Entwicklungspsychologie (Zusammenfassung)
Entwicklungspsychologie 1
Entwicklung der Wahrnehmung
(Sinnes)wahrnehmung/Fähigkeiten pränatal schon voll entwickelt
→ Entwicklungsstand wird postnatal durch Erfahrung beibehalten
→ fehlende (Sinnes)erfahrung führt postnatal zu Degeneration der Fähigkeiten
II. (Sinnes)wahrnehmung/Fähigkeiten pränatal teilweise entwickelt
→ Umwelt fördert oder degeneriert vorhandene Fähigkeiten postnatal
III: (Sinnes)wahrnehmung/Fähigkeiten pränatal gar nicht entwickelt
→ nur die Umwelt entscheidet über die postnatale Entwicklung
I. Präferenzmethode: Konfrontation des Säuglings mit zwei Reizen → Messung der Dauer der Aufmerksamkeit/Zuwendung zu einem Reiz
(→ Bevorzugungsprinzip)
II. Habituation – Dishabituation: Reiz 1 (→ je länger die Anschaungszeit, desto geringer das Interesse/Zuwendung), dann Reiz 2 (→ Aufmerksamkeit/Zuwendung zum neuen Reiz steigt wieder)
(→ Gewöhnungsprinzip)
III. Blickbewegungsregistrierung: Messung (mit Eye Tracker) der fokussierten Merkmale eines visuellen Reizes
IIII. Konditionierung: klassische, neutraler Stimulus + unkonditionierter Stimulus → Assoziation (pairing) → neutraler Stimulus = konditionierter Stimulus, Erlernen von Stimulus-Reaktions-Mustern
Konditionierung: operante, eigenes Verhalten → positive Konsequenz (Wiederholung des Verhaltens), negative Konsequenz (Vermeidung des Verhaltens)
Geruchsinn: bei Geburt schon sehr ausgeprägt, Sensation (Empfindung):
Reizaufnahme ohne grosse Interpretation (z.B. Schmerz, Geruch)
Geschmacksinn: bei Geburt schon sehr ausgeprägt
Hautsinn: Berührungsempfindlichkeit: bei Geburt schon sehr ausgeprägt (Schmerz und Temperaturempfinden)
=> „Niedere“ Sinne gleich nach Geburt vorhanden, weil überlebenswichtig, später keine grosse Entwicklung mehr
Hörsinn: Lautwahrnehmung, pränatales Hören möglich
Perzeption (Wahrnehmung) „Interpretation“ von Empfindungen, der Reizaufnahme
Fähigkeit verschiedene Sprachlaute zu differenzieren schon bei Geburt
Sehsinn: visuelle Fähigkeiten entwickeln sich nach der Geburt sehr schnell, ist aber schon bei Geburt gut ausgebildet
Visuelle Präferenzen: Grösse, Komplexität, runde Formen, Symmetrie, Neuheit, Vorliebe für menschliches Gesicht, Neuheitspräferenz
Wahrnehmung von Formen und Objekten: Winkelverwandschaft wird ab ca. 14 Monaten wahrgenommen, Scheinkonturen werden ab 3-4 Monaten wahrgenommen, Visuelle Klippe: Säuglinge haben schon Tiefenwahrnehmung, Tiefenwahrnehmung bei Verdeckung (Interposition):
ab 6.-7Monate, Intermodale Wahrnehmung (etwas das z.B. haptisch erkundet wurde, wird später visuell präferiert) = Intermodales Matching
Emotionale Entwicklung
universell bei alle Menschen vorhanden
adaptive Funktion, dienen dem Überleben
nonverbales Kommunikationsmittel, ablesbar aus Gesichtsausdruck
angeboren? → gleicher Ausdruck in allen Kulturen
Beispiele: Lachen, Ärger, Ekel, Furcht, Interesse, Wut
(1) Darwinsche Tradition: Grundemotionen angeboren, kulturell vergleichbar
Vertreter: Darwin, Tomkins, Izard
