Faust, der Tragödie erster Teil - Studierzimmer II
Ein Schüler tritt auf: Vers
1886-2049
Als Faust den Pakt mit Mephisto besiegelt hat, tritt ein Schüler auf. Er
will mit dem berühmten Doktor Faust reden, damit dieser im hilft, was die
Auswahl seiner Studienrichtung angeht und auch, weil er allgemein Rat sucht.
Weil Faust sich nicht fähig fühlt, ihn zu empfangen, bietet Mephistopheles an,
sich als Faust zu verkleiden, um mit dem Schüler zu sprechen. Er redet mit dem
Jungen, gibt ihm Ratschläge und verschafft ihm einen Überblick über die
verschiedenen Richtungen.
Die Szene im Studierzimmer stellt die Fakultäten und Fachrichtungen der
Universitäten satirisch dar. Mephisto beschreibt in jeder Fachrichtung die
Sinnlosigkeiten und Widersprüche. Er erwähnt alle Zweige, die auch Faust
studiert hat. Dadurch, dass er sie alle sarkastisch beurteilt, zieht Mephisto
auch Fausts Streben nach der Wahrheit, die er in den verschieden
Studienrichtungen vergebens gesucht hat, ins Lächerliche. Die Wahrheit in
diesen Studien zu suchen ist sinnlos, weil die einzelnen Wissenschafter
eigentlich selbst nicht wissen, was sie lehren und was der eigentliche Sinn
hinter ihren Weisheiten ist. Die Szene ist also nicht nur eine Nebenszene an
das Stück, eine reine Satire auf die Schulen, sie bestätigt auch Fausts
Scheitern und bietet auch gleich eine Art Erklärung, wieso es soweit gekommen
ist. Sie ist also in das Gelehrtendrama sehr wohl integriert.
Der Schüler selbst ist ein junger Mann, der neu an der Universität ist.
Er kommt aus gutem Hause, hat Geld und ist behütet aufgewachsen. „Meine Mutter
wollte mich kaum entfernen“ Er ist verwirrt und auch verängstigt, die
Universität mit ihren grauen Mauern und der einengenden Atmosphäre macht ihm
Angst. Er kommt „voll Ergebenheit“ zu Faust und hat großen Respekt vor dem
Gelehrten. Der Schüler weiß noch nicht, was er studieren möchte. Es geht ihm
eigentlich nur um das Studieren um des Studierens Willen. Er wünscht nur
„recht gelehrt zu werden“ und „möchte gern was Rechts hieraußen lernen“.
Genauere Vorstellungen von dem, was er lernen möchte, hat er eigentlich nicht.
Die erste Fachrichtung, die Mephisto dem Schüler zu studieren rät, ist
das Collegium Logicum. Er stellt es als Wissenschaft dar, die das Ganze aus den
Augen verloren hat. Die Studenten sollen brav dressiert werden, um möglichst
gut auswendig zu lernen. Die Gedanken sollen geordnet ablaufen, man solle nur
ja nicht abschweifen und phantasieren. „Der Philosoph, der tritt herein und
beweist euch, es müsst so sein“ . Warum es allerdings so ist, soll nicht
hinterfragt werden. Auch erfasst diese Wissenschaft nur Bruchstücke, sieht aber
keinen größeren Zusammenhang. „Dann hat er die Teile in der Hand, fehlt,
leider! Nur das geistige Band“.
Als nächstes analysiert er die Metaphysik. „Da seht, dass ihr tiefsinnig
fasst, was in des Menschen Hirn nicht passt“, meint Mephisto. In dieser
Wissenschaft werden Dinge erklärt und mit möglichst komplizierten Worten
beschrieben, deren Sinn eigentlich niemand wirklich erfassen kann. Mephisto
nimmt auch die Professoren ins Visier und meint, dass sie nichts anderes
lehrten, als in den Büchern ohnehin stehe.
Zur Juristerei meint Mephisto, dass sie das Recht, „das mit uns geboren
ist“ im Laufe der Zeit teilweise ignoriert beziehungsweise pervertiert hat.
„Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage“. Der Schüler ist der Rechtslehre aber von
vornherein abgeneigt.
Über die Theologie sagt Mephisto, dass es hier wichtig sei, dass man nur
„einen hört und auf des Meisters
Worte schwört“. Man solle sich auch möglichst genau an Worte halten. Denn es
sei schwer, „den falschen Weg zu meiden“.
Als letztes bittet der Schüler ihn um seine Meinung zur Medizin. Mephisto
meint zu sich „Ich bin des trocknen Tons nun satt, muss wieder recht den Teufel
spielen“ So ist die Medizin die einzige Wissenschaft, die er für den Schüler
positiv darstellt. Allerdings wirft diese Analyse kein gutes Licht auf die
Medizin selbst. Er beschreibt die Medizin als Wissenschaft, die nicht schwer zu
erlernen sei. Sobald man dann einen Titel habe, habe man die Achtung, vor allem
der Damenwelt sicher. „Dann habt ihr sie alle unterm Hut“. Mephisto weiß, was
die Menschen wollen, die fleischliche Darstellung gefällt dem Schüler gut. Hier
zeigt sich die Macht, die er dank seiner Überredungskunst über die Menschen
hat.