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Aufsatz
Politik

Universität Innsbruck

2, Martin Senn, 2017

Philipp V. ©
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ID# 71752







Gezieltes Töten – effektiv, aber moralisch bedenklich .

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Wörteranzahl: 1874


Abstract

Schon seit mehr als ein Jahrzehnt ist das Töten von Terroristen mithilfe von ferngesteuerten Drohnen ein heikles Thema in der internationalen Politik. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Probleme des gezielten Tötens aufzuzeigen. Weiters, wurde auf mögliche Handlungsoptionen herangegangen und mit einer argumentierten Handlungsempfehlung abgeschlossen. Folgende drei Handlungsoptionen wurden beschrieben: Zum einen gibt es die Option, sich der Problematik des „Targeted Killings“ zu enthalten und überlässt den anderen Staaten die volle Handlungsmacht, zum anderen kann man das militärische Vorgehen Amerikas unterstützen und sich somit selbst beteiligen.

Eine weitere Handlungsalternative bzw. Handlungsempfehlung in diesem Fall wäre, dass stellt sich auf die Seite des Gegners stellt. Dabei sollen die Handlungen von Amerika einer schärferen Kontrolle unterliegen und unrechtmäßige Angriffe rechtlich verfolgt werden.


I) Einleitung

Im November des Jahres 2002 wurde ein Auto, welches in einem abgelegenen Teil Jemens auf der Durchreise war, von einer Rakete getroffen und zerstört. Alle sechs Autoinsassen, die als Mitglieder der Terrororganisation Al-Quaida verdächtigt wurden, starben. Dieser Angriff der USA war der erste gegen das Netzwerk Osama bin Ladens seit dem 11. September 2011.1

Dieser Angriff in Jemen geschah zwei Jahre nachdem Israel ein Konzept für „targeted killing“ verabschiedet hat, das sich gegen palästinische Terroristen richtet. 2 Der Auslöser für dieses Vorgehen war der Angriff auf den Anführer der politischen Partei „Fatah“ Hussein Abayat. Durch diesen Angriff setzten die Israelis Ausrufezeichen mit der Absicht, gegenüber den Militanten der „Fatah“ die Initiative ergreifen zu wollen.3 Weitere Angriffe folgten, bei denen auch Zivilisten ums Leben kamen oder verletzt wurden.4

Öffentlich zu diesen Praktiken äußerte sich die Regierung Israels erst nachdem im Herbst 2000 die zweite Intifada begann. Seitdem zählt diese Vorgehensweise zur israelischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Inoffiziell hat Israel jedoch auch schon in den 70ern immer wieder Terroristen gesucht und getötet.5

Doch nicht nur Israel übt eine institutionalisierte Politik Gezielter Tötungen aus, sondern auch Russland und insbesondere die USA.

Die Vereinigten Staaten von Amerika nahmen das Gezielte Töten - nachdem der ehemalige Präsident George W. Bush dies erstmalig als legitim angesehen hat - in ihrem Repertoire auf, um so die Verantwortlichen für den Terroranschlag vom 11. September 2001 gezielt zu verfolgen und zu töten. Diese umstrittene Praxis wurde, sowohl im Rahmen von Kampfhandlungen in Afghanistan und im Irak, als auch bei der Terrorismusbekämpfung in Pakistan, Jemen und Somalia, vom Pentagon und der CIA in den letzten Jahren häufiger angewandt.

Nachdem im Jahr 2009 Barack Obama das Amt übernommen hat, hat die Regierung das gezielte Töten vorangetrieben. Dabei ist vor allem die Zahl der Drohnenangriffe auf Al-Qaida und die Taliban angestiegen, und es gab auch mehr sogenannte „Kill/Capture“-Missionen.6

Die erfolgreiche Exekution Osama bin Ladens im Mai 20117 zeigt, dass diese Art von Praxis effektiv sein kann. Jedoch wird trotz einiger Erfolgserlebnisse diese Art des Tötens von vielen international und auch innerhalb der USA8 kritisiert. Sowohl völkerrechtliche9 Probleme als auch moralische Probleme10 rechtfertigen die kritischen Meinungen über das gezielten Töten.

Das Ziel dieses Policy Briefs ist es, Probleme zu erläutern, welche durch die Ausübung von „Targeted Killings“ entstehen. Des weiteren, werden mögliche Handlungsoptionen skizziert und bewertet. Im Anschluss werden die wesentlichen Inhalte nochmals zusammengefasst wiedergegeben und schlussendlich gibt es eine begründete Handlungsempfehlung.


II) Hauptteil

Aus völkerrechtlicher Sicht gibt es zwei Problembereiche, mit dem die Praktiken des gezielten Tötens konfrontiert werden muss: Das erste Problem würde entstehen, wenn man Personen tötet, die sich im Ausland befinden. Dadurch würde man Souveränitätsrechte des Landes, in der sich die Person befand, verletzen und zugleich verstieße man gegen das Verbot zwischenstaatlicher Gewaltanwendung von der UN-Charta.