(2) Differenzierungstheorie: Grundemotionen entwickeln sich erst im 1. Lebenjahr voll,
Einfluss der Umwelt, elementare Komponenten der Emotionen sind angeboren
Vertreter: Sroufe
(3) Funktionalistischer Ansatz: Betonung der Funktion der Emotion für das Kind in der Umwelt, Emotionen fördern zielgerichtete Handlungen und regulieren soziale Interaktionen
Beispiel: Lachen → 1) reflexhaftes Engelslächeln im Schlaf → 2) soziales Lächeln (in sozialer Interaktion) → 3) erstes Lachen (Folge von aktivierender Stimuli)
=> emotionale Entwicklung steht in Engem Zusammenhang mit kognitiver und perzeptueller Entwicklung
Beispiel: Ärger und Angst (negative Emotionen) 1) Generalisierte Stressreaktion für alle negativen Gefühle (noch keine differenzierte Ausdrucksformen) → 2) Fremdenangst → 3) Trennungsangst
Definition: Sozialemotionen = selbstbezogene Emotionen, mit Einfluss auf das Selbstwertgefühl
Kognitive Voraussetzungen: objektive Sichtweise („Sicht des anderen“)
=> grosser Einfluss der Sozialisierung auf soziale Emotionen
Beispiele: Scham, Stolz, Verlegenheit, Schuld
Imitationsstudien mit Neugeborenen: vorgemachte emotionale Gesichtsausdrücke werden nachgemacht (=intermodales Matching → visuelle Wahrnehmung + haptisches Fühlen im Gesicht, Hapitk = Lehre vom Tastsinn)
=> Erklärungen: Baby erkennt Ausdruck als Emotion und will sozial interagieren vs. nur reflexartige, explorative Nachahmung ohne Verständnis
Emotionsverständnis bei Neugeborenen wird mit der 1) Habituation-Dishabituations-Methode und 2) mit Messung des ERP (Ereignis-korrelierte Hirnpotentiale) → Veränderung der physiologischen Hirnströme auf einen präsentierten Stimulus
getestet
Soziales Referenzieren: Bezugsnahme auf emotionale und bewertende Information der Bezugsperson in unsicheren Situationen (zw. 7-10 Monaten) → wie bewertet Bezugsperson diese mir unbekannte Situation?
Kognitive Vorraussetzungen: Verständnis des Inhalts der Emotion, kausale Verknüpfung zw. Emotion der Bezugsperson und Situation sehen
Kognitive Faktoren → Durch mehr Verständnis der ablaufenden Prozesse in der Umwelt, anderer Umgang mit Emotionen?
Physiologische Faktoren → z.B. Limbisches System (Erinnerungsvermögen, Emotionserkennung, Regulierung, Furcht, Angst)
Kulturelle Faktoren → Kultur entscheidet über Angemessenheit und Intensität einer Emotion in einer bestimmten Situation, Sozialisierung, soziale Darbietungsregeln, emotionale Selbstregulation
Temperament → individueller Ausdruck der Emotionen, relativ situationsunabhängig und stabil im Entwicklungsverlauf
Modell von Thomas & Chess: 9 Merkmalsdimensionen (z.B. Aktivitätsniveau, Aufmerksamkeit/Beharrlichkeit, Rythmizität usw. → jede mögliche Eigenschaft wird bewertet = Temperamentsprofil einer Person)
Modell von Rothbart: 6 Merkmalsdimensionen (Merkmale von Thomas/Chess wurden kategorisiert)
Genetische Einflüsse:: Zwillinge zeigen hohe Übereinstimmung im Temperament
Umweltbedingte Einflüsse: Einfluss des sozialen Umfeldes
Kulturbedingte Einflüsse
Temperament: Interviews, direkte Beobachtung
Emotionen: Facial Action Coding System (FACS) (Ekman & Friesen, 1976)
