Gedichtinterpretation
„Vorstadtsraßen“
von
Erich Kästner
„Die
Häuser sind so traurig und so krank, weil sie die Armut auf den Straßen
trafen.“ (Zeile 17) Das Leben in Vorstädten kann sehr schön sein. Jedoch kann
es auch sehr schwer und erbarmungslos sein. Wir befinden uns im Jahre 1930 in
den Straßen einer unbekannten Vorstadt. Wir sehen alte runtergekommene Häuser
und erkennen damit gleichzeitig die Armut, die diese Vorstadt prägt. Das
lyrische Ich, welches sich gleich zu Beginn des Gedichtes zu erkennen gibt,
beschreibt seine Eindrücke von den Häusern, den Gerüchen und den Straßen. Die
Eindrücke sind geprägt von Monotonie, Trauer und Hilfslosigkeit. Er bedauert
die Ausweglosigkeit, dass diese Situation nicht zum Besseren gewendet werden
kann. Beim ersten Lesen des Gedichtes fällt mir schnell auf, dass das lyrische
Ich von großer Trauer geplagt ist. Das Gedicht ist sehr deutlich geschrieben
und gut verständlich.
Emil
Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 in Dresden geboren. Er ist einer der
bekanntesten deutschen Schriftsteller und auf Grund seiner humorvollen
scharfsinnigen Kinderbücher und seinen humoristischen und zeitkritischen
Gedichten. Das Gedicht „ Die Vorstadtstraßen“ fällt in seine Berliner
Schaffensperiode von 1927-1933. Auf seinen Reisen machte er viele interessante,
aber auch traurige Erfahrungen mit der Realität. Diese spiegelte er in diesem
Gedicht für den Leser wieder.
Beim
Lesen des Gedichtes wird sofort klar, dass das lyrische Ich in dieser
Vorstadtstraße gewohnt haben muss. Das lyrische Ich erkennt sofort die bekannt
Monotonie, der Straßen und der Häuser. Dies beschreibt der Autor mit einer
Antithese in Zeile 2. „Sie fangen an, als wären sie zu Ende.“ Der Ausruf:
„Trinkt Magermilch“ (Zeile 3) gibt einen ersten Hinweis auf die Armut der
Menschen. Denn zu dieser Zeit war Vollmilch sehr teuer, sodass sich nur wenige
diese leisten konnten. Insofern ist es eher ironisch, dass in einer solchen
armen und heruntergekommenen Gegend extra ein Werbeplakat dafür aufgestellt
worden ist, wenn sich die Menschen sowieso nur die Magermilch leisten konnten.
„Es riecht nach Fleisch, Kartoffeln und Benzin.“ (Zeile 5) Das lyrische Ich
beschreibt die Vermischung von Gerüchen und damit einen für Vorstädte
charakteristischen Gestank. Er verdeutlicht damit, wie schwer und auch wie
miserabel das Leben in einer solchen Vorstadt ist. In Zeile 7 benutzt der Autor
eine Personifikation bei „ein Fenster schielt…“. Damit möchte er verdeutlichen,
wie arm die Menschen in dieser Vorstadt sind, denn sie sind nicht in der Lage
kleinere Schäden zu reparieren. Eine Vorstadt in der Weimarer Republik bietet
kein Platz für Individualisten. Dies wird deutlich in der Textstelle „Häuser
bilden Spalier.“ (Zeile 9). Damit versucht uns der Dichter zu sagen, wie der
Aufbau einer solchen Vorstadt war. Es war eine direkte Enge, da jedes Haus an
ein erneutes Anschluss fand. Somit wurde die Vorstadt zu einer düsteren Gegend
in der man Tageslicht vergeblich suchte. Um den Verfall und die Verwahrlosung
der Häuser besser beschreiben zu können benutzt das lyrische Ich eine Hyperbel
in Zeile 11 („Seit hundert Jahren“). Um das schlechtere Äußere der Häuser und
damit auch die Armut der Bewohner weiter zu verstärken, benutzt er in Zeile 17
eine Personifikation („Die so traurig und so krank…“).
Um
zu verdeutlichen, dass nicht nur diese eine Vorstadt sich in einem solchen
Zustand befindet, sondern sehr viel im ganzen Land, benutzt er die Hyperbel „in
tausend Städten“(Zeile 21). Leider gibt es für die Bewohner auch kein
Entkommen, denn sie Leben im Kreislauf der Armut und haben kein Ziel vor Augen „Und
keiner weiß wohin die Straßen zielen.“(Zeile 22). Alles in Allem resigniert das
lyrische Ich bei dem Gedanken an die Vorstadt. Erich Kästner beschreibt durch
das lyrische Ich seine Impressionen in der Weimarer Republik. Eine Zeit, die
geprägt war von hoher Armut ausgelöst durch Hyperinflation und die geforderten
Reparationen durch den Versailler Vertrag. Das Leben in den Großstädten war
schlecht, jedoch war das Leben in den Vorstädten noch umso härter. Viele
Bewohner waren aufgrund der Inflation arm und lebten auf der Straße. Das Geld
fehlte an allen Ecken. Somit fielen kleinere Anschaffungen, die zum Beispiel
für die Verschönerung von Häusern und Städten notwendig wären, dem Hunger zu
Grunde. Zusammenfassend möchte Erich Kästner mit dem Gedicht verdeutlichen, wie
schwer und lastenreich ein Leben in einer Vorstadt zur Zeit der Weimarer
Republik gewesen sein muss. Das Gedicht umfasst in seiner gesamten Länge 28
Zeilen. Es tritt ein charakteristisches Reimschema auf, das Kreuzreimschema.
Abschließend
möchte ich sagen, dass in diesem Gedicht die Eindrücke, die man haben könnte,
wenn man in eine solche Vorstadt, in einer solchen Zeit kommen würde sehr gut
vorstellbar sind. Ich denke, dass das Leben in dieser Zeit sehr schwer war und
habe großen Respekt mit den Menschen, die in dieser Zeit leben mussten. Ich
find es den richtigen Weg solche Epoche den Schülern zu lehren und näher zu
bringen um nicht noch einmal eine solche Zeit auszulösen und vielleicht sogar
die Armut in der Zukunft ein Stückchen bekämpfen zu können. Denn wie schon
Oskar Wilde sagte: „Bloß eine Klasse der Gesellschaft denkt mehr über das Geld
nach als der Reiche, und das ist der Arme. Der Arme kann sonst nichts denken.
Und dies ist das Elend der Armen.“