3. Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers. Kunst entsteht nur „in seltenen Lichtmomenten, die jenseits seines Wollens stehen, unbewusst [ .] aus dem Werk seiner Hand.“[43]

4. Das Handwerk ist notwendige Grundlage für jeden Künstler.


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