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Seminararbeit
Sozialarbeit

Alice Salomon Fachhochschule Berlin - ASFH

1,0 Prof.in Dr. Attia 2018

Emily M. ©
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ID# 73701







Alice Salomon Hochschule Berlin

University of Applied Siences


Essay über

eine feministische Vision

und die gesellschaftliche Kontextualisierung

von sexualisierter Gewalt an Jungen* und Männern*


Differenz und Macht-20171



Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik (M.A.)


Studierender: 42119

Dozentin: Prof.in Dr.in


Gliederung

1. Eine feministische Vision als Plädoyer für eine radikale Subjektperspektive

2. Gesellschaftlicher Diskurs über sexualisierte Gewalt an Jungen* und Männern*

3. Analyse des gesellschaftlichen Kontextes von sexualisierter Gewalt und ihre Aus-

wirkungen für männliche* Betroffene im Zusammenhang mit dem 'situierten Wissen' nach Haraway

4. Die Notwendigkeit einer gendersensiblen Betrachtung und Unterstützung für von sexualisierter Gewalt betroffenen Jungen*, männliche*Jugendliche und Männer*


Eine feministische Vision und die gesellschaftliche Kontextualisierung

von sexualisierter Gewalt an Jungen* und Männern*


Das Thema sexualisierte Gewalt1 an Jungen* und Männern* hat seit 2010 eine größere Beachtung gefunden. Oft geschieht jedoch im Zusammenhang wichtiger gesellschaftlicher Themen, besonders wenn es sich um Tabuthemen handelt, eine gesellschaftliche Dekontextualisierung. Dieses Essay widmet sich dem gesellschaftlichen Diskurs über sexualisierte Gewalt an Jungen* und Männern*.

Es beschreibt eine Kritik an der Entgeschlechtlichung der männlichen*, von sexualisierter Gewalt Betroffenen. Darin wird eine epistemologische Verwandtschaft mit dem Konzept des 'situierten Wissens' bei Haraway hergeleitet. 'Situiertes Wissen' ist immer lokal und kann nie für alle Menschen Sprechen.


1. Eine feministische Vision als Plädoyer für eine radikale Subjektperspektive

Die Feministin Donna Haraway, die dem Postmodernismus zugeschrieben werden kann,stellt der männlich dominierten Epistemologie ein 'situiertes Wissen' entgegen. Um der agonistischen Dominanz der Wissenschaft zu entrinnen, die sich als Objektivität darstellt, gewinnen Feminist*innen ihren eigenen Körper2 zurück, indem sie diese Objektivität in Frage stellen. Als feministische Objektivität, versteht Haraway die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Akteur*innen anzuerkennen und ihnen eine Stimme zu geben (Haraway 1995, S.80).

Feministische Wissenschaft beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, wie Bedeutungszusammenhänge in den sozialen Körper modelliert werden. Die Hauptkritik dabei trifft die hegemoniale Männlichkeit, die als Konzept den Fokus auf das Patriarchat als zentrales Machtinstrument erweitert (Connell 2000). Im Sinne einer feministischen Wissenschaft ist es für Haraway grundlegend, die soziale Verortung und die kontextbedingten Vorteile der forschenden Personen mit in die Wissensgenerierung einzubeziehen.

1.

Haraway berücksichtigt wichtige Theoreme des Sozialkonstruktivismus und fordert, zusammen mit Evelyn Fox Keller und Sandra Harding, eine sogenannte Nachfolgewissenschaft (Haraway 1995, S.78). Darin soll sich um eine differenziertere und reichere Darstellung einer Welt bemüht werden, in der ein gutes Leben möglich ist. Es soll möglich sein, ein kritisch-reflexives Verhältnis zu eigenen, wie auch zu fremden Herrschaftspraktiken zu entwickeln.

Darüber hinaus soll eine Sensibilität entwickelt werden, die das Maß einer jeder Position zu Grunde liegende Potentialität an Privilegiertheit und Unterdrückung erkennt (ebd., S.79). In den 1980er und 1990er Jahren war für viele Feminist*innen Wissenschaft eine Form der Gewalt gegen Frauen*. Viele Kritikpunkte an einer immer noch männerdominierten Wissenschaft sind bis heute aktuell.

