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Praktikumsbericht
Pädagogik

Universität Duisburg-Essen - UDE

Müller, 2012

Jonas F. ©

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ID# 22089







 

Inhaltsverzeichnis

 

1       Angaben zur Instutition. 2

2       Das Projekt Stadtranderholung. 3

3       Vorreflexion und Erwartungshorizont. 4

4       Vorbereitung und Vorseminare. 4

5       Organisatorische Struktur des Platzes Wedau. 6

6       Erkundung des Arbeitsalltages. 7

7       Pädagogische Anforderungen im Alltag. 10

8       Abschließende Reflexionen zum Praktikum.. 12

 

Anhang:              Erklärung über die selbstständige Abfassung des Erfahrungsberichtes

                               Arbeitsbestätigung

 

 

1         Angaben zur Instutition

 

 

 

 

Institution:                    Stadtranderholung 2011

ausgerichtet vom Jugendamt Duisburg

 

Ansprechpartner:        

                              6

                             47051 Duisburg

und                       

                              6

                             47051 Duisburg

 :

 

Platzleiter und Betreuer: 

 

Zeitraum:                        15.08.2011 – 05.09.2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2         Das Projekt Stadtranderholung

 

Ich habe mein außerschulisches Praktikum in einer ganztägigen Kinderbetreuung während der Sommerferien in Duisburg absolviert. Dieses Projekt nennt sich Stadtranderholung (SRE) und wird jährlich vom Jugendamt Duisburg organisiert. Für jeweils 3 Wochen der Sommerferien wird eine 8-stündige Betreuung für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren von 08:00- 16:00 Uhr angeboten. Die Stadtranderholung ist vor allem für Kinder gedacht, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Eltern keine Möglichkeit haben, in den Sommerurlaub zu fahren. Sie richtet sich aber auch an Kinder, deren Eltern alleinerziehend sind und/ oder aufgrund des Berufes auf gute und zuverlässige Betreuungsmöglichkeiten in den Ferien angewiesen sind. Hierbei werden insgesamt 14 Standorte verteilt über ganz Duisburg angeboten. Die sogenannten „Plätze“ unterscheiden sich sowohl von den Räumlichkeiten, als auch den Angeboten stark. Während die meisten Plätze in Jugendheimen lokalisiert sind und somit nur etwa 40-80 Kinder aufnehmen können, habe ich auch dem größten Platz, dem Platz Wedau mit rund 300 Kindern, gearbeitet. Dieser befindet sich unter freiem Himmel auf einer großen Wiese mitten in einem Waldstück, umgeben von einem Klettergarten, einem Fußballplatz und einer Regattabahn. Gegen die Witterungen werden einige Pavillons und ein altes Zirkuszelt aufgebaut, in das man sich bei schlechtem Wetter mit den Kindern zurückziehen kann.

Am ersten Tage der Betreuung werden die Kinder in kleine Gruppen einem Betreuer zugeteilt, wobei jeder Betreuer maximal 10 Kinder aufnehmen darf. Ich hatte 10 Jungs im Alter von 7 - 11 Jahren. Diese Kleingruppe verbringt dann die nächsten 3 Wochen miteinander. Neben den Betreuern gibt es noch Caterer, Organisations-, Spiel-, Bastel-, Sport- und Pädagogikspezialisten, sowie eine Platzleitung, die für eine ganzheitliche Betreuung des Platzes sorgen. Abgesehen von der Platzleitung  sind alle offenen Arbeitsangebote insbesondere für SchülerInnen ab 16 Jahren gedacht und werden von diesen auch hauptsächlich genutzt. Die Arbeit innerhalb der Stadtranderholung ist also eher ein Ferienjob für SchülerInnen, weshalb das Durchschnittsalter der BetreuerInnen bei ca. 18 Jahren liegt. Die Einstellungsvoraussetzungen sind nicht sehr hoch. In einem Bewerbungsgespräch mit dem Platzleiter wird festgestellt, ob man für die Kinderbetreuung geeignet ist.

 

 

 

 

 

 

3         Vorreflexion und Erwartungshorizont

 

Ich selbst bin zwar auch schon während meiner Schulzeit auf die Stadtranderholung aufmerksam geworden, habe jedoch noch nie dort gearbeitet gehabt. Mir fehlte durch die Abituranforderungen und den schnellen Einstieg ins Studium immer die Zeit. Als ich im April 2011 durch Zufall im Internet wieder auf eine Website der SRE aufmerksam geworden bin und las, dass das Höchstalter für eine Einstellung 25 Jahre betrug, fasste ich den Entschluss das Studium etwas in den Hintergrund zu stellen und mich zu bewerben.

