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Seminararbeit / Hausarbeit

Gudrun Mebs: Sonn­tags­kind - Analyse des Roman­an­fangs

4.893 Wörter / ~16 Seiten sternsternsternsternstern_0.25 Autorin Antonia S. im Jul. 2013
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Dokumenttyp

Seminararbeit
Deutsch

Universität, Schule

Universität Vechta

Note, Lehrer, Jahr

2,3, Wittstruck, 2013

Autor / Copyright
Antonia S. ©
Metadaten
Preis 4.00
Format: pdf
Größe: 0.41 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.25
ID# 32935







Sonntagskind
von Gudrun Mebs

 Analyse des Erzählanfanges


Inhalt

1. Analyse. 1

1.1 Erzähltextanalyse. 1

1.1.1 Geschichte (Was wird erzählt?)1

1.1.2 Erzähler (Wer erzählt?)4

1.1.3 Diskurs (Wie wird erzählt?)5

1.2 Handlungsanalyse. 7

1.3 Darstellungsanalyse. 9

2. Interpretation. 10

3. Literaturverzeichnis. 14

4. Eigenständigkeitserklärung. 15


1. Analyse

1.1 Erzähltextanalyse

1.1.1 Geschichte (Was wird erzählt?)

Das Thema und auch der Buchtitel des angehängten Textauszugs ist „Sonntagskind“. Betrachtet man vorerst das Buchcover von 1984 erkennt man ein Mädchen. Dieses lässt darauf schließen, dass es sich um eine weibliche Hauptfigur handelt, die womöglich aus irgendeinem Grund ein Sonntagskind ist, eins kennenlernt oder über eins erzählt.

Ferner sitzt dieses Mädchen auf einer Bank in einem Raum. Die Tür zu diesem Raum ist einen Spalt weit geöffnet und ein Lichtstrahl fällt durch ihn in den Raum. Neben der Bank ist ein kleiner Tisch mit einem Telefon, während an der Wand eine Uhr hängt, es ist dort zehn nach neun Uhr. Die Wände sind überwiegend blau, jedoch ist ein Teil der Wand, dort wo die Bank steht, weiß.

Dieser ist zusätzlich mit bunten Punkten bedeckt. Der Bodenbelag ist ausgestattet mit blauen und  weißen Fliesen. Alles in diesem Raum deutet auf ein Wartezimmer oder eine Wartehalle hin. Möglicherweise auch auf einen größeren Flur. Das Mädchen auf der Bank scheint um die acht oder neun Jahre zu sein. Sie hat mittellange braune Haare mit einem Pony, der ihr tief über die Augen hängt.

Sie trägt eine rosafarbene Strickjacke mit einer blauen Hose und braunen Halbschuhen, aus denen gelbe Socken hinausgucken. Das Mädchen guckt sehr gespannt auf den Spalt der Tür und scheint sehr erwartungsvoll zugucken. Vermutlich erwartet sie jemanden. Die Stimmung, die dieses Cover hervorruft, ist eher eine bedrückende, traurige. Die kühlen Farben sind nicht sehr kräftig.

Man hat das Gefühl, es ist ein sehr trostloses Buch, vermeintlich sogar weitgegriffen eine Gruselgeschichte. Blättert man nun eine Seite weiter, ist das Mädchen nochmals fokussiert auf einer Seite aufzufinden. Sie ist zentral auf der Seite und der Illustration zu sehen. Sie steht auf einer Wiese oder einem Platz, etwas weiter entfernt vor einem Haus. Ebenfalls sind im Hintergrund ein Zaun und zwei Bäume zu sehen.

Das Mädchen steht dort mit einem Kuscheltier in der Hand, wirkt alleingelassen. Dieses ist womöglich ein Hase, der ein Kleid an hat. Das Mädchen trägt eine Strickjacke und eine Hose, die gepunktet erscheinen. Durch den schwarz-weißen Druck sind keine Farben zu erkennen. Der Paratext dieses Buches ist „Sonntagskind“. Es gibt weder einen Untertitel, noch einen Hinweis auf die Gattung des Romans.

Es wird lediglich die Illustratorin genannt. Auf der nächsten Seite beginnt bereits der Fließtext. Es gibt keine Überschrift. Dieses nimmt eine gewisse Strukturierung des Buches und führt den Leser (bei diesem Substantiv werden im Folgenden immer Leser und Leserinnen zusammengefasst) ohne Vorwissen in das Geschehen.

