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Referat
Pädagogik

Universität Bielefeld

1984

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ID# 7995







1.           Die neuen Medien und die Rolle der Pädagogik

Im Folgenden werden zu den neuen Medien und die Rolle der Pädagogik drei SteIIungnahmen von Medienpädagogen dargestellt. Es handelt sich dabei um drei Thesen. In These 3 wird wie folgt argumentiert:·

   die neuen Medien zerstören eher die personelle Kommunikation als das sie sie fördern;

   Kommerzinteressen führen zu einseitiger Ausrichtung von Programminhalten und

   dies und Auslandserfahrungen gebieten es, die neuen Medien zu verhindern.

 

Nun zu den Expertenmeinungen. In ihren Artikeln zeigen diese Experten eine starke Tendenz zu These 3. Franz Dröge und Narciss Göbbel beschreiben Medienpädagogik als ein Reparieren von Folgeschäden der technischen Kommunikation (TV) bzw. Kompensation oder Erziehung zum kritischen Konsumenten (vgl. Neue Medien und die Pädagogik 1981).

Für beide Autoren steckt die Medienpädagogik nach der Einführung der Neuen Medien in der gleichen Situation wie mit den alten Medien. Sie gehen davon aus, dass sich die Fernsehinhalte aufgrund der gesellschaftlichen Situation nicht wirklich ändern werden. Es wird sich wohl lediglich um eine >Kapazitätsausweitung< handeln in einer verschärften Anbieterkonkurrenz, was zur Folge haben wird, dass man wohl mit einer noch stärkeren Programmkonzentration auf die sogenannten „ErfoIgsmodeIIe" rechnen muss. Das wiederum wird für beide Autoren eine „explizite Entpolitisierung" nach sich ziehen, was ja durchaus im Interesse der derzeitigen politischen Eliten Iiegt. Die von vielen propagierte >Politisierung< wird nicht stattfinden.

Fr. Dröge und M. Göbbel wollen die Medienpädagogik wegführen von einer kompensatorischen Rolle hin zu einer Lebensgestaltungsfunktion für ihre Zielgruppe. Diese Veränderung aber ist nur möglich, wenn sich unsere gesellschaftlichen Strukturen so verändern, dass der Einzelne einen größeren Spielraum für seine individuelle Lebensgestaltung erhält, was immer das auch bedeuten mag.  

 

Für Martin Furian ist der Begriff der Neuen Medien ein Sammelbegriff für sehr unterschiedliche Kommunikationsformen. Insgesamt beurteilt er das neue Kabel- und Satellitenfernsehen negativ im Hinblick auf die personale Interaktion und Kommunikation wie auch andere Autoren. Allerdings betrachtet er die Neuen Medien differenzierter. Das Bildtelefon bewertet er insgesamt positiv für die menschliche Kommunikation, es ist aber nur im Zusammenhang mit der Einführung des Kabelfernsehens wirtschaftlich rentabel.  

Insgesamt aber beurteilt M. Furian jedes Mehr an Fernsehangeboten bzw. Programmen – welchen Inhalts auch immer – negativ für die menschliche Interaktions- und Kommunikationsfähigkeit und bringt dieses in direkten Zusammenhang mit wirtschaftlichen Interessen. Für ihn bedeutet das, dass Medienpädagogik in den Dienst dieser wirtschaftlichen Interessen gestellt werden soll, u.a. um eventuelle negative Folgen zu verleugnen. Medienpädagogik soll mithelfen, die Neuen Medien durchzusetzen.  

Als Folgen eines vermehrten Fernsehangebots – wobei Furian wie auch Dröge und Göbbel eher eine Qualitätsminderung erwartet denn eine Verbesserung – erwartet er aufgrund der bisherigen Forschungsergebnisse erhebliche Schädigungen insbesondere bei Kindern und Jugendlienen und ein weiteres Auseinanderklaffen von Bildung und dadurch eine weitere Entpolitisierung großer Teile der Bevölkerung.

