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Protokoll

Fach Mediävistik, Kapitel: Klöster

1.459 / ~3 sternsternsternsternstern_0.2 Nina G. . 2013
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Protokoll
Deutsch

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

2012 bei Hofmeister

Nina G. ©

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ID# 27429







Mediävistik, 5. Vom 5/11/2012

 

Wir haben uns mit dem Schreiben und der Buchherstellung in mittelalterlichen Klöstern beschäftigt und auch die allerersten Anfänge des Schreiben von Texten in der Volkssprache etwas gehört. Sie haben also die Startschwierigkeiten einer deutschsprachigen Schriftlichkeit kennengelernt, denn in einer Zeit in der Latein als gesamteuropäische Bildungssprache eindeutig über die Volkssprachen war (es gab ja mehr als nur das Deutsche, es gab genauso in den romanische Länder mittelalterliche Varianten der Sprache, England, in den slawischen Ländern; eine dieser Volkssprachen ist Deutsch), das Latein hat eindeutig dominiert und die Mönche hatten zuerst große Skrupel, ob es überhaupt gestattet sei, die Volkssprache (die althochdeutschen Dialekte) zur Wiedergabe von Bildungsinhalten zu verwenden und diese Bildungsinhalte waren zu dieser Zeit auch Grund der erst stattgefundenen Christianisierung. Der erste, der sich dezidiert dafür aussprach und dafür aussprach in deutscher Sprache zu schreiben und er hat seine Meinung dafür ausführlich dargelegt, war Gottfried von Weißenburg, ein Mönch, mit seinem Evangelienbuch. Das ist ein Meilenstein der deutschsprachigen Literaturgeschichte. Bevor Gottfried ein ganzes Buch in deutscher Sprache dichten konnte, sollten die lateinischen Texte, die in den Bibliotheken überwogen, praktisch mit 100 %, mit Hilfe der deutschen Sprache einmal verständlich gemacht werden. Man wollte sich auf diese Weise die lateinische Texte und Inhalte der Texte in der eigenen Sprache aneignen. Das waren Übersetzungstätigkeiten. Dieses Anliegen wird mehr oder weniger in der Glossierungsarbeit sichtbar zumeist in lateinischen Handschriften, wo zwischen die lateinischen Zeilen, bzw. an den Rändern oder oberhalb deutsche Einsprengsel geschrieben worden sind. Je nach Position, wo die deutschen Einsprengsel im lateinischen Text zu finden sind, sprechen wir von Interlinear, Marginal oder Kontextglossen. (Beispiel). Manchmal übersteigt es die Fähigkeit der deutschen Sprache lateinische Texte zu erklären und dann gibt es zB Bilddarstellungen (Krebs, Skorpion auf der Folie). An den Rändern des lateinischen Textes gibt es rote Zeichen. Das sind geometrische Zeichen, keine Buchstaben (Kreuze, Sterne usw.) Das kann man als Vorstufe unserer Fussnoten bezeichnen.
nächste Folie: Interlinearversion. Das ist ein Beispiel für eine durchgehende Interlinearübersetzung (keine nur punktuelle Übersetzung). Es ist keine Glossierung im eigentlichen Sinne, sondern es ist schon eine Übersetzung, die zwischen den Zeilen geschrieben worden ist (mehr oder weniger vollständig). Es ist keine Interlinearglosse mehr, sondern man kann schon von einer Interlinearübersetzung sprechen. Das ist die Benediktinerregel, worum es bei dem lat. Text geht (eine Handschrift aus St. Gallen zu Beginn des 9. Jhd.) Man kann eine klassische Wort für Wort Übersetzung beobachten, die streng mit der lat. Vorlage korreliert. Der lateinische Text ist groß und Schwarz (Dominiert) und kleiner, rot ist die deutsche Wort für Wort Übersetzung, behält die Syntax (die Grammatik) des lateinisches Text bei. Abbas = Vorsteher = Vater; Er soll sich dementsprechend der Bürde, die ihm zugesprochen wird, verhalten. Der althochdeutsche Text ist zwischen den Zeilen. Abba (Abt) ist nicht übersetzt, denn das kennt man schon als Fremdwort bzw. Lehnwort. Sie Handschrift kam aus dem südoberdeutschen Raum (der Raum, der die 2. Lautverschiebung am konsequentesten umgesetzt hat). Das erkennt man an den roten Wörtern: kehuckan und keqhuetan. Solche Merkmale sind für die historische Sprachwissenschaft unerlässlich, um Handschriften und Texte regional zuzuordnen. Achten Sie auf Merkmale, wenn Sie statt einem G ein K sehen (Knödel). St. Gallen (Stiftsbibliothek) gehört dem südoberdeutschen Raum an.