Im Januar 2008 erschien vom „Carlsen“ Verlag eine Neuerscheinung. Diese ist als Taschenbuch mit einem neuen Bildcover veröffentlicht worden. Jene steht gewissermaßen in einem Kontrast mit dem älteren Bildcover. In diesem steht das Mädchen an einem Fenster und telefoniert. Ihr Kuscheltier sitzt neben ihr auf dem Boden und sieht ähnlich aus, wie das vorherige.

Der Boden ist grau-bräunlich und die Wände gelb gestreift. Betrachtet man den Himmel durch das Fenster scheint es ein schöner, freundlicher Frühlings- oder Sommertag zu sein. Der tiefblaue Himmel ist mit wenigen weißen Wolken geschmückt. Das Telefon, mit dem das Mädchen telefoniert, steht auf der Fensterbank, sowie ein Kaktus. Mit der anderen Hand hält sie den Knauf des Fensters fest, welches sie womöglich öffnen möchte.

Alles in allem erweckt dieses Cover eine weitaus fröhlichere Stimmung. Die Farben sind wärmer und kindgerechter. Auch die Schrift ist in bunten Buchstaben und in einer „verspielten“ Weise deutlich ansprechender. Diesmal erwartet das Mädchen nicht jemanden, sondern telefoniert bereits mit jemandem. Ihr Gesichtsausdruck wirkt fröhlich.

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Möglicherweise lockt ein solches Bildcover mehr interessierte Leser, vielleicht wirkt aber auch diese Stimmung authentischer zum darauf folgenden Text. An dieser Stelle ist der Paratext auch nur mit dem Titel „Sonntagskind“ gestaltet. Des Weiteren erhält man die Information, dass die Illustrierungen von Rotraut Susanne Berner erfolgten. Blättert man auch hier eine Seite weiter, bekommt der Leser einige Informationen über die Autorin Gudrun Mebs.

Daraufhin folgt erneut der Titel und Namen der Autorin, sowie der Illustratorin. Auch hier findet sich die bereits bekannte schwarz-weiß Illustration, die auch in dem Buch von 1984 erschien. Diese wurde vermutlich lediglich übernommen, da sie bereits den Ausdruck eines glücklichen, aber dennoch etwas vereinsamten Mädchens widerspiegelt. Eine weitere Seite informiert den Leser über Daten und Fakten des Verlags.

Anschließend beginnt auch hier die Geschichte ohne Überschrift.

Die Gattung des Buches ist in ein realistisches Kinderbuch bzw. ein psychologischer Kinderroman einzuordnen. Dieses Buch handelt von Kindern, die in einem Heim leben und dort ihre Kindheit verbringen. Im Bereich der Kinderliteratur ist es stilistisch, dass heißt es ist neutral, normal sprachlich, aber auch teilweise umgangssprachlich geschrieben, wie zum Beispiel „[…] weil`s halt so langweilig ist, sonntags im Heim.“ (S.5, Z.8 ).

Das Thema des Buches „Sonntagskind“ von Gudrun Mebs umfasst das Leben eines kleinen Mädchens, das in einem Heim lebt. Es erzählt in dem Erzählanfang, dass es das Sonntagskind ist, da es an einem Sonntag geboren wurde. Außerdem geht es im Weiteren um ihre Stimmung, weil es sonntags immer langweilig im Heim ist.

Sie erwähnt, dass sie gerne turnt und nicht so gerne in Schule geht, außer sonntags. Ferner erklärt sie, dass ihre Eltern sie weggeben haben, da anscheinend gewisse Umstände nicht geeignet waren, so wurde es ihr zumindest erzählt. In diesem Buch kommen zwei Themen vor. Zum einen das Ich- Thema und zum anderen das Du- Thema. Das Ich- Thema beinhaltet Fragen der Innenwelt und psychische Konflikte, was bereits zum Anfang sehr deutlich wird: „Sonntagskinder haben immer viel Glück, hab’ ich gehört.

Das kann ich aber nicht finden.“ (S.5, Z. 2).
Das Du- Thema bezieht sich auf die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt, also die Auseinandersetzung des Sonntagskindes mit seiner Umwelt.

Das Motiv der Autorin diese Geschichte aufzuschreiben, liegt womöglich daran, den Lesern einen Einblick in das Leben eines Heimkindes zu gewähren. Es ist fast unvorstellbar und nicht nachzuvollziehen, wie sich die Kinder dort fühlen. Besonders in so einer schwierigen Phase der Selbstfindung.

