Kapitel 1 - Gegenstand und Methoden der BWL
Gegenstand
der Betriebswirtschaftslehre sind Entscheidungen von Individuen, soweit sie die
Erzielung von Einkommen sowie die Verringerung der Unsicherheit darüber
betreffen. Eine wichtige Gruppe von Entscheidungen sind diejenigen über
Koordination der Entscheidung mehrerer Individuen.
Nach dem
Untersuchungsprogramm der Institutionenökonomik lassen
sich Individuen von ihren eigenen Einkommenszielen leiten.
Bei der Koordination von Entscheidungen mehrerer
Individuen muss davon ausgegangen werden, dass Transaktionskosten im weitesten
Sinne (also Marktunvollkommenheiten) die Koordination erschweren.
Die
bestehenden Handlungsmöglichkeiten sollen so genutzt werden, dass die Ziele der
handelnden Individuen bestmöglich erreicht werden.
ð Menschliches Handeln kann nur insofern
Gegenstand der BWL sein, als dass ihm Entscheidungen vorausgehen.
Entscheidungen
haben stets einen Zukunftsbezug.
Aufgrund der generellen Unsicherheit sind die Entscheidungsfolgen unsicher.
Demnach muss planvolles Handeln auch der Dimension der Unsicherheit Rechnung
tragen.
ð
In der Regel
bedeutet dies, dass es Kennzeichen wirtschaftlichen Handelns ist,
Unsicherheiten zu verringern.
ð
Das Interesse an
der Verringerung von Unsicherheiten äußert sich darin, dass unter sonst
gleichen Bedingungen (d.h. bei einem festen durchschnittlichen Erfolg) ein
geringeres Risiko dem höheren Risiko vorgezogen wird. Dies ist kein Widerspruch
dazu, dass ohne Risiken kaum wirtschaftlicher Erfolg erzielt werden kann.
Instituitionenökonomische
Überlegungen sind
häufig dadurch gekennzeichnet, dass zuerst nach möglichen Problemen („Fehlanreizen“) gesucht wird, die entstehen
könnten, wenn nicht geeignete Vereinbarungen (Sicherungsmaßnahmen) zwischen
Individuen („Institutionen“ dazu zählen Gesetze, Verträge, stillschweigende
Übereinkünfte etc.) dies verhindern.
Ausgangspunkt
der Institutionenökonomik ist die Vorstellung, das Individuen bestrebt sind,
ihre Bedürfnisse bestmöglich zu befriedigen
ð Optimierung des
Einkommensstroms
Die Frage,
wie in Hierarchien, die grundsätzlich auf dem Weisungsprinzip aufbauen,
gesichert werden kann, dass den Weisungen Folge geleistet wird, stellt ein
wesentliches Thema der BWL dar. Es muss stets damit gerechnet werden, dass eine
handelnde Person ihre eigenen Interessen verfolgt. Allein die Existenz von Vorschriften,
seinen sie gesetzlich oder vertraglich, sagen noch nichts über deren Beachtung
aus.
ð Vertragsbrüche zu
Gunsten der eigenen Bedürfnisse.
Das Rationalprinzip erweist sich als das zentrale
ökonomische Basiswerturteil, aus dem fast alle weiteren Aussagen abgeleitet
werden, nämlich dass die Verschwendung von Ressourcen stets vermieden werden
soll.
Das
Rationalprinzip verlangt, ein vorgegebenes Ziel mit dem geringsten
Mitteleinsatz zu erreichen (Minimumprinzip) oder mit einem vorgegebenen
Mitteleinsatz eine möglichst weitgehende Zielerreichung zu bewirken
(Maximumprinzip).
ð
Die Forderung, mit
den geringsten Mitteln eine möglichst weitgehende Zielerreichung zu erlangen,
ist unsinnig, weil sie nicht in eine operationale Handlungsanweisung umgesetzt
werden kann.
Beispiel: Ein Leichtathlet soll ich einer
möglichst kurzen Zeit eine möglichst weite Strecke zurücklegen.
Das
Rationalprinzip lässt sich sowohl normativ als auch positiv interpretieren:
Normative
Aussagen bestehen in
Handlungsvorschriften, in Empfehlungen, mit welchen Mitteln ein bestimmtes Ziel
am besten erreicht werden kann.
Positive
Aussagen erklären
beobachtbare Sachverhalte und sind empirisch widerlegbar.
Fraglich ist,
ob auch positive betriebswirtschaftliche Aussagen stets mit dem Rationalprinzip
vereinbar sein müssen. Den Blickwinkel ausschließlich auf rationales Verhalten
zu verengen hätte zur Folge, dass weite Bereiche des tatsächlichen Verhaltens
von Menschen in Betrieben nicht erklärt würden.
