Gedichtanalyse - Herbstbild
Das Gedicht „Herbstbild“
wurde von Friedrich Hebbel 1852
verfasst. Geschildert wird in ihm ein besonderer Herbsttag, an dem die reifen
Früchte von den Bäumen fallen und die Natur ohne menschlichen Eingriff bleibt.
Hebbel wollte mit diesem Gedicht vermutlich
ausdrücken, dass die Natur den Menschen nicht benötigt und dieser nur den Lauf
der Natur genießen sollte.
Von der äußeren Form
her ist das Gedicht zweiteilig, beide
Strophen haben jeweils vier Verse. Beide Strophen haben einen Kreuzreim
(a,b,a,b) und das Metrum ist durchgängig ein fünfhebiger Jambus. Alle Kadenzen
in dem Gedicht sind männlich.
Eine Frau im grünen Kleid bestaunt fallende Äpfel an einem herbstlichen Tag.
Von der inneren Form her zerfällt das Gedicht in zwei Teile. Der erste Sinnabschnitt
wird von der ersten Strophe gebildet, in der dem Leser ein Naturbild gezeigt
wird. Strophe zwei hingegen hat einen direkten Appell an den Leser, nicht in
die Natur einzugreifen.
Der erste
Sinnabschnitt, der die erste Strophe
umfasst, beginnt mit einer Feststellung: „Dies ist ein Herbsttag, wie ich
keinen sah!“ (I,1) Darin wird zum Ausdruck gebracht, dass der in dem
Gedicht beschriebene Tag ein besonderer Tag während der Jahreszeit des Herbstes
ist, der sich von den übrigen Herbsttagen unterscheidet. Auf das Besondere
dieses Tages macht den Leser schon am Anfang des Gedichts das hinweisende
„Dies“ (I,1) aufmerksam. Der Vergleich „wie ich keinen sah“, der auf
die Feststellung „Dies ist ein Herbsttag“ hin folgt und das Ausrufezeichen am
Ende, verstärken das Einzigartige dieses Herbsttages und verdeutlichen, dass
der Dichter etwas Ähnliches bisher noch nie erlebt hat. Mit der Personifikation
„Die Luft ist still“ (I,2) und dem veränderten Satzbau mit einem
Vergleich am Ende betont der Dichter, dass es an diesem Herbsttag so still ist,
dass man sogar kaum den eigenen Atem hören kann. Das Fallen der Früchte wird
mit dem Gegensatz „und dennoch fallen raschelnd“ (1,3) angekündigt.
Hier fällt auch der Satzbau auf, das ans Ende gerückte „fern und nah“ (I,3)
verdeutlicht, dass dieser Vorgang allumfassend ist. Hebbel stellt also
scheinbar Gegensätzliches dar und vereint es zu einem einheitlichen Bild. Der
Superlativ in der Formulierung der „schönsten“ Früchte (1,4) grenzt
die hier angesprochenen besonderen Früchte ab von denen, die vielleicht schon
vortags vom Baum gefallen sind. Auch hier wird also noch einmal die Einzigartigkeit
des Herbsttages untermauert.
Der zweite
Sinnabschnitt, also die Strophe zwei,
beginnt mit einer direkten Ansprache an den Leser. An diesen wird appelliert,
nicht in die „Feier der Natur“ (II,1) einzugreifen, was auch durch
das Ausrufezeichen am Satzende hervorgehoben wird. Was mit dieser „Feier“ gemeint
ist, wird in II,2 näher erläutert, wenn das lyrische Ich von der
„Lese“, also der Ernte spricht. Das Wort „Feier“ betont das Festliche dieses
Ereignisses. Durch die Alliteration („sie selber“) wird betont,
dass die Natur dies selbständig macht und keine Hilfe oder Einmischung
benötigt. Die Begründung „Denn heute löst sich von den Zweigen nur, was vor dem
milden Strahl der Sonne fällt“ (II,3-4), betont durch das „heute“
noch einmal den besonderen Herbsttag und macht durch die Einschränkung „nur“
auch deutlich, dass eben nur reife Früchte fallen. Die Formulierung „milde(r)
Strahl der Sonne“ (II,4) unterstreicht die Harmonie, die Sonne ist
nicht mehr stechend wie im Sommer. Diese Harmonie wird auch an der äußeren Form
deutlich. Die gleichbleibenden Kadenzen, das regelmäßige Metrum und der
durchgehende Kreuzreim befördern diese. Beide Strophen
sind auch von der Struktur her identisch. Sie beginnen beide mit einem Ausruf
an dessen Ende sinnigerweise ein Ausrufezeichen steht. Die darauffolgenden drei
Verse sind jeweils durch Enjambements verbunden. Unter dem Formaspekt tauchen
also keine Unregelmäßigkeiten welcher Art auch immer auf.
Die Schlüsselwörter im „Herbstbild“sind durchweg
positiver und heiterer Natur. Wendungen wie „die schönsten Früchte“ (I,4),
„“Feier der Natur“ (II,1), „mild“ und „Sonne“ (II,4) lösen beim
Leser eine positive, in gewisser Weise gelassene Stimmung aus. Die Verben, die
bis auf zwei Ausnahmen (I,1-2 „sah“,“atmete“) im Präsens stehen,
betonen den Gegenwartsbezug oder die Allgemeingültigkeit der Aussagen des
Gedichts.
So kann abschließend
gesagt werden, dass Hebbel mit diesem Gedicht
die Schönheit und Unberührtheit der Natur verdeutlichen wollte, die des
menschlichen Eingriffs nicht bedarf.