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Mitschrift
Erziehungswissenschaf­t

Goethe Universität Frankfurt am Main

2009

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ID# 2484







Goethe-Universität Frankfurt/Main

Fachbereich 04 – Erziehungswissenschaften.

Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft

Wintersemester 2008/2009

Seminar: „Schule als gesellschaftlicher Ort“

Leitung: Prof. Dr. Frank-Olaf Radtke

Datum: 12.11.2008

Zeit: 16-18 Uhr

Ort: FLAT 003

Protokollantin: Anne Döll


Ergebnisprotokoll zur fünften Seminarsitzung

Ernst Christian Trapp (1792): Von der Notwendigkeit öffentlicher Schulen und von ihrem Verhältnis zu Staat und Kirche[1]


Gliederung


  1. Zusammenfassung der letzten Sitzung
  2. Historische Grundlage des Textes von E.C. Trapp
  3. Das Leben des Philanthropen E. C. Trapp
  4. Inhalt und formeller Aufbau des Textes


1.      Zusammenfassung der letzten Sitzung


In der vorausgehenden Sitzung wurde der Text „Memorial“ von Wolfgang Ratke behandelt[2]. Ratke hat eine neue Vorstellung von Schule und Unterreicht und fordert in seinem Text einen Unterricht in deutscher Sprache, sowie eine einheitliche Religion und Regierung im Reich.

Ratke möchte durch diesen Unterricht erreichen, dass zunächst die Muttersprache gelesen und geschrieben werden kann, und so ein unverfälschtes Verständnis der Bibel gesichert ist.

Der Hintergrund von Ratkes Forderungen ist zum einen, die Zersplitterung des Staates als feudales System und die hohe Autonomie der Fürsten gegenüber dem Kaiser, zum anderen die Regierung, die ihrem Ende naht, da sie die entstehenden Konflikte durch den Religionsstreit und die Forderung nach einer einheitlichen Sprache nicht lösen kann.

Ratkes Memorial wurde jedoch am Frankfurter Reichstag abgelehnt und er selbst als Ketzer beschimpft. Die Ablehnung von Ratkes Memorial ist auf die Brisanz seiner Forderungen zurückzuführen: Die Idee der Mitsprache des Volkes an politischen Entscheidungen.

Zusammenfassend ist die Kernbotschaft Ratkes immer noch aktuell: Die Welt soll durch Erziehung verbessert werden. Auch seine Pädagogik ist durchaus modern: Er will eine vom Kind ausgehende Erziehung. Das Kind soll durch Einsicht lernen und nicht durch Zwang.


2.      Historische Grundlage des Textes von E. C. Trapp


Das “Memorial“ von Ratke wurde am Anfang des 17. Jahrhunderts verfasst. Ein Grund warum Ratke mit seinen Forderungen scheitert, ist der Zeitpunkt.

Er ist seinem Jahrhundert voraus und seine Zeitgenossen beschäftigten sich mit anderen Dingen als Schule. Nach den Bauernkriegen herrscht großes Elend in der Bevölkerung und die materiellen Bedingungen für eine Schulreform sind nicht gegeben.

Als 1618 der 30jährige Krieg ausbricht gibt es wiederum wenige, die sich mit der Notwendigkeit eines einheitlichen Schulwesens beschäftigten und dieses auch durchsetzten könnten.

Ab 1650 werden die Folgen dieses Krieges behoben und so sind erst am Ende des 18. Jahrhunderts die Grundlagen für einen erneuten Versuch einer Schulreform gegeben: Es gibt mächtigere Königtümer wie Preußen und Österreich, und die französische Revolution naht. So beginnt man wiederum über Schulen zu diskutieren.

Vielleicht ist diese Diskussion auch eine Ersatzdiskussion, für die vielen, weiterhin offenen, politischen Fragen.


3.      Das Leben des Philanthropen E. C. Trapp


E. C. Trapp ist1745 in Schleswig-Holstein geboren worden. Ab 1760 besucht er das Gymnasium, dessen Direktor er 1768 wurde. 1772 nimmt er eine weitere Stelle als Direktor an. Im Jahre 1774 heiratet er Anna Christina Ruth.

In den Jahren von 1777 bis 1774 ist er Lehrer am Philanthropin in Dessau. Die zu derzeit gegründeten Philanthropine stellen eine neue, reformierte Schulform da.