ð
Menschen handeln
nicht immer rational (Handeln aus Gewohnheit, Emotionen oder Bequemlichkeit
heraus.
o
Wirtschaften ist
auf die rationale Verwendung von Einsatzgütern gerichtet, jedoch wäre die
Beschränkung des Erkenntnisgegenstandes auf rationales Verhalten unzweckmäßig.
Positive Theorien, die ein im Bezug auf das Rationalprinzip widersprüchliches
Verhalten untersuche, sind durchaus ebenfalls Teil der BWL.
Wirtschaftseinheit: Es ist offen, aus wie vielen Menschen
die Einheit besteht. Für den Fall, dass mehrere Menschen beteiligt sind, wird
angenommen, dass eine einheitliche Verhaltenswiese und bei entsprechend
planvollen Handeln auch eine einheitliche Interessenlage gegeben sind.
Es kann nicht
ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die einzelnen Menschen sich an den
Interessen der Wirtschaftseinheit orientieren, Vielmehr werden sie das
Gruppeninteresse nur dann verfolgen wenn es mit ihrem individuellen Interesse
vereinbar ist.
Der Aufbau eines Betriebs ist das Ergebnis von
Entscheidungen durch Menschen. Demnach versuchen Individuen über Betriebe ihre
eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
Die
Erstellung und der Absatz von materiellen oder immateriellen Gütern machen die
konkrete Ausprägung der betrieblichen Tätigkeit aus.
ð Sie beschreiben, auf welche Weise die
Einkommenserzielung erfolgt.
Betriebliche
Tätigkeiten sind nach
dem ökonomischen Prinzip (Rationalprinzip) so zu gestalten, dass es nicht zu
einer Verschwendung von Gütern kommt.
Die
maßgebliche Form der Einkommenserzielung ist die Verwertung von Gütern auf
Märkten, v.a. durch Verkauf oder Tausch.
ð
Wirtschaften
in Betrieben ist
nicht nur durch Entscheidungen gekennzeichnet, sondern der Aspekt des Austauschs
von Gütern und Leistungen kommt fast immer hinzu.
o
Entscheidungen
müssen daher koordiniert werden.
Koordination: Es ist notwendig, dass alle Parteien
mit der Kooperation zumindest nicht schlechter dastehen, als ohne sie. Außerdem
müssen Leistung und Gegenleistung der Parteien präzisiert werden. Diese
Aufgaben werden als Koordination bezeichnet. Ein einfacher
Koordinationsmechanismus ist der Preis für Güter, also deren
Austauschverhältnis.
Die
Aussagen über Fehlanreize dürfen nicht als Beschreibung der Welt missverstanden
werden; sie dienen dazu, empirisch beobachtbare Institutionen als sinnvolle
Antworten darauf zu interpretieren und Vorschläge für sinnvolle Gestaltung von
Institutionen zu machen.
Elementare
Überlegungen über unterschiedliche Ressourcenausstattungen und
Spezialisierungsvorteile führen zu der Erkenntnis, dass die Verfolgung der
individuellen Ziele durch Kooperationen mit anderen Individuen gefördert wird.
ð
Kooperation
setzt voraus, dass
die Verfolgung der eigenen Ziele soweit eingeschränkt wird, dass es auch für
einen Kooperationspartner lohnend ist, zum gemeinsamen Erfolg beizutragen.
ð
Die Partner haben
also ein teilweise übereinstimmendes Interesse, nämlich das Gelingen des
Projekts.
Kooperation
steht daher für jede
Form des gemeinsamen Handelns mehrerer Individuen. Die am wenigsten intensive
Form der Kooperation besteht im Austausch von Gütern; eine stärkere
gegenseitige Abhängigkeit besteht zum Beispiel in einer langfristig gültigen
Vereinbarung über die gemeinsame Gütererstellung.
ð Dies heißt nicht, dass
Kooperationspartner ihre eigenen individuellen Ziele einem gemeinsamen Ziel
unterordnen.
Teilweise
unterscheiden sich die Interessen der Kooperationspartner:
-
Im Bezug auf die
Aufteilung des gemeinsam erwirtschafteten Einkommenstroms
-
Im Bezug auf die
Aufbringung der erforderlichen Einsatzgüter
Die
Gefahr des Scheiterns besteht, weil die Verfolgung eigener Interessen innerhalb
einer Partnerschaft häufig den Gesamterfolg verringert.
ð Die Suche nach Arrangements zur
Sicherung gemeinsamer Kooperationsvorteile macht den Hauptgegenstand der Institutionenökonomik
und einen wesentlichen Teil der BWL aus.
