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Hausübung
Deutsch

Neues Gymnasium Glienicke

13; 2015

Wilhelm B. ©
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ID# 49718







Gespräch zwischen deutschen Literaten


Vorstellung aller Personen


E.: Wir schreiben das Jahr 1940. Die Schriftsteller Bertolt Brecht, Mascha Kaléko, Anna Seghers und Else Lasker-Schüler folgen der Einladung des Literaten Thomas Mann in ein Café bei Santa Monica in Los Angeles. Insbesondere Brecht ist von der Situation aufgrund einer persönlichen Rivalität mit dem Gastgeber und der langen Reise wenig angetan und wirkt gereizt. Der im Wohlstand lebende Thomas Mann hat sämtliche Reisekosten übernommen.


T.M.: Ich nehme an wir sind uns alle der fatalen Umstände in unserem Heimatland bewusst. Deswegen habe ich die Initiative ergriffen, die Literaten, die ich als am fähigsten, ungeachtet unserer auseinandergehenden Einstellungen, erachte, zusammenzurufen, um gemeinsam dem deutschen Volk und der ganzen Welt zu zeigen, dass sie sich mit ihrem blinden Gehorsam gegenüber dem Naziregime ihr eigenes Grab schaufeln.

A.S.: Als im Jahr 1933 auch meine Bücher verboten und verbrannt wurden kam mir ebenfalls der Gedanke, dass man in einer Gruppe effektiver gegen die Verbrechen der Nationalsozialisten vorgehen kann. Damals fehlten mir jedoch die nötigen Mittel.

B.B.: Wenn Sie das so sagen hört sich das vernünftig an, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie man so etwas umsetzen soll …

M.K.: Die Diskussion ist überflüssig, es ist doch eh schon alles verloren.

A.S.: Mascha, verzweifle nicht! Ich befand mich in einer ähnlichen Situation, wie du sie gerade durchlebst. Allerdings ist es wichtig, die Hoffnung nicht aufzugeben. Jetzt ist es unsere Pflicht die Menschen aufzuklären.

E.S.: Aber wie sollen wir es schaffen die Menschen in einem Land zu erreichen in dem unsere Bücher zensiert und unsere Meinung verboten wurden? Mit der politischen Führung, wie sie das Land im Augenblick hat, scheint es mir nicht sehr aussichtsreich ein solches Unterfangen zu starten.

T.M.: Bevor ihr euch vorschnell eine Meinung bildet, lasst mich meinen Einfall erklären. Ich habe mir überlegt, dass wir gemeinsam einen größeren Einfluss haben als alleine.

Nicht zuletzt durch dein hoffnungsvolles Denken, Anna, wie du es in deinem Werk „Das 7. Kreuz“ zum Ausdruck bringst, bin ich überzeugt, dass ihr die richtigen Ansprechpersonen seid. Mein Plan ist es, ein gemeines Manifest zu verfassen, gerichtet an die deutsche Bevölkerung, in dem wir dem Volk ihren Irrglauben aufzeigen und zum Widerstand aufrufen.

M.K.: Ein gewagter Plan … Für so etwas würde uns die deutsche Regierung auf der gesamten Welt verfolgen. Wir setzen unsere Leben auf´s Spiel für nichts und wieder nichts. Wer sagt denn, dass wir überhaupt Erfolg haben werden?

B.B.: Mascha hat Recht! Thomas, verzeihe mir meine direkten Worte aber du sitzt als regierungsgesteuerte Schreibmaschine in deinem goldenen Käfig und kannst hinterher mit deinem Geld & Einfluss für deinen Schutz sorgen. Doch was ist mit uns? Der SD wird wo auch immer wir uns auf der Welt befinden keine Gnade kennen. Unser Leben wird noch mehr zu einer einzigen Flucht werden als es das bereits jetzt ist.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob du bestochen oder einfach nur blind bist von all deinem Ruhm und all deiner Ehre bist.

Deine Tätigkeiten als Lohnschreiber der Bourgeoise verzerrt deine Sicht auf die Dinge und deine Fähigkeit Kritik zu äußern. Ich nehme beinahe an, dass du uns nur als Marionetten in deinem Spiel mit der Politik verwenden willst. Es braucht schon mehr als eine nicht ausformulierte Idee, um mich auf deine Seite zu ziehen!