 

Für Martin Furian ist es eine moralische und politische Pflicht als Wissenschaftler, die Einführung der Neuen Medien hinaus zu schieben, da unter den derzeitigen Bedingungen die Zuschauer im Allgemeinen nicht auf ein derartiges Fernsehangebot vorbereitet sind. Er zitiert in diesem Zusammenhang einen Bericht der Expertenkommission Neue Medien, in dem es heißt, dass „Medienpädagogik allein nicht imstande ist, sinnvollen Fernsehgebrauch vorzubereiten und negative Auswirkungen einer Ausweitung von Fernsehangeboten vorzubeugen. Dies konnte nur durch ein Umdenken in der allgemeinen Erziehung erfolgen.“ Wie oben zitierte Expertenkommission und auch die vorigen Kommunikationswissenschaftler Fr. Dröge und N. Göbbel vertritt der Massenmedienwissenschaftler M. Furian den Standpunkt, dass Kabelfernsehen negative Auswirkungen auf eine unvorbereitete Bevölkerung hat. Er fordert vor der Einführung u.a. noch eine Vorbereitungszeit von fünf Jahren, eine konsequente Umformung der Schulen zu Erziehungseinrichtungen und eine Verpflichtung der jetzigen Medien zu medienpädagogischem Handeln. Auch wenn seine Forderungen erfüllt werden würden, bleibt für M. Furian die Frage offen, ob es überhaupt sinnvoll ist, 40 Milliarden DM auszugessen. " Wie viel Wohnungen sind das", fragt er in diesem Zusammenhang.  Für den Medienpädagogen Jürgen Hüther ist die Geschichte der Medienpädagogik bisher eine Reaktion auf neue Medien geblieben und weniger ein pädagogisch-politisches Handeln durch die Medien. Er fordert die Medienpädagogik auf, aus dieser Tradition herauszutreten und die neuen Medien handelnd mitzugestalten, was für ihn eine konkrete Intervention bedeutet. Gleichzeitig ist es klar, dass sich die Medienpädagogik nur schwer gegen die hinter dem Kabelfernsehen stehenden Kapitalinteressen bzw. -lobby durchsetzen kann. Die Einführung des Kabelfernsehens dient grundsätzlich wirtschaftlichen Interessen und alle anderen Begründungen sind lediglich Legitimationen für seine Durchsetzung. Da Medienpädagogik in ihrer bisherigen Geschichte ihre Klientel nicht erreichen konnte – es besteht eine große Diskrepanz zwischen der individuellen hohen Fernsehkonsumbereitschaft bzw. Konsumorientierung und der grundsätzlichen Bereitschaft, dieses Verhalten zu problematisieren – fordert er eine >aggressive< Popularisierung von ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Veränderungen durch die ‘Neuen Medien.

Auch für J. Hüther ist es eindeutig, dass es einer Vielzahl flankierender Maßnahmen bedarf, das Kabelfernsehen[1] durch die Einrichtung offener Kanale zu mehr Bürgernähe fuhrt, muss doch der Bürger erst lernen, mit offenen Kanälen u.a. umzugehen. Zum anderen verdient wohl niemand an offenen Kanälen. Geld verdient wird letztlich durch die Werbung und durch die von mir oben schon erwähnten erfolgserprobten Programmangeboten, sprich u.a. Spielfilme.

Diese vier Experten sowie auch die Expertenkommission würden alle These 2 zustimmen, das nämlich die Neuen Medien die Fähigkeit des Menschen zu personeller Kommunikation und Interaktion noch mehr zerstören. Ein Mehr an Fernsehangeboten bedeutet eine noch größere Isolation des Einzelnen. Dazu noch ein Hinweis aus einem Artikel in der BARMER Informationszeitschrift. Darin wird der Psychotherapeut Prof. Rudolf Affemann aus Stuttgart zitiert. Er stellt darin fest, dass gerade bei Heranwachsenden ein erhöhter Fernsehkonsum zu einer Art Sucht führt, die es seiner Umwelt entfremden und hindern, das Leben selbst aktiv zu gestalten. Soweit dieser Experte. Ein Mehr an Fernsehprogrammen bedeutet ja auch nicht eine größere bzw. breitere Vielfalt – was ja durchaus wünschenswert wäre, sondern vielmehr einfach eine größere Zahl an Stunden vor dem Fernseher mit dem gleichen Angebot, da das kommerzielle Interesse etwas anderes nicht zulassen wird. Gefordert wird darum auch nicht nur eine Hinauszögerung, sondern vielmehr eine Verhinderung der Neuen Medien. Medienpädagogik war bisher offensichtlich eher ein Reparieren von Folgeschäden als etwa das Lerne eines reflexiven Umgangs mit dem Medium. Die hinter dem Kabelfernsehen stehende Kapitallobby möchte die Medienpädagogik nun benutzen, um das neue Kabelfernsehen durch zu setzen. Und das, obwohl die Erfahrungen im Ausland negativ sind. Alles spricht gegen das Kabel- und Satellitenfernsehen, nur nicht die Interessen des Kapitals und der Politiker.

