Gedichtsanalyse:
Morgensonett – Andreas Gryphius
Das Sonett
„Morgensonett“, verfasst von Andreas Gryphius (1616 – 1664),
thematisiert den schönen Schein des Diesseits sowie die Vertröstung
der Seele auf das Jenseits und ihrer Ewigkeit im Himmel.
Die ersten zwei
Strophen thematisieren das Ende der Nacht und den Anbruch des Tages.
Das lyrische Subjekt beschreibt die Auswirkungen des Tagesanbruchs
auf die Welt. Die Zeichen der Nacht - Sterne, Mond und die Dunkelheit
- verblassen und die Morgenröte und Strahlen der Sonne erhellen die
Erde. Das Licht der Sonne erleuchtet alles und jeden, der sich ihr
beugt. Das Leben dieser Welt sehnt sich nach dem wärmenden Licht der
Sonne. Diese erleuchtet jeden, der sich ihr beugt. In den Strophen 3
und 4 spricht das lyrische Subjekt direkt an die Sonne. Die Person
bittet sie um ihr stärkendes Licht, welches alle Betrübnis
vertreibt und ihr Gemüt und Vertrauen stärkt. In der letzten
Strophe weist das lyrische Ich die Sonne auf ihre Dienste hin und
erwünscht im Gegenzug nach ihrem Ableben die ewige Sicht auf die
Sonne und ihr Licht.
Bei dem Gedicht
„Morgensonett“ handelt es sich um ein Sonett in der Epoche des
Barock, denn es weist die typisch feststehende Struktur eines Sonetts
auf, da das Gedicht aus zwei vierzeiligen Strophen und zwei
dreizeiligen Strophen besteht. Das Sonett ist in 4 Strophen
gegliedert. Die ersten zwei Strophen umfassen jeweils vier Verse und
sind somit Quartette. Die anderen zwei Strophen umfassen jeweils drei
Verse und sind somit Terzette.
Die Quartette weisen
einen umschließenden Reim auf (vgl. Z. 1-4). Das Reimschema ist
somit a b b a. Die Terzette hingegen weisen einen Schweifreim auf
(vgl. Z. 9-14). Das Reimschema der Terzette ist somit a a b c c b.
Das Gedicht
„Morgensonett“ ist in Alexandrinern verfasst, da alle Verse
sechshebige Jamben sind und immer nach der sechsten Silbe eine
deutliche Zäsur folgt, die den Vers in zwei
Halbverse gliedert, welche inhaltlich zum Teil gegensätzlich bzw.
parallel sind (vgl. Z.2). Die zwei Halbverse „Diane steht erblasst;
die Morgenröte lacht“ werden durch eine Zäsur voneinander
getrennt und beschreiben eine parallele Handlung.
Des Weiteren hat das
Sonett sowohl männliche als auch weibliche Kadenzen. Dabei sind die
Verse 1,4,5,8,11 und 14 dreizehnsilbig und haben weibliche Kadenzen.
Die übrigen Verse sind zwölfsilbig und haben männliche Kadenzen.
Das Sonett enthält
viele Zäsuren und Enjambements. Die Zäsuren in Form von Kommata,
Semikola, Punkten und Ausrufezeichen sind meist am Ende eines Verses
oder in der Mitte, um zwei inhaltlich gegensätzlich oder parallel
verlaufende Halbverse zu trennen.
Zahlreiche Enjambements
sind aufzufinden. Diese sind im Hakenstil verfasst, wie
beispielsweise in den Zeilen 2-4:
„[..] die Morgenröte
lacht
Den grauen Himmel an;
der sanfte Wind erwacht
Und reizt das
Federvolk, den neuen Tag zu grüßen.“
Hier wird deutlich,
dass die Sinneinheit in der nächsten Zeile fortgeführt wird und die
Zeilensprünge verkettet sind.
Versanfänge und Nomen
sind immer großgeschrieben. Die Begriffe „ewig“ und „Licht“
haben eine zentrale Rolle im Sonett. Sie sind jeweils im 1. Vers und
im letzten Vers aufzufinden. Ebenfalls liegt überwiegend ein
hypotaktischer Satzbau vor, denn es werden Satzgefüge
aneinandergereiht. Auffällig sind die zahlreichen Satzzeichen, die
von Gryphius verwendet worden sind und als Zäsuren dienen.
In dem Sonett
„Morgenröte“ sind zahlreiche unterschiedliche sprachliche
Stilmittel aufzuweisen.
