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Zusammenfassung

Gesell­schaft und schu­li­sche Erziehung im 19. Jahr­hun­dert

1.752 Wörter / ~5 Seiten sternsternsternsternstern_0.2 Autorin Jule S. im Mrz. 2015
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Zusammenfassung
Deutsch

Universität, Schule

Universität Bremen

Note, Lehrer, Jahr

2008

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Jule S. ©
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Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.2
ID# 46184







Gesellschaft und Erziehung im 19. Jahrhundert

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war geprägt von der Industrialisierung und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Umbrüchen. Durch den wissenschaftlichen und den technischen Fortschritt konnte die wirtschaftliche Fabrikation von Gütern rationalisiert und die Produktionen gesteigert werden.

Zudem erfolgte eine zunehmende Verstädterung im Inland, da immer mehr Menschen von den Dörfern und Gemeinden in Richtung der zunehmend wachsenden industriellen Zentren wanderten, um dort Arbeit zu finden.1888 wurde Wilhelm II. deutscher Kaiser. Er betrieb eine imperialistische Außenpolitik, nach innen regierte er als autoritärer Monarch.1 Die Herrschaftszeit Wilhelm II., die auch „Wilhelminismus“ genannt wird, war gekennzeichnet durch einen Militarismus, der bis in die Denk- und Verhaltensweisen der damaligen Gesellschaft reichte.2 Da die Reichsgründung dem Erfolg der Armeen zuzuschreiben war, spielte das Militär im neuen Kaiserreich eine herausragende Rolle.

Die Allgemeine Wehrpflicht wurde dazu genutzt die jungen Männer im Sinne des Staates militärisch und politisch zu erziehen. Der Uniformträger wurde zum Leitbild der Gesellschaft.3 Der militärische Grundsatz: „Befehl und Gehorsam“ herrschte auch in Familie, Schule und Arbeitsleben vor, wo Disziplin, Leistung und Anstrengung gefordert wurde.

Neben diesem Leistungsgedanken stellt die repressive Sexualethik einen weiteren Bestandteil der bürgerlichen Moralvorstellung in der wilhelminischen Ära dar.


Familiäre Erziehung und Sexualität

Das 19. Jahrhundert war geprägt von einer Tabuisierung und Verdrängung jeglicher Sexualität und Körperlichkeit. Die Idealvorstellung dieser Zeit bestand in einer „Einheit von Sexualität, Ehe, Liebe und Fortpflanzung“4. Das bedeutete, dass jegliche Form von Sexualität, die nicht dieser Einheit entsprach, bekämpft wurde.

Dies betraf die vor- und außereheliche Sexualität, ebenso wie Prostitution und Selbstbefriedigung. Stefan Zweig beschreibt diese Zeit als ein Jahrhundert, das „die Sexualität als ein anarchisches und darum störendes Element [empfand], das sich nicht in ihre Ethik eingliedern ließ und das man nicht am lichten Tage schalten lassen dürfe, weil jede Form einer außerehelichen Liebe dem bürgerlichen ‚Anstand’ widersprach“5.

Zudem war die Sexualität, die keine Fortpflanzung versprach, wie zum Beispiel Homosexualität und Geschlechtsverkehr vor bzw. nach dem Alter der Fruchtbarkeit, verpönt und ein „Zeichen sittlicher Verderbtheit“6. Nach und nach wurde Sexualität schließlich mit Fortpflanzung gleichgesetzt, der Aspekt der Lust wurde dabei völlig verschwiegen.7 Diese Tatsache zeigt sich auch in den bereits beschriebenen Zensurvorschriften für das Drama Frühlings Erwachen, die den Austausch des Wortes „Beischlaf“ durch „Fortpf.....[Volltext lesen]

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Die Erziehung von Mädchen und Jungen unterschied sich gemäß der herrschenden Geschlechterrollen. Das Erziehungsideal der Jungen beruhte darauf, die Jugendlichen mithilfe körperlicher Anstrengung von sexuellen Aktivitäten abzulenken. So empfiehlt Meyers großes Konversations-Lexikon aus dem Jahr 1913 „Sport, Abhärtung, kalte Brausebäder, hartes Lager, vernünftige, reizlose Kost, vor allem Abstinenz von Alkohol, ferner gesunde Lektüre, [und] geistige Trainierung zur Willensstärke [als] die wichtigsten Hilfsmittel“12.