Die Hauptfigur ist unschwer erkennbar das Mädchen als Sonntagskind. Im Erzählanfang werden keine weiteren Figuren, außer den Eltern, erwähnt. Ob die Eltern im weiteren Verlauf noch eine Rolle spielen, ist unklar. Die bisherige Figurenkonstellation beschränkt sich demnach auf das Mädchen. Desweitern ist sie eine „runde“ Figur mit einer impliziten Charakterisierung.

Hinsichtlich der Modulation steht das Heim möglicherweise als ein Symbol der Langeweile oder eines traurigen Ortes, wie das Bildcover von 1984 bereits vermittelt. Das Kaufhaus oder der Akt des Spazierengehens symbolisieren eher einen gewissen Freiheitsstatus, denn hier kann das Mädchen nach anderen Leuten Ausschau halten und sich womöglich mehr entfalten.

Bezüglich der Quantität des Raums entdeckt man einerseits den gestimmten Raum und andererseits den Anschauungsraum. Der gestimmte Raum wird zu Beginn mit der Mitsicht der Gefühle gegeben. Das Mädchen befindet sich im Heim, dass eher bedrückend und dunkel, aber ihr sicher und vertraut ist. Der Raum der Schule wird erst negativ geschildert, doch im Zusammenhang mit dem Wochentag Sonntag, ist sie eher im positiveren Gefühlsniveau ersichtlich.

Dieses geht nach dem Motto „Lieber sonntags in die Schule als Langeweile“. Der Anschauungsraum wird ab Zeile 16 mit der Analepse (wird im Folgenden noch genauer geschildert) integriert. Dort erscheint das Kaufhaus oder Spazierengehen als Ort, an dem sie ihre Eltern gesucht hat. Dieses wird aus ihrer Perspektive erläutert und auch kommentiert „Ich war damals noch ziemlich dumm“ (S.5, Z.21).

Eine gewisse Ungenauigkeit besteht bei der Bestimmung der zeitlichen Situierung. Es kommen keine genauen Zeitangaben, der Leser weiß lediglich, dass sie schon sehr „lange“ im Heim ist. Ferner kann man das Alter des Mädchens nur schätzen, wenn man das Bildcover in Betracht zieht. Ein weiterer unzureichender Faktor ist die zeitliche Eingrenzung der Analepse.

Diese beginnt mit „Früher, als ich noch kleiner war […]“(S.5, Z. 17), das in diesem Fall auch nicht als Zeitpunkt genauer definiert ist. Es lässt sich nur spekulieren, dass es einer war, an den sich das Mädchen noch erinnern kann und daher vielleicht 2-3 Jahre zurückliegt. Auch ihr dazugehöriger Kommentar mit „damals“ deutet gewiss auf eine andere zeitliche Situierung, aber wie bereits erwähnt, kann diese nicht genau bestimmt werden.

Hierbei sind unterschiedliche Tages-, Jahres- und Uhrzeiten, aufgrund des Raumwechsels bedingt. Das Bildcover zeigt die Uhrzeit zehn nach neun, da man aber nicht weiß, ob das Mädchen momentan auf dieser Bank sitzt, ist diese Angabe auch hinfällig. Der Zeitpunkt, der vom Bildcover aufgegriffen ist, ist nicht ersichtlich und somit im weiteren Verlauf der Geschichte möglich.

1.1.2 Erzähler (Wer erzählt?)

Die Darstellung des Erzählens ist die explizite mit einem offenen Erzähler. Denn man weiß sofort die Lebensphase (Kindheit, weiblich), Beruf (Schüler), Familienstand (Kind, unbekannte Eltern) und ihre Vorliebe (Turnen). Erzählen findet in einer mündlichen Form statt, der Erzähler sagt alles offen und ehrlich.

So entsteht keine Distanz zum Leser. Im Weiteren ist eine ontologische Vereinbarkeit prüfbar mit einem homodiegetischen Erzähler. Denn dieser ist in diesem Roman ein Teil der erzählten Welt. Dennoch handelt es sich hier um den Sonderfall, der autodiegetischen Erzählung. Dies ist zurückzufolgern, auf den Titel „Sonntagkind“. Das Sonntagskind, die Hauptfigur, erscheint als Ich-Erzähler im ersten Satz.

