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Interpretation

Gedichts­ana­lyse `Der Herbst des Einsamen` von Georg Trakl

1.116 Wörter / ~2 Seiten sternsternsternsternstern_0.2 Autorin Juliana A. im Jan. 2016
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Literaturanalysen zur Epoche Expressionismus: Die Abitur & Hausaufgabenhilfe: Interpretationen zu Alfred Lichtenstein, Franz Kafka,  Jakob van Hoddis, Georg Trakl, Georg Heym (Textanalysen, Band 4)
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Dokumenttyp

Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Käthe-Kollwitz-Schule Fachschule für Sozialpädagogik

Note, Lehrer, Jahr

15, Müller, 2015

Autor / Copyright
Juliana A. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.04 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.2
ID# 52630







Inhalt: Das Gedicht "Der Herbst des Einsa­men" von Georg Trakl, veröf­fent­licht 1915, ist in drei Stro­phen geglie­dert und nutzt einen Kreuz­reim sowie einen fünf­he­bigen Jambus. Trakl verwendet Farb­ad­jek­tive und Natur­mo­tive, um die Atmo­sphäre des Herbstes und das Thema der Einsam­keit zu vermit­teln. Die sprach­li­chen Bilder und Meta­phern spie­geln den Über­gang der Jahres­zeiten sowie tiefere Themen wie Verfall und Vergäng­lich­keit wider. Die Inter­pre­ta­tion beleuchtet die viel­schich­tigen Tech­niken Trakls, die dem Leser eine reiche Palette an Emotionen und Bildern bieten.
#Farbadjektive#Naturmotive#Kreuzreim

Gedichtsanalyse „Der Herbst des Einsamen“, Georg Trakl



Das 1915 erschienene Gedicht „Der Herbst des Einsamen“ von Georg Trakl besteht aus drei Strophen mit jeweils sechs Versen, die im (teils unreinen) Kreuzreim verfasst sind (ababa'b, cdc'dcd, efefef). Für ein regelmäßiges Metrum sorgen ein fünfhebiger Jambus und ausschließlich weibliche Kadenzen. Beim Beschreiben der Atmosphäre, die der Herbst nach dem Sommer mit sich bringt, bedient sich der Autor vieler sprachlicher Mittel. Um, wie der Titel bereits vermuten lässt, Einsamkeit beim Schildern einzelner Orte wie in einer Momentaufnahme gut darzustellen, gebraucht er vor allem Farbadjektive. Im Prinzip schildert er die Sonnenuntergangsphase eines Herbsttages; dementsprechend wird die Stimmung mit den Strophen düsterer.



Zusammen mit dem personifizierten Herbst („kehrt ein“) findet man im ersten Vers, um die schöne Beschaffenheit der Umwelt zu skizzieren, ein allitisches Naturmotiv („Frucht und Fülle“). Eine Antithese zu jenem („dunkle“) soll die zwei Seiten der Jahreszeit darstellen: die schöne, bunte gegenüber der düsteren. Die letzte führt das sich von der tristen Stimmung emotional distanzierende Lyrische Ich im nächsten Vers fort, indem sie den Herbst als „vergilbte[n] Glanz von schönen Sommertagen“ bezeichnet. Ein wenig der Sommerwärme ist in dem erlebten Moment offenbar noch spürbar, weicht aber schnell kälteren Temperaturen und ist nur eine Erinnerung an die Monate davor. Tatsächlich greift Trakl im dritten Vers das für den Expressionismus typische Motiv des Verfalls auf, das er auf die wärmere Jahreszeit bezieht. Aus der „verfallene[n] Hülle“ tritt ein „reines Blau“, das die auch kühleren Farben des Herbstes (bspw. nasse Wiesen, Nebel), aber auch Klarheit darstellen soll und darüber hinaus womöglich eine Bezeichnung für einen wolkenlosen Himmel sein soll, der auch für Schutzlosigkeit und kältere Tage und Nächte steht. Auch ist dies eine Metapher dafür, dass sich Körper und Geist voneinander trennen und somit ein Motiv für die Unendlichkeit, bekräftigt durch Leben, das nicht stirbt.

Mit einer Alliteration („Flug der Vögel“) tritt im vierten Vers erneut das Naturmotiv auf. Die Handlung soll „von alten Sagen [tönen]“. Die Assonanz betont das Alter dieses Handlungsablaufs, der als uralter Ritus Abschied und Umschwung symbolisiert, aber auch einen nicht endenden Kreislauf und dementsprechend Wiederkehr und Ewigkeit. Eine weitere Assonanz befindet sich im fünften Vers („milde Stille“), die durch ein Enjambement auf den darauf folgenden übergreifend eine Unruhe übermittelt. Die Stille ist von der „leise[n] Antwort dunkler Fragen [erfüllt]“ (V.6), was darstellen soll, dass die Antworten auf breit geteilte, jedoch nie gestellte Fragen, leicht zu erahnen ist. Sie wurden nie ausgesprochen, da sie Angst und Besorgnis auslösend sind und, obgleich die Antwort bekannt und auch schon spürbar ist, verdrängt oder von Hoffnung überdeckt werden. Sie beziehen sich möglicherweise auf Leid, Verlust, Trauer und Existenzschwierigkeiten. Der bereits gekelterte Wein (vgl. V.5) stellt eine jedes Jahr wiederkehrende Tradition dar.