2.               Wie manipuliert das Fernsehen?

 

Dem Fernsehen wird im Allgemeinen die größte Objektivität zugestanden. Es vermittelt den Eindruck, als berichte es wahrheitsgetreu und zuverlässig. lm Grunde wird die Manipulation durch das Fernsehen nur schwerer wahrgenommen, da der Zuschauer das Gefühl hat er sieht das Geschehen selber. Er glaubt an das, was er sieht, nimmt es als Wirklichkeit wahr und kommt deshalb nicht auf die Idee, es anzuzweifeln. Um zu erkennen, wie stark die Wiedergabe der Realität manipuliert sein kann, musste er erfahren auf welche Art und Weise ein Fernsehprogramm entsteht.

 

Die Manipulation im Fernsehen lässt sich wie folgt gliedern:

1. Einflusse von Parteien

2. Pflicht zur Verschwiegenheit

3. Auswahl der Mitarbeiter

4. Auswahl der Themen

5. Placierung im Programm

6. Einflusse von Moderatoren

7. Technische Manipulation

 

2.1.           Einflusse von Parteien

 

Ein Einfluss der Parteien wird deutlich bei der Neubesetzung verantwortlicher Positionen. Die Einstellung ist immer weniger von der Qualifikation der Bewerber, sondern von seiner Parteienzugehörigkeit abhängig. In einer Fernsehanstalt wird jede Partei darauf achten, dass sie nicht zu kurz kommt. Wenn sich also eine Partei unterdruckt fühlt, wird sie sich bemühen, eine neue Stelle zu schaffen und sie mit einem Bewerber, der ihrer Partei angehört, zu besetzen. Oft artet die Besetzung leitender Positionen in eine Machtprobe zwischen Parteivertretern aus. Dem Anspruch, wahrheitsgemäß und kritisch zu informieren kann ein so angestellter Journalist oder Redakteur nicht gerecht werden. Die Politiker greifen nach den Medien, weil sie hier eine Möglichkeit sehen, ihre Macht zu vergrößern.

 


 

2.2.        Pflicht zur Verschwiegenheit

 

Festangestellte Mitarbeiter des Fernsehens haben durch ihren Dienstvertrag die Pflicht, über vertrauliche Vorgange in ihrem Arbeitsbereich zu schweigen. ln einer hierarchisch aufgebauten Fernsehanstalt erleichtert diese Pflicht allerdings den Missbrauch der Macht und die Manipulation der Programme. So kann z.B. ein Redakteur bei sendefertigen Programmen zu Schnitten gezwungen werden und hat, da er dies nicht der Öffentlichkeit zuganglich machen kann, keine Möglichkeit, sich zu wehren.

 

2.3.        Auswahl der Mitarbeiter

 

Um Ärger mit unbequemen Sendungen zu vermeiden, bilden Fernsehredakteure oft eine Gruppe von Mitarbeitern um sich, die auf dem gleichen Standpunkt stehen wie sie selber. Diese Mitarbeiter und dessen Arbeit brauchen sie nicht. ständig zu kontrollieren. Derjenige, der in einer Fernsehanstalt weiterkommen will, muss sich anpassen, was heißt, geringen Widerstand zu leisten. Durch die Auswahl eines bestimmten Mitarbeiterkreises wird der Zuschauer nur über einen beschränkten Teil der Wirklichkeit informiert.