Betrachtet man den Erzähler auf der Erzählebene, ist auf einen extradiegetischen Erzähler, den sogenannten primären Erzähler, zu schließen, da der Erzählanfang in der Rahmenerzählung spielt. Erst ab Zeile 20 beginnt eine Binnenerzählung, eine Retrospektive. Es ist ein zeitraffendes Erzählen. Die Darstellung des Adressaten ist ersichtlich offen, denn hier spielt sich eine klare Erzähler-Adressaten-Beziehung in der Diegesis ab.

Die mündliche Erzählweise bringt den Sender und Empfänger zur gleichen Zeit an den gleichen Ort.

1.1.3 Diskurs (Wie wird erzählt?)

Hinsichtlich der Erzählperspektive liegt hier die interne Fokalisierung vor. Der Leser erhält eine Mitsicht und der Erzähler ist auch die Figur. Des Weiteren handelt es sich um eine feste (auch fixierte) interne Fokalisierung, denn im „gesamte[n] Erzähltext […] beschränkt [sich] die epistemologische Position auf einer einzigen Figur“ (Lahn, Meister 2008, S.108).

Betrachtet man nun die ideologische Perspektive, stellt sich die Frage, ob an bestimmten Stellen auf die Figur oder doch eher auf die Erzählinstanz, den Narrator, verwiesen wird. In dem gewählten Erzählanfang ist jedoch nur die moralische bzw. philosophische Sicht der Figur herauszustellen. Dies zeigt der Satz: „Das finde ich ungerecht.“ (S.5, Z.16) am Ende des Abschnittes.

Somit kann der Monolog auch schon in der Vergangenheit gewesen sein und nun nochmal ins Gedächtnis gerufen worden sein. Die klare zeitliche Abgrenzung ist in diesem Fall nicht möglich, da zu wenig Informationen und hinweisende Wörter vorliegen. Wie bereits erwähnt, findet die Erzählerrede im diegetischen Modus statt, da durch die Vermittlungsinstanz eher zusammenfassend erzählt wird.

Die Figurenrede dagegen, ist innerhalb der äußeren Rede (den Mündlichen Äußerungen) zum einen in der transponierten Rede, als auch in der zitierten zu finden. Die indirekte transponierte Rede wird mit einem „verba credendi“, einem Verb, welches die Sinneswahrnehmung eingrenzt, geleitet. In Zeile 2 befindet sich das Verb „gehört“, dass hierfür das entscheidende Merkmal ist.

An dieser Stelle ist der Satz im genomischen Präsens. Dagegen ist die zitierte Figurenrede in Zeile 12 zu sehen. In dem vorhergegangen Satz, wird das Verb „gesagt“, ein „Verbum dicendi“, genutzt. Dieses bezieht sich auch auf die zitierte Rede, die in diesem Fall autonome direkte Rede, auch erlebte Rede genannt wird. Auch die transponierte Gedankenrede ist in Zeile 14 in diesem Abschnitt vertreten.

Im Weiteren wird die Zeitkorrelation zwischen Diskurs und Geschichte geprüft. Die Ordnung ist im Grundsätzlichen die Linearisierung oder auch chronisches Erzählen, die Ereignisse werden nacheinander erzählt. Ab Zeile 16 beginnt eine Analepse, die beginnt deutlich mit dem Einleitungswort „Früher“. Diese erfolgt bis Zeile 20. Hier erfolgt ein Sprung zurück, eine Bewertung über ihr damaliges Verhalten.

Anschließend verfällt sie wieder in eine Analepse, die nun nicht genauer ausführt wird, da hier die Begrenzung des Erzählanfangs vorliegt.

Betrachtet man als die nächste Sequenz die Dauer, ist eine deutliche Zeitraffung wahrzunehmen. Die erzählte Zeit ist wesentlich größer als die Erzählzeit. Als einzige zeitliche Komponente gibt der Erzähler die Aussage „Ich bin schon lange im Heim“ (S.5, Z.9).Die Figur erzählt ihr Leben extrem kurz gefasst auf ein bis zwei Seiten.

Die Frequenz des Abschnittes ist ein singulatives Erzählen, jedoch sind einige Sätze enthalten, die auf das iterative Erzählen verweisen. So ist zum Beispiel die Aussage „Sonntags ist es nämlich ziemlich langweilig im Heim“ (S.5, Z.3) nur einmal erzählt worden, dennoch war der Figur schon öfters sonntags langweilig.

