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Interpretation

Gottfried Keller - Spiegel das Kätzchen (2010)

2.007 Wörter / ~6 Seiten sternsternsternsternstern_0.5 Autor Cornelia L. im Jan. 2011
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Interpretation
Literaturwissenschaft

Analyse Spiegel Das Kätzchen

Universität, Schule

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

Note, Lehrer, Jahr

2009

Autor / Copyright
Cornelia L. ©
Metadaten
Preis 5.25
Format: pdf
Größe: 0.19 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.5
ID# 3756







Keller, Gottfried (1969): „Spiegel, das Kätzchen. Ein Märchen“ Stuttgart: Reclam


Diese Novelle aus dem Jahr 1856 des Schweizer Dichters Gottfried Keller ist Teil der Novellensammlung „Die Leute von Seldwyla“. Sie trägt den Untertitel Ein Märchen und spielt im späten Mittelalter.

Die Novelle erzählt die vorgeblich wahre Geschichte über Entstehung des Sprichwortes „der Katze den Schmer abkaufen“, was soviel bedeuten soll wie “…einen schlechten Handel gemacht“ zu haben. Die vordergründig sehr einfache und stringente Handlung über die Erlebnisse eines sprechenden Katers stellt sich beim Lesen als überaus hintergründig und pointiert heraus.

Besonders gut gefällt mir, dass Kellers kritische Ausführungen immer wieder durch satirische Elemente gebrochen werden.

Ich habe dieses Buch gewählt weil der von mir geschätzte Comic-Zeichner und Autor Walter Moers diese Novelle bearbeitet und als Fantasy Roman im Jahre 2007 unter dem Titel „Der Schrecksenmeister – ein kulinarisches Märchen“ herausgebracht hat. Meinem Geschmack entsprach dieses Buch zwar nicht, es machte mir jedoch Appetit auf das „Original“.

Nach meiner Interpretation ist die Novelle von Gottfried Keller eine phantasievolle und gesellschaftskritische Persiflage über die materielle Ausrichtung unseres Lebens und die verdeckte Macht, die Geld auf unseren Verstand, unsere Persönlichkeit, unsere Gefühle und nicht zuletzt auf unsere Moral ausübt.


Gleich zu Beginn der Erzählung wird der Protagonist der Handlung, ein Kater mit dem bedeutungsvollen Namen Spiegel charakterisiert. Seine Persönlichkeit zeichnet sich durch Mäßigung, Vernunft und Klugheit, gepaart mit Leidenschaft, Vergnüglichkeit und Pfiffigkeit aus. Damit spiegelt er wohl in sozialkritischer Absicht die Ideale der damaligen postaufgeklärten Gesellschaft.

In dem idealisierten Ausmaß jedoch, in dem der Kater all diese Eigenschaften erfüllt zeigt sich für mich der satirische Umgang mit den Werten und Normen der damaligen bürgerlichen Gesellschaft. Kontrapunkte wie seine kleine (T)rolligkeit zweimal im Jahr darf man dann bei so viel Lauterkeit als „…)wohltätige Abwechslung“ bezeichnen.

Der Tod seiner Herrin lässt Spiegel nicht nur allein und herrenlos, sondern auch ohne Versorgung zurück. Ohne Heim und ohne Nahrung wandelt sich nicht nur sein Schicksal, sondern auch zunehmend sein Charakter und er wird „… gierig, kriechend und feig…“seine „…Vernunft und Philosophie waren dahin.“. Hier beschreibt Keller wie der Spielraum der Moral und die Entfaltung der Persönlichkeit an menschenwürdige, die wesentlichen Grundbedürfnisse stillende Lebensbedingungen gebunden ist.

