Installiere die Dokumente-Online App

word image
Aufsatz

Essay: Räuberhände - Vergangenheit von Lina

1.382 Wörter / ~3½ Seiten sternsternsternstern_0.5stern_0.3 Autor Viktor G. im Jun. 2014
<
>
Upload File
Dokumenttyp

Aufsatz
Deutsch

Universität, Schule

Lüneburg

Note, Lehrer, Jahr

1, 2013

Autor / Copyright
Viktor G. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.06 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternstern_0.5stern_0.3
ID# 40896







Essay: Räuberhände - Finn-Ole Heinrich

„Vergangenheit von Lina“

 

Ich war schon immer anders. So verschieden. Meine Mitmenschen grenzten mich schon in meiner Vergangenheit aus, was mir damals noch relativ nahe ging. Aber ich hatte ja meine ach so geliebten Barbiepuppen. Dieses Phänomen der Spielzeugindustrie hatte sogar mich in den Bann gezogen. Jedes Mädchen wollte so aussehen wie diese scheinbar perfekte Puppe. Dünn. Lange endlose Beine – auch dünn. Ne blonde lange Mähne und ein makelloses Gesicht. Sogar ich wollte so aussehen.

Ja, sogar ich. Ich wollte den Anderen gefallen, um endlich dieses Gemeinschaftsgefühl zu ergattern. Meine Eltern schickten mich von Schule zu Schule und hofften jedes Mal aufs Neue, dass ich endlich angenommen werde in dem jeweiligen Klassenverband, um meine Leistung drastisch verbessern zu können. Meine Eltern machten mir unzumutbaren Druck, damit ich  später ja etwas ganz Großes werde. Aber kann ich ihnen das letztendlich verübeln ? Sie sind immerhin Lehrer und anerkannt in der Gesellschaft. Damals, in den 90ern, war der Lehrer noch eine richtige Respektsperson - laut meinen Eltern. Doch heute? Fehlanzeige. Sie sind den meisten Jugendlichen ein großer Dorn im Auge, denn sie handeln ja immer unfair. Herr Penske, unser Biologielehrer, bekam laut Hörensagen Burnout und Depressionen. Er wurde jeden Tag schikaniert, selbst von den Lehrern. Ich fand es relativ witzig, doch wenn man bemerkt, dass es eine normale Person ist wie du und ich, bereut man es doch sehr und entwickelt Mitleid. Meine Schulleiterin, die liebe Cordula, sah ein bisschen aus wie Mama-Deutschland. Das war vielleicht ein Ereignis. Eine Frau als Oberhaupt unseres Landes. Mein Vater hat die Welt nicht mehr verstanden und meiner Mutter war das egal. Ich habe mit meinen jungen Jahren natürlich noch nicht viel davon verstanden, aber vom Auftreten her fand ich sie recht lustig. Ich mochte sie. Ich mag auch unsere neue Verteidigungsministerin ein wenig, obwohl sie in der falschen Partei ist. Die Grünen sprechen mir zu. Diese „Atomkraft, nein danke“ waren einfach zu niedlich. 2005 war wirklich ein komisches Jahr. Das ging mir irgendwie echt auf die Nerven. Da war dieses komische Lied mit dem Krokodil, Schnappi hieß es glaube ich. Die Kinder nebenan sangen das jeden Tag mit einer nicht aushaltbaren Lautstärke, sodass ich es irgendwann auswendig konnte. Dieses Lied war wohl noch nicht alles, denn irgendwie erlangte diese komische Gruppe Tokio Hotel Erfolg und nisteten sich für eine kurze Zeit in meinem Kopf ein. Ich wusste nie, ob der Frontsänger ein Junge oder doch ein Mädchen war, denn das Styling war schon ein wenig fragwürdig. Meine Familie war nie wirklich religiös, deswegen kümmerte uns der damalige neue Papst recht wenig. Benedikt XVI. Als Kind habe ich mich immer gefragt, ob die „komischen Buchstaben“ eine nähere Bedeutung hätten. Doch diese Interesse hielt nicht wirklich lange an. Ein großer Fußballfan war ich eigentlich nie, doch als Kind hat man sich immer mitreißen lassen. Vor allem wenn der eigene Vater ein Fanatiker von dem südlichen Club FC Bayern München ist. Der sogenannte „Rekordmeister“ in der Bundesliga. Ich hatte nicht viel Ahnung, obwohl mir mein Vater ständig davon erzählte. Mein Interesse stieg, als die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland stattfand. Es wurde als das „Sommermärchen“ betitelt. Ich fieberte natürlich „leidenschaftlich“ mit, obwohl ich nicht immer verstand, warum abgepfiffen wurde oder ähnliches.