E.S.: Bertolt! Das kann unmöglich dein Ernst sein. Du kannst auf Kosten dieses Mannes durch die Welt reisen und trotzdem konfrontierst du ihn mit solchen Anschuldigungen. Ich habe schon immer trotz unserer auseinandergehenden Prinzipien viel von dir gehalten und dich als vernünftigen Menschen eingeschätzt und deswegen appelliere ich an dich, eure bisherigen persönlichen Dispute und Differenzen im Sinne eines gesitteten Austausches und dem Erreichen eines gemeinsamen Zieles unterzuordnen.

Ich selber habe auch immer noch gehörige Zweifel an der Umsetzbarkeit des Ganzen, aber lasst uns wie gebildete Menschen miteinander umgehen … (Pause)

T.M.: Danke Else. Ich denke was das angeht stimmen wir alle überein. Aber mir ist es unsagbar wichtig eure Kritik und Herangehensweisen zu hören.

M.K.: Mit der Flucht aus Deutschland habe ich meine Existenz, viel schlimmer noch, mein Publikum verloren. Hier in Los Angeles gleicht mein Leben einer Brücke über dem Abgrund. Nicht jedem, Herr Mann, geht es hier so gut wie ihnen und nicht jeder hat mehr die Kraft, ein solches Unterfangen durchzuführen. Nein! Ich habe andere, existenzielle Sorgen. Meine ganze Energie benötige ich für das Textschreiben, um mich und meine Familie über Wasser zu halten.

A.S.: Ich denke wir alle sind uns zumindest in einer Sache einig. Als ein Teil der wenigen Fliehenden, die es trotz dieser Umstände geschafft haben im Ausland Fuß zu fassen, sind wir dazu verpflichtet mit allen uns möglichen Mitteln denen zu helfen, die in unserer Heimat zurückbleiben mussten oder auf der Flucht verzweifeln, wie einige von uns es selber taten. Ich selbst floh aus der Schweiz zuerst nach Paris.

Als dann jedoch die deutschen Truppen auch dort eintrafen und mein Mann schließlich sogar inhaftiert wurde, war ich gezwungen in Südfrankreich auf die nötigen Dokumente für unsere Ausreise nach Mexiko zu warten. Das alles war sehr kräftezehrend.

Dass jedoch meine Kreativität und meine Liebe zur Kunst unter diesen Umständen leidet, habe ich nie zugelassen. Und das solltet ihr auch nicht.

M.K.: So gerne ich es möchte, kann ich deine Einstellung zu all dem nicht teilen Anna … Thomas, bitte nimm es mir nicht übel, aber ich denke kaum, dass ein simpler Brief, selbst sollte er Bevölkerung erreichen, das in meinen Augen unausweichliche Schicksal abwenden könnte. Dieses Land ist befallen von einem Virus von dem man es nicht wieder heilen kann. Selbst die Sprache ist vergiftet durch die Parolen der Nationalsozialisten.

E.S.: Mascha auch, wenn ich deine Hoffnungslosigkeit nicht teile gebe ich dir bei der Methodik Recht. Mein Hass auf die Deutschen sitzt zu tief um mich mit einem Manifest zu begnügen. Die deutsche Regierung hat meines und das Leben Millionen anderer zerstört oder sogar beendet, meine Arbeit vernichtet und wir wollen uns mit nicht mehr als einem Text wehren? Die Bürger werden eines Tages nicht nur die Worte und Taten der Politiker zu bereuen haben, sondern auch das furchtbare Schweigen und die Tatenlosigkeit der Mehrheit.


T.M.: Mascha, Else, ich kann eure Bedenken verstehen, doch müsstet ihr euch, zumal ihr alle eures Zeichens Literaten seid, besser als jeder andere der unglaublichen Wirkung eines Textes bewusst sein.

Durch Schriftstücke schaffen wir es in die Köpfe der Menschen!

A.S.: Ich gebe Thomas Recht. Es wäre nicht das erste mal das ein Manifest, dieses Land in seinen Grundfesten erschüttert und das Blatt zum Positiven wendet. Wir sollten in unsere eigenen Fähigkeiten vertrauen und uns dessen bewusst werden, dass Stift und Zettel eine weitaus mächtigere Waffe sind als das Gewehr. Gandhi hat den indischen Unabhängigkeitskampf gewonnen ohne einen Tropfen Blut zu vergießen.