Die androzentrische Ideologie der Wissenschaft, die Haraway als eine Objektivitätslehre beschreibt, beansprucht einen

Alleinherrschaftsanspruch und nimmt einen Blick von Außen ein, der die Subjekte quasi objektiviert. Für Haraway gibt es diesen 'sicheren Blick von außen' nicht, vielmehr sollen langlebige Wahrheitsansprüche hinterfragt und dekonstruiert werden. Haraway reformiert Objektivität als 'situiertes Wissen' und betont vielmehr den Charakter von Wissenschaft als verkörperte und utopische Vision.

Die androzentrische Wissenschaft geht von der Faktizität und/oder der Notwendigkeit einer Reihe von Dualsismen aus: Kultur versus Natur, Objektivität versus Subjektivität, wobei Männern* bzw. hegemonialer Männlichkeit die erste Hälfte der Dichotomie, und Frauen* bzw. Weiblichkeit die zweite und unterdrückte Hälfte zugeschrieben wird. In der Tradition des Poststrukturalismus postuliert Haraway die Sensibilität gegenüber Differenz und Differenziertheit als wesentliche Art und Weise ihres Blickwinkels.

Die Identität eines Subjekts aus sich selbst heraus ist in poststrukturalistischer Epistemologie nicht möglich. Erst durch die Bezugnahme zu anderen Subjekten oder etwas anderem entsteht Identität. Dieser Prozess der Identitätsentstehung wird durch ein wissenschaftskritisches Verfahren betrachtet, in dem rekonstruiert wird, wie soziale Konstruktionen funktionieren.

Haraway führt, was sie 'partiale Perspektive' nennt, eine neue Erkenntnismethode ein, die sich nicht durch Dichotomien und Dualismen determinieren lässt. Sie stellt neue Markierungen und Parameter vor, die althergebrachte Erklärungsmodelle in ihrem alleinigen Wahrheitsanspruch kontrastieren. Dies geschieht, indem sie beispielsweise 'universeller Rationalität' eine 'Ethnophilosophie' entgegenstellt oder dem 'Weltsystem' das 'lokale Wissen' (Haraway, 1995, S.88).

2.

tung, die Verantwortlichkeit auch darin sieht, sich durch Resonanz auf die einzelnen Protagonistinnen* zu beziehen (ebd., S.88).

Die Vision, die Haraway vorschlägt, möchte das binäre Geschlechter-Regime auflösen. In doppeltem Sinn fordert sie die Rückeroberung der Körper: neben der Dekonstruktion „weiblicher“ Ein- und Zuschreibungen, ist die Wiedergewinnung einer eigenen subjektiven Körperlichkeit wesentlicher Bestandteil. Diese Wiedereroberung sieht sie eingebettet in ein globales Netzwerk, das sich durch 'irreduzible Differenz und lokale Vielfalt lokalen Wissens begreift' (ebd., S.79).

Diese Netzwerke sollen die Fähigkeit beinhalten, Wissen innerhalb eines globalen Netzwerks zu übersetzen, und zwar insofern wie Macht in unterschiedlichen, sich verschränkenden Gemeinschaften differenziert und intersektional aufeinander bezogen ist. Bei dem Vorschlag Haraways einen persönlicheren Blick einzunehmen, geht es um eine Ermächtigung 'kollektiver historischer Subjekte', die ihre Handlungsfähigkeit finden (ebd., S.77).

Dies meint das Sprechen heraus aus der Subjektperspektive: z.B als Frau*, Migrantin*, Arbeiterin* etc. (ebd., S.79). Die daraus entstehenden Aussagen können nur unterschiedliche Perspektiven sein; feministische Objektivierung, sowohl als Vorgang als auch als Zustand, widersteht der angonistischen Objektivität der Vereinfachung, indem Verallgemeinerungen persönliche Blickwinkel entgegengestellt werden (ebd., S.90).

Haraway versucht in ihrer wissenschaftlichen Praxis auch politische Positionierung mit theoretischer Analyse zu verbinden. Objektivität bezeichnet sie als 'abstrakte und entkörperte Männlichkeit', die einen Wahrheitsanspruch stellt (ebd., S.76), der abweichendes Wissen sanktioniert und ausschließt.