 

2.4.        Auswahl der Themen

 

Eine unbequeme Sendung wird in der Regel nicht offen abgelehnt oder unterdrückt. Es gibt genügend Dinge, die als Gründe vorgeschoben werden können wie: Mangel an verfügbarer Sendezeit, die Produktionskosten übersteigen den Etat, die Konkurrenz hat dieses Thema erst kürzlich behandelt, ein Kollege beschäftigt sich schon mit diesem Thema. Zudem ist es so, das Produzenten und Redakteure genau wissen, welche Themen erwünscht sind und welche nicht.   Sie werden selten oder gar nicht ein unerwünschtes Thema auswählen. Jede Fernsehanstalt hat zwar eine Anzahl von kritischen Programmen, die sie vorzeigen kann, aber diese Programme sind nur Ausnahmen, die der Rechtfertigung   dienen. ·

 


 

2.5.        Placierung im Programm   

 

Sehr wichtig ist der Ausstrahlungstermin einer bestimmten Sendung. Spät am Abend nimmt die Zuschauerzahl stark ab, da die Mehrheit der Zuschauer am nächsten Tag um 6 oder 7 Uhr aufstehen muss. Oder eine Sendung wird am Nachmittag ausgestrahlt, wenn die Mehrheit noch arbeitet. Kritiker haben oft darauf hingewiesen, dass gerade aufklarende, kritische Programme zu diesen Zeiten gesendet werden. Allerdings ist zu beobachten, dass zu den Hauptsendeseiten leicht konsumierbare Programme höhere Einschaltquoten erreichen. Dies ist ein willkommenes Argument, anspruchsvolle Programme zu ungünstigen Zeiten auszustrahlen. Es gäbe auch die Möglichkeit, sich mit anderen Kanälen abzusprechen und zur gleichen Zeit je einen "kritischen, anspruchsvollen" Film zu senden, damit das Publikum nicht ausweichen kann. Das Gegenteil ist ebenfalls möglich, indem man eine Sendung parallel zu beliebten Sendungen wie z.B. Fußball Liveübertragungen sendet, wodurch sie möglichst wenig Wirkung hat.

 

2.6.        Einflusse von Moderatoren

 

Der Moderator hat deshalb einen großen Einfluss auf das Fernsehprogramm, weil er teilweise die zuvor erwähnten Manipulationen ausübt, wie z.B. Mitarbeiterauswahl. Er ist der Präsentierende und deshalb wird ihm auch der Erfolg oder Misserfolg einer Sendung angerechnet. Wenn ein Einzelner diese Macht hat, gibt es immer die Gefahr von falschen Entscheidungen und Unausgewogenheit.

 

2.7.       Technische Manipulation   

 

Es gibt mehrere Möglichkeiten der technischen Manipulation. Das offensichtliche, bewusste Verfälschen einer Information z.B. durch Schnitte kommt nicht so oft vor. Anders kann eine Information aber auch verfälscht werden z.B. indem bestimmte Bilder oder Handlungen gleich bei der Aufnahme aus- gewählt bzw. weggelassen werden. Bin Gesicht kann durch O die Beleuchtung entweder anziehend oder abschreckend wirken, und ebenso kann der Klang einer Stimme verändert werden. Es gibt noch die verschiedensten Möglichkeiten zur technischen Manipulation, wovon ich nur noch eine, nämlich den Sende- ausfall, erwähnen will. Hierbei sieht der Zuschauer durch Tastendruck des Bildmischers nur das leere Bild an Stelle des eigentlichen Films. `

 

Die neuen Medien werden sich in diesen Punkten kaum von den alten unterscheiden. Den Politikern geht es nicht darum, das Programmangebot auszuweiten, um der Bevölkerung einen Gefallen zu tun. Die Medien dienen ihnen zur Nutzung eigener ökonomischen und politischen Interessen. Dem Staat geht es um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Unsere Gesellschaft ist von geschäftlich erfolgsversprechenden Entwicklungen geprägt. Da der Fernsehgerätemarkt mit 95% ausgelastet ist, kommt es darauf an, in anderen Medienbranchen Profite zu machen. An der Durchsetzung der neuen Medien sind mindestens drei Branchen interessiert:

   die Unterhaltungselektronik-Branche,

   diaelektrotechnische Industrie und

   die werbetreibende Konsumgüterwirtschaft.

Medienpädagogik und Bürger können nicht eingreifen. Sie können zwar ihre Meinung zu diesem Thema formulieren, aber ändern können sie dadurch nichts, weil sie nicht handeln dürfen. Obwohl es keine Untersuchungen gibt, die ein Bedürfnis der Bevölkerung nach weiteren Programmen belegen, wird ihr dieses unterstellt. Der Staat beginnt, Städte zu verkabeln, Satellitenübertragungen vorzubereiten und neue Telespiele, Topprogramme usw. zu entwerfen. Von Medienpädagogik wird im Grunde nur geredet, um die Bevölkerung und das eigene Gewissen zu beruhigen. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig bestimmte Sachverhalte wie Datenschutz und Vertretung von Minderheiten zu sichern.