Das ist etwas, das wir in unserem Land auch schaffen können! (Pause)

Nachdenkliches Schweigen…

B.B.: Je länger ich über das nachdenke, was du, Thomas und Else gesagt haben, um so mehr muss ich euch Recht geben und um Entschuldigung für meine harschen Worte bitten. Ich sehe ein, dass ein gemeinsamer Feind, der Unheil über alles bringt, dazu verpflichtet zusammenzuarbeiten und gegen ihn vorzugehen. Von der Idee durch einen Text die Aufmerksamkeit des Volkes zu erlangen bin ich nun überzeugt, auch, wenn die Umsetzung diverse Schwierigkeiten mit sich bringen wird.

M.K: Zu lange schon, ist Hitler nun an der Macht. Zu lange schon sind wir gezwungener oder

ungezwungenermaßen nicht mehr Bürger dieses Landes; dieses einst so wundervollen Landes. Die Bevölkerung ist bis jetzt nicht erwacht, Thomas, und wird es auch nicht mehr. Wir haben es mit einem ideologisierten Volk zu tun, es ist unmöglich dieses zu bekehren. Und selbst wenn es etwas bewirken sollte. Es wird nie wieder das Deutschland sein, das es einmal war. Die Verbrechen an der Zivilbevölkerung, die Vernichtung und Unterdrückung großem künstlerischen Schaffens und Potenzials, und nicht zuletzt der unmenschlich grausame, brutale Umgang mit uns Juden wird dieses Land bis in alle Ewigkeit verpesten.

Unser Ziel sollte nicht die Bekehrung der überzeugten Nationalsozialisten, sondern vielmehr ein Weckruf, gerichtet an diejenigen, die der Manipulation unterliegen oder schlichtweg aus Angst schweigen, sein.

Und was deinen unbekehrbaren und zugegebenermaßen auch unangebrachten Negativismus angeht, muss ich dir mit der nötigen Höflichkeit nahelegen, dass es beinahe schon unverantwortlich ist eine Gruppe voller Tatendrang ein Land zu retten, das auch deine Heimat ist, durch deprimierende Kommentare von ihrem Plan abzuhalten. Es stimmt wenn du sagst, dass das Deutschland, wie es früher war nie mehr existieren wird, doch jetzt ist es an uns aus ein neues, stärkeres Deutschland, bereinigt von sämtlichem radikalen Gedankengut, zu schaffen und es zu altem Glanz zurückzuführen.


Ich stehe in engem Kontakt mit dem Komitee zur gemeinsamen Interessenvertretung deutscher Emigranten und der amerikanischen Regierung, und dem hiesigen Außenministerium, was selbstverständlich zu unser allem Interesse ist und uns sämtliche Türen öffnet, sofern es notwendig ist. Wir sollten uns auf das besinnen, was wir uns vorgenommen haben. Doch bevor wir dieses Treffen auflösen interessiert es mich über alle Maßen, wie es euch ergangen ist.

Vieles habe ich ja bereits gehört.

A.S.: Ich arrangiere mich gut mit Mexiko. Mein Mann geht dort seinem Beruf als Hochschullehrer nach und auch ich habe mich gut eingelebt, habe meine Stammcafés und lerne auch gern neue Menschen kennen. Zurzeit arbeite ich, wie du bereits erwähnt hast, an einem neuen Werk. Gerade erst ist das erste Kapitel in einer Zeitschrift bei uns in Mexiko erschienen.

Ich selbst habe Deutschland umgehend nach dem Reichstagsbrand verlassen und habe eine Zeit lang in Tschechien, Österreich und der Schweiz, gelebt, wo viele meiner Werke entstanden. Ich musste allerdings schon bald weiter vor dem Krieg fliehen und begab mich deswegen erst nach Dänemark und mit Ausweitung des Konfliktes immer weiter in den Norden Skandinaviens. Ich denke es ist mir dennoch besser ergangen als vielen anderen.

M.K.: So wird es wohl sein. Doch auch ich bin zu einer Einsicht gekommen. Die Hoffnung aufzugeben war ein Zeichen menschlicher Schwäche. Ich habe mich dazu entschlossen mein Möglichstes zu tun, um diese Gemeinschaft voranzubringen.

*Zustimmung der Gruppe & Verabschiedung*


E: In den folgenden Wochen entsteht das geplante Manifest. Aufgrund von Unstimmigkeiten mit zwischen Mann und der amerikanischen Regierung kommt es allerdings nie zu einer Veröffentlichung. Das Potenzial etwas zu verändern hatte das Manifest allerdings.



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