Die Arbeit mit Kindern erfüllt mich mit großer Freude und Zufriedenheit. Ich hatte mich stets geärgert, dass ich keine Zeit für Angebote dieser Art finden konnte. Bewusst habe ich mich gerade in dieser Phase meines Studiums explizit dafür entschieden, eine intensive Arbeit mit Kindern zu erleben. Insbesondere wollte ich einen engstirnigen Blick auf die Welt Schule vermeiden. Meine Nebentätigkeit in einer Unternehmensberatung lässt mich zudem noch Wirtschaftserfahrung sammeln, so dass ich mir gut zutraue meinen späteren Schülerinnen und Schülern  die Brücke zur außerschulischen Wirklichkeit aufzeigen zu können. Ich finde das dies eine wichtige Aufgabe des Lehrers ist, welchen er nur schwerlich bekommt, wenn er innerhalb seines Studiums oder vor seinem kompletten Berufseinstieg sich nicht auch in andere Richtungen orientiert.

Ich war sehr gespannt auf die Arbeit, aber auch etwas verunsichert über die pädagogischen Anforderungen, denen man sich stellen musste. Neben einem hohen Maß an Kommunikativität, Empathie und Flexibilität sollten wir uns vor allem auf die spezifischen Eigenheiten der Kinder einstellen und lernen mit diesen umzugehen.  

 

4         Vorbereitung und Vorseminare

 

Nach erfolgreichem Bewerbungsgespräch wurden wir in Schulungen vorbereitet.  Dort wurden wir von ausgebildeten (Heil-)Pädagogen und  Juristen unterrichtet.  Zusätzlich musste jeder einen umfangreichen Erste-Hilfe-Kurs und einen Rettungsschwimmerschein ableisten. Die insgesamt 4 Schulungen unterteilten sich in die Bereiche juristische Anforderungen, pädagogische Grundausbildung, Spieleworkshop und Praxisbeispiel. Insbesondere in der pädagogischen Grundausbildung wurden wir dabei nicht nur für den Umgang mit den Kindern geschult, sondern auch im Umgang mit uns selbst. In einem psychologischen Test mit anonymer Auswertung und einigen Rollenspielen wurde so ein kleines Profil  für die Platzleitung und uns selbst angelegt. Auf den umstrittenen „Pädophilen-Test“ wurde verzichtet. Hier konnte ich bereits einige Aspekte für meine persönliche pädagogische Arbeit lernen, muss jedoch auch sagen, dass ich mir über einige bereits bewusst gewesen bin. So kannte ich bereits mein empathisches Wesen, das jedoch gerade in Stressszenarios nicht immer konsequent handelt. Zu meinen Stärken zähle ich vor allem meine Kommunikativität und meinen gefühlvollen und verständnisvollen Umgang mit Kindern.

Im Spiele-Workshop spielten wir gemeinsam diverse „Notfall-Spiele“, die wir so jederzeit gegen Langeweile einsetzten konnten. Es wurde auf eine große Abwechslung geachtet, so dass später keine geschlechterspezifischen Eigenheiten entstehen sollten.  In der Rechtschulung wurde neben den gängigen Einweisungen, insbesondere eine weitere Schwierigkeit der Arbeit hervorgehoben. Als offizielle Vertreter des Jugendamtes mussten wir immer die geeignete Balance zwischen den Anforderungen der Eltern, des Jugendamtes und insbesondere der Kinder finden.

Im Praxisbeispiel wurden dann verschiedene Rollen  verteilt. Es gab 3 Betreuer, einer davon war ich, und ca. 20 Kinder. Die Aufgabe war es einen ordnungsgemäßen Ausflug bis zu einem Abenteuerspielplatz inkl. Straßenüberquerung in einer vorgebebenen Zeit durchzuführen. Den „Kindern“ wurden dabei vorher verschiedene Kinderrollen zugewiesen, die die Betreuer nachher auf dem Weg zum Spielplatz vor verschiedenste Herausforderungen stellen sollte. So gab es zum Beispiel ein sehr anhängliches Kind, das nicht von der Hand der Gruppenleiter weichen wollte und diesen mit viel Quengelei ablenken sollte,  zwei sich ständig streitende Kinder, sowie Kinder mit Verletzungen, Heimweh oder Ängsten vor nahenden Autos oder Hunden.  Von den Gruppenleitern wurde ein hohes Maß an Organisationsfähigkeit und gegenseitige Absprachen erwartet. Dies erfüllten wir als Betreuer zwar, konnten die Aufgabe jedoch doch nicht erfüllen, da wir es nicht in der vorgegeben Zeit schafften. Hier wurde mir bewusst, wie wichtig es bei pädagogischer Arbeit ist, Prioritäten setzten zu können. Auch im Schulbetrieb muss man ständig flexibel sein und in jeder Unterrichtsstunde abwägen, wo man welche Schwerpunkte setzt. Eine gut durch strukturierte Unterrichtsstunde kann durch Thematiken wie Mobbing komplett neu aufgesetzt werden müssen.