 


 

3.           Parteien-, Verbands- und Produktionsöffentlichkeit: "Meinungsvielfalt" als Kompromiss.

 

Die Mediendiskussion spaltet sich in zwei Interessengruppen.

1. Parteien-, Verbands- und Produktionsöffentlichkeit (Parteien Verbände, öffentlich-rechtliche Anstalten und kulturindustrielle Großkonzerne). ·

2. Spontane Gegenöffentlichkeit ·

Die öffentliche Diskussion wird vorwiegend im ersten Bereich geführt und spaltet sich dabei in zwei Hauptprobleme:

A) Bedrohung der Meinungsvielfalt durch Großkonzerne.

B) Repräsentanz der gesellschaftlich-relevanten Gruppen.

 

ln der ersten Interessengruppe, mit der sich D. Prokop in dem folgenden Abschnitt zunächst beschäftigt, werden alle Massenmedien zusammengeführt. Sowohl private Vertreter wie z.B. Tageszeitungen, Illustrierte und Filmproduktionen, als auch Rundfunk, Fernsehen und schließlich Kabelfernsehen. Innerhalb der ersten Gruppe stellen sich unterschiedliche Probleme, zum einen für den privaten, zum anderen für den öffentlich-rechtlichen Bereich. Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Parteien, wie die Abhängigkeit beider Bereiche von der Werbewirtschaft und dem gleichen Interesse gegenüber dem Konsumenten. Will man die kulturelle Produktion verändern, so muss man diese in zwei Teile aufspalten:

 

1. Organisation (Form der zugelassenen Kooperation der Produzenten und Kontrolle über die Produktionsmittel).

2. Institution (Formen und Inhalte des kulturellen Produkts).

Der Konflikt im Bereich der Parteien-, Verbands- und Produktionsöffentlichkeit besteht hauptsächlich in der "Erweiterung bzw. Konsolidierung der formalen Repräsentanz der zugelassenen gesellschaftlichen Tendenzen im Spektrum der angebotenen Meinungen". Da das Interesse an Legitimation bei beiden Bereichen, öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern gleich groß ist, werden Konflikte meist nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen. Prokop macht den Parteien den Vorwurf, dass sie nicht konsequent genug das Prinzip der freien Konkurrenz im Medienbereich überwachen, sondern immer nur so weit Entscheidungen treffen, wie die politischen Interessen aller beteiligten "etablierten, politischen Machtträger" gewehrt bleiben. ·

Er kritisiert ferner, dass für die Parteien auch ein Pressemonopol nicht die Meinungsvielfalt aufheben würde, solange dieses bestimmte Monopol auch verschiedene Meinungen in der Zeitung abdrucken würde. Er nennt diese Haltung "Pluralismus in der Zeitung". Prokop wirft den Parteien vor, sie würden die "verlegerische Macht" unterschätzen und schon einen rein "formalen Pluralismus" akzeptieren.

 

3.1.        Spontane Gegenöffentlichkeit: Arbeit an den gesellschaftlichen Institutionen.  

 

In diesem zweiten Abschnitt befasst sich der Autor mit der oben erwähnten, zweiten Interessengruppe, mit der spontanen Gegenöffentlichkeit. Prokop definiert die spontane Gegenöffentlichkeit wie folgt: "Redaktionsstatuten-Bewegungen, Teile der journalistischen Kritik, politische Filmemacher, Publikumsinitiativen, Basisgruppen etc." Das Interesse dieser Gegenöffentlichkeit ist anders als das der Parteien-, Verbands- und Produktionsöffentlichkeit. Sie hat ein Interesse an "freier Artikulation und Verarbeitung von Ereignissen...", ein Interesse also an lebendiger Produktion, statt an Legitimation. Prokop gesteht allerdings auch ein, dass durch die bisherige Mediengestaltung, mit ihrer starken Generalisierung und Abstraktion von Information, die Massen gar keinen Wunsch mehr nach einer lebendigen Nachrichtenübermittlung haben. Er sagt, dass durch die rein informelle Nachrichtenübermittlung die Konsumenten insofern beeinflusst werden, dass sie sich beispielsweise nicht mehr das Recht nehmen, ihre eigenen Erfahrungen frei zu artikulieren. Es sollten daher unbedingt alternative Wege der Nachrichtenübermittlung aufgezeigt werden, die viel starker auch subjektive Erfahrungen der Konsumenten miteinbeziehen würden, sodass es überhaupt möglich wird, sich von den bisherigen Konzepten zu lösen. Prokop benutzt hier das Beispiel des Sports, der nicht mehr ausschließlich ein Mittel zur physischen Disziplinierung sein soll, sondern der zu einem "Medien der Artikulation von Erkenntnissen" werden könnte (Pantomime, Tanz). Diese spontane Gegenöffentlichkeit fordert also ein Recht auf ungehinderte geistige Arbeit für alle, nicht nur für Verleger oder Journalisten.