Hinsichtlich der Rezeptionsästhetischen Wirkungen ist lediglich erkennbar, dass die Informationsweitergabe von der Figur zu dem Leser authentisch und ehrlich erscheint. Der Leser weiß demnach genauso viel wie die Figur selbst. Jedoch wird Spannung und Neugier hier ganz klar gegeben. Die mündliche Erzählweise, die Pausen und Gedanken lassen den Leser nah an das Geschehen, der immer mehr wissen möchte, warum das Kind im Heim ist und warum die Eltern es weggegeben haben.

Auch eine deutliche Sympathielenkung hinsichtlich der Hauptfigur ist erkennbar, denn eine Identifizierung mit dieser ist möglich. Eine Metanarration ist nicht gegeben, denn es findet keine Selbstbeschreibung des Erzählers statt. Überdies ist die Zuverlässigkeit des Erzählens bis zu einem bestimmten Punkt gegeben. Generell scheinen die Aussagen der Figur zuverlässig zu sein, jedoch hinsichtlich des Aspekts mit den Eltern etwas subjektiv.

Möglicherweise liegt hier eine Form der evaluativen Unzuverlässigkeit vor, denn sie kennt die genauen Umstände und Beweggründe der Eltern nicht. Sie zieht voreilig Schlussfolgerungen und urteilt somit rasch, indem sie sagt „sie haben mich einfach nicht behalten wollen“ (S.5, Z.15). Sie vernachlässigt dabei, andere Perspektiven, zum Beispiel die, eines unglücklichen Versterbens der Eltern.

1.2 Handlungsanalyse

Der Kinderroman „Sonntagskind“ beginnt auf Seite 5 ohne einen Vorspann oder Titel. Der Leser wird recht unstrukturiert mit in diese Geschichte genommen. Nach dem Lesen der ersten Zeilen wird erstmals nur eine Figur wahrgenommen, die des Sonntagskindes. Dieses erzählt dem virtuellen Leser seine Gedanken. Es befindet sich in einem Heim und erläutert sein Verhältnis zu den Eltern, beziehungsweise, dass ihm erzählt wurde, dass seine Eltern es wegen gewisser Umstände nicht behalten konnten.

Das Kind ist ein Mädchen, erschließbar durch das Mädchen auf dem Cover und der Bemerkung, dass ihre Eltern wohl „lieber einen Jungen“ hätten (S.5, Z.16). Das Cover, die schulischen Umstände und die wohnliche Situation geben bekannt, dass es sich um ein Kind und nicht einen Erwachsenen handelt. Unvermeidlich erkennbar ist es der Mittelpunkt des Erzählens. Zumal das Mädchen das Sonntagskind ist, das der Titel beherbergt, zum anderen ist es aus ihrer Sicht geschildert.

Mit dem ersten Satz wird dem Ich-Erzähler ein exklusives Rederecht zugetragen, so heißt gleich der erste Satz „Ich bin ein Sonntagskind“ (S.5, Z.1).

Die meisten Menschen wachsen bei ihren Eltern auf und haben ein meist gutes Verhältnis zu ihnen. Bei schwierigen Verhältnissen können die Kinder ab einem gewissen Alter ausziehen und diese Beziehung einstellen. Im Normalfall geschieht dieses alles aus eigenständigem Willen. Diese Wahl haben Waisenkinder nicht. Sie werden meist als Babys oder Kleinkinder in einem Heim abgeben und wissen in der Regel nicht genauer, warum die Eltern sie nicht behalten haben wollen.

Diese Unwissenheit führt häufig zu Selbstzweifeln, wie auch bei dem Mädchen, das denkt, ihre Eltern hätten lieber einen Jungen. Solche Selbstzweifel oder auch Minderwertigkeitskomplexe sind Gefühle, die viele Menschen nachvollziehen können oder gar selbst erlebt haben. Das Textmodell „Heim“ ist sehr stark übertragbar in ein Weltmodell, da wie bereits erwähnt, viele Menschen diese Gefühle verstehen können oder erlebt haben.

Auch der typische Eindruck von einem trostlosen, langweiligen Heim ist durchaus in den Köpfen der Menschen vertreten und somit ist die Anschauung des Sonntagskindes nicht fragwürdig, sondern auf jeden Fall vertretbar und nachvollziehbar.

Dies ist keineswegs fiktional. Jedoch ist es sowohl möglich, dass dieses explizite Heim entweder ausgedacht ist oder tatsächlich irgendwo existiert.

Am Ende von diesem Erzählanfang sind einige Fragestellungen hinsichtlich der Vollständigkeit und der Neugier übrig geblieben. So stellen sich zum Beispiel die Fragen:

·        Wo befindet sich das Mädchen? Sitzt es auf der Bank, wie das Cover es zeigt?