Sichtbare Bewegung der mimischen Muskulatur → Zordunung der Bewegung zu einer oder mehreren (kategorisierten) Action Units (z.B. Sorgenfalten, Kussmund, Voschieben des Unterkiefers usw.) → ganzer Gesichtsausdruck kann schriftlich notiert werden → Zuordnung zu Emotion
Paradigma des Stillen Gesichts:
1. Phase: Erwachsener ist aktiv mit Baby, lacht, zeigt Emotionen → Kind interagiert, lacht mit
2. Phase: Erwachsener macht abrupt ein „still face“ (≈neutraler Gesichtsausdruck) → ab 3 Monaten (o.früher) reagiert Neugeborenes sehr ausgeprägt darauf, schaut weg, fängt an zu weinen
3. Phase: Kontakt wird wiederhergestellt, Interaktione → Baby reagiert erneut positiv, nimmt Kontakt zu Person wieder auf
Bindung/Attachment
Bindung/Attachment = Starke emotionale Bindung zu einer bestimmten Person über Raum und Zeit hinweg
Meistens zw. Kind und Bezugsperson(en) (z.B. Vater oder Mutter)
Erste emotionale Bindung → Entwicklung eines Arbeits-, Beziehungsmodells
Korrelation zw. emotionaler Entwicklung und Bindungsentwicklung
(1) Psychoanalytischer Ansatz: Ursachenfindung für spätere Beziehungsprobleme in der Kindheit, Bindung aufgrund von Fütterungssituation, in oraler Phase des Kindes wird die Mutter zum Objekt der Bindung, Mutter stillt Hunger nach Liebe, Geborgenheit
Vertreter: Freud, Erikson
Kritik: Mutter + Fütterungssituation ist überbewertet, Kind ist unterbewertet
(2) Behaviorismus: Bindung zur Mutter aufgrund der erlernten Konditionierung, dass Mutter = Herabsetzen des Erregungszustands bei Hunger, Fütterungssituation + Wärme der Mutter sind bindungsfördernd, Zweck (primärer Antrieb) der Bindung zur Mutter ist Hunger stillen, Mittel (sekundärer Antrieb) dazu ist Bindung zur Mutter
Wie wichtig ist die Fütterungssituation im Vergleich mit taktiler Situation?
Entsteht Bindung zur Mutter wegen Hunger oder Bedürfnis nach Zuneigung?
Ungeachtet dessen, welche Mutter Nahrung anbot, zeigten die Äffchen ein signifikant stärkeres Bindungsverhalten der Fellmutter gegenüber
=> Bedürfnis nach Geborgenheit, Liebe ist grösser als der Hunger, trägt stärker zum Bindungsverhalten mit der Mutter bei als die Fütterungssituation
Ethologische Verankerung:
Prägung (Printing, Lorenz), Gänse folgen nach Geburt fast jedem bewegten Objekt, dieses Verhalten ist genetisch programmiert, irreversibel (Verhalten bleibt), adaptiv (überlebensdienlich) und geschieht in der sensibler Phase
Kindchenschema, Jungtiere einer Spezies lösen durch spezifische Merkmale (=Kindchenschema, z.B. soziales Lächeln, runde Gesichtsformen usw.) bei Erwachsenen ein Fürsorgemotiv aus → Kind baut durch solche adaptiven Verhaltensweisen aktiv eine emotionale Bindung auf (vs. passives Bindungsverhalten bei Psychoanalyse und Behaviorismus, bei denen die Bindung vom Kind nicht selber gefördert wird)
Vertreter: Bowlby → (Inspiration) Lorenz
Vorbindungsphase: Kind zeigt angeborenes Verhalten (Kindchenschema, Reflexe usw.), Verhalten ist bei allen Personen konsistent