Schlechte sozialökonomische Bedingungen und ein Mangel an Befriedigung von existentiellen Bedürfnissen führen also nicht nur zu einer Einschränkung des seelischen Wohlbefindens, sondern in weiterer Folge auch zu einer Deformierung der Persönlichkeit. In welchem Ausmaß dies für uns Menschen zutrifft zeigt sich immer wieder in den Zuständen, die in den Armut- und Krisengebieten .....[Volltext lesen]

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Er ist voller Widersprüche, verbrennt die Hexen ist aber selbst ein Hexer, macht das Wetter und die Bauernregeln dazu auch. Schein ist ihm wichtiger als Sein – und er versucht sein Wertesystem auch Anderen überzustülpen. So glaubt er, Spiegel mit einer künstlich erschaffenen Scheinwelt aus Bäumen mit gebratenen Vögeln und Seen mit frischer Milch und gebratenen Fischen binden zu können.

Geblendet durch Besitzdenken und Gier geht Pineiß eine lebenslange Verbindung mit der Hexe ein, obwohl ihm das Kätzchen einen Spiegel in Form einer Geschichte über die gescheiterte große Liebe seiner Herrin vorhält. Der habgierige Pineiß jedoch erkennt sich und sein von Begehrlichkeit und Maßlosigkeit motiviertes Verhalten in der Geschichte nicht wieder sondern sieht nur den materiellen Gewinn und stürzt sich haltlos in „… ein erbärmliches Leben“ um an die Mitgift einer Frau zu gelangen.

Sein vermeintliches Glück durch die Heirat mit einer schönen Frau schlägt um - die Frau entpuppt sich als unattraktive Hexe und die Ehe wird zur lebenslangen Folter.

Pineiß geht also, metaphorisch gesehen eine „Ehe“ mit dem Geld ein und diese Verbindung wird zur lebenslangen Qual. Anstatt sein Leben durch Liebe, Leidenschaft und Glück zu bereichern, vergiftet er es durch Habgier und Eigennutz. Pineiß wird vom Besitzstreben versklavt - nicht er besitzt den Besitz, sondern der Besitz besitzt ihn.

Auch die einzige große Liebe der Herrin scheitert an dem Konflikt zwischen Liebe und Geld. Sie erliegt dem Misstrauen, dass sie keiner um ihrer selbst willen liebt und wird von Ängsten geplagt, nur wegen ihrer Mitgift geliebt zu werden. Sie unterstellt ihr eigenes Wertesystem auch ihren Mitmenschen und vermutet dadurch bei ihren Werbern unlautere, materielle Motive.

Wie wichtig ihr Besitz ist, offenbart sich als sie vom Tod ihres Geliebten erfährt: Bezeichnenderweise liegt sie zu diesem Zeitpunkt gerade mit seinem Geld im Bett. Vorher belügt sie ihren Geliebten in einer geradezu abartigen Weise um in ihren Augen sicherzustellen, dass der Geliebte nicht hinter ihrem Geld sondern hinter ihrem Rockzipfel her ist. In der Erzählung zieht daraufhin der mit weniger Habgier gesegnete, aber mit gebrochenem Herzen zurückgelassene Geliebte den heldenhaften (Frei)Tod im Krieg vor.

Und auch hier kein Happyend: Die Herrin erholt sich von dieser Tragödie nicht mehr, bleibt in ihrem Ich und ihrem Weltbild gefangen und .....

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Ich glaube im „nicht zur Last fallen“ und „Maß halten“ liegt der Schlüssel für eine weitere Zukunft der Menschheit, sodass auch uns nachkommende Generationen einen gesunden und nicht völlig ausgebeuteten Erdball und also eine Lebensgrundlage vorfinden könnten. Wie wertvoll die Mäßigkeit als Lebensprinzip sein kann, zeigte sich über Jahrhunderte beispielsweise in der Kultur der amerikanischen Ureinwohner.