·        Sind andere Menschen bei ihr? Oder ist sie ganz alleine?

·        Was ist tatsächlich passiert, dass ihre Eltern sie weggeben mussten?

·        Hat der Titel „Sonntagskind“ nur Bezug auf ihren Geburtstag oder spielt diese Bedeutung noch in einer anderen Hinsicht eine Rolle?

·        Ist der Eindruck eines bedrückenden Heims fälschlich?

·        Ist die Langeweile bei allen Kindern im Heim vorhanden? Oder weiß nur sie „nichts mit sich anzufangen“?

1.3 Darstellungsanalyse

Der virtuelle Leser ist der Rezipient in der Erzählung von den Gedanken des Mädchens. Die verwendete Zeitform „Präsens“ bringt den Leser zeitgleich mit ins Geschehen und könnte neben dem Mädchen sitzen, die ihm gerade die Geschichte erzählen möchte. Lediglich in der Beschreibung der Vergangenheitsaspekten rutscht der Erzähler in die Form des Präteritums, dieses zeigt deutlich, dass es vergänglich ist, was ihr passiert ist und das sie daraus gelernt hat.

Sie ist etwas betrübt, da ihr sonntags immer langweilig ist und ihre Eltern sie weggeben haben. Sie ist dieser Situation unfreiwillig ausgesetzt und kann nichts dagegen unternehmen. Ihre Schilderung lässt die ganze Situation eher negativ erscheinen und ruft eine abwertende Atmosphäre hervor. Dieses zeigt sich gleich zu Beginn, da sie nicht finden kann, dass sie Glück hat (S.5, Z.2 f.). Allgemein scheint sie eher unzufrieden und unglücklich mit ihrer derzeitigen Situation zu sein.

Der Leser ist dem Sprecher in seinen Gedanken sehr nah und lässt somit auch eine leichtere Identifizierung mit der Hauptfigur zu. Der Leser würde an ihrer Stelle womöglich dasselbe empfinden. Das Erzählen liegt in einer mündlichen Form vor, so dass dem Leser dieses als eine Begegnung einer Person vorkommt.

Es entsteht der Eindruck einer Sprechsituation. Die Hauptfigur als Erzähler, der Leser als Zuhörer in einem Gespräch. Die Mündlichkeit dieser Geschichte wird durch abbrechende Hauptsätze, und einzelne Nebensätze ersichtlich. Außerdem wird die gesprochene Sprache auch durch Modalpartikel (auch Abtönungspartikel) kenntlich, beispielweise durch „irgendwas“ (S.5, Z. 12), „halt“ (S.5, Z. 18) und „vielleicht“ (S.5, Z. 15).

Zum anderen ist Gudrun Mebs früh ausgezogen und mit einer Theatergruppe um die Welt gereist. Möglicherweise hatte sie zu diesem Zeitpunkt Heimweh nach ihren Eltern oder gegenteilig gesehen, sie war froh, endlich selbstständig zu sein. Beides ist auf die Gefühlswelt des Sonntagskindes zu beziehen, die einerseits gerne Eltern hätte, andererseits damit abgeschlossen hat nach ihnen zu suchen (S.5, Z.21 f.).

Es lässt sich nur darüber mutmaßen, ob die Autorin allgemein die Verhältnisse im Heim, sowie deren nicht vorhandene Eltern-Kind-Beziehungen, als Anliegen fokussieren wollte. Oder, ob sie ein Kind beleuchten möchte, dass ohne elterliche Beziehung aufwachsen kann. Anderenfalls könnte das Sonntagskind im weiteren Verlauf die Zuneigung, Geborgenheit und Vertrautheit gar von anderen Menschen, die zum Beispiel es adoptieren, erhalten.

Die Aufklärung dieser Fragestellung ist gegebenenfalls nur in Bezug mit dem weiteren Text lösbar.

Der Roman bietet hinsichtlich vieler offener Fragen einen Einstieg „in media res“, also mitten in die Dinge. Der neugierige Leser möchte weiterhin erfahren, was es mit dem Sonntagskind auf sich hat und, ob es seine Eltern oder andere Erziehungsberechtigte findet, die sich um sie kümmern wollen. Voraussichtlich bietet dieser Anfang einen Einstieg in die Erzählsituation mit einem anschließenden Handlungsraum.

Quellen & Links

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