Phase des Bindungsbeginns: Entsteht durch intensive, zeitlich lange Phasen mit Bezugsperson, Differenzierung des Verhaltens gegenüber verschiedenen Personen
Ausgeprägte Bindungsphase: Qualität der Bindung wird ersichtlich, Explorationsverhalten mit Bezugsperson als Basis, Konflikt: Explorationsverhalten vs. Nähe zur Bezugsperson (→ Mischung = Grad der Selbstständigkeit)
Differenzierungs- und Integrationsphase: kognitive, sprachliche Fortschritte des Kindes, Verständnis von Trennung zur Bezugsperson → Trennungsangst ↓,Aufbau des Selbstvertrauens, Aufbau des inneren Arbeitsmodells: Erfahrungen in der ersten emotionalen Bindung mit Bezugsperson wirken sich auf alle zukünftigen engen Beziehungen aus
Fremden-Situation (Strange Situation) → Beurteilung der Bindungsqualität, getestet an Kinder von 1-2 Jahren, Verhalten des Kindes bei Alleinsein (Trennungsangst) wird getestet, wie schnell kann die Mutter das Kind wieder beruhigen?, Verhalten des Kindes bei Anwesenheit der Mutter
Bindungsqualitäten:
Sichere Bindung (Bindungstyp B): Bezugsperson als Basis für Explorationsverhalten, Trennungsangst, positive Reaktion auf Wiedervereinigung
Unsicher-vermeidende Bindung (Bindungstyp A): keine Trennungsangst, negative Reaktion auf Wiedervereinigung
Unsicher-ambivalente Bindung (Bindungstyp C): grosse Trennungsangst, positive und negative Reaktionen auf Wiedervereinigung
(4) Unsicher-desorganisierte/desorientierte Bindung: grosse allgemeine Unsicherheit, konfuse, sich wiedersprechende Verhaltensweisen auf Wiedervereinigung
=> je nach erster Bindungsqualität → inneres Arbeitsmodell → Einfluss auf spätere Bindungen
(1) Qualität der Fürsorge: adäquate, schnelle Reaktion der Bezugsperson auf Signale des Kindes?, um die Entwicklung des Ich als Kausalzentrum zu fördern ist eine schnelle Reaktion der Bezugsperson auf das Kind nötig, emotionaler Tanz: Emotionen von Kind und BP sollten übereinstimmen (z.B. beide lachen)
(2) Familiäre Umstände: Ehestreit, Arbeitslosigkeit, finanzielle Situation → indirekte Beeinflussung, weil dadurch die Feinfühligkeit der BP tangiert wird
(3) Gelegenheit zur Bindung: postnatale Depression, Waisenkinder → BP sind weniger zugänglich
(4) Temperament/Persönlichkeitseigenschaften des Säuglings: Bindung ist eine wechselseitige Beziehung, z.B. wenden sich Frühgeburten oft von den Eltern ab, um sich vor Reizüberflutung zu schützen (Sinnesorgane sind noch nicht auf Aussenwelt eingestellt)
Vater: Bindung zum Vater zur gleichen Zeit, wie zur Mutter, trotz unterschiedlichen Interaktionszeiten
Geschwister: Am Anfang oft Eifersucht gegenüber Jüngeren, später meist gute Bindung
Tagesbetreuung: Positiver Faktor, wenn Bindung zur Mutter nicht so gut verläuft, abhängig von der Qualität der Tagesbetreuung
Kognitive Kompetenz: je besser die Bindung, desto mehr freie mentale Ressourcen für Exploration und somit fürs Lernen
Soziale Kompetenz: Positive Korrelation mit Bindungssicherheit
Emotionale Kompetenz: Positive Korrelation mit Bindungssicherheit
=> Bindungsmodell wirkt auch auf Selbstkonzept (bin ich es wert…usw.?)