Zu Beginn der zweiten Strophe beschreibt das Lyrische Ich, wie „hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel“ steht (V.7). Die Todessymbolik und das negativ connotierte Adjektiv übermitteln ganz deutlich die Trostlosigkeit des Ortes, der vergessen wurde und für den man Gleichgültigkeit und Unbehagen empfindet, weshalb er so vernachlässigt ist.

Der „rote[] Wald“ (V.8), in dem sich eine Herde verliert, stellt sich trotz leuchtender, warmer Farben, oder gerade wegen der visuellen Veränderung, als eine verwirrende Komponente heraus, die für Desorientierung sorgt. Die „Herde“ bezeichnet vermutlich Hirsche, die sich nicht verlaufen haben, sondern sich für die harten Tage zusammenfinden und einsam und unter sich durch die Bäume streifen und wie Nomaden ziehen. Sie entziehen sich dem Blick des betrachtenden Lyrischen Ichs, die Hufschläge verklingen und sie entschwinden in den Wald. Ebenso können aber auch zurückgelassene Zuchttiere wie Schafe gemeint sein, die sich zwar in einer Gruppe befinden, der Natur jedoch schutzlos ausgeliefert und unter den gegebenen Umständen nicht überlebensfähig sind, womit ihr Schicksal besiegelt und ihr Tod voraussehbar wäre.

Im neunten Vers schildert das Lyrische Ich, wie eine Wolke über einen Weiherspiegel wandert. Die mit weichen Konsonanten gebildete Alliteration bestärkt den unberührten Charakter der Situation. Auch bringt die Darstellung in erneutem Bezug auf die Natur Verlassenheit und große Stille mit sich.

Mit der „ruhenden […] ruhige[n] Geberde“ des Landmanns (V.10) ist das Säen gemeint. Das Landleben im Kontrast zum Stadtleben ist als sehr ruhig zu betiteln und das Ausstreuen von Samen erfolgt einer gleichmäßigen Bewegung. Da es im Herbst keinen Sinn macht, zu säen, ruht der Bauer in dieser Tätigkeit.

Die Personifikation in Vers elf („rührt des Abends blauer Flügel“) verbildlicht die langsam näher kommende Nacht. Wieder werden kühle Farben verwendet, um dem Leser die zunehmende Kälte nahezubringen. Der Flügel als Element der Luft ist eine Metapher für eine Windbrise, die „sehr leise“, womöglich nicht hör- und nur sichtbar und dadurch spukhaft, „ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde“ (V.12) rührt. Das dürre Stroh erinnert an die biblische Geschichte von Jakob und seinen Brüdern, in welcher der Pharao von mageren Kühen träumt, die eine schlechte Ernte prophezeien. In diesem Kontext steht die Bezeichnung für die Schattenseite des Sommers, der nicht so viel Ertrag gewährleisten konnte. Auch bietet ein Dach aus dünnem Gras unzureichenden Schutz vor Nässe und Kälte. Um diese Schwierigkeit rein klangmalerisch zu untermalen, bedient sich Trakl einer Alliteration mit harten Konsonanten. Die schwarze Erde unterdessen wirkt unlebendig und fruchtlos.


Die dritte Strophe beginnt damit, dass sich „Sterne in des Müden Brauen“ einnisten (V.13). Hier erscheint erstmals das Nachtmotiv. Die Sterne setzen sich, durch die Personifikation aktiv, im übertragenen Sinne über die Augen, machen schwere Lider und sorgen systematisch dafür, dass sich diese senken. Das personifizierte „still[e] Bescheiden“ (V.14) steht metaphorisch für die Ruhe, die einkehrt, sobald alle sich in der „kühle[n] Stube“ Befindlichen schlafen.

Die Engel, als biblisches Eelemnt Symbol für Reinheit und Unschuld, stellen in dem Kontext die aufrichtige, metaphorisch skizzierte Liebe dar, die sich zwischen den „Liebenden“ offenbart (V.15f). Ihr Leid beschreibt die Sehnsucht, die sie empfinden, da sie sich nicht sehen können. Trakl greift hier die aus der Romantik bekannte Lyrikthema auf, dass sich Liebende selten treffen und oftmals nur von Ferne lieben konnten, möglicherweise dadurch bedingt, dass ein Verhältnis aus unterschiedlichen Gründen verboten war.

Das rauschende Rohr (gemeint ist von Wind bewegtes Schilf, V.17) verdeutlicht die Einsamkeit und Verlassenheit des Ortes. Das „knöchern Grauen“ verbildlicht das Todesmotiv und beschreibt ein Schaudern oder eine üble Vorahnung.

Im letzten Vers vereinigt Trakel das Motiv des Todes, der Natur und des Verfalls. Der Tau an sich erinnert an den Übergang der Nacht in den frühen Morgen und an Leben schaffende Fruchtbarkeit. Das Schwarz als unnatürliche Farbe allerdings kontrastriert das wie Tränen „von den kahlen Weiden“ (V.18) tropfende Wasser. Die Bäume, die der Leser mit aussagekräftigen Bildern von Trauerweiden assoziieren kann, stehen als romantisches Element des Sehnsuchtmotivs für Trauer und Einsamkeit, mit Berücksichtigung auf das negativ connotierte Adjektiv, das die Pflanzen als schlafend oder tot bezeichnen kann, für Schmerz, aber auch für ein hohes Alter und verlässliche Standhaftigkeit.


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