Schreiben Warum für wen was schreiben? Und: Wer korrigiert was wie?
Historisches: Imitationsaufsatz: Imitation, Umformen vorgegebener Texte; Mittelalter Reproduktionsaufsatz: neue Bereiche der Themenstellung, literarisch-moralischer Aufsatz im 19. Jht.; Dressurleistung: „Ein Nichts schreibt ein Nichts“ (Jean Paul) auch gebundener Aufsatz ïƒ man schreibt nach Vorgabe, Muster Produktionsaufsatz: „freier Aufsatz“, Wurzeln in der Kunsterziehung und Reformpädagogik
18./19.Jht. Deutsch mehr und mehr als Unterrichtsfach etabliert Themen/Ziele: Lebensweisheiten erörtern, Begriffe klären, sachkundliche – vaterländische-moralische Stoffe aufarbeiten, Moralübung theoretischer Art am Beispiel literarischer Figuren und deren Schicksal; strenge, im Unterricht erarbeitete Vorgaben, Kinder sollten zu braven Staatsbürgern gemacht werden
20. Jht. bis in die 70er Jahre Erzählung- Bericht- Beschreibung- Schilderung- Erörterung „Rezepte“ zur Textproduktion Kritik ïƒ viele Textsorten sind reine „Schulformen“, fehlender Adressatenbezug, Motivierungsschwierigkeiten, in außerschulischer Realität gibt es keine normativen Vorgaben für Texte
Kommunikative Wende Schreiben als Kommunikationsform Ziel: nachhaltige Entwicklung einer Schreibkompetenz mit unterschiedlichen kommunikativen Funktionen: erzählend- berichtend- beschreibend- instruierend- argumentierend Simulierung/Schaffung realer Schreibanlässe Nutzen der Schreibsituation/des Textes Einführung eines „potentiellen“ Lesers Organonmodell von K. Bühler (zur Textproduktion) von den Dimensionen Ausdruck-Darstellung- Appell blieben: Adressatenbezug- Schreibintention- Bedingungen der Situation
Schreiben als kreativer Prozess Förderung des kreativen schriftlichen Gestaltens, neben dem kommunikativen Aspekt sind schreibende Jugendliche in ihre Subjektivität wichtig, „Identitätsgewinnung als Aspekt des Aufsatzunterrichts“ personal-kreatives Schreiben: Schreibanlässe schaffen, Austausch schriftlicher Schülerarbeiten - Schreiben als individueller Prozess, kein „Methodendruck“, kein einheitlicher Maßstab bei Beurteilung Kreatives Schreiben ïƒ freies Schreiben = erlebnisorientiert Thema, Ort, Zeit und Schreibmaterial frei wählbar, keine überprüfbaren Lernziele ïƒ Personales Schreiben = Suche nach der eigenen Identität, auch in der Gruppe ïƒ Schreiben als Prozess = Teilhandlungen der Textproduktion im Zentrum (Idee- Entwurf- Niederschrift - Ãœberarbeitung)
Korrekturen Prüfende Korrektur: Benotungskriterien sind eindeutig, transparent und werden einheitlich angewendet Fördernde Korrektur: im notenfreien Raum („Schreibwerkstatt“), mögliche Kriterien: Wirkung des Textes, Was löst er aus? ,…
„Mäeutische Korrektur“ (Hubert Ivo) drei „Durchgänge“: Auffälligkeiten – Bewertung in Bezug auf Intention des Verfassers- Auswahl der Mängel, an denen der Schüler weiter arbeiten soll, um sie zu beheben
Probleme aus den 60/70er Jahren abweichende Noten bei verschiedenen Beurteilern, abweichende Noten des gleichen Beurteilers zu verschiedenen Zeiten, ungleiche Bewertungen in verschiedenen Schulklassen, Beeinflussung des beurteilenden Lehrers durch Vorinformationen, Beeinflussung der Bewertung durch den Reihenfolgeeffekt beim Korrigieren, …
Beurteilung durch ein Punktesystem Beurteilungskriterien von H.Spinner (1993) Einfallsreichtum, Anschaulichkeit, semantische Dichte, Kohärenz, stilistische Kompetenz, Variabilität der Ausdrucksmittel, ungewöhnliche Metaphern, Symbolik, leitmotivische Gestaltung, inhaltliche Überraschungsmomente, Authentizität
Schreibdidaktik: Zugänge Mustertext: lange Zeit einziger Zugang, instinktiv werden Strukturen der Textsorte erkannt und übernommen, zum Teil wird auch nicht Notwendiges automatisch übernommen, bei bestimmten Textsorten (Geschäftsbriefe, Bewerbung) ist der Zugang über den Mustertext noch immer sinnvoll
Schreibimpulse: durch ein anregendes Thema, geselliges Schreiben, Clustering-Methode nach Gabriele L.Rico. Cluster Methode ïƒ nicht-lineare Brain-storm-Methode, fördert bildliches Denken für subjektiv-persönlich orientierte Texte, ansatzweise auch z.B. als Stoffsammlung für erörternde Texte Cluster beginnt mit dem Cluster-Kern, ein einzelnes Wort oder Phrase wird in der Mitte eines Blattes notiert und ein Kreis um diesen Anfang gezogen Vom Kern ausgehend werden Assoziationen notiert, jede Assoziation wird wieder umkreist und mit der vorangehenden Assoziation durch einen Strich verbunden
Jede Assoziation wird notiert, eine Zensur findet nicht statt
Methoden (Auswahl) Cluster-Methode Aktivierung von Körpergefühlen durch alle fünf Sinne, zur Hilfestellung ist ein Fragenkatalog möglich Situatives Schreiben „natürliche“ Anregung zum Schreiben schaffen (z.B. Schreiben im Cafe, im Dunkeln) Schreiben in Selbsterfahrungsprozessen Notieren von Gedanke, Assoziationen und Gefühlen – Gestalten eines Textes wichtig Schreiben in Gruppenprozessen/als Gruppenprozess z.B. Portrait auf Grundlage eines Partnerinterviews, gemeinsames Textverfassen
Schreiben zur biographischen Selbstvergewisserung z.B. ausgehend von Kinderfotos Verfahren des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts | |