Die Lerngruppe setzt sich aus 15 Schülerinnen und 15 Schülern (SuS)2 zusammen und wird durch mich seit Beginn des Schuljahres mit vereinzelten Unterrichtsdurchführungen begleitet. Im aktuellen Abschnitt der Einheit unterrichte ich seit dem 30.11.2015. Sowohl der Umgang der SuS untereinander als auch mir gegenüber ist als freundlich und respektvoll zu bezeichnen und bewirkt eine positive Lernatmosphäre.
Zudem lässt sich die gesamte Lerngruppe als überaus sportmotiviert beschreiben. Die Jungen und Mädchen stehen einander neutral gegenüber, bilden aber meist separate Gruppen. Die Lerngruppe ist in Hinblick auf andere sechste Klassen durch ein vergleichsweise hohes sportliches Leistungsniveau gekennzeichnet (vgl. 10.2).
Der Schüler S23 wiederholt die Klasse, ist aber bereits sehr gut in die Gruppe integriert. Darüber hinaus spielt er im Basketballverein und verfügt aufgrund seiner zusätzlichen Erfahrungüber besondere Regelkenntnisse. Er fühlt sich verantwortlich, bei passender Gelegenheit, die Schiedsrichterrolle zu übernehmen und leitet die Gruppe häufig an. S12 und S25 brauchen besondere Aufmerksamkeit in den Gesprächsphasen, da sie sich nur sehr schlecht konzentrieren können.
Die Schüler S20 und S30 sind übergewichtig und haben wie auch S24 große motorische Defizite (vgl. 10.2), sind aber in vollem Maße in die Lerngruppe integriert.
4. Bemerkungen zu den Lernvoraussetzungen und zum Folgeunterricht
Im Rahmen der bisherigen Unterrichtseinheit haben die SuS die Grundfertigkeiten Dribbeln, Passen und Fangen erarbeitet und gefestigt. Die Grundfertigkeit des Korbwurfs wurde nicht spezifisch thematisiert, da eine detaillierte Technikausführung für die sechste Klasse zu komplex wäre. Trotzdessen wurde der Korbwurf als Abschluss einer Bewegungsübung stets in die Stunden integriert, um den SuS das Ziel des Korbwerfens zu ermöglichen.
Sie haben gelernt in 4er-Mannschaften Spielformen mit vereinfachten Regeln durchzuführen und ihr basketballspezifisches Verhalten zu reflektieren. Des Weiteren haben sie selbst erste Regeln grob entwickelt, die Notwenigkeit eines Schiedsrichters erkannt und diesen eigenständig eingeführt. Die Planung der Stunden zur Spielvermittlung basiert auf dem genetischen Konzept3, in das sich auch die Besuchsstunde einordnen lässt.Die SuS entwickeln problemorientiert Regeln für das Spiel Turmball vor dem Hintergrund taktischer Grundprinzipien (sich Freilaufen, Manndeckung, Orientierung auf dem Feld) und überprüfen diese auf ihre Zweckmäßigkeit.
Vertiefend sollen diese Regeln im Anschluss auf das 4:4-Basketballspiel im Kleinfeld übertragen werden (vgl. 5d). Hieraus ergeben sich folgende Lernvoraussetzungen:
Im Anschluss an die Besuchsstunde wird ein kleines 4:4-Klassenturnier stattfinden, in dem die Schüler zum Abschluss der Einheit „Basketball“ das Erlernte unter Beweis stellen sollen.
Die Grundlage für die Legitimation der vorliegenden Unterrichtsstunde liefert das Kerncurriculum (KC)4, innerhalb dessen sich „Basketball“ in das Erfahrungs- und Lernfeld „Spielen“ einordnen lässt. Der Schwerpunkt der Besuchsstunde, das Entwickeln taktischer Verhaltensweisen, greift in diesem Zusammenhang zunächst Aspekte der inhaltsbezogenen Kompetenzen auf, indem die SuS erste einfache taktische Verhaltensweisen beherrschen und ausgewählte Spielregeln anwenden sollen5.
Darüber hinaus werden die SuS jedoch vor allem in den prozessbezogenen Kompetenzen des „Lernen lernen“ gefördert. Diesbezüglich sollen die SuS „den eigenen Lernweg in den Blick [ .] nehmen und den Weg zum Ziel selbstregulierend [ .] bewältigen“6, indem sie ihr eigenes basketballspezifisches Handeln reflektieren und in Absprache mit den Mitschülern situationsangepasst (in Form von Regeln) verändern.
Demzufolge lässt sich die Besuchsstunde mithilfe des Doppelauftrags des Schulsports legitimieren. Während die SuS einerseits zum Sport „Basketball“ erzogen werden, werden sie andererseits mittels der Vorgehensweise des selbstständigen Arbeitens durch den Sportunterricht erzogen7. In Form von Verantwortungsübertragung werden die SuS in ihrer Selbstständigkeit und ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert. Über die Lehrpläne hinaus ist vor allem der Wettkampfcharakter des Basketballspiels auch in der außerschulischen Lebenswelt der SuS als besonderer Aufforderungscharakter zu nennen, denn speziell Schüler einer sechsten Klasse verfallen dem kindlichen Spieltrieb und vergleichen sich und ihr Können stets mit dem der Anderen.
b) Motivation
Die Motivation für die SuS liegt hauptsächlich darin, die von ihnen reflektierten und herausgestellten Probleme und Schwierigkeiten im Zusammenwirken als Mannschaft zu verbessern und die selbst aufgestellten Regeln