Für Haraway wirkt die Macht durch die Kompetenz und die Ermächtigung zu konstruieren. Sie betrachtet die Wissenschaft als ein Machtfeld, von dem Konstruktionen gesellschaftlich vorgegeben werden. Diese gesellschaftliche Kraft wirkt weniger auf das Handeln der Subjekte ein, sondern bestimmt und kontrolliert vielmehr als Deutungsmacht gesellschaftliche Diskurse. Eine feministische Sicht beschreibt Haraway auch als die Sicht 'von unten' aus der 'Peripherie' heraus (ebd., S.83).

Wie auch Sandra Harding räumt sie den sozialre-

3.

volutionären Bewegungen eine wichtige Rolle für eine neue Wissensgenerierung ein (ebd., S.87).


2. Gesellschaftlicher Diskurs über sexualisierte Gewalt an Jungen* und Männern*

Durch die Aufdeckung einer großen Zahl von Fällen sexualisierter Gewalt, vor allem an Jungen* in kirchlichen und reformpädagogischen Einrichtungen Deutschlands, kam es 2010 für kurze Zeit zu einer öffentlichen Empörung. Auffällig im Verlauf des dadurch angestoßenen Aufarbeitungsprozesses war, dass die Geschlechtszuschreibung männlich, die auf die meisten gewaltbetroffenen Menschen zutraf, mehr und mehr ausgeblendet wurde.

Wellen schlug es auch deshalb, weil offenbar nicht nur Frauen* und Mädchen* Opfer von sexualisierter Gewalt werden können, sondern auch Jungen* und Männer*. Das Erschaudern bezog sich darüber hinaus auf die Tatsache, dass die Orte der Gewalt vermeintlich wohlbehütete pädagogische (Elite)Einrichtungen sind. Vielleicht musste auch deshalb das Geschlecht in der weiteren Diskussion in den Hintergrund treten, da diese Orte auch als die Schmieden für die zukünftige (zu meist männliche) Elite betrachtet werden.

Zuschreibungen und Bewertungen können stillschweigend wechseln, je nachdem, ob ein weiblich oder männlich konnotiertes Verhalten im jeweiligen Kontext wahrgenommen bzw. gemeint ist. Mit dem Konzept 'Verdeckungszusammenhang' sollte zunächst erfasst werden, dass mit reduzierten Bildern wesentliche Erfahrungen und Bestimmungen der Lebensrealität von Frauen* und Mädchen* ausgeblendet werden (ebd).

Jedoch auch bei sexualisierter Gewalt an Jungen* und Männer* können Vereinseitigungen und Abwertungen in Geschlechterverhältnisse wirken. An dieser Stelle soll versucht werden dieses Konzept des 'Verdeckungszusammenhangs' auf von sexualisierter Gewalt betroffenen Jungen* und Männer* zu übertragen. In diesem Zusammenhang stellt sich zum Beispiel die Frage, ob und in wieweit in dem versuchten Aufdeckungsprozess nach 2010 die konkreten Erfahrungen männlicher* Betroffenen ausgeblendet wurden.

Es ist auffällig, dass der Fokus ziemlich schnell von den Betroffenen weg, hin zu den Täter*innen wechselte. Ohne Zweifel

4.

Der Beginn einer öffentlichen Diskussion im Jahr 2010 über sexualisierte Gewalt wurde von Kavemann (2010) auch als 'zweite Welle' einer 'Diskursivierung' bezeichnet. Während der 'ersten Welle', seit den beginnenden 1980er Jahren, wurde in erster Linie die sexualisierte Gewalt gegen Mädchen* und Frauen* in der Familie thematisiert. In der 'zweiten Welle' ging es um Jungen*, die im sozialen Nahraum (in vielen Fällen pädagogische (Elite) Einrichtungen) ihre schulische Laufbahn absolvierten.

In der öffentlichen Auseinandersetzung wurde das Geschlecht der sich zu Wort meldenden männlichen* Betroffenen jedoch fast komplett ignoriert. Die Missbrauchs-Vorfälle wurden im öffentlichen Diskurs auf den Aspekt 'Gewalt gegen Kinder' reduziert (vgl. Schlingmann 2009a). Der Begriff „Kind“ vermeidet eine geschlechtersensible Betrachtungsweise. Durch diese Vermeidung wurde das Bild einer Männlichkeit, die sich als erfolgreich und durchsetzungsfähig darstellt, unterschwellig aufrechterhalten.

