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Interpretation

Gedicht­ana­lyse Schlechte Zeit für Lyrik von Bertolt Brecht

1.273 Wörter / ~3 Seiten sternsternsternsternstern_0.75 Autor Magdalena K. im Feb. 2017
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Dokumenttyp

Interpretation
Deutsch

Schlechte Zeit Für Lyrik Interpretation

Universität, Schule

Gymnasium Hamm

Note, Lehrer, Jahr

14, 2017

Autor / Copyright
Magdalena K. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.02 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.75
ID# 62432







Im Folgenden werde ich das Gedicht „Schlechte Zeit für Lyrik“ geschrieben von Bertolt Brecht im Jahr 1939 interpretieren und auf sprachliche Mittel untersuchen.

Es geht um den inneren Konflikt des lyrischen "Ichs" zwischen der Begeisterung über die Schönheit und der Idylle der Natur und dem Entsetzen über die politische Situation, und wie dieses Entsetzen sein Schreiben beeinflusst.

Das Gedicht gehört der Epoche der Exilliteratur an, denn Brecht verfasste es aus seinem Exil in Dänemark, während die NS-Diktatur über Deutschland herrschte. Deswegen stelle ich die Vermutung auf, dass es deshalb eine „Schlechte Zeit für Lyrik“ ist, weil viele Literaten aus Deutschland ins Exil fliehen mussten, da sie dort nicht mehr veröffentlichen konnten. Es war also kaum möglich die Realität nicht keinen Einfluss auf die Lyrik nehmen zu lassen, da sie unausweichlich und alltäglich war. Die schlechten Bedingungen zu der Zeit und die schlechten Umstände machen also die Zeit schlecht für Lyrik. Außerdem lässt sich vermuten, dass sich das lyrische Ich mit Bertolt Brecht gleichsetzen lassen kann und es aus dem Exil erzählt.



Das Gedicht "Schlechte Zeit für Lyrik" besteht aus sechs Strophen mit unterschiedlich vielen und unregelmäßig langen Versen, ein durchgängiges Metrum ist nicht zu erkennen, was da lyrische Ich unruhig und aufgewühlt erscheinen lässt. Außerdem wird kein Reimschema erkennbar, was großen Einfluss auf die Stimmung des Gedichts hat: Reime machen Gedichte lebendig, verspielt und oft auch fließender. Dadurch, dass das lyrische Ich reimlos spricht, wirkt das Gedicht eher monoton und trist, ein bisschen melancholisch. Das wird durch die Aussage „In meinem Lied ein Reim/ käme mir fast vor wie Übermut.“ (V. 15-16). Man könnte meinen, das lyrische Ich lässt bewusst ein Reimschema und ein festes Metrum weg, um die Problematik zu betonen und sie relativ sachlich wiederzugeben.



Interessant ist, dass es zumindest eine kleine Art der Entwicklung im Gedicht gibt. Anfangs weiß das "Ich" zunächst nicht woher seine gleichgültig/bedrückte Stimmung kommt, dafür am Ende doch immerhin wo die Motivation Sum schreiben her kommt. Das lyrische Ich fasst viele Parallelen zu dem Denken und dem Handeln des Autors, Bertold Brecht auf. Es wirkt wie eine widerspiegelnde Darstellung seines eigenen Gemüts, weshalb ich davon ausgehe, dass er tatsächlich sich selbst als Narrator einbrachte.

Das Gedicht meint "die Vorübergehenden" befassen sich nicht mit den in den Werken angesprochenen ungerechten Verhältnissen, die durch das faschistische Regime entstanden.

Brecht aber, der nach Dänemark gekommen ist will "die Reden des Anstreichers" (die Reden von Adolf Hitler, der einst Künstler werden wollte) anprangern und die Öffentlichkeit auf die Verhältnisse und auch auf die gewaltsame Verbreitung des dritten Reichs aufmerksam machen. Es ist zu vermuten, dass das lyrische Ich in Dänemark sitzt, wo auch Brechts Exil war. Dänemark wird zwar nicht explizit genannt aber "Sund", Landschaften und Fischerei sind relativ typisch und könnten sinnbildlich für Dänemark stehen.

Das Gedicht beginnt, indem der Leser in den Gedankenstrom des lyrischen Ichs hineingeworfen wird: „Ich weiß doch: nur der Glückliche/ist beliebt. Seine Stimme/hört man gern. Sein Gesicht ist schön." (V. 1-3)

Es erklärt, dass nur der Glückliche beliebt, gern gehört und schön sei. Zum einen könnte hier gemeint sein, dass die deutsche Gesellschaft nur positives hören will und alles Pessimistische verachtet wird bzw., dass vor allem Negativen die Augen verschlossen werden.

Zum anderen könnte es auch kritisieren, wie leicht sich die Gesellschaft für eine schöne Inszenierung begeistert lässt und die negativen Auswirkungen (wie zum Beispiel die Verfolgung von Regimekritikern) nicht sieht oder ignoriert.