Insgesamt empfand ich die Vorschulungen oft als redundant. Das Praxisbeispiel war jedoch sehr lehrreich und in späteren Situationen mit den Kindern selbst erinnerte ich mich oft zurück. Ich versuchte dann die einzelnen Probleme prioritätsgewichtet abzuwägen und diese Stück für Stück zu lösen.

 

 

 

 

 

 

 

 

5         Organisatorische Struktur des Platzes Wedau

 

Der Platz Wedau ist der größte Platz im Stadtranderholungsgebiet Duisburg. Er bietet Platz für über 300 Kinder, hat jedoch den Nachteil in einem Wald unter freien Himmel zu sein. Somit ist er nicht nur witterungsgefährdet, sondern auch von Problemen wir Wespen, Allergien und Dreck betroffen. Gerade bei aufgedrehten Kindern führte dies oft zu Schwierigkeiten. Die Platzleitung wurde von einem Mann und einer Frau übernommen, die selber früher lange Jahre als Betreuer bei der SRE gearbeitet hatten. Zudem gab es noch einen Sportspezialisten, der täglich neue Sportangebote anbieten musste und für die Organisation von größeren Turnieren verantwortlich war. Ebenso verhielt es sich mit der Bastel- und Spielespezialistin. Diese Angebote waren oft auf eine bestimmte Kinderzahl begrenzt und mussten daher bereits früh von den Gruppenleitern angemeldet werden. Zusätzlich gab es noch einen Organisationsassistenten, der jeweils die Ausflüge plante und begleitete. Die Pädagogikspezialistin, auch „Kuschelmama“ von den Kindern genannt, sorgte sich stets um Kinder, die kurzzeitig ihre eigene Gruppe verlassen musste. Dies konnte entweder durch eine Verletzung oder Heimweh/allgemeines Unwohlbefinden, als auch durch negatives und aggressives Verhalten passieren. Drei Caterer sorgten für die Essensversorgung. Diese bestand meist aus belegten Brötchen mit etwas Gemüse/Obst und einem Joghurt zum Nachtisch.

Auf dem Platz selber gab es viele Angebote, die die Kinder dauerhaft nutzen konnten. Dazu zählten ein großes Trampolin, zwei überdimensionale 4-gewinnt-Spiele, diverse Markstände, an denen selbstständig mit Steinen, Eicheln o.ä. gehandelt werden konnte, sowie eine große Schaukel. Zusätzlich gab es ein Spielezelt, in dem sich die Kinder verschiedene Utensilien wie Stelzen, Diabolos, Tanztücher, Badminton- und Pingpongschläger, sowie diverse Bastelutensilien ausleihen konnten. Das Spielezelt durften sie nicht betreten, sondern nur im Beisein eines Betreuers Dinge ausleihen. Dies wurde über eine Wäscheklammer als Leihpfand, die den Kindern am Anfang ausgeteilt wurde, erreicht. Hatte ein Kind seine Klammer verloren oder zu Hause vergessen, so war es auch nicht berechtigt etwas auszuleihen. Zusätzlich musste es mit leichten Sanktionen rechnen, wenn die Ausleihen am Ende des Tages nicht wieder gegen die Wäscheklammer zurückgetauscht wurden. Dieses Prinzip erschien mir am Anfang, als sehr chaotisch, wurde jedoch sehr schnell von den Kindern angenommen und auch umgesetzt. Als pädagogische Maßnahme ist dieses Vorgehen, insbesondere in bei einem stets großen Ansturm an Kindern also zu empfehlen. Sie lernen nicht nur Verantwortung für ihre Wäscheklammer zu übernehmen, sondern auch im gemeinsamen Gespräch mit anderen Kindern Dinge gemeinsam auszuleihen und zu nutzen.