„Opfer sein“ passt offensichtlich nicht in das Bild hegemonialer Männlichkeit.


Wenn von sexualisierter Gewalt bei Jungen* und Männern* die Rede ist, brauchen wir den 'partiellen Blick', das 'situierte Wissen'. Sexualisierte Gewalt wird oft skandalisiert und dann verschwiegen, was dazu führt, dass viele Zerrbilder über die Realität und das Ausmaß existieren. Teilweise wird davon ausgegangen, dass fast jeder Vater oder jeder Pädagoge ein Täter ist, dann wiederum, sind die Täter nur eine kleine Gruppe psychisch Kranker.

Für eine effektive Unterstützung von Betroffenen braucht es eine sachliche und kontinuierliche Auseinandersetzung, die sich aus individuellen Erfahrungen Betroffener zusammensetzt. Hier finden wir eine inhaltliche Nähe zu Haraways 'situiertem Wissen'. Eine den Betroffenen angemessene Sichtbarmachung des Themas ist oftmals auch Voraussetzung dafür, dass Männer* überhaupt Hilfe suchen. Aufgrund der Kürze des hier gewählten Rahmens beschränkt sich dieser Text auf einige wenige Aspekte dieses Themas.

Zum Einen, der wissenschaftskritische und öffentliche Blick auf den Diskurs über sexua-

5.

Stereotypisierungen helfen beim Verstehen von Heranwachsenden nicht weiter. Verallgemeinernde Aussagen, die eine Subjektperspektive ausschließen, reproduzieren eine Dynamik, die auch durch sexualisierte Gewalt entsteht. Betroffene werden zu Objekte unabänderlicher Vorgänge stilisiert, ein „Opferstatus“ wird suggeriert, aus dem es sich nur schwer befreien lässt. 'Irreduzible Differenz und radikale Vielfalt lokalen Wissens' (Haraway 1995; S.75 und S.79) widersteht einer 'objektivierenden Verallgemeinerung', 'agonistische Wissenschaft' macht heranwachsende Männer* zu nutzbaren Objekte und ungefragt zu Platzhaltern für hegemoniale Männlichkeit.

Indem Betroffene zum Gegenstand objektiver Betrachtung gemacht werden, werden sie ihrer menschlichen Spezifik beraubt, sie verlieren ihre eigenen Intentionen, Wünsche, Ziele und Absichten. Darin liegt auch ein Kern des zerstörerischen Angriffs, den sexualisierte Gewalt darstellt. Es ist unerlässlich bei Betrachtungen der Auswirkung sexualisierter Gewalt vom Standpunkt der jeweils Betroffenen auszugehen und ihre Handlungen und deren Funktionalität in den Mittelpunkt zu stellen (Schlingmann 2009a; 2009b).

Der „männliche“ Körper formt sich durch das, was auf körperlicher Ebene damit verknüpft ist, wobei die sozusagen in Fleisch und Blut übergegangene „Männlichkeit“ bei Bordieu (2005) als Habitus bezeichnet wird. Die hegemoniale Männlichkeit ist die dominierende „Männlichkeit“, obwohl sie als tatsächliche Gruppe nicht in der Überzahl ist, und auch marginalisierte Männlichkeiten von den Prinzipien hegemonialer Männlichkeit bestimmt sind.

Verkürzt lässt sich dieses

6.

Prinzip als ein Regime der Konkurrenz bezeichnen. Zentrales Mittel männlicher Sozialisation ist der Wettbewerb untereinander, was sich auch als ein Mittel männlicher Vergemeinschaftung darstellen kann (Mosser 2008).

Darüber hinaus lassen sich zwei Funktionen von männlicher Gewalt feststellen: zum Einen die Klärung der Hierarchie in der Gemeinschaft und damit die Bestätigung des Einzelnen in ihrem Kontext, was einer gemeinschaftsbildenden Bedeutung gleich kommt. Die zweite Funktion der Gewalt ist der Ausschluss anderer, nicht passender Männer* aus der Gemeinschaft. In der gesellschaftlichen Ursachensuche für sexualisierte Gewalt richtet sich der Blick auf den*die Täter*innen.