In meiner Schule hatte jeder etwas dabei, was man mit der aktuellen Fußball-WM assoziieren konnte. Sogar Cordula, unsere strenge Schulleiterin, trug etwas zu der Stimmung bei. Sie hing am letzten Schultag eine Deutschlandflagge in der Lobby auf. Das Sommermärchen sollte Deutschland unterwürfig nun endlich helfen die nationalsozialistische Zeit zu vergessen. Durch dieses Sportspektakel lernte ich einige nette Jungs kennen, die sogar auf meine Schule gingen. Ich hatte sie vorher noch nie wahrgenommen. Ihre Namen waren Janik und Samuel, beste Freunde laut Janik. Wir gingen oft zusammen aus und fanden Gefallen am Alkohol. In dieser Zeit boomte gerade das Geschäft mit dem Verkauf von Alkohol an Minderjährige. Jeder hat es mal probiert, zumindest Alkopops. Ich hörte auf mit dem Versuchen normal zu sein und lebte meine Gefühle nach außen aus. Ich rasierte mir die Haare ab und trug oft dunkle Klamotten. Das war die Art, um der Gesellschaft zu zeigen wie rebellisch man ist. Die Alkoholexzesse hielten nicht lange an, denn das war irgendwie nicht mein Ding. Dieser Janik hatte es mir ein wenig angetan. Seit zwei Jahren habe ich sogar einen Kurs mit ihm zusammen. Wir sind beide in dem Sportkurs von Herrn Riegel, dem Miesepeter. Vielleicht lief es bei ihm zuhause nicht so gut. Man weiß es nicht genau. Janik war meist relativ nett zu mir. Ich gefiel ihm wohl auch ein wenig. Er starrte mich oft regelrecht an, wenn ich in Sportklamotten aus der Kabine schlich. Anscheinend mochte er meinen Körper mehr als den Rest. Das bemerkte ich damals natürlich noch nicht, denn erstmals mochte mich ein Junge und zeigte es sogar öffentlich. Nach einiger Zeit und Treffen kamen wir uns näher und er wurde mein erster richtiger Freund. Eines Tages gingen wir nach der Schule zusammen in den Park, da ich ihm so viel zu erzählen hatte und einen schönen Tag mit ihm verbringen wollte. Ich erzählte ihm die verschiedensten Dingen, welche ihn offensichtlich nicht interessierten. Er schaute mich oft an, aber sagte nicht viel. Ich versuchte ihn aufzulockern und kletterte wie ein kleines Äffchen auf einen Baum, ließ mich von einem Ast hängen und fing an zu kichern. Er schaute relativ verwirrt und wies darauf hin, dass er meinen Po sehen konnte. Die Situation war ziemlich amüsant, denn ich wackelte mit meinen Pobacken und tat so, als wenn sie mit ihm redeten. Dennoch war es fad für mich, da er sich nicht an meinen Gesprächen beteiligen wollte. Manchmal war er wie ausgewechselt und sein Redefluss war gar nicht mehr zu stoppen. Er erzählte mir oft über seinen Ruheort, welchen er mit seinem Kumpel Samuel entworfen hatte. Er lud mich einige Male dort hin ein.

Eines Tages blieben wir über Nacht dort und kamen uns sehr nahe. Wir schliefen zusammen in einem Schlafsack und er nahm mir dort meine Jungfräulichkeit. Am Morgen sah er sehr nachdenklich aus und starrte in die Ferne. Er bemerkte zum Glück nicht, dass ich bereits wach war. Im Großen und Ganzen war die Beziehung mit Janik okay, aber ich wollte eine bessere Beziehung haben. Sie war nahezu nur auf körperlicher Ebene trotz meinen unzähligen Versuchen ihn in ein langes Gespräch zu verwickeln. Von meinen wenigen Freundinnen bekam ich immer wieder den Ratschlag die Beziehung zu beenden, wenn mir die Partnerschaft nicht mehr komplett zusagt. Meine Freundinnen wurden schon oft hintergangen und waren für ihre „Partner“ nur Gegenstände. Das war ja aktuell im Trend. So viele Mädchen wie möglich am Start haben. Peinlich. Janik besserte sich unerwartet und stellte mich seinem Vater vor. Dieser war genau wie Janik beim ersten Treffen. Verlegen, nervös und hilflos. Janiks Vater wusste nicht so recht, wie er mir gegenübertreten sollte. Er gab mir die Hand, während er die Andere hinter dem Rücken ließ. Komisch. Er lief dabei rot an und versuchte die Situation mit einer aufgesetzten Art aufzulockern. Der erste Eindruck seiner Eltern war aber positiv. Ich mochte nur dieses vermeintliche Perfekt sein nicht. Davon hatte mir Janik schon mal erzählt. Meine Eltern sind da nicht anders. In der Schule lief es momentan ganz gut. Die neuen Kontakte, sowie die neue Umgebung taten mir sehr gut und spiegelten sich in meiner Leistung wieder. Auch wenn ich mal schlechte Noten nach Hause brachte, kümmerte es meinen Vater momentan nicht, da seine favorisierte Fußballmannschaft momentan sehr erfolgreich spielte. Ach ja, Fußball war mir nach der WM 2006 wieder total egal. Mir gefielen nur die Fußballspieler selber, denn manche waren wirklich total attraktiv. Im Gegensatz zu Janik. Eigentlich war er gar nicht so hübsch. Ich mochte seine Art und sein Auftreten. Zum Glück beendete er die Beziehung und nicht ich. Es kam wirklich plötzlich, weshalb ich geschockt war und ihn direkt beschimpfte. Janik war ein Arschloch wie jeder andere Mann, sangen meine Freundinnen und ich eines Abends. Ich machte mein Abitur recht erfolgreich auch ohne jemanden an meiner Seite, doch welchen Studiengang ich nehme, oder welchen Zweig ich nun einschlagen möchte wusste ich nicht. Vielleicht aus Deutschland raus, das wäre es gewesen. Andere Kulturen kennenlernen und vielleicht gibt es in anderen Ländern mehr Gentlemen, welche mir die Hoffnung in Männer wiedergeben würden. Das andere Ufer ist nicht weit entfernt.


Swop your Documents