 

 

 

 

6         Erkundung des Arbeitsalltages

 

Mein Arbeitstag begann jeden Tag um 07:15 Uhr. In einer gemeinsamen Platzrunde wurden die Tagesangebote, anstehende Turniere, allgemeine Hinweise und Änderungen besprochen. Dies nahm meist mehr Zeit in Anspruch, als erwartet, da Tages- und Wochenangebote oft nur für eine begrenzte Kinderanzahl zur Verfügung standen und daher immer eine rege Diskussion herrschte. Ab 08.00 Uhr wurden die Kinder dann zum Platz gebracht und die (gesetzliche) Betreuungszeit begann. Im morgendlichen Begrüßungsgespräch musste ich nun zunächst die Anwesenheit der Kinder feststellen und dokumentieren, sowie ggf. Essensbestellungen für Ausflüge erfragen.  Nachdem dies getan wurde, konnten wir gemeinsam den weiteren Tagesablauf besprechen.  Ich stellte den Kindern die Spezialangebote vor und erklärte ggf. den organisatorischen Ablauf von kleinen und großen Ausflügen. Hierbei achtete ich immer darauf,  dass auch die Kinder genügend Zeit bekamen von ihren Wünschen und Eindrücken zu erzählen. Manchmal waren sie in ihrer partiellen Tagesgestaltung sehr frei, so dass es notwendig war sich einen Überblick über die einzelnen Aktivitäten zu verschaffen und gemeinsame Treffzeiten zu vereinbaren.

Dabei sollte stets darauf geachtet werden, dass das platzumfassende gemeinsame Mittagessen von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr einzuhalten. Die Kinder sollten dann  in ihren Gruppen sitzen und eine halbe Stunde die Mittagsbrötchen und Snacks verzehren, sowie ein bisschen Verdauungszeit mit Tischunterhaltungen oder Spielen verbringen. Dies gestaltete sich oft als schwierig, da nicht alle Betreuer dieses Ritual ernst nahmen und andere herumspielende Kinder somit einen besonderen Reiz auf die noch sitzenden ausübten. Zusätzlich sorgten die herumschwirrenden Wespen stets für Unruhe bei den Kindern und ließen sie wiederholt aufspringen. In diesem Konflikt zwischen Aufspringen und dem Mittagsessen als Zeit zum Entspannen lösten die Gruppenleiter sehr unterschiedlich. Während sich manche gar nicht kümmerten und ihren Gruppenkindern dabei zu sahen, wie diese die Regeln nicht befolgten, gab es auch Gruppenleiter, die mit strikter Disziplin ihre Gruppenkinder sanktionierten, wenn diese nicht ihre Regeln befolgten. Den 3 gängigen Erziehungsstilen folgend ordnete ich mich eher in der Mitte ein. Zunächst versuchte ich den Kindern die Angst vor Wespen zu nehmen, indem ich ihnen mehrmals zeigte, wie man diese mit Hilfe von Bechern, Dosen oder ähnliches einfangen kann, um sie dann nach dem Mittagsessen weit weg vom Platz wieder freizulassen. Dies übte ich ab dem zweiten Tage mit den Kindern selbst und gab ihnen Unterstützung, wenn sie es nicht alleine schafften. Dies funktionierte zunächst und alle Kinder konnten nach wenigen Tagen ihre Angst vor Wespen soweit überwinden, dass sie nicht mehr aufsprangen oder entsetzt schrien, wenn Wespen in der Nähe waren. Nach einigen Tagen entwickelte es sich jedoch zu einem reziproken Prozess, so dass einige Kinder einen regelrechten Wettkampf austrugen, wie viele Wespen sie fangen konnten. Auch das führte zu erneuter Unruhe am Tisch, die ich jedoch mit der Regelung nach einer maximalen Wespenfangzahl schmälern konnte.  Am letzten Tage zeigte sich in einem Abschlussgespräch mit den Kindern und Eltern, dass die ganze Gruppe nun keine große Angst mehr vor Insekten, sondern einen angemessen Respekt hatte.

Abgesehen von diesem Ritual des gemeinsamen Mittagessens war die Tagesplanung sehr frei gehalten. Es lag in der Hand des Gruppenleiters den Tag der einzelnen Kinder zu planen. Ich war jedoch dazu aufgefordert stets für Beschäftigung meiner Gruppenmitglieder zu sorgen, falls sie sich diese nicht selbst suchten. Selbst suchen konnten sie sich diesen zum Beispiel in Form der angebotenen Spezialangebote oder an den oben aufgezählten Marktständen, Spielezelten, etc.