Es
wird daher überprüft, welche Verhaltensweisen (Fehlanreize)
den gemeinsamen Erfolg gefährden können, wenn keinerlei Sicherungsmaßnahmen
getroffen werden.
ð
Es
wird nach der Ursache für denkbare Probleme gesucht, wobei diese häufig im
Opportunsmus begründet ist.
Erst anschließend werden geeignete Institutionen benannt welche die Probleme
verringern oder beseitigen sollen.
ð
Ergebnis solcher
Überlegungen ist eine Welt, in der jedes Individuum seine eigenen Interessen
konsequent durchzusetzen versucht, auch unter Zuhilfenahme von Betrug,
Täuschung, Arglist und dergleichen.
ð
Das Wissen über
teilweise voneinander abweichenden Interessen erzeugt die Bereitschaft, die
jeweiligen Handlungsspielräume von vornherein einzuschränken, die Bereitschaft
also, sich an solche Verhaltensweisen zu binden, die dem Gemeinwohl dienen.
Den
Entscheidungsträgern wird Opportunismus unterstellt, eine spezifische Form
eigennützigen Verhaltens, das auch die bewusste Schädigung Dritter oder einen
Regelverstoß einschließt, wenn dies den eigenen Nutzen fördert.
ð Ein eigennütziger, aber nicht
opportunistischer Entscheidungsträger, wird sich dagegen unbedingt an
gesetzliche oder private Vereinbarungen halten, aus dann, wenn sie den eigenen
Interessen zuwiderlaufen.
Beispiel: Wer Steuersparmodelle in Ostdeutschland in Anspruch nimmt,
handelt eigennützig (regelkonform), wer jedoch sein Geldvermögen ins Ausland
transferiert und Zinserträge nicht deklariert handelt opportunistisch.
ð
Es ist notwendig,
dass alle Parteien mit der Kooperation nicht schlechter dastehen als ohne sie.
Außerdem müssen Leistung und Gegenleistung der Parteien präzisiert werden.
o
Diese Aufgaben
werden als Koordination bezeichnet.
§
Ein einfacher
Koordinationsmechanismus ist der Preis für Güter, also deren
Austauschverhältnis.
§
Eine weitere Form
der Koordination sind Weisungen
Es
wird in der BWL nicht unterstellt, dass alle Menschen ihren Eigennutz über
alles stellen oder dass bestimmte Menschen dies stets tun. Maßgeblich ist leidglich, dass ein
wirtschaftlich handelnder Akteur ohne weiteres nie ganz sicher sein kann, dass
der jeweilige Geschäftspartner sich tatsächlich am gesamten Kooperationsgewinn
orientiert und nicht nur an seinem eigenen Anteil.
In
einem Vertrag werden alle Vereinbarungen zusammengefasst, die Individuen im
Rahmen ihrer Kooperation schließen.
Implizite
Verträge sind Vereinbarungen,
die vor Gericht nicht durchgesetzt werden können. Derartige Vereinbarungen
erfordern, dass die Vertragspartner freiwillig die Absprachen einhalten.
Untersuchungsziel der Institutionenökonomik ist die
Erklärung und Gestaltung vertraglicher, institutioneller oder gesetzlicher
Regelungen zu Sicherung möglicher, aber gefährdeter Kooperationsvorteile.
Konstituierende
Merkmale der Institutionenökonomik
sind eigennütziges Verhalten, eine asymmetrische Informationsverteilung
zwischen kooperierenden Individuen und die Untersuchung von Institutionen zur
Sicherung gefährdeter Kooperationsvorteile.
Die BWL
ist keine reine, sondern eine Anwendungsorientierte Wissenschaft. Deshalb
stehen zwei Formen von Theorien im Mittelpunkt der BWL: Deskriptive (erklärende oder positive) Theorien zur Erklärung
beobachtbarer Sachverhalte und normative Theorien zur zielgerichteten
Gestaltung von Sachverhalten.
Deskriptive/positive
Theorien: Es sind
Gesetzmäßigkeiten zu finden, die bei einem vorgegebenen Rahmen von Bedingungen
eine bestimmte Folgerung zulassen. Die Folgerung kann z.B. aus einer Bedingung
und einer Gesetzmäßigkeit abgeleitet werden. Wesentlich ist, dass eine solche
Behauptung nicht nur aufgestellt wird, sondern durch eine gedankliche
Konstruktion oder einem empirischen Befund gestützt wird.
Realitätsbezug
gewinnt das Erkenntnisziel einer Wissenschaft auch dadurch, dass durch die
gewonnenen Erkenntnisse die Möglichkeiten zur Umsetzung im Rahmen des
praktischen Wirtschaftsziels verbessert werden.