Besonders auffällig
sind die vielen Chiasmen, die durch Semikola getrennt und deutlich
werden (vgl. Z.2). Diese Überkreuzung gestattet dem Leser einen
detaillierteren Einblick in die beschriebene Welt. In Zeile 14 „Dass
ich dich, meine Sonn, mein Licht, mög ewig schauen!“ ist eine
Paranthese aufzufinden, die durch Kommata getrennt ist. Dieser
Einschub erweckt etwas Mächtiges. Auch sind viele Präfixe im Sonett
vorhanden (Z. 1 „verschließen“
oder Z. 10 „betrübt“).
Auch ist ein Imperativ in Zeile 11 gegeben. Das lyrische Ich fordert
das Licht dazu auf es zu stärken und neu zu beleben.
Metaphorische
Stilmittel sind ebenfalls gegeben. So steht der Begriff „Sonne“
oder „Licht“ für die Gestalt Gottes. Gott ist derjenige, der den
Menschen die Erleuchtung gibt und alle Schmerzen und trüben Gedanken
vertreibt. Das Licht oder die Sonne ist demnach eine Allegorie für
das Göttliche. Eine weitere Allegorie ist die Personifikation der
Göttin Diane, welche den abstrakten Begriff „Mond“ verkörpert.
Eine Personifikation ist außerdem in der 1.Zeile zu finden, da
Sterne nicht in der Lage sind, willkürlich ihr Licht zu
verschließen, sowie in der Zeile 2, da Morgenröten nicht lachen
können.
Des Weiteren sind
verschiedene rhetorische Stilmittel aufzuweisen. In Zeile 10 ist der
Neologismus „Schmerzen-Finsternis“ gegeben. Dieser verdeutlicht
die tiefe Trauer des lyrischen Ichs ohne die wärmenden Strahlen der
Sonne. Eine Synekdoche ist ebenfalls in der Zeile 4 zu finden. Der
Begriff „Federvolk“ steht hierbei für die Familie der Vögel. In
Zeile 2 ist außerdem ein Onomatopoetikum aufzuweisen.
Mit
Bezug auf meine Eingangsthese kann ich mit Sicherheit sagen, dass das
Sonett „Morgensonett“ von Andreas Gryphius die Schönheit dieser
Welt thematisiert aber auch das die gesamte Menschheit vergänglich
ist und nur Gott allein diesen Prozess der Vergänglichkeit umgehen
kann. In Andreas Gryphius „Morgensonett“ gibt es zwei
Schlüsselwörter, die eine große Rolle für die Thematik
darstellen. Der Begriff „ewig“ ist ein Schlüsselwort in
Gryphius‘ „Morgensonett“. Das Wort stellt zunächst etwas
Irdisches dar (Sterne). Später wird der Begriff mit dem Himmlischen
in Zusammenhang gebracht. Gryphius sagt aus, dass nur das Himmlische
ewig währt und alles andere vergänglich ist und früh oder spät
sein Ende findet. Ein weiteres Schlüsselwort ist der Begriff
„Licht“. Das Licht stellt das Göttliche dar. Gott allein verfügt
über die Macht die Welt zu erleuchten und den Menschen zu helfen.
Meiner Meinung nach ist dieses Sonett gut gelungen. Da es in Zeiten
des Krieges verfasst worden ist, kann ich mir gut vorstellen, dass es
als Trostspender für die Menschen diente. Das Sonett lenkte vom
barbarischen Kriegsgeschehen ab und zeigte den verängstigten
Menschen die schönen Seiten dieser Welt. Ebenso verdeutlicht
Gryphius in seinem „Morgensonett“, dass alles Negative vom
erleuchtenden Anbruch des neuen Tages vertrieben werden kann. Gott
ist diese Erleuchtung und hilft den Menschen in ihrer Not. Auch zeigt
Gryphius, dass alles, sowohl das Positive als auch das Negative,
vergänglich ist und nur Gott allein ewig lebt. Jedoch vertröstet er
die Menschen auf ein ewiges Leben im Jenseits, stets in der Nähe
Gottes und fern aller irdischen Fesseln.
Auf die heutige
Lebenswelt bezogen lässt sich sagen, dass die Thematik weiterhin auf
viele Kulturen und Religionsgruppen zutrifft. Nach wie vor glauben
religiöse Menschen an die Allmächtigkeit und Unvergänglichkeit
Gottes und an die Vergänglichkeit dieser Welt. Auch dient die
Religion weiterhin als Trostspender in schwierigen Zeiten und die
Menschen hoffen weiterhin auf ein ewiges Leben im Himmel in ständiger
Nähe Gottes.