Ich plante dann oft Turniere in allen möglichen Sportarten, so dass auch andere Gruppenmitglieder partizipieren konnten.  Zusätzlich versuchte ich jeden angebotenen Ausflug für meine Gruppe zu sichern.  Neben den allgemein angebotenen Ausflügen ins Schwimmbad, in den Zoo, einen prähistorischen Freizeitpark und den DELTA Music-Park Duisburg, konnte ich so mit meiner Gruppe Minigolf und Bowling spielen gehen. Außerdem fuhren wir gemeinsam mit anderen kleinen Gruppen zu einem Workshop des technischen Hilfswerks, sowie zum archäologischen Park in Xanten.

Die Selbstständigkeit meiner Gruppe aus 10 Jungs war heterogen. Zwei von ihnen wollten ihren eigenen Tagesablauf bestimmen und hielten sich meist an den Marktständen auf, um dort ihre Waren zu tauschen. Drei waren grundsätzlich nur an meinem Tagesverlauf und Angebote interessiert und der Rest entscheid sich meist abhängig von der Tagesform. Der Vorteil an einer rein männlichen Gruppe ist selbstverständlich der Fußballeffekt.  Hier konnte ich nicht nur meine Gruppe immer wieder begeistern, sondern es fanden sich auch immer einige andere Gruppenkinder, welche, nach Abmeldung bei ihrem Gruppenleiter, gerne mitspielten.   

Im Spielezelt war ein Spieleordner abgelegt, in dem viele hundert Spiele mit den unterschiedlichsten Materialanforderungen fanden. Mit Hilfe dieses umfangreichen Spieleordners konnte ich so immer ein abwechslungsreiches  Angebot für meine Gruppenmitglieder bereitstellen. 

Ab 15:30 Uhr musste jede Gruppe wieder am Platz sein, um am Abschlussritual teilzunehmen. Der Platzleiter stellte sich mit einem Megaphon in die Mitte des Platzes, um Hinweise für den nächsten Tag zu geben und Fundsachen zu präsentieren. Außerdem wurden Kinder, die Geburtstag hatten, noch einmal gesondert gefeiert. Am Ende wurde dann gemeinsam der Platztanz getanzt.

Um 16:00 Uhr wurden alle Kinder wieder abgeholt und das Betreuungsteam setzte sich für die tägliche Abschlussreflexion zusammen. Hier wurde der Tag zusammengefasst, Kritik geäußert und einzelne Betreuungsangebote bewertet. Gegebenenfalls mussten dann noch Aufräumarbeiten geleistet werden und gegen 17:30 Uhr  durften wir dann den Platz verlassen.

Es kann also nicht von einem allgemeinen Arbeitsalltag gesprochen werden. An jedem Morgen musste ich den restlichen Tagesverlauf neu planen und mit den Kindern abstimmen. Lediglich der erste und der letzte Tag sind gesondert zu erwähnen.

Am ersten Tage wurden die Gruppen eingeteilt. Es gab dabei 3 verschiedene Altersbereiche, in denen sich die jeweiligen Gruppenleiter aufstellten. Die Kinder konnten sich dann nach Belieben ihren Gruppenleiter aussuchen, so lange dieser nicht bereits 10 Mitglieder in seiner Gruppe hatte. Nachdem die Gruppen zugeteilt worden waren und die Eltern sich verabschiedet hatten, war die erste gemeinsame Zeit mit den Gruppenkindern. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde mit Hilfe von Kennenlernspielen, war es mir ein wichtiges Anliegen ein gemeinsames Regelwerk für die kommenden Tage zu erstellen. In Absprache mit den Kindern hielten wir bestimmte Verhaltensregeln und Sanktionen fest, die bei Verstoß erfolgen sollten. Diese setzten wir dann jeweils in eine Prioritätenliste und schrieben sie gemeinsam auf  eine Folie, die die nächsten 3 Wochen auf diesem Tisch festklebte. Diesen Schritt finde ich sehr wichtig, auch in einem Schulbetrieb in der Unterstufe. In einem demokratischen Prozess haben die SchülerInnen die Möglichkeit zunächst selbst über unangemessenes Verhalten nachzudenken. In gemeinsamer Diskussion wird dann die Wertigkeit der jeweiligen Verhaltensregeln diskutiert. So ist es beispielsweise wichtiger, einen respektvollen Umgang miteinander zu haben und keine Gewalt an anderen auszuüben, als immer pünktlich zum Mittagessen/Gong wieder da zu sein.

