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Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Freier Literaturwissenschaftler

Note, Lehrer, Jahr

2014

Autor / Copyright
Johannes Heiner ©
Metadaten
Preis 4.50
Format: pdf
Größe: 0.10 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern
ID# 75610







Rilkes Buddha-Gedichte


Die Neuen Gedichte von Rilke beinhalten u. a. drei Gedichte zum Thema Buddha. Das dritte Gedicht mit dem Titel Buddha in der Glorie von 1908 bildet sogar den Abschluss der ganzen Sammlung. Mit den Neuen Gedichten, Erster und Zweiter Teil legte Rilke, sein in der Pariser Zeit entstandenes dichterisches Werk vor. Im Jahr 1910 wird noch der Malte folgen. Dann kommt schon der Krieg, der auch Rilkes Innenleben verwüsten und ihn lähmen wird.

Die Buddha-Gedichte sind in der Zeit zwischen 1905 und 1908 entstanden, als Rilke engen Kontakt zu Rodin hatte.


Die folgende Darlegung fußt auf den Ergebnissen des Buches von Karl-Josef Kuschel. Kuschel ist Professor für katholische Theologie in Tübingen. Er arbeitet im Grenzgebiet zwischen Literatur, Mystik und Theologie. Er ist dem Dialog nachgegangen, den Rilke von 1903 an bis 1908 mit der Buddha-Figur geführt hat, die auf dem Grundstück von Rodin in Meudon stand; stand, denn diese Buddha-Figur gibt es heute nicht mehr.

Kuschel hat viele Fragen geklärt, die mit dieser Figur zusammenhängen. Rodin hatte nicht nur die eine Buddha-Figur gekauft und aufstellen lassen. Er besaß insgesamt wahrscheinlich fünf Figuren, die sich durch die Handhaltungen voneinander unterschieden. Der Buddha auf dem Hügel in Meudon in Sichtweite von Rilkes Fenster war der Buddha Amitabha. Es ist die Bezeichnung für den Buddha der Versenkung (siehe Karl-Josef Kuschel, Rilke und der Buddha.

Die Geschichte eines einzigartigen Dialogs. Gütersloher Verlagshaus 2010, Seite 82 ff. zu den Mudras. Dort auch zahlreiche dokumentarische Fotos.).


Das erste Gedicht von 1905


Buddha


Als ob er horchte, Stille: eine Ferne .

Wir halten ein und hören sie nicht mehr.

Und er ist Stern. Und andre großen Sterne,

die wir nicht sehen, stehen um ihn her.


O er ist Alles. Wirklich, warten wir,

daß er uns sähe? Sollte er bedürfen?

und wenn wir hier uns vor ihm niederwürfen,

er bliebe tief und träge wie ein Tier.


Denn alles, was uns zu seinen Füßen reißt,

das kreist in ihm seit Millionen Jahren.

Er, der vergißt was wir erfahren

und der erfährt was uns verweist.


KA I, 462


Zusammenhänge

Die Form der vierzeiligen Strophe erinnert an die Gedichte aus dem Stundenbuch. Es war gerade erschienen. Das dritte Buch handelt von der Armut und vom Tod. Rilke hat darin seine schlimmen Erfahrungen des Lebens in der Großstadt Paris niedergelegt. Doch die Aussage dieses Gedichts ist anders gelagert, auch wenn das Gedicht der Form nach noch an Das Stundenbuch anknüpft.

Es geht nicht um den kommenden Gott, sondern um das wohltuende Erlebnis der Stille. Sie war in Meudon reichlich vorhanden. Rodin lebte hier mit seiner Frau RoseBeuret, und Rilke war im Jahr 1905 häufig zu Gast. Rilke erlebte den Buddha in Meudon als Gegensatz zum Lärm der Großstadt Paris. Rodin, der große Bildhauer, wurde von Rilke als „Meister“ gesehen. Rilke betrachtete sich als sein Schüler in Fragen des Neuen Sehens, wie Rilke die Entwicklung seines künstlerisc.....[Volltext lesen]

Download Gedicht­ana­lyse - Die Buddha-Gedichte von Rainer Maria Rilke: 1. Gedicht von 1905 `Buddha`; 2. Gedicht von 1906 `Buddha` und 3. Gedicht von 1908 `Buddha in der Glorie`
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Das Wort Tier hat für Rilke eine andere Bedeutung als für uns heute. In der achten Elegie heißt es: Mit allen Augen sieht die Kreatur/ das Offene./ Nur unsre Augen sind/ wie umgekehrt und ganz um sie gestellt / als Fallen, rings um ihren freien Ausgang. Das freie Tier trägt noch die ursprüngliche Unschuld des einfachen Lebens in sich. Die Menschen in ihrer jetzigen Entwicklung haben den Sprung in die dritte Ebene der Anmut noch vor sich (mehr dazu in meinem Buch Wege ins Dasein S. 141 ff).

Nimmt man die mitschwingende negative Bedeutung aus dem Wort „Tier“ heraus, macht es durchaus Sinn, die kraftvolle Unverrückbarkeit des Buddhas, wie er in der Stille dasitzt und in die Ferne lauscht, damit zu bezeichnen.