Wenn Einzelwortglossen an Texten, an denen sie erarbeitet wurden, herausgelöst und gesammelt werden, dann spricht man von Glossaren. Es handelt sich dann bereits um Wörterbücher. Zwei Beispiele auf der Folie. Glossare können nach verschiedenen Kriterien geordnet sein. Wir kennen Wörterbücher, die grundsätzlich alphabetisch geordnet sind ohne inhaltliche Rücksichten, aber man sieht, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt. Links sieht man die Abrogans Handschrift, das ist das älteste Buch in deutscher Sprache überhaupt, aber ein alphabetisches Wörterbuch, es stammt aus der Zeit 790 und enthält 3700 althochdeutsche Wörter und hat im Anhang das älteste Aufzeichnung des deutschsprachigen Vaterunser. Man hat die übrig gebliebenen Seite gerne für Aufzeichnungen verwendet. Man hat mit Material sparen müssen, Pergament war sehr kostbar. Dieses Buch wird in St. Gallen aufbewahrt, es kommt aber nicht aus dem alemannischen Raum, sondern ist in Baiern entstanden. Es ist ein alphabetisch geordnetes lateinisches Synonymenwörterbuch. Eigentlich ist es ein Wörterbuch latein – latein, aber es ist mit deutschen Bedeutungen ergänzt worden und es ist wahrscheinlich nicht die ursprüngliche Sammlung, es ist wahrscheinlich aus einer Vorläufersammlung hervorgegangen. Der Titel Abrogans ist vom ersten Wort der Handschrift abgeleitet. Mittelalterliche Bücher haben so gut wie nie einen Titel, es war noch nicht eingebürgert. Es gibt aber eine Überschrift (so etwas Ähnliches wie eine Regieanweisung bzw. doch schon auf halbem Wege ein Titel). Hier beginnen die Glossen zum Alten Testament. Es ist ein Wörterbuch, das den lateinischen Wortschatz des Alten Testamentes auswertet und mit deutschsprachigen Ausdrücken erklären möchte. Abrogans bedeutet bescheiden, demütig und wird übersetzt: althochdeutsches dheomodi, ein lateinisches Synonym zu abrogans: lateinisches humilis, heißt so viel wie althochdeutsch: samft moati (auch jemand, der sich bescheiden und demütig verhält). Das mit der alphabetischen Anordnung ist nicht so streng. Es geht grundsätzlich nach dem Alphabet, aber im Ordnungskriterium ist das Lateinisch, nicht die deutschen Wörter, die als Erklärung beigefügt sind, sondern das Lateinische. Abba wird übersetzt mit faterlih, das Gegenstück zu abba ist pater, was auf althochdeutsch fater bedeutet. Man kann Adaptierungsschwierigkeiten der lateinischen Schrift bei Umlage auf die deutsche Schrift erkennen, denn beide Male steht das Wort muad drinnen (das Gemüt): dheomodi und samft moati. Das ist nicht gleich geschrieben. Man sieht, die Schreibung war völlig frei und das Prinzip: Schreibe, wie du es hörst, wie du sprichst, noch gegolten hat. Es war noch nicht so geschult, das Transferieren.