Auch in der folgenden Festlegung der Sanktionen sind die SchülerInnen gefordert sich selbst konstruktiv mit angemessenen und durchzuführenden Sanktionen zu beschäftigen. Eine demokratische erstellte Liste ist für die SchülerInnen viel leichter einzusehen und damit auch einzuhalten, als strikt vorgegebene Regelungen.

In der Anfangszeit werden diese Regeln natürlich von vielen Kindern ausgetestet und ausgereizt, weshalb es gerade dann bereits oft Sanktionen für die Kinder gab.

Am letzten Tag gab es vormittags eine Feedbackrunde mit allen Kindern und ggf. den Eltern und dem Gruppenleiter, sowie nachmittags eine Zirkusshow, in der jede Gruppe eine eigene kleine Aufführung vorstellen durfte.

Insbesondere in der Feedbackrunde wurde meine pädagogische Arbeit sowohl von den Kindern, als auch den Eltern bewertet. Von den Eltern bekam ich durchweg positives Feedback. Sie erzählten, dass die Kinder immer zufrieden und müde nachmittags nach Hause gekommen waren. Sie hätten immer viel von mir und den gemeinsamen Spielen erzählt. Die Kinder gaben zwar auch ein positives Feedback fühlten sich jedoch oft ungerecht behandelt. Sie wollten bestimmte Sanktionen, die ich ihnen während der Stadtranderholung erteilt hatte, auch im Nachhinein nicht einsehen und hätten sich da eine größere Freiheit gewünscht. Zudem bemängelten sie die ungleiche Behandlung innerhalb der Gruppe. Hier kann ich auf jeden Fall noch an mir arbeiten, bin mir allerdings bewusst, dass man gerade kleine Kinder nicht immer gleichermaßen vollends zufrieden stellen kann.

 

 

7         Pädagogische Anforderungen im Alltag

 

Die pädagogischen Anforderungen an die Gruppenleiter in den 3 Wochen der Stadtranderholung sind vielfältig, nicht klar definiert und werden von den verschiedenen Teilhabenden  anders interpretiert. Aus Sicht der Eltern sollten die Gruppenleiter nicht nur Betreuungs- sondern auch Erziehungsarbeit leisten. Aus Sicht des Jugendamtes sollen die Gruppenleiter vor allem eine reibungslose und unfallfreie Zeit mit den Kindern verbringen. Aus Sicht der Kinder sollen die Gruppenleiter viel mit ihnen spielen und ihnen Spaß bereiten.  Hier die richtige Balance zu finden war nicht immer ganz einfach, die anderen Gruppenleiter und die Platzleitung versuchten jedoch stets in schwierigen Situationen verstärkend zu wirken. Ähnliche Balancefindungsprobleme haben Lehrer in der Schule auch.

Eine Aufgabe, die ich bedacht, aber unterschätzt habe, war die Aufsichtspflicht verbunden mit  temporär spezifischen Problemen der Kinder. Gab es einmal Streit zwischen 2 Kindern, den ich schlichten musste oder ging es einem Kind aus irgendeinem Grunde schlecht, so kümmerte ich mich. In diesem Moment lässt man jedoch die anderen 9 Kinder stärker aus den Augen. Gerade bei einer undisziplinierten Gruppe kann dies schnell verheerende Folgen haben. So war ich öfter überfordert mit meiner Prioritätensetzung. Bei anderen Gruppenleitern konnte ich dies ebenfalls beobachten. Die Möglichkeit die Gruppe etwas zu entlasten, indem man bestimmte Kinder zwischendurch zur Pädagogikspezialistin schicken konnte, war mir aus dem Schulbetrieb völlig unbekannt.

Eine weitere mir vorher unbekannte pädagogische Maßnahme ist der sogenannte Vertrag. Bei negativem Verhalten wurden die Kinder oft zur Pädagogikspezialistin geschickt, um dort ihr Verhalten zu erklären oder einfach nur in Form einer stillen Stuhlzeit etwas Ruhe in sich zukommen zu lassen. Ich selbst halte diese pädagogische Maßnahme für fragwürdig, sehe jedoch ein, dass es insbesondere bei jungen und unerfahrenen Gruppenleitern, die vielleicht Problemkinder in ihrer Gruppe haben eine große Entlastung ist, wenn eben diese Kinder die Gruppe kurzzeitig verlassen. Somit haben die Gruppenleiter ein wenig Zeit den Rest der Gruppe nicht aus den Augen zu verlieren und ein wenig zu ordnen.  Wenn Kinder wiederholt aufgrund von negativem Verhalten zur Pädagogikspezialistin geschickt werden musste, wurde irgendwann ein Vertrag mit ihnen ausgehandelt. Der Platzleiter setzte sich dann mit diesem Kind zusammen und handelte einen Vertrag aus, in dem das Kind unterschrieb sich um ein regelkonformes Verhalten zu bemühen. Bei Vertragsbruch wurden weitere härtere Strafen, wie Eltern informieren, Ausschluss von Ausflügen und Gesamtausschluss vertraglich festgehalten. Der Vertrag wurde dann im Büro des Platzleiters aufgehängt. Es gab von da an kaum noch bemerkenswerte Regelverstöße. Das Unterschreiben eines offiziellen Vertrages hatte große Wirkung auf die Kinder.