Diese hätten die Schulform der Aufklärung werden können, scheitern aber an organisatorischen Mängeln. Das Wort Philanthropie bedeutet Menschenfreunde. Die Philanthropen machen sich vor dem Hintergrund der Kriegsfolgen Gedanken, wie man das Elend, die Armut und die schlechten Lebensbedingungen, in denen der Großteil der Bevölkerung lebt, verbessern könnte.

Obwohl auch sie christlich geprägt sind, haben sie moderne, ökonomische Ziele. So wollen sie zum Beispiel durch die Weiterentwicklung der Landwirtschaft die Lebensbedingungen der Menschen verbessern. Die Philanthropen sind besonders in Sachsen aktiv, aber auch über ganz Europa verteilt.

1779 wird der erste Lehrstuhl für Pädagogik eingerichtet und mit E. C. Trapp besetzt. Diese Professur beschäftigt sich mit den Fragen, wie Schule künftig aussehen soll, und wie Lehrer ausgebildet werden sollen.

1783 wird der Lehrstuhl jedoch wieder eingestellt, weil die Kirche die Notwendigkeit und Wissenschaftlichkeit des Lehrstuhls verneint.

Trapp leitet jetzt weitere Erziehungsanstalten und arbeitet als freier Schriftsteller. 1818 stirbt E. C. Trapp in Wolfersbüttel.

Das Scheitern Trapps liegt zum einen an seinen revolutionären und modernen Ideen. Er ist seinem Zeitalter voraus und scheitert letztendlich auch an der Organisation und der Umsetzung seines Schulmodells.

4.      Inhalt und formaler Aufbau des Textes


4.1  Informationen zum Text und Autor

Der Text beginnt damit die Frage und somit den roten Faden dieses Text darzustellen. Der Autor stellt sich die Frage, ob es öffentlicher Schulen bedarf, die vom Staat unterhalten werden und welchen Einfluss der Staat auf diese Schulen ausüben soll.

4.2  Der Begriff des Staats

Auf den Seiten 22f. erläutert Trapp zunächst den Begriff des Staates. Nach seiner Definition ist der Staat „eine machthabende Gesellschaft“[3]. Er soll für die Sicherheit des Eigentums, und der Freiheit seiner Glieder, von innen und außen sorgen.

Diese Definition Trapps ist so wichtig, da der Staat damals noch kein gesellschaftlicher Begriff ist und Trapp so die Trennung von Staat und Kirche verdeutlichen will, die für seine Argumentation grundlegend ist.

4.3  Die Einrichtung öffentlicher Schulen

Trapp fordert nun die Einrichtung von öffentlichen Schulen, solche in denen jeder lernen darf. Und zwar jeder, der das dort Gelehrte auch lernen möchte.

Nach Trapp sollen Schulen also nicht verpflichtend sein. Die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, soll vom Staat angeboten werden und keinesfalls durch eine Schulpflicht erzwungen werden. Auf die Idee Trapps keine Schulpflicht einzuführen wird jedoch im Laufe des Seminars noch einmal eingegangen.

4.4 Das Verhältnis von Schule und Staat

Hier formuliert Trapp seine Forderung, dass der Staat keinen Einfluss auf die Schule haben soll. Trapp befürchtet, dass der Staat, der ja von Menschen geführt wird, die Schule zur Förderung von privaten Ansichten missbrauchen könnte.

Die Quelle des Irrtums ist nach Trapp der Einfluss von staatlicher Gewalt auf die Schulen. Er spricht von dem Irrtum, der nämliche seine eigene vorausgehende Ansicht ist, dass ein gutes Schulsystem, das Eingreifen eines starken Staates bedürfe.

Diese Ansicht weist Trapp nun zurück. Seine gegenwärtige Überzeugung ist die, einer freien Lehre, ohne staatliche Kontrolle.

Hier wird zunächst über die Ambivalenz von Trapps Forderungen diskutiert. Diese Ambivalenz erzeugt sein verwendeter Begriff des „Zufalls“[5], denn es ist genauso zufällig ob das Schulsystem, das nicht vom Staat, sondern von den Pädagogen und Schulen selber gestaltet wird, ein gutes sein wird oder nicht.