 

3.2.        Management: Kontrollinstanz lebendiger geistiger Arbeit

 

Das Management symbolisiert die Trennung zwischen geistiger und körperlicher Arbeit. Prokop bezieht sich hierbei auf Taylor der die Funktion des Managements darin sieht, eine Verbindung zwischen der sogenannten Kopfarbeit und der Handarbeit der Lohnarbeiter herzustellen. Diese Verbindungstätigkeit der Manager bezeichnet Taylor ebenfalls als Kopfarbeit. Die Stellung des Managements wird wohl durch folgendes Zitat noch etwas deutlicher: "In dieser Funktion vertritt das Management die gesellschaftlichen Potenzen der Kopfarbeit und versetzt die Arbeiterschaft in den ohnmächtigen Status einer Summe von einzelnen Lohnarbeitern". Die eigentliche betriebliche Aufgabe der Manager, die in der Privatwirtschaft oder aber auch bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten arbeiten, ist, wie Prokop meint, die lebendigen journalistischen Fähigkeiten einzuschränken und die Möglichkeiten der reinen Publikumsfixierung zu verbessern. Der Autor kritisiert, dass es den Medienmachern mit Hilfe des Managements eben nur darauf ankomme, diejenigen Produzenten zu fördern, die mit ihren Produkten die höchsten Einschaltquoten erreichen. Es ist also weder die Kreativität, noch die kritische Fähigkeit des Produzenten bei der Programmgestaltung gefragt. Daher wird auch nur sin sehr stark generalisiertes Angebot der Medien aufgestellt, womit die ebenfalls stark generalisierte Aufnahmefähigkeit der Konsumenten gedeckt werden soll. Prokop führt aus, das erfolgreiche Produzenten mit hohen Einschaltquoten ein Gespür für diese Dinge besitzen müssen:

1. Für die Strömungen an der Basis.

2. Für die Wandlungen des Markts. ·

3. Für das, was ihnen erlaubt ist.

Diese drei Fähigkeiten müssten zu einem Konzept zusammengefügt und den Konsumenten schmackhaft gemacht werden. Von Seiten der Redaktionsstatutenbewegungen im Bereich der privaten Presse wurden, auf Grund der oben formulierten Kontrollinstanz des Managements "Einschränkungen der Verfügungsgewalt des Managements" gefordert. Dis Partien gewähren den Journalisten offiziell ihr Recht, nichts gegen ihre Meinungen vertreten zu müssen, jedoch gibt es für die Redakteure nicht die Möglichkeit einer Einflussnahme auf die grundsätzliche Haltung einer Zeitung oder auf die Einstellung oder Entlassung von leitenden Mitarbeitern. Diese Macht bleibt beim Verleger.

 

3.3         Möglichkeit der spontanen Gegenöffentlichkeit.

 