Selbst: objektive Beschreibung meiner Person, so könnten mich andere Personen beschreiben
Selbstkonzept: eigene Wahrnehmung, die ich von mir habe, subjektive Beschreibung, die ich von mir abgebe
Ich-Bewusstsein: Wahrnehmung, dass man von der Umwelt und den anderen Personen abgetrennt ist
Selbsterkennung: Rouge-Test (Test zur Fähigkeit der visuellen Selbsterkennung) → Objektiviertes-/Konzeptionelles Ich: man nimmt sich selber als Objekt wahr, man weiss, dass man von aussen betrachtet werden kann → Voraussetzung zur Entwicklung von Empathie (wenn ich ein eigenständiges Objekt bin, sind es andere auch)
Entwicklungsverlauf des Selbst: 1) propriozeptive (den eigenen Körper betreffend) Wahrnehmung + Wahrnehmung des eigenen Körpers als Kausalzentrum von Handlungen → 2) Ökologisches Ich: „verkörpertes Ich“ (ich nehme mich selber als Körper wahr, Wahrnehmung der Trennung von der Umwelt) → 3) Objektiviertes Ich (ich nehme mich selber als Objekt wahr, Wahrnehmung der Trennung von anderen Personen)
Entwicklung des Selbst: - in frühester Kindheit, keine anfängliche Verwirrung zw. eigenem Körper und Umwelt (Freud postulierte anfängliche Verwirrtheit), implizites (ökologisches) Ich-Bewusstsein → explizites (objektiviertes) Ich-Bewusstsein
Entwicklungspsychologie 1
Entwicklung des Körpers
(1) Wachstum (Growth, quantitativ, zeitlich begrenzt, z.B. Körpergrösse)
→ körperliches Wachstum
(2) Reifung (Maturation, qualitativ, zeitlich unbegrenzt, z.B. Pubertät)
→ körperliche Transformation
Entwicklungsrichtungen: cephalo- caudal (von Kopf zu Steiss), oberer Bereich des Körpers ist immer weiterentwickelt
Proximo-distal (von körpernah zu körperfern), innere Organe werden zuerst entwickelt
Grössenwachstumskurve und Gewichtswachstumskurve haben ungefähr die gleiche Steigung (d.h. die gleichen proportionalen Zunahmen pro Zeiteinheit)
Während der ersten Lebensjahre wächst v.a. das Gehirn (relativ gesehen zu seiner Endgrösse) am schnellsten als jeder andere Körperteil
Entwicklung der Gehirnzellen
(1(Als erstes Entwicklung der Neuronen (Neurogenese) + Gliazellen → (2)Neurone bilden synaptische Verbindungen (Synapse = Synapsenendköpfchen + synaptischer Spalt + postsynaptische Membran an Dendrit) (Synaptogenese), kritischer Prozess in Kindheit, da Regelung der Verknüpfung der Nervenzellen untereinander→ Myelinisierung (Myelinscheide), Hautanteil an der Gewichtszunahme
Entwicklung des zerebralen Cortrex (Grosshirnrinde)
→ Frontal-Lappen, Parietal-Lappen, Okzipital-Lappen, Temporal-Lappen
→ Gehirnareale entwickeln sich unterschiedlich sich unterschiedlich schnell
→ Frontal-Lappen (Planung, Kontrolle) entwickelt sich am längsten nach der Geburt, bis ins Jugendalter
→ überlebenswichtige Areale bei Geburt schon entwickelt
Lateralisierung des Kortex
Spezialisierung/Aufgabenteilung der beiden Hirn-Hemissphären nach Geburt noch nicht komplett, aber schon ausgeprägt, Hemisphären haben unterschiedliche Aufgaben (linke Hemisphäre z.B. für Sprache und rechte Hemisphäre für räumliches Vorstellungsvermögen
Plastizität des Kortex
Veränderbarkeit und Formbarkeit des Gehirns, zeigt Bedeutung der Erfahrung/der Umwelt und ermöglicht die Übernahme von Aufgaben von geschädigten Arealen durch andere
Cephalo-caudal (oben nach unten) → Kontrolle über obere Körperteile zuerst
Proximo-distal (von körpernah zu körperfern)
→ Entwicklungsrichtungen sind auf allen Ebenen gültig (einzelne Organe, ganzer Organismus usw)
Reifung (Maturation), d.h. Entwicklung aufgrund genetischen Planes
Erfahrung/Übung, d.h. Entwicklung auf genetischen Planes undn Umwelt
Dynamisches System, Betonung der aktive Mitwirkung/Konstruktion des Kindes an der motorischen Entwicklung,→ Kraft, Wille, Motivation (zielorientiert)
Reflexe
Angeborene automatische Reaktionen auf bestimmte Reize (→reizgebunden), nicht-intentionale Bewegungen
meisten Reflexe verschwinden wieder, sonst: schlecht für psycho-motorische Entwicklung