ð Das praktische Wirtschaftsziel
ist, Beiträge zur zielgerichteten Gestaltung von Sachverhalten zu liefern. Dies bedeutet auf die BWL bezogen:
Dies
bedeutet, es sind Handlungsempfehlungen zu formulieren, wie Entscheidungen zu
treffen sind, wenn Menschen ein Einkommen erzielen, steigern oder die Unsicherheit
darüber verringern wollen. Theorien mit diesem Ziel bezeichnet man als normative oder präskriptive Theorien. Es ist
zu unterscheiden zwischen praktisch-normativen und bekennend-normativen
(ethnisch-normative) Theorien.
Praktisch-normative
Theorien, machen
lediglich Aussagen darüber, durch welche Entscheidungen das vorgegebene Ziel am
besten erreich werden. Aus diesen Aussagen lässt sich eine Handlungsempfehlung ableiten. Ein solcher
theoretischer Satz macht jedoch keine Aussage darüber, die Handlungsempfehlung
tatsächlich zweckmäßig ist. Praktisch-normative Theorien machen auch keine
Aussage darüber, ob die Handlungsempfehlung eine nach irgendwelchen
allgemeingültigen ethnischen Grundwerten eine zu befürwortende Zielsetzung für
Menschen ist.
-
Dies ist
Gegenstand der bekennend-normativen Theorie.
Beurteilung der Zielsetzung für menschliches Handeln.
ð
Aber: Über die
Grundwerte fließen Werturteile in die Theorie ein, die einer wissenschaftlichen
Analyse nur schwer zugänglich sind.
Die Kritik
der bekennend-ethnischen Theorie an der Konzeption der Betriebswirtschaftslehre
wird dadurch erwidert, dass im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften vor allem
ökonomische Werturteile verwendet werden sollten, insbesondere die Forderung
nach Vermeidung jeder Verschwendung (Rationalprinzip).
ð Im Wesentlichen werden
also deskriptive und normative Theorien einander gegenüber gestellt.
In beiden
Fällen sind ergänzende Messtheorien heranzuziehen. Inwieweit auch Theorien zur
„richtigen“ Zielsetzung Gegenstand der BWL sind, ist umstritten.
Die
Messung des Periodenerfolgs erfordert eine eigene Theorie, eine messende oder
metrisierende Theorie.
Kognitives
Ziel einer Wissenschaft:
Das Wissen um Erfahrungs- und Erkenntnisgegenstand soll vermehrt werden.
ð Es wird ein Erkenntnisfortschritt
angestrebt.
Im
Zusammenhang mit deskriptiven oder positiven Theorien werden häufig Aussagen
der Form „wenn-dann“ gemacht.
ð
Es sollen
Gesetzmäßigkeiten gefunden werden, die bei einem vorgegebenen Rahmen von
Bedingungen eine bestimmte Folgerung zulassen.
o
Es geht also um
die Erklärung von individuellen, die Einkommenserzielung betreffenden
Entscheidungen.
Aus der
Tatsache, dass die BWL eine anwendungsorientierte Wissenschaft ist, folgt
nicht, dass sie auf eine Abstraktion möglichst verzichten sollte. Im Gegenteil
liegt jeder realen Entscheidung ein Modell zugrunde. Aufgabe der BWL ist es,
die unterstellten Vereinfachungen offenzulegen, Aussagen über sinnvolle
Vereinfachungen zu machen und auf deren Basis logisch konsistente Folgerungen abzuleiten.
Insbesondere für den letztgenannten Punkt bietet die mathematische
Entscheidungslogik den adäquaten Rahmen.
ð
Die erklärenden
Ansätze sollten einen Bezug zur Realität haben. Realitätsbezug lässt sich am
ehesten durch Formulierung empirisch überprüfbarer Aussagen herstellen, was die
Möglichkeit zur Falsifizierung impliziert.
Abstraktion und Praxisbezug:
ð
Modelle sind
erforderlich, um den Erkenntnisstand über betriebswirtschaftliche Probleme
voranzutreiben. Dies trägt dazu bei, verbesserte Handlungsempfehlungen im
Rahmen normativer Ansätze geben zu können.
ð
Wenn die
Verwendung von Modellen deutlich macht, dass sich zahlreiche Probleme auf
dasselbe Grundmuster zurückführen lassen, erweisen sie sich als überaus
praxisnah. Dadurch ist es möglich, leichter betriebswirtschaftlich relevante
Erkenntnisse zu gewinnen.
ð
Zusammenhänge
deren verbale Darstellung schwierig, zeitraubend und missverständlich wäre,
lassen sich in der Sprache der Mathematik kurz, klar und einfach wiedergeben.