Dies wird durch einen Diskurs verstärkt, in dem den Tätern* „krankhafte“ Neigungen zugesprochen werden und Betroffene als „arme Opfer“ betrachtet werden, die eine Linderung ihres „lebenslangen Leids“ durch Experten und Fachmänner bedürfen.


5. Die Notwendigkeit einer gendersensiblen Betrachtung und Unterstützung für von

sexualisierter Gewalt betroffener Jungen*, männlicher* Jungendlichen und Männer*

Trotz größerer Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern und der Infragestellung der

heterosexuellen Zweigeschlechtlichkeit durch feministische und sozialwissenschaftliche Diskurse, gibt es eine Reihe von Besonderheiten, die an die derzeitige Position von Männern* in der Gesellschaft geknüpft sind. Ebenfalls gibt es eine Differenz zu der Anstrengung, diese zu erreichen, und den körperlichen Ausdruck, der damit verbunden ist (Connell 2000). „Richtige“ Männer* dürfen immer noch keine Schwächen zeigen, haben alles „im Griff“ und sind immer „Herr“ der Lage, wobei Frauen* immer noch das „schwache“ Geschlecht sind.

7.

als unausweichlich in den Vordergrund gestellt.

Es ist wichtig, das Ausmaß von sexualisierter Gewalt zu verdeutlichen, und zwar auf die Weise wie es Betroffene erlebt haben. Skandalisierung helfen meist wenig und führen regelmässig zu Mitleidswellen, die eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Ursachen wenig voranbringen.

Immer noch ist es eine bittereTatsache, dass Frauen* und Mädchen* am häufigsten sexualisierte Gewalt erfahren, sowie Ziele struktureller Gewalt sind, die einer sexistischen Gesellschaft zu Grunde liegt. Der Vorschlag von Frauen* und Männern* für einen gemeinsamen Kampf gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt, wäre eine angemessene Antwort auf die weitreichenden Folgen einer sexistischen Gesellschaft, die in einem epidemischen Maß sexualisierte Gewalt ausführt.

Im Sinne von Haraways 'situiertem Wissen' braucht es ein globales Netzwerk, indem lokales Wissen über die unterschiedlichen Gewalterfahrungen ausgetauscht werden kann. Um die Bedingungen zu erforschen, unter denen sexualisierte Gewalt passiert, braucht es in der Feinanalyse einzelner Berichte von Betroffenen eine präzise Rekonstruierung der Genderkonstruktionen entlang der Machtgefälle.

Nicht wenige männliche* Jugendliche leugnen, vergessen oder deuten aus diesen Gründen das Erlebte um. Übertrieben maskulines Verhalten kann eine andere „Überlebensstrategie“ darstellen. Um sexualisierter Gewalt auf gesellschaftlicher Ebene nachhaltig entgegenzuwirken, sind Bemühungen, Geschlechterkonstruktionen zu reflektieren und daraus entstehende Identitäten aufzuweichen, wesentlich.

Das Fordern von neuen Männlichkeiten zum Beispiel modifiziert, lediglich das binäre Geschlechterregime, ohne das Problem an den Wurzeln zu packen. Das Thema Verletzlichkeit findet in einer „gut laufenden“ männlichen* Sozialisation wenig Resonanz.

Hans-Joachim Lenz (2014) vertritt die These, einer systematischen Verdeckung männlicher* Verletzbarkeit, die ihre Ursache in der herrschenden Geschlechterkonstruktion hat, und funktional für deren Aufrechterhaltung ist. Damit stellt sich die Frage, ob das Ausmaß


8.

der sexualisierten Gewalt gegen Jungen* und Männer* in seiner Gänze wirklich erkannt wird.

Die sachliche Diskussion der Gewalt gegen Mädchen* und Frauen* seit den 1970er Jahren hat zu einer zunehmend gesellschaftlichen Sensibilität und Aufmerksamkeit geführt. Trotzdem konnte zum Beispiel erst in den 1990er Jahren der Straftatbestand der Vergewaltigung in der Ehe durchgesetzt werden. Die Gleichstellung von LGBTIQ3 ist immer wieder unsicher. Viele Frauen* haben politisch und sozial gekämpft und tun es immer noch, um den nötigen politischen Druck aufzubauen, wovon übrigens auch männliche* Betroffene profitieren.


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