Trapp sagt, dass es keine Lehrfreiheit geben kann, solange es Kirchen gibt und solange die Kirchen die Schulen beeinflussen.

4.7  Die Trennung von Schule und Kirche

Zunächst fordert Trapp, dass der Religionsunterricht aus den Schulen entfernt werden soll.

Dann sollen in den Schulen gute, verständige und geschickte Menschen hervorgebracht werden. Geschickte Menschen, bezieht sich hier auf ihr handwerkliches Geschick. Und deshalb müssen die Inhalte des Unterrichts über die Zwecke der Kirchen hinausgehen.

Außerdem wird die gute Lehrart durch zu viel Religionsunterricht behindert. Es soll mehr Zeit sein für wichtigere Inhalte, zum Beispiel für Naturbeobachtungen zur Verbesserung der Landwirtschaft.

Ein weiteres Thema der Seminardiskussion ist, dass Erziehung niemals zur Veränderung des Individuums oder des Kindes angewandt werden soll. Erziehung soll als Instrument für andere Ziele eingesetzt werden, zum Beispiel für die Verbesserung der Rahmenbedingungen einer Gesellschaft. Auch diese Taktik wird vom Autor im Text angewandt.

In dem Textanschnitt in dem Trapp die „Gefangenschaft der Vernunft“[6] erläutert, wird deutlich, dass er nicht allgemein gegen die Kirche ist.

Er ist bloß gegen die Dogmen der Kirche, die die Wissenschaftlichkeit verhindern. Die wissenschaftlich erklärbare Vernunft argumentiert gegen den Glauben, wie er in der Kirche gepredigt wird. Hier wird deutlich, dass Trapp ein Anhänger der Aufklärung ist.

Zunächst soll der Unterricht dem Schüler angeboten und nicht aufgedrängt werden. Hier ist wiederum die Idee Trapps, es sei keine Schulpflicht notwendig, thematisiert worden.

Zudem soll Schule besonders den niederen Schichten angeboten werden, die sonst keine Möglichkeit zum Lernen haben. Höhere Schichten haben den Zugang zu einer guten Schulbildung durch ihren Stand und ihre finanziellen Möglichkeiten.

Auch die finanzielle Unterstützung der Schulen soll Aufgabe des Staates sein. Und trotzdem soll der Staat keinen Einfluss auf die Schulen ausüben.

Hier wird die ambivalente Haltung Trapps gegenüber dem Staat diskutiert. Auf der einen Seite will er keinen starken Staat, vor allem keinen der sich in die Bildung einmischt, aber auf der anderen Seite merkt er, dass es nicht ohne Staat geht. Zum einen aus finanziellen Gründen und zum anderen aus organisatorischen Gründen.

Mögliche Gegenargumente widerlegt Trapp in Form eines fiktiven Dialogs, der nicht weiter Gegenstand des Seminars ist.


Dann folgt eine kurze Zusammenfassung, wie die Schule der Zukunft und deren Lehrbücher aussehen sollen. Eine weitere Idee Trapps ist es, dass der Staat die Lehrer ausbildet, und keine Soldaten oder Prediger mehr unterrichten sollen. Dann stellt er noch einige Zukunftsaussichten für das System Schule dar.



[1] Trapp, Ernst Christian(1792): Von der Notwendigkeit öffentlicher Schulen und von ihrem Verhältnis zu Staat und Kirche. In: Berg, Christa (Hg.): Staat und Schule oder Staatsschule? Stellungnahme von Pädagogen und Schulpolitikern zu einem unerledigten Problem 1789-1889. Königstein 1980. S.22-36.

[3] Trapp, Ernst Christian: Von der Notwendigkeit öffentlicher Schulen und von ihrem Verhältnis zu Staat und Kirche, S.22.

[4]Trapp, Ernst Christian: Von der Notwendigkeit öffentlicher Schulen und von ihrem Verhältnis zu Staat und Kirche, S.24f.

[5]Trapp, Ernst Christian: Von der Notwendigkeit öffentlicher Schulen und von ihrem Verhältnis zu Staat und Kirche, S.25.


[6]Trapp, Ernst Christian: Von der Notwendigkeit öffentlicher Schulen und von ihrem Verhältnis zu Staat und Kirche, S.28ff.


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