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Rezension
Deutsch

Evangelisches Johanniter Gymnasium Wriezen

2017

Pascal N. ©
3.50

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ID# 68978







Deutsch 11-eAA

Filmrezension - „Goethe!“


„Goethe!“ – mit einem großen Ausrufezeichen hinter dem Namen des wohl „größten Deutschen“ erhofft sich Phillip Stölzl in seinem neuen Film vielleicht eine besonders große Menge an Zuschauern. Warum nur geht man meist mit einer nicht gerade hohen Erwartungshaltung in einen Film hinein der diesen Namen trägt? Ist es, weil man sofort das Bild eines Mannes, der durch seine künstlerische und ästhetische Ausdrucksweise und einem Individualwortschatzumfang von ca. 90 000 Wörtern, schon als eine Art weltferner Übermensch erscheint vor sich hat? Philip Stölzl versucht trotzdem das Beste daraus zu machen, sein Goethe im Film ist feierfreudig, ein Frauentyp und überhaupt ein Draufgänger.

Es beginnt in Straßburg 1772, Goethe ist ein Feste feiernder und höchst fauler Jurastudent welcher gerade durch sein Examen gefallen ist. Sein erstes Drama wird von dem Verlag als „unreifes Geschreibsel“ abgelehnt und auch sein Vater, der ihn in das Reichskammergericht nach Wetzlar „strafversetzt“ ist überhaupt nicht begeistert von dem „Geschreibsel“ was sein Sohn da abliefert und macht es für sein Scheitert verantwortlich.

In Wetzlar lebt sich Goethe schon schnell mit seinem Arbeitskollegen und auch Zimmergenossen Jerusalem ein. Bald darauf, tritt die herzensfrohe Lotte Buff in sein Leben, welche er auf einem Ball kennenlernt und sich schnell in sie verliebt. Als sie aus finanziellen Gründen einem anderen Versprochen wird, welcher zu allem Übel auch Gerichtsrat und somit Goethes Vorgesetzter ist und Lottes Vater ihm jeglichen Kontakt zu Lotte verbietet bricht für den jungen Goethe natürlich eine Welt zusammen.

Nach dieser ersten eher lustspielartigen Filmhälfte folgt die zweite, die die Emotionen der ersten eher ins Negative zieht. Durch Jerusalems Suizid, eine Auseinandersetzung mit Kestner, ein furchtbarer Gefängnisaufenthalt, der Tatsache, dass auch Goethe kurz vor dem Selbstmord steht und der endgültige Abschied von Lotte lassen nun den Künstlerschmerz deutlich werden.

Es ist leicht zu erkennen, dass beim Schreiben des Drehbuches auch öfters in „Die Leiden des jungen Werthers“ geguckt wurde. An sich werden im Film gerade die Erfahrungen dargestellt, die Goethe zu dem „Werther“ inspirierten. Philipp Stölzls recht freie Interpretation der Entstehungsgeschichte des „Werther“ verdient es dennoch nicht, dass man über sie sagt, sie würde nur Wahrheiten zeigen.

Der Film zeigt gut den Auftakt zur Epoche des „Sturm und Drang“ und zielt damit sicher auch auf Schulklassen als Zuschauerschaft ab, dass Goethe Lotte allerdings in taufeuchten Blumenwiesen seine Sesenheimer Lieder rezitierte, ist doch eher unwahrscheinlich.

Im der zweiten Hälfte wird das Tempo stark runtergefahren. Das merkt man auch deutlich wenn man den Film schaut, an vielen Stellen hätte man sicher die eine oder andere Minute einsparen können.

Stölzl geht es nicht wirklich um den Goethe’schen Begriff von „Dichtung und Wahrheit“, sondern es zielt letztendlich dann doch eher auf das typische Kinoklischee ab. Man mag es vielleicht ganz drastisch als „Verfälschung“ der Realität bezeichnen aber das Philipp Stölzl das stören würde ist eher unwahrscheinlich, sein Filmkonzept scheint aufzugehen, so dass nun jüngere Menschen auch zu größeren Mengen in die Kinos rennen könnten um einen unbeschwerten, flotten, schönen Goethe abzugreifen, der am Ende des Films dann schließlich ja auch komplett zum Popstar mutiert.

Mit dem Verzicht auf bildungsbürgerliche Ernsthaftigkeit scheint also das Ausrufezeichen im Titel doch für so einiges zu stehen, was man von Goethe so nicht gedacht hätte, was den Film aber, wenn man ihn dann nicht als Tatsachenbericht betrachten, noch lange nicht langweilig oder schlecht macht.


Wörter: 658



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