Auch die Erziehung der jungen Mädchen durch die Mütter war darauf bedacht diese durch Beschäftigung von verderblichen Gedanken abzulenken: „Sie mußten Klavier üben und Singen und Zeichnen und fremde Sprachen und Kunstgeschichte und Literaturgeschichte lernen, man bildete sie und überbildete sie.“13 Gleichzeitig wurde jedoch dafür gesorgt, dass sie über alles Geschlechtliche ahnungslos blieben bis sie in den Stand der Ehe eintraten.

So empfahlen pädagogische Werke aus der damaligen Zeit den Eltern ihre Töchter so lange wie möglich glauben zu lassen, „ein Engel bringe der Mutter die kleinen Kinder“14. Die Mädchen wurden dazu erzogen ihre seelische und körperliche Reinheit und kindliche Unschuld so lange wie möglich zu bewahren:


Wohl dem Mädchen, deren Seele eine reine Kinderseele bleiben darf, bis sie in den Ehestand tritt, sie wird in spätern Jahren, wenn ihre Einsicht gewachsen, die Mutter segnen, welche nicht bloß über die Reinheit ihres Lebensgangs, sondern auch über die Reinheit ihrer Gedanken gewacht.“15


Die elterliche Erziehung der Kinder in Bezug auf die Sexualität erscheint aus der heutigen Sicht völlig lebensfremd, zudem trug auch die Schule nicht zur sexuellen Aufklärung bei.


Schulische Erziehung

Die Industrialisierung um 1850 hatte eine soziale Umschichtung der Gesellschaft zur Folge. Neben dem Bildungsbürgertum entwickelte sich ein neuer Mittelstand aus betrieblichen Angestellten und Beamten. Diese Entwicklung führte zu einem starken Konkurrenzkampf im Bildungswesen.

Das Bildungsbürgertum, das seine führende Rolle eingebüßt hatte, war darauf bedacht den sozialen Status durch die Bildung der Kinder zu sichern. Der gesellschaftliche Leistungsgedanke reichte auf diese Weise bis in die Schule hinein. Durch den Bevölkerungszuwachs kam es zu einer hohen Schülerdichte, sodass sowohl in den Dörfern als auch in den Städten bis zu 100 Schüler auf einen Lehrer kamen.16 Dadurch wurde die Selektion in den Schulen verschärft und der Leistungsdruck auf die Kinder stieg.17

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Diese Aussage zeigt allzu deutlich, dass die Schule neben der Familie eine Institution darstellte, die „Ein- und Unterordnung, Respekt, Vaterlandsliebe und Opferbereitschaft“19 vermitteln sollte. Sie erzog die jungen Menschen ganz im Sinne des Obrigkeitsstaates zu Untertanen.

So erinnert sich auch Stefan Zweig in seiner Biographie an die Erziehung in der Schule:

Wir sollten vor allem erzogen werden, überall Bestehendes als das Vollkommene zu respektieren, die Meinung des Lehrers als unfehlbar, das Wort des Vaters als unwidersprechlich, die Einrichtungen des Staates als die absolut und in alle Ewigkeit gültigen.“20


Die Schüler wurden nicht zum eigenständigen Denken erzogen. Sie sollten nicht an den Gegebenheiten zweifeln, geschweige denn diese kritisieren. Damit einher geht die Tatsache, dass die jungen Menschen in der Schule nicht lernten, sondern im wahrsten Sinne des Wortes „paukten“.

Die Schule wurde zu einer „Exerzieranstalt für Lernwissen“21. Mithilfe von systematischer Wiederholung wurde Wissen geradezu eingetrichtert. Es wurde gelernt „nicht um des Lebens willen, sondern um des Lernens willen“22. Dass dies nicht erst eine Erkenntnis der heutigen Zeit ist, zeigt auch ein Artikel namens „Der Selbstmord und dessen Vorbeugung“23 aus dem Jahre 1881, der im Aargauischen Wochenblatt ungefähr einen Monat nach den Selbstmorden der Schüler Rotner, Rüetschli und Oberli erscheint.

