„An Schwager Kronos“ – J.W.v.Goethe
Gedichtinterpretation
Goethe schrieb das
Gedicht „An Schwager Kronos“ am 10.Oktober 1774 in einer Postkutsche. Zeitlich
fällt es in das selbe Jahr wie der Werther. Es handelt ebenfalls von
Lebensgefühl, Lebensweg und Tod. Es zählt zur Gedankenlyrik, ist aber spontan
aus der Situation heraus entstanden, was typisch für Goethes Auffassung von Lyrik
war.
Das Lyrische Ich,
in dem in diesem Fall viel von dem beobachtenden Goethe selbst steckt,
durchläuft die Kutschfahrt als Metapher für den Lebensweg. Es versucht den
Kutscher zu beeinflussen, doch dies verläuft genauso erfolglos, wie im wahren
Leben das Schicksal zu verändern. Kronos war der Griechische Zeitgott und steht
hier für die Vorherbestimmtheit.
Deutsche Kinder in Tracht folgen der Postkutsche in welcher Goethe Richtung Italien fährt.
Das Gedicht besteht
aus 7 Strophen, die aus 5-8 Versen bestehen. Das Gedicht hat weder ein festes
Metrum, noch ist es gereimt. Dadurch wird der Leser mehr auf den Inhalt
gerichtet und das Gedicht wirkt progressiver im Gegensatz zu einem Lied.
In der ersten
Strophe bittet das Lyrische Ich den Schwager Kronos schneller zu fahren, ins
Leben hinein. Das langweilige und eintönige Leben soll zurück gelassen werden,
was durch die Epipher „Trott“ verdeutlicht wird. Man soll Gefahren „Stock
Wurzeln Steine“ und Risiken ignorieren und das Leben in vollen Zügen genießen.
Die zweite Strophe spricht von den Herausforderungen, die das Leben mit sich
bringt. Man soll sie annehmen, „strebend und hoffend“ an sie heran gehen.
„Eratmender Schritt“ verdeutlich hier das älter und schwächer werden. Dies
verschafft einem, den in Strophe 3 beschrieben, herrlichen Ausblick. Der Blick
ins Tal stellt hier die Reflektion dar, das zurückblicken in hohem Alter. Der
„ewige Geist ewigen Lebens“ wird als „ahndevoll“, also als Strafe angesehen. Er
lastet über der Natur, vielleicht auch in der Form Gottes. Die vierte Strophe
beschreibt die Versuchungen des Lebens. Es verlangt den Menschen nach Rast,
Sesshaftigkeit, Liebe und Lust. Es sei ihm erlaubt kurzfristig vom Weg
abzuweichen. Langfristig gesehen muss er aber seinen Weg fortsetzen, da es
seine Bestimmung ist und er an die Kutsche des Schicksals gebunden ist. Die
fünfte Strophe handelt davon, dass das Lyrische Ich vor seinem Tod noch etwas
erleben will, da es zum schnellen, „frischen“ Aufbruch bzw. Weiterfahrt drängt.
Bevor die Sonne untergeht und damit das Leben endet. Wie in „Wanderers
Nachtlied“ wird hier der Tagesablauf als Metapher für den Lebensweg verwendet.
Der Mensch wird alt und schwach „Nebelduft, entzahnte Kiefer , schlockernde
Gebein“. In diesem Zusammenhang könnte der Term „hinab“ auch als Todeswunsch
gesehen werden, hinab in die in Strophe 6 erwähnte Hölle. Dies ist recht wahrscheinlich,
da das Thema Todessehnsucht bei Goethe sehr oft auftaucht. „Tunknen vom letzten
Strahl“, die letzte Erinnerung, den letzten Anblick in sich bewahrend, soll er
das „Feuermeer“ im Angesicht in die Hölle gerissen werden. Der Kutscher soll
sein Horn blasen um dem Orkus, der Totenwelt anzukündigen, wer zu Ihnen kommen
wird, dass sie sich alle erheben ihn zu begrüßen.
Das Lyrische Ich
tritt in dem Gedicht in ein neues Lebensgefühl ein, das des Sturm und Dranges.
Der Mensch soll sein Leben lang nach Wissen streben, aber auch seine Lüste
ausleben. Er betrachtet sich selbst als subjektives Zentrum seiner Welt. So
dass er selbst noch im Totenreich, wo alle Mächtigen versammelt sind, als Fürst
leben wird und diese von seinem Leben lernen sollen.