Nun möchte ich einen kurzen Vergleich der pädagogischen Arbeit in der Schule und während der Stadtranderholung ziehen. Natürlich war und ist die Schule eine Institution mit Lehrauftrag. Den SchülerInnen sollen Fach- und Methodenkompetenzen vermittelt werden. In der heutigen Zeit wird von der Schule bzw. den LehrerInnen aber  auch immer mehr ein Erziehungsauftrag gefordert. Die pädagogische Arbeit  und insbesondere auch das Fach Pädagogik gewinnt an immer mehr Bedeutung. Pädagogik heißt nicht nur pädagogische Fachkompetenzen zu erwerben, sondern auch zu reflektieren und zu metareflektieren. Der größte Persönlichkeitsbezug herrscht im Fach Pädagogik. Dies spiegelt sich auch in pädagogischer Arbeit wider. Hier ist es nicht nur wichtig den SchülerInnen Theorien zu vermitteln, sondern sie auch zur Selbstreflexion anzuregen. Dies ist auch ein wichtiger Teil der pädagogischen Arbeit während der Stadtranderholung gewesen. Dort waren die Kinder zwar viel jünger und entwicklungspsychologisch auf niedrigeren Stufen, trotzdem war es jedoch gerade für Streit- und Gewaltvermeidung wichtig den Kindern unrechtes Verhalten nicht nur aufzuzeigen, sondern sie es auch nachzuvollziehen und verstehen zu lassen. Hier half vor allem das gemeinsame Regelwerk, welches am ersten Tage erstellt wurde. Außerdem habe ich mich oft mit den Kindern auf Augenhöhe unterhalten, um mit ihnen ihre Verhaltens- und Denkmuster zu besprechen. Eine kurze Feedbackrunde über den Verlauf des Tages und der Schwierigkeiten am Ende jeden Tages ergänzten dies. Diese Form von Lehrarbeit finde ich auch für die Schule wichtig. Ich sehe es nicht nur als Aufgabe des Lehrers rein fachliche Kompetenzen zu vermitteln, sondern die SchülerInnen auch zu selbstständig denkenden und reflektierenden Wesen zu erziehen. In dieser Aufgabe findet sich eine große Schnittmenge zwischen der Arbeit bei der SRE und in der Schule. Zudem wird auch durch das schulische Lernen der Umgang der Kinder miteinander während der Stadtranderholung geschult. Gerade bei den jungen Kindern, die gerade die 1. Klasse absolviert hatten, zeigten sich oft größere Differenzen bzgl. nichtiger Probleme. So hatten sie größere Schwierigkeiten etwas abzugeben oder Süßigkeiten gerecht aufzuteilen. Dies liegt meiner Meinung nach nicht nur an der noch nicht fortgeschrittenen Entwicklung, sondern auch an dem teilweise noch ungewohnten Miteinander aus der Schule.

Auch wenn ich also keinem Lehrauftrag während der Stadtranderholung folgen musste, lassen sich einige Parallelen zur Aufgabe des Betreuers während der Stadtranderholung und des Lehrers im  alltäglichen Schulbetrieb ziehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8         Abschließende Reflexionen zum Praktikum

 

Meine grundsätzlichen Erwartungen haben sich während der SRE bestätigt. Die Hauptaufgabe die Kinder zu beaufsichtigen und zu unterhalten erfüllte ich mit großer Freude. Ich war jedoch überrascht, wie wichtig ein stets strukturiertes Vorgehen gepaart mit Flexibilität ist. Hier hatte ich gerade in der ersten Woche große Probleme und war oft überfordert. Im Laufe der Zeit versuchte ich dort gezielter Prioritäten zu setzen, was mir nicht immer gelang. Hier muss ich im Unterricht noch an mir arbeiten.