Ein weiteres Problem wäre, dass man der Person das Recht auf Leben nimmt. Daher ist es wichtig, dass geprüft wird, angesichts der oben angeführten Problempunkten, ob aus völkerrechtlicher Sicht das gezielte Töten legal ist oder nicht.11

Die Regierung Afghanistans befürwortet diese Regelung beispielsweise, während das Bündnis der USA und Pakistan deutlich komplizierter erscheint, da sich das pakistanische Parlament und die Regierung häufig gegen solche Antiterroraktionen der USA stellen.12

Auch wenn ein Staat das Problem mit der Souveränitätsverletzung gelöst hat, kann er dennoch Gefahr laufen, das humanitäre Völkerrecht zu verletzen. Das humanitäre Völkerrecht dient „zum Schutz des Individuums gegen staatliche Maßnahmen“.13

Eine kleine Besonderheit liefert das sogenannte „Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta“. Das anfangs als Abwehr gegen staatliche Angriffe verstandene Recht, wurde nach den Ereignissen vom 11. September 2001 etwas weiterentwickelt und erteilt den USA eine besondere Ermächtigung. Da sich die USA immer noch im Konflikt mit den Terroristen befindet (Al-Quaida greift USA immer noch an), ist es ihnen durch das gegebene Selbstverteidigungsrechts erlaubt, militärisch dagegen zu kämpfen.

Der zweite Problembereich beinhaltet das im Völkerrecht verankerte Schutz des Individuums. Sollte es zu einer militärischen Auseinandersetzung kommen, so haben Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht Vorrang, sofern keine spezielle Vereinbarung getroffen wurde. Das humanitäre Völkerrecht soll beim Waffenkonflikt die humanitären Bedürfnisse und die militärischen Interessen vereinbaren.

Das bedeutet, wenn in einem bewaffneten Konflikt Personen gezielt getötet werden, die sich aber selbst am Kampf beteiligt haben, dann hat das nach humanitärem Völkerrecht geringe Konsequenzen. Handelt es sich hingegen um tödliche Gewalt bei Polizeieinsätzen, werden diese „nach Menschenrechtsstandards beurteilt“. Um das gezielte Töten zu rechtfertigen, behaupten die USA deshalb, dass sie immer noch einen militärischen Konflikt gegen den Terroristen führen. 15

Und obwohl der noch damalige Präsident der USA Barak Obama behauptet hat, Drohnenangriffe nur dann auszuführen, wenn eine immer wiederkehrende Bedrohung vorhanden ist und auch nur dort, wo sich keine Zivilisten befinden.17 Auch wenn die Zahl der getöteten Zivilisten anfangs klein gehalten war, bestätigt ein Bericht des Amtes, dass weitaus mehr unschuldige Zivilisten in den Tod getrieben wurden.

Demnach war während der Amtszeit die Zahl der zivilen Opfer zehnmal so hoch, als sie es während der „Bush-Regierung“ war.18


III) Handlungsmöglichkeiten

Da dieses gezielte Töten durchgehend ein aktuelles Thema für die internationale Politik darstellt, stellt sich nun die Frage, welchen Weg Österreich einschlagen könnte. Möglich wäre, entweder diese Praktiken zu unterstützen, dagegen zu sein oder einfach gar nichts dazu beitragen.

Die zweite Möglichkeit wäre, dass sich Österreich gegen die Art der Ausübung von Drohnenangriffen stellt. Auch wenn diese Kampfmethode weiterhin bestehen bleibt, könnte Österreich forcieren, dass das Völkerrecht, das humanitäre Recht sowie das internationale Menschenrechtsgesetz beim Kampf gegen Terrorismus streng respektiert wird. Das Selbstverteidigungsrecht, welches von den USA immer wieder als Rechtfertigung von Drohnenangriffen „missbraucht“ worden ist, soll strengere Auflagen beinhalten und zu seiner ursprünglichen Anwendung zurückkehren – d.h. Abwehr gegen staatliche Angriffe .

Den USA soll es daher nicht mehr möglich sein, allein durch das Selbstverteidigungsrecht, das Souveränitätsprinzip und das Gewaltverbots nach Artikel 2 Ziffer 4 der UN-Charta zu verletzen. Zusätzlich sollte unrechtmäßigen Drohnenangriffen, angemessene und unabhängige Ermittlungen folgen, wobei die Opfer solcher Angriffe, Zugang zu wirksamen Rechtsbehelfen haben.