In diesem Artikel wird die Schulmethodik ganz offensichtlich kritisiert und als Auslöser für die Selbstmorde .....

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Ihre wahre Mission im Sinne der Zeit war nicht so sehr, uns vorwärtszubringen als uns zurückzuhalten, nicht uns innerlich auszuformen, sondern dem geordneten Gefüge möglichst widerstandslos einzupassen, nicht unsere Energie zu steigern, sondern sie zu disziplinieren und zu nivellieren.“29


Dies galt in besonderem auch für die Sexualerziehung. Wie bereits im vorhergehenden Kapitel angedeutet, trug auch die Institution Schule nicht zur sexuellen Aufklärung der Jugend bei. Im Jahre 1918 erschien zwar eine Sexualethik durch den Theologen Gustav von Rohden, die an höheren Schulen als Grundlage des Religionsunterrichts diente.

Diese vermittelte jedoch keine aufklärerischen Gedanken, sondern hatte vielmehr eine politische Funktion inne. Sexualität wurde mithilfe der Institution Schule als abermaliges Indoktrinierungsinstrument zur Staatssache:


Fordert die geschlechtliche Erziehung und Selbsterziehung Opfer – nun wohl, es gilt auch hier das allgemeine Beste, es gilt die leibliche und sittliche Gesundheit des Nachwuchses und der noch Ungeborenen, es gilt also des Vaterlandes Glück und Zukunft. Wir können gegenüber der haßerfüllten Feindseligkeit der Gegner unsern Bestand nur erhalten durch äußerstes Sparen und Sammeln aller unserer sittlichen Kraft.

Jede leichtsinnige Vergeudung wird jetzt zum Vaterlandsverrat. Darin liegt die fruchtbare ntwortung. Ist die Sünde der Leute Verderben, und insbesondere nach Ausweis der Geschichte die Unzucht ganzer Völker Ruin, so haben wir die klare Weisung: Nur die strengste Straffung der Nerven, nur die sicherste Disziplinierung des Trieblebens, nur die gründlichste Durchgeistigung des Naturhaften kann unserem deutschen Volke seinen Bestand in dem fortgesetzten Völkerkampfe gewährleisten.“30


An dieser Stelle wird erneut die von der Gesellschaft geforderte Triebunterdrückung deutlich. Sexualität wurde, wenn überhaupt, nur im Sinne der Fortpflanzung geduldet. Alles, was darüber hinaus ging, galt der Sexualethik zufolge als Vergeudung der Kräfte, die für kriegerische Aktivitäten d.....

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10 Zweig, Die Welt von Gestern, S. 88.

11 Vgl. Peter Gay: Erziehung der Sinne. Sexualität im bürgerlichen Zeitalter. München 1986, S. 303ff.

12 Meyers großes Konversationslexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens, Bd. 24. Leipzig/Wien 1913, S. 854f.

13 Zweig, Die Welt von Gestern, S. 98.

14 Karl von Raumer: Geschichte der Pädagogik. Vom Wiederaufblühen klassischer Studien bis auf unsere Zeit. Bd. 3. Gütersloh 1880, S. 389f.

15 Von Raumer, Geschichte der Pädagogik, S. 389.

16 Vgl. Jürgen Kocka (Hrsg): Handbuch der deutschen Geschichte. Das Kaiserreich 1871-1914. Industriegesellschaft, bürgerliche Kultur und autoritärer Staat, Bd. 16. Stuttgart 2003, S. 153.

17 Vgl. Roth, Frank Wedekind: „Frühlings Erwachen“, S. 107.

18 Roth, Frank Wedekind: „Frühlings Erwachen“, S. 122.

19 Kocka, Handbuch der deutschen Geschichte, S. 153.

20 Zweig, Die Welt von Gestern, S. 51.

21 Kocka, Handbuch der Geschichte, S. 153.

22 Zweig, Die .....

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