Überrascht hat mich die schnelle Vertrauensfindung der Kinder zu mir. Nach anfänglichen Distanzen hatten sie mich schnell ins Herz geschlossen und ich war der Ansprechpartner für all ihre Probleme. Zusätzlichen suchten sie oft die Nähe und Geborgenheit und ließen sich gerade nach tränenreichen Momenten gern besonders lang von mir trösten.

Der Grundsatzidee der Stadtranderholung stehe ich sehr positiv gegenüber. Ich finde es toll, dass auch Kindern aus weniger privilegierten Familien die Möglichkeit geboten wird ein schönes Ferienprogramm zu durchleben. Sehr gut hat mir auch die Organisationsstruktur gefallen. Negativ bewerte ich das junge Alter der Betreuer. Das Einstiegsalter von 16 Jahren sehe ich kritisch, insbesondere wenn man bedenkt, dass manche der Kinder 13 Jahre alt waren. Dieser Altersunterschied ist zu gering. Man könnte mit einigen entwicklungspsychologischen Modellen argumentieren, die diesem Alter noch gleiche Entwicklungsstände zuordnen würden. Dies hat sich auch oft im Alltag wiedergespiegelt. Oft hatten aber auch die jungen Betreuer Schwierigkeiten mit Kindern viel niedrigeren Alters. Hier würde ich ein Mindestalter von 18 Jahren vorschlagen, um eher sicher zu stellen, dass  jeder Betreuer neben seiner Observationspflicht auch mehr pädagogische Arbeit übernehmen kann. In Bezug auf die pädagogische Arbeit hat sich auch mein Bild des Unterrichtsfaches Pädagogik verändert. Die Selbstverwirklichung sehe ich nun in einem viel stärkeren Fokus und stellt für mich eine immer tragende Aufgabe des Faches. Dies ist mir vor allem durch die vielen Gespräche und Schlichtungen mit meinen Gruppenkindern bewusst geworden. Gerade durch Gedanken dieser Art gewinnt das Fach Pädagogik einen immer größeren Legitimationswert. Selbstreflexion und die Fähigkeit zur Empathie ist leider immer weniger eine Selbstverständlichkeit, die auch in den Erziehungsfragen eine kleinere Rolle spielt. Dinge dieser Art, werden zunehmend von den LehrerInnen erwartet. Insbesondere der Pädagogikunterricht bietet hier genügend Raum für die SchülerInnen sich zu entfalten.

Nicht zu empfehlen ist die Erkundung der Stadtranderholung durch ein universitäres Kolloquium. Der tägliche Umgang mit den Kindern ist nur schwer in theoretische Modelle zu fassen. Dies gilt sowohl für entwicklungspsychologische Ansätze (zu kurze Zeit, die man mit den Kindern verbringt), als auch für fachdidaktische oder kognitive Theorien (zu wenige höhere Bildungsziele). Bewusst habe ich daher in diesem Bericht Begriffe wie „Über-Ich“, „Akkommodation“ oder „System“ vermieden. Dieser Bericht ist als Erfahrungsbericht gedacht und keine Fallanalyse. Zusätzlich habe ich keine biographischen oder entwicklungstechnischen Elemente meiner Gruppenkinder mit eingebracht. Dies hat für mich einen zu hohen persönlichen Wert, den ich mit einer Analyse nicht mindern will.

Die Erfahrung in der Stadtranderholung gearbeitet zu haben bereue ich nicht. Ich würde es immer wieder gerne tun. Ich konnte allerdings kaum Kontakt zu den anderen Gruppenleitern aufbauen, da diese viel jünger, als ich waren und somit auch wenig Interesse zeigten. Die Arbeit mit den Kindern war jedoch eine sehr empfehlenswerte und schöne Erfahrung, die ich nicht missen will. In diesem Jahr werde ich zwar nicht mehr bei der Stadtranderholung arbeiten, den  Platz Wedau jedoch besuchen und dort hoffentlich auch ein paar meiner alten Gruppenkinder wiedersehen. 

Auch für andere zukünftige Lehrer ist die Arbeit in der Stadtranderholung stets zu empfehlen. Ein pädagogischer Umgang mit Kindern in außerschulischen Institutionen hilft den Blick auf die Lebenswelt der SchülerInnen zu schulen und mit deren spezifischen (Lern-) Eigenheiten zu arbeiten.


 

 

 

Selbstständigkeitserklärung

 

 

 

Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe selbstständig verfasst und nur die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe. Wörtlich oder sinngemäß aus anderen Werken entnommene Stellen habe ich unter Angabe der Quellen kenntlich gemacht.

 

 

 

 

 

 

 

 

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(Datum und Ort)                                         (Unterschrift)       


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