Das zweite Wörterbuch: Vocabularius Sancti Galli (nach Sachgebieten), ein Wörterbuch des heiligen Gallus, der Gründer des gleichnamigen Klosters ist. Diese Handschrift ist wirklich in St. Gallen entstanden.  Sie ist winzig klein. Das Format beträgt 8,5 * 8,5 cm und wahrscheinlich diente dieses Büchlein als Taschenbuch, ein kleines Büchlein, das man mit sich tragen kann. Das Wörterbuch ist nicht alphabetisch, sondern nach Sachgebieten geordnet und zwar zweisprachig in Spalten getrennt. Man sieht den Schluss des Kapitels der Körperteilglossen und ohne sichtbaren Übergang beginnt das Kapitel meteorologische Phänomene und Himmelskörper. Die Richtung des Übersetzens ist immer nur in eine Richtung gegangen (Latein zu Deutsch) Man ist gar nicht auf die Idee gekommen, etwas Deutschsprachiges auf Latein zu übersetzen. Die Glossierungarbeit und die Übersetzung für das Studium  und für den Unterricht erforderte viel Sprachgefühl und Kreativität von den Mönchen, denn die althochdeutsche Sprache musste für diese Aufgabe erst vorbereitet werden, musste zuerst angepasst werden und musste zu einem Werkzeug für die Wiedergabe von christlichen Inhalten ausgebaut und geformt werden. Wir sind hier in Germanien und Germanien hat das Christentum nicht im Vorhinein schon gehabt, sondern hat das Christentum erst im Laufe der Jahrhunderte erworben.

Das lateinische Wort Spiritus Sanctus (der Heilige Geist): Das erste Problem war es, wie die germanischen Stämme das auffassen sollen, denn unter einem Geist verstanden die Germanen ursprünglich einen Dämon, also etwas Böses. Für die Germanen war die Christliche Vorstellung der Trinität auch problematisch, der drei einigen Gottheit von einem Schöpfergott, der selbst nie geschaffen wurde.

Das Ergebnis der Bemühungen der Geistlichen in althochdeutscher Zeit die deutsche Sprache zu adaptieren, die Ausdrucksfähigkeit der deutschen Sprache zu steigern, war dann eine gewaltige Erweiterung des Wortschatzes. Auf dieser Folie sehen Sie die gängigsten Verfahren, wie in althochdeutscher Zeit neue Wörter geschaffen wurden. Strategien: Es gab zahlreiche Wortneubildungen durch Zusammensetzung und Ableitung. Wortzusammensetzungen entstehen sehr einfach zb zwei Substantive zusammensetzen; Haustür, selbständige Wörter wurde zu Suffixen degradiert und dann als Bausteine verwendet, um aus beliebigen Substantiven, Adjektiven neue Wörter abzuleiten. zB heit, was ursprünglich Person oder Persönlichkeit hieß, oder die scaf(t) – ein ursprüngliches Substantiv, wurde zu einem Suffix und wir können damit abstrakter bilden, was ursprünglich die Beschaffenheit oder Gehalt bedeutet hat. Lih, was ursprünglich “Fleisch, Leib, Körper bedeutet (herzlich: in der Art der Herzens, freundlich in der Art eines Freundes)

Wortneubildungen durch (Substantiv-)Zusammensetzung und Ableitung: z.B. chuninc-rîche “Königreich”, gast-hûs “Herberge”, taga-sterno “Morgenstern”, spilo-man “Spielmann”;
z.T. wurden ursprünglich selbstständige Wörter zu Suffixen und zur Bildung von Abstrakta eingesetzt, z.B. heit: ursprüngliche Bedeutung: “Person, Persönlichkeit”, scaf(t) “Beschaffenheit, Gestalt”, haft “gehalten, gebunden”, sam(a) “ebenso, auf die gleiche Weise”, lih “Fleisch, Leib, Körper” (freundlich, herzlich)

Es gibt eine große Zahl von direkten Entlehnungen aus dem Lateinischen in Form von Fremd- und Lehnwörtern. Der Unterschied von Fremd und Lehnwörtern ist nicht sehr leicht abzugrenzen. Ein Beispiel ist das Wort Codex, man kann zwei verschiedene Schreibvarianten verwenden in Einzahl und Mehrzahl. Codex, codicces: Es gibt noch eine sehr große Anlehnung an das Lateinische und es ist eher ein Fremdkörper in unserer Sprache. Das würde ich noch als Fremdwort bezeichnen.

Es gibt aber eine Angleichung an die deutschen Laute, an die deutsche Orthographie und das könnte man dann eher als Lehnwort bezeichnen. Man nimmt ein Wort aus einer fremden Sprache und gleich es sich möglichst an wie zB Kodex, Kodizes

 

 

 

Körper”Abrogans . dheomodi . humilis

: samft moati . abba . faterlih

: pater . fater :


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