Als letzte Option bleibt, dass das gezielte Töten befürwortet und zur Weiterentwicklung forciert wird. Um weiterhin an neuen Technologien arbeiten zu können, spielen die Finazen natürlich eine große Rolle. Man könnte sich einsetzen, die Budgetkosten zu erhöhen, um so neue und bessere Drohen zu bauen. Man muss bedenken, dass bei Drohnenangriffen keine zivilen Opfer von Seiten der Angreifer fallen und dass Drohnen auch Schutz für Soldaten bei regulären Kämpfen gewährleistet. Österreich könnte den Amerikanern auch Stützpunkte zur Verfügung stellen, von denen aus die Drohnenattacken gesteuert werden können.


IV) Zusammenfassung/Handlungsempfehlung

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Praktizieren vom gezielten Töten seit dem 11. September 2001 richtig ins Spiel gebracht wurde und wahrscheinlich auch in Zukunft ein großes Thema darstellen wird. Auch wenn die Ausübung von Drohnenangriffen einige Erfolge mit sich brachte, zum Beispiel die erfolgreiche Exekution Osama bin Ladens, darf man die Zahl der im Kampf unbeteiligten Zivilisten, die bei diesen Angriffen getötet worden sind, nicht vergessen.

Welche Position soll nun Österreich diesbezüglich einnehmen? Die Antwort sollte auf der Hand liegen – Österreich soll sich gegen diesen militärischen Angriff stellen. Dafür kann man folgende Gründe in Betracht ziehen:

- Drohnenangriffe - vor allem wenn sie weit verbreitet sind – bedeuten, dass die angreifende Seite keine Haut mehr im Spiel hat. Infolgedessen können diese Angriffe eine wichtige Einschränkung des Krieges beseitigen. Kriege oder militärische Abenteuer können häufiger werden, da sie auf der Seite des Angreifers in menschlicher Hinsicht weniger kostspielig werden.

- Wenn man die Gleichwertigkeit dem normalen Töten in der Kriegszeit angibt, sind Drohnenbetreiber, die gewöhnlich weit entfernt vom Schlachtfeld und in der Nähe von Wohngebieten im Heimatland liegen, legitime Ziele für Vergeltungsmaßnahmen. Ironischerweise können Drohnenangriffe daher Terroranschläge begünstigen.

In diesem Fall sind normale Gerichtsverfahren angemessener, was Verhaftung und Gerichtsverfahren bedeutet und nur dann tötet, wenn eine Festnahme unmöglich ist und eine Bedrohung bevorsteht.

- Die Entscheidung, zu töten, wenn man Angst hat, bedeutet, auf die Möglichkeit zu verzichten, das Ziel vor Gericht zu stellen und der Welt zu zeigen, wie ein zivilisiertes Land mit Bedrohungen umgeht. Es gibt die gegenteilige Botschaft, dass Gewalt die angemessene Form der Verteidigung und Vergeltung ist.

- Ein weiterer Argument, dass sich gegen das Einsetzen von Drohnenangriffen lehnt, ist, dass die Drohnenangriffe oft die Souveränität anderer Länder verletzen und einen gefährlichen Präzedenzfall setzen. Zusätzlich öffnet der Mangel an Transparenz die Tür zum Missbrauch, ebenso wie die Ansicht, dass eine unmittelbare Bedrohung nicht erforderlich ist.




Meyerstein, Ariel. 2003. “Case Study: The Israeli Strike against Hamas Leader Salah Shehadeh”. Crimes of War Project.


Internetverzeichnis


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Foust, Joshua. 2012. “Targeted Killing, Pro and Con: What to Make of U.S. Drone Strikes in Pakistan”. The Atlantic. Zugriff: 20. November 2017.


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Rudolf, Peter und Schaller, Christian. 2012. “Targeted Killing”. SWP. Zugriff: 19. November 2017.


1  CNN. 2002. “U.S. kills Cole suspect”. CNN.com. Zugriff: 19. November 2017.

2 David, Steven R 2002. “Israel’ Policy of Targeted Killing”. PennLaw. Zugriff: 19. November 2017.

3 Phips, Alan. 2000. “Israeli rocket kills Fatah militant”. The Telegraph. Zugriff: 19. November 2017.

5 Rudolf, Peter und Schaller, Christian. 2012. “Targeted Killing”. SWP. Zugriff: 19. November 2017.

6 Masters, Jonathan. 2013. “Targeted Killings”. Council on Foreign Relations. Zugriff: 19. November 2017.

7 Masters, Jonathan. 2013. “Targeted Killings”. Council on Foreign Relations. Zugriff: 19. November 2017.

8 Ignatius, David. 2011. “The price of becoming addicted to drones”. The Washington Post. Zugriff: 19. November 2017.

9 Rudolf, Peter und Schaller, Christian. 2012. “Targeted Killing”. SWP. Zugriff: 19. November 2017.

10 Bachmann, Sascha Dominik. 2013. “Targeted Killings: Contemporary Challenges, Risks and Opportunities”. Journal of Conflict & Security Law. Zugriff: 19. November 2017.


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