Der tief in ihrem Denken verwurzelte Respekt zur Natur und ein Mitdenken der nachfolgenden Generationen in ihren Handlungen verbot ihnen, sich von der „Mutter Erde“ mehr zu nehmen als sie im Moment brauchten. So wurden Tiere von den Indianern nur bei Bedarf gejagt und dann auch „mit Haut und Haaren“ verwertet. Erst durch das Eintreffen und die Geldgier der Zivilisierten aus Europa hielt die Habsucht und Maßlosigkeit Einzug und es wurden bekannterweise nicht nur ganze Bisonherden, sondern auch die meisten Indianerstämme abgeschlachtet.

Ein Frevel an unserer Natur, der in der heutigen Zeit in vielfältiger Weise und in anderen Ausprägungen, aber in ungleich schlimmerem Ausmaß passiert. Heute verbrauchen 20 Prozent der Bevölkerung 80 Prozent der Ressourcen unserer gemeinsamen Erde - unsere kapitalistische Zivilisation ist nicht auf Genügsamkeit sondern auf Ausbeutung aufgebaut.

Wir fallen der Erde zur Last indem wir sie mit unseren Abgasen vergiften, ihre Meere zumüllen und leerfischen und ihre Rohstoffe in rasantem Tempo verbrauchen. Wenn wir diesen Lebensstil beibehalten brauchen wir schon in ein paar Jahrzehnten einen zweiten Planeten. Gerade in unserer heutigen Zeit ist also Zurückhaltung und Bescheidenheit ein vordringliches Thema, wenn wir nicht unsere Lebensgrundlagen restlos zerstören wollen.

Rücksichtsloses Streben nach Besitz führt dazu, sich persönlich bereichern zu wollen und schließt dadurch soziale Komponenten, wie beispielsweise den Willen und das Bedürfnis zu Teilen, so gut wie aus. Spiegel und die Eule hingegen verbünden sich um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Sie wollen die Hexe fangen um sich dadurch jeweils selbst zu befreien.

In dem Märchen gehen Pineiß und die alte Jungfer, die Personen also, die dem Besitz mehr zugetan sind als der Liebe, in sti.....

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Klassisch-romantische Liebesbeziehungen von ewig in lauterem Glück miteinander Verbundenen sucht man in Kellers Erzählung vergebens. Nur der Kater ist mit seinem Liebesleben zufrieden, gibt seinen Trieben „… in verliebter Begeisterung“, doch zurückhaltend nach, und frönt dem Junggesellendasein. So wie es eben in der Natur der Katze liegt.

Ob die Natur des Menschen damit vergleichbar ist - darüber lässt uns Keller im Unklaren. Keller lässt aber in der Erzählung an der Ehe kein gutes Haar. Jedenfalls scheint auch Pineiß vor seiner Ehe ein angenehmeres Dasein wie danach geführt zu haben.

Das stark von kirchlichen Idealen geprägte Frauenbild der damaligen Zeit offenbart sich für mich in der Begine und Hexe, der braven, frömmelnden Heiligen bei Tag und der jungen, schönen, splitternackten Hexe bei Nacht: “… wie Gott die Weiber geschaffen und der Teufel sie gerne sieht“. Ihre schneeweißen Vorhänge bei Tag und ihr schwarzer, verruchter Hinterhof bei Nacht lassen die Ambivalenz des damaligen Frauenbildes, oder zumindest das von Keller, erahnen.

Die Bedeutung des Sprichwortes „der Katze den Schmer abkaufen“ wird am Schluß dann auch erweitert auf „… wenn einer eine böse und widerwärtige Frau erhandelt hat.“.


Dass Spiegel, das Kätzchen am Ende seinen Kopf durch die kluge List einer erfundenen Geschichte aus der Schlinge zieht, ist für mich ein Ausdruck seiner Anstrengungen, die von Einfühlungsvermögen und Realitätsverbundenheit geprägt sind. Er verkauft sich in einem Zustand großer existentieller Not und kauft sich am Ende, unter günstigeren materiellen Voraussetzungen wieder zu seinen ursprünglichen Werten findend, wieder frei.


Wer ohne Begehren ist sieht das Innere

Wer voll Begehren ist sieht nur das Äußere

Lǎozǐ: .....

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