Botschaft

Die dritte Strophe fasst zusammen. Der Buddha übersteigt unsere menschliche Erfahrung, die am Ungefähren und Äußerlichen hängen bleibt. ER versinnbildlicht das Übersteigende, das uns versagt ist, solange wir an der Verehrung von Idolen festhängen. Man beachte die Formulierung mit reißt und kreist. Sie unterstreicht lautmalerisch die Kontrastierung der Prozesse der niederwerfenden Anbetung und der sich vollendenden Göttlichkeit in der Buddhaschaft des erleuchteten Menschen.

Buddha kennt, was wir erst erfahren werden, die große Stille des Kosmos. Uns wird sie erst zugänglich, wenn wir den Buddha in uns erfahren. Der Begriff dafür ist Buddhaschaft. Sie ist im Innern eines jedem Menschen als ewiger Kern vorhanden.

Wie gesagt, Rilke schrieb sein Gedicht aus der Anschauung des Buddha Amitabha heraus. Man sollte das Gedicht nicht als Beleg für die Weltanschauung des Dichters lesen. Er war kein Buddhist im Sinne einer Anhängerschaft. Er hat aber das Große erspürt, das mit dieser Figur ausgesagt ist.



Da.....

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Das zweite Quartett schildert die weitere Annäherung des Pilgers. Die Hoheit dieser Augenbraue passt nicht ins gewohnte Bild, der Pilger muss sich erst einmal darüber klar werden. Es wird eine geistige Öffnung von ihm verlangt, die er nicht so ohne Weiteres geben kann. Er beschränkt sich deshalb auf eine Frage, die Frage nämlich, woher wohl das viele Gold stammen mag, das in die Statue eingegangen ist.


Die beiden Terzette setzen neu ein. Das erste Terzett nimmt die Frage aus dem letzten Quartett auf. Die Buddha-Figur in Meudon sitzt auf einem Blumenkelch. Rilke hat das Wort von der Vorlage übernommen. Das zweite Terzett (die vierte Strophe) schließt diesen Prozess ab. Der Pilger stellt fest, dass die goldene Statue Schwingungen von Ruhe und Sammlung an den umgebenden Raum ausstrahlt.


Interessant ist die Lektüre der beiden Gedichte hintereinander. Dann füllt sich das Bild auf diesem Blumenkelch mit der Erinnerung an das erste Gedicht. Der Leser bzw. die Leserin dieser Zeilen mag es bei sich selbst überprüfen. Bei mir stellt sich als Erinnerungsbild keine äußere Darstellung der Haltung ein, wie sie auf den üblichen Buddha-Götzen-Darstellungen zu sehen sind.

Es stellt sich vielmehr ein innerer Gedanke an Ruhe und Sammlung ein. Beide Gedichte ergänzen sich. Mit dem dritten Gedicht wird die Vergegenwärtigung des Buddha um eine dritte Dimension bereichert. Sie gelten aber nicht der Darstellung eines Idols, sondern der Vergegenwärtigung des göttlichen Selbst im Menschen.


Das .....

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Der zweite Vers der ersten Strophe formuliert diese Sichtweise: Mandel, die sich einschließt und versüßt – und weitet dieses Bild ins Kosmische - dieses Alles bis an alle Sterne / ist dein Fruchtfleisch. Sei gegrüßt.

Die Mandel ist eine Grundfigur für die Vollendung des Göttlichen im Irdischen. Im Begriff Mandorla ist die Mandel mit enthalten. Man erinnert sich an den verklärten Christus in der Mandorla an den Portalen in Chartres und Paris. Nun tritt Buddha an seine Stelle.

Nach dieser Apotheose des Buddha in den ersten drei Zeilen wirkt die letzte Zeile Sei gegrüßt ziemlich verblüffend. Es gibt keinen Pilger mehr, der sich dem Buddha in Demut nähern würde; es gibt keine Reue mehr für irgendwelche „Sünden“; es gibt nur noch ein aufgerichtetes Du, das dem göttlichen Nicht-Ich gegenübertritt. Aus diesem Gegenübertreten auf Augenhöhe spricht ein Dichter-Pilger Rilke, der davon überzeugt war, dass es darum geht, nicht Anhänger einer Religionslehre zu sein, sondern sie in sich selbst zu verwirklichen und dadurch unabhängig zu bleiben.

Die zweite und die dritte Strophe knüpfen in der Wahl der Metaphern an die erste an und vollenden sie. Dabei verlagert sich die Aufmerksamkeit auf das mit dem „Unendlichen“ Gemeinte. Das Sein, von dem der Buddha Zeugnis gibt, ist nicht das materielle, sondern das geistige kosmische Sein. Man denke hier an den Begriff des Unsichtbaren in seiner für das Spätwerk von Rilke tragenden Bedeutung.

Die Dichter sind die „Bienen des Unsichtbaren“. Sie verwandeln in ihrer Dichtung und Kunst die sichtbare materielle Welt in die unsichtbare geistige. Die „Sonnen“ gehören noch der physischen Welt an. Doch was sich im Innern des Buddha („in dir“!) ereignet, trägt das Gepräge der Zeitlosigkeit.


Die letzte Strophe führt uns in diesen Prozess der Übersteigung hinein. Gemeint ist der Prozess, in dem erwachte Menschen die Buddhaschaft (das höhere Selbst, den Seelengrund, das lautere Nichts) in sich selbst verwirklichen. Buddhaschaft ist ein Begriff für die göttliche Potenz, die in jedem Menschen angelegt ist. Die Nachfolge von Christus in der Verklärung ist ein .....

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