Evolutionär stabil (keine grossen Modifikationen über Zeit hinweg) und adaptiv (an Umwelt angepasst), d.h. überlebenswichtig
Bei Geburt sind gute Reflexe Indikator für ein gesundes Nervensystem
Einige Reflexe: Greifreflex, Saugreflex, Wangensuchreflex, Tonischer Nackenreflex (1 Körperhälfte gespannt, andere entspannt)
Entwicklung der Grobmotorik
Motorische Fähigkeiten, welche grosse Körpermuskeln und mehrere Körperteile beanspruchen, Kombination der Motorik (Bewegungsfähigkeit) der unteren und oberen Körperhälfte ab ca. 3-4 Jahren
Bewegungen bei denen nur die Hand benutzt wird, Entwicklungsschritte in der Feinmotorik: Vorgreifen (Greifen ohne Gegenstand), Pressen, Ertasten/Explorieren, Pinzettengriff (Zeigefinger + Daumen)
Bewegung und Sport
Zusammenhänge zwischen:
Perzeptioneller und motorischer Entwicklung (z.B. Fangen eines Balles, Motorik hilft Perzeption zu optimieren
Sozialer und motorischer Entwicklung (frühere Entwicklung = mehr Akzeptanz in der Gruppe)
Kognitiver und motorischer Entwicklung (besseres Lernen, Konzentration durch Bewegung)
=> motorische Entwicklung steht in Zusammenhang mit anderen Entwicklungsbereichen (deswegen interessant für Entwicklungspsychologie)
=> Definitionen: Perzeption ≈ Interpretation des aufgenommenen Reizes (mittelbar)
Empfindung ≈ Reizaufnahme ohne Interpretation (unmittelbar)
Kognition ≈ Denken, Denkprozesse, Informationsverarbeitung (bewusst oder unbewusst)
Entwicklung der Sprache
Behavioristische Perspektive (Lerntheorie): positive Verstärkung: positive Reaktion des Umfeldes bei wortähnlichen Lauten → Wahrscheinlichkeit für Wiederholung steigt, negative Reaktionen (Tadel/Korrektur) bei „falschem Wort“ → Wahrscheinlichkeit für Wiederholung sinkt, allgemeine Nachahmung des sozialen Umfelds B.F. Skinner
Interaktionistische Perspektive: starke Betonung des Zusammenspiels von Genen und Umwelt, starker Wunsch der Kinder zu kommunizieren (aktiver Spracherwerb), Gemeinsame Aufmerksamkeit: Mutter schaut mit dem Kind mit und beschreibt die Umwelt für das Kind, Ammensprache (Infant-directed speech): Hilfe für das Kind zur Sprachentwicklung, Kind zeigt Präferenz dafür (schon Neugeborene)
1) erste Laute (0-1 Mt.) 2) Gurren (2-3 Mt.) 3) Expansion (4-5 Mt.)
4) kanonisches Lallen (6-9 Mt.) 5) erste Wörter (10-14 Mt.)
- die einzelnen Phasen der Sprachentwicklung sind gut erforscht, aber wie sie genau zustande kommen ist immer noch offen
- kanonisches Lallen ist in jeweiligen Fremdsprachen verschieden
- Gegen Ende des ersten Lebensjahres
- Lautkombinationen müssen zuerst an Objekte geknüpft werden → Assoziationen (Verbindungen)
- Strategie des Abwartens: Sprache wird aufgenommen, aber keine Lautbildung, nach ca. 2 Jahren → Redeschwall
1) Holophrasische Phase (Ca 10-12 Mt.): Einwortäusserungen, ein Wort für ganzen Inhalt eines Satzes
Referentieller Stil (zuerst Aneignung von Wörtern, die sich auf Objekte beziehen, eher im westlichen Kulturkreis)
Expressiver Stil (zuerst Aneignung von Wörtern, die sich auf soziale Wendungen (Gefühle usw.) beziehen, ganze Sätze werden bei diesem Stil schon früher gebildet)
=> nach welchem Stil sich die Sprache entwickelt ist abhängig von den Persönlichkeitsmerkmalen des Kindes und vom kulturellen Umfeld (östliche Sprachestile → eher kontext-situiert)
2) Benennungsexplosion: sobald die 50 Wort-Marke (aktiver Wortschatz = 50 Wörter) beginnt die Benennungsexplosion (5-6 neue Wörter pro Tag), Ursachen: Erkenntnis, das alle Wörter einen semantischen (inhaltlichen) Gehalt haben, d.h. alles hat einen Namen, lösen das Segmentationsproblem (Anfang und Ende eines Wortes)
2 Arten von Fehler bei Benennungsexplosion:
Übergeneralisierung: ein Wort (z.B. Hund) wird für viele, ähnlich aussehende, aber eigentlich unterschiedliche Dinge benutzt → Wort wird zu breit generalisiert
Welche Strategien werden angewendet um neue Wörter zu lernen?