Dieter Prokop stellt zu Beginn dieses Kapitels deutlich heraus, dass die "Entfaltungschancen der spontanen Gegenöffentlichkeit" von der anderen Seite, nämlich von der Parteien-, Verbands-und Produktionsöffentlichkeit, beeinflusst werden. Überwacht wird diese Gegenöffentlichkeit, wie schon erwähnt, von der Kontrollinstanz des Managements. Jedoch darf man nicht verschweigen, wie der Autor meint, das die Vorteile der Produktionsöffentlichkeit gegenüber der Gegenöffentlichkeit nicht nur durch den Besitz besserer Produktionsmittel und durch bessere Möglichkeiten, die Öffentlichkeit zu organisieren, bestehen, sondern das diese Parteienöffentlichkeit auch große Zustimmung der Massen selbst erfährt. lm Text wird dieser Aspekt als Massenloyalität bezeichnet. Nachteile der Produktionsöffentlichkeit werden darin gesehen, dass die speziellen Interessen der Konsumenten nicht mit einem speziellen Medienangebot befriedigt werden, sondern dass ein generalisiertes Medienangebot aufgestellt wird. Die spontane Gegenöffentlichkeit tritt für das Prinzip von Produktion und Kooperation ein und stellt sich damit gegen die bisherige Praxis der Produktionsöffentlichkeit, in der sowohl Künstler als auch Journalisten durch das Management ständig in Konkurrenz zueinander gehalten werden. Ferner tritt die spontane Gegenöffentlichkeit für den Abbau der existierenden bürokratischen Hierarchien innerhalb der Medien ein. Damit tritt sie auch für eine Demokratisierung von Personal- und Programmabschlüssen ein. Hierbei muss allerdings darauf geachtet werden, das die "Entscheidungsträger rechtlich und faktisch zur Entscheidung befähigt sind". Durch eine vermehrte Mitbestimmung verspricht sich die Gegenöffentlichkeit schließlich eine verbesserte Leistungsmotivation. Sie fordert nicht nur die Förderung der Entwicklung von Künstlern und Journalisten, sondern sie sehe einen großen Fortschritt auch darin, wenn es gelänge, Arbeitsgruppen, die aus Künstlern, Journalisten und Publikum bestehen, zu bilden. Dadurch wäre es wesentlich leichter, auf spezielle Bedürfnisse der Konsumenten zu reagieren. Weitere Überlegungen der spontanen Gegenöffentlichkeit führen zu folgenden 4 Punkten:

 

1. Herauslösung der Verfügungsgewalt über die Transportmittel öffentlicher Kommunikation aus dem Zusammenhang mit privaten Kapital-Interessen.

2. Effektive Mitbestimmung in allen personellen, wirtschaftlichen und redaktionellen Angelegenheiten.

3. Publikumsmitbestimmung über Beirate aus Verbraucherverbanden, Gewerkschaften und Publikumsgesellschaften.

4. Organisation aller Lohnabhängigen in einer Mediengewerkschaft.

 

Der Plan der Gegenöffentlichkeit, politisch arbeitende Gruppen zu bestimmten Arbeitsprojekten zusammenzustellen, wird mit Hilfe des Medienprogramms der Jungsozialisten verdeutlicht. Dieses Programm ist wiederum in sechs Punkte gegliedert.

1. Beschaffung von Kommunikationsmittel für gesellschaftliche Gruppen oder Minderheiten, die in der bürgerlichen Presse kaum Erwähnung finden, wie z.B.: Frauen, Arbeiter, Jugendliche und ethnische Minderheiten.

2. Organisation von Veranstaltungen im Kommunikationsbereich, die Einzelnen oder Gruppen die Möglichkeit zur Selbstdarstellung bieten.

3. Anfertigung von aktueller Dokumentation zu lokaler Berichterstattung.

4. Einwirkung auf vorhandene Medien durch Mitarbeit in den Medien (Leserbriefe, Gegendarstellungen). Kontakt herstellen zwischen Redaktionen, Kinobesitzern und Bevölkerung. Veranstaltung von Hearings, eigenes Publizieren und Flugblattaktionen zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen.

5. Kontrolle von Mitgliedern der Rundfunkaufsichtsgremien durch Mitarbeit in diesen Gremien.

6. Mitwirkung an den kommunalen Entscheidungen für den Medienbereich.


 

4.               Literatur

 

 

Kapitel 1:

 

Neue Medien und die Pädagogik in: Medien und Erziehung, 1981,
S. 66–84

Kapitel 2:

 

Manipulation im Fernsehen von Helmut Greulich in: Mediendidaktische Modelle: Fernsehen, herausgegeben von Dieter Baacke 1973, Juventa Verlag München Merz Medien und Erziehung 4/81

Kapitel 3:

 

Chancen spontaner Gegenöffentlichkeit – Medienpolitische Alternativen von Dieter Prokop in: Kritische Medientheorien, herausgegeben von Dieter Baacke, 1986

 



[1] wie in These 1 formuliert.


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