In der zweiten Strophe werden gegensätzliche Wörter benutzt, waren es eher positive Wörter wie „der Glückliche“ (V. 1), „gern“ (V. 3) oder „schön“ (V. 3), sind es jetzt eher negativ behaftete Ausdrücke wie „verkrüppelt“ (V. 4), „schlecht“ (V.4) oder auch das Verb „schimpfen“ (V.5). Das lyrische Ich setzt in den ersten beiden Strophen die Situation in der Heimat mit der im Exil in Beziehung, um seine eigene Deprimiertheit und Unzufriedenheit zu verdeutlichen.

Die Verse "Der verkrüppelte Baum im Hof/ zeigt auf den schlechten Boden, aber/ die Vorübergehenden schimpfen ihn einen Krüppel“ (V. 4-6) zeigen, dass das lyrische Ich aus dem Fenster schaut und seine eigene Situation sieht: der verkrüppelte Baum steht für den Gemütszustand des lyrischen Ichs, es ist unglücklich und deprimiert. Es „zeigt auf den schlechten Boden“ (V. 5), also die Gründe für seine Traurigkeit, die in diesem Fall die Situation in der Heimat sind. Das lyrische Ich ist nicht glücklich, da die politische Situation es nicht zulässt harmonische Gedichte über die Schönheit der Natur zu schreiben. Sie zwingt es über ernste und notwendige Dinge zu schreiben. Allerdings schimpfen die Menschen über den Baum, also über das lyrische Ich anstatt über die Gründe. Wie schon in der ersten Strophe analysiert, wird nur das oberflächliche gesehen, aber die tieferen Beweggründe wollen einfach nicht gesehen werden. Das lyrische Ich stimmt den Leuten zu (vgl. V. 7), da es wirklich unglücklich ist und, wie der Baum, durch die äußeren Umstände unglücklich bzw. verkrüppelt wurde.

In der dritten Strophe, welche nur zwei Zeilen lang ist, schildert das lyrische Ich die Idylle: "Die grünen Boote und die lustigen Segel des Sundes" (V.8). Der Sund weist auf Dänemark hin, Brechts Exil und verifiziert die Deutungshypothese, dass das lyrische Ich mit Brecht gleichzusetzen ist. Grün ist die Farbe der Hoffnung, dieses Symbol für die Hoffnung wird jedoch direkt wieder zerstört: „[…] Sehe ich nicht.“ (V. 9). Dadurch, dass das lyrische Hoffnung, selbst im Exil nicht, sieht, wird eine pessimistische Einstellung deutlich. Dieser Aspekt wird besonders in der nächsten Strophe bestätigt: „Von allem sehe ich nur der Fischer rissiges Garnnetz./ Warum rede ich nur davon/ dass die vierzigjährige Häuslerin gekrümmt geht?/ Die Brüste der Mädchen/ sind warm wie ehedem." (V. 10-14). Selbst in der Idylle sieht das lyrische Ich nur die harte Realität des „rissigen Garnnetzes“ (V. 10), denn wenn das Fischernetz Risse hat, können nicht mehr so viele bzw. gar Fische mehr gefangen werden. Da die Arbeit damals autark war (=Selbstversorgung) spielt das Fischernetz eine ähnliche Rolle für den Fischer wie der Boden für den Baum: beide sind die Grundlage für das Leben was aus ihnen hervorgeht. Das lyrische Ich fragt sich außerdem, warum es nur davon rede, dass die Häuslerin gekrümmt gehe, obwohl die Brüste der Mädchen so warm wie nie seien. Es sieht also wieder nur das Negative an der Situation und ignoriert das Gute.



In der fünften, zweizeiligen Strophe begründet das lyrische Ich, wie bereits erwähnt, den reimlosen Aufbau des Gedichtes. Es macht vor allem deutlich, dass eine klangvolle und agile Stimmung in Zeiten wie diesen nicht angemessen, sondern eher naiv wäre: „In meinem Lied ein Reim/ käme mir fast vor wie Übermut.“ (V. 15-16)

Erst in der sechsten Strophe spricht das lyrische Ich offen über seine Beweggründe zum Schreiben und offenbart dem Leser seinen inneren Konflikt: "In mir streiten sich/ die Begeisterung über den blühenden Apfelbaum/ und das Entsetzen über die Reden des Anstreichers.“ Mit dem „Anstreicher“ ist Hitler und dessen gescheiterte Kunstkarriere gemeint, das lyrische Ich macht ihn lächerlich und sich lustig. Dieser Witz nimmt es allerdings nicht ganz ein, sondern er hat einen ernsten Unterton. Durch das Verb "streiten" und durch die starke Gegenüberstellung von der "Begeisterung" und dem "Entsetzen" wird klar, dass es sich um einen inneren Konflikt handeln muss. Denn auch, wenn es die Schönheit der Natur, wie den blühenden Apfelbaum, immer noch sieht, erscheint es ihm wichtiger in seinem Entsetzen über Hitler zu schreiben, welches ihn "zum Schreibtisch drängt." (V. 21).

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht „Schlechte Zeit für Lyrik“ von Bertolt Brecht die Gesellschaft zur NS-Zeit kritisiert, sie sei zu oberflächlich und blind, würde ohne Reflektion handeln und ohne Nachdenken Hitlers Prinzipien unterstützen. Es ist insofern also eine schlechte Zeit für Lyrik, dass die Menschen die Kritik in der Lyrik nicht wahrnehmen wollen und sie deshalb verachten.


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