1) Fast Mapping: neues Wort „Chromium“ → „bring me the chormium tray, not the blue one!“
Aufgrund der Differenz zum bekannten Wort (blau) erlernen die Kinder das neue Wort (Chromium)
=> schneller Bedeutungsaufbau, Carey & Bartlett (1978)
2) Pragmatische Hinweise: neues Wort bzw. dessen Bedeutung wird aus dem sozialen Kontext heraus gelernt
- Gemeinsame Aufmerksamkeitsrichtung (v.a. frühe Phasen), Baldwin (1993)
- Intentionalität: Kind sieht ein Verhalten, eine Absicht und verknüpft das dazu gesagte Wort damit, Tomasello & Barton (1993)
- Emotionaliät: Erwachsener sucht Objekt und beim Finden zeigt er positive Emotion, beim falschen Objekt negative Emotion , Tomasello, Strosberg und Akhtar (1996)
3) Verarbeitungseinschränkung (kognitive Informationsverarbeitungsstrategie um Wortbedeutung zu erlernen)
- Ganzheitsconstraint: Annahme, dass sich ein neues Wort auf das ganze Objekt und nicht auf Teile
- Taxonomie-Constraint: Annahme, dass ein neues Wort für ein Objekt der gleichen Kategorie steht, wie die übrigen vorhandenen Objekte, d.h. dass die übrigen vorhandenen Objekte auch so heissen (→ Annahme, dass das neue Wort die ganze Kategorie beschreibt), z.B. wird Kind ein Bild mit Hund gezeigt und „Dax“ gesagt, dann zeigen von anderen Hundebildern (kategoriale Beziehung) und Hundespielzeug (thematische Beziehung) , dann „hol einen anderen Dax“ → Kind holt Bild von anderem Hund
≈ Annahme, dass ein neues Wort für ein Objekt, auch die anderen Objekte dieser Kategorie beschreibt
- Disjunktionsconstraint: Annahme, dass es für ein Objekt jeweils nur ein Wort gibt, d.h. dass das neue Wort etwas anderes bezeichnen muss als das Bekannte (z.B. Wort „Ball“ kenn ich schon, als muss das neue Wort etwas anderes bezeichen), stimmt aber nicht immer
=> im weiteren Verlauf der Sprachentwicklung müssen der Ganzheitsconstraint (um auch die Wörter für Teile eines Objekts zu lernen und der Disjunktionsconstraint überwunden werden
Holophrasische Sprache (ca. 12-16 Mt.): Ein-Wort-Sätze, nur informationsrelevante Wörter werden gebraucht → z.B. „Durst“
Telegraphische Sprache (ca. 16-24 Mt.): Zwei-Wort-Sätze, Pivot-Wörter (um diese herum bauen Kinder ihre Sätze auf), X-Wörter: Objektsbezeichnung
Mehrwortäusserung (ca.24 Mt.): grösser werdender Wortschatz, Äusserungslänge wird in der Anzahl Morpheme (kleinste bedeutungstragende Einheit) pro Äusserung gemessen
- Flexionen (ca. 24 Mt.): Aufgrund der grammatischen Funktion eines Wortes, wird dessen Gestalt verändert, wobei die grundsätzliche inhaltliche Bedeutung die gleiche bleibt → Geschlecht, Anzahl, Fall, Konjungation
3 Phasen der Flexion: 1) Mechanisches Stadium (simple Reproduktion gespeicherter Wörter in Genus und Kasus usw.) 2) Regelstufe (einzelne Regeln erlernt, werden aber zu oft angewendet, d.h. Unregelmässigkeiten einer Sprache werden noch nicht richtig gemacht) 3) Korrekte Wortform (ca. Schulbeginn, komplizierte Sätze können gebildet werden, das Sprachwissen ist aber eher implizit und intuitiv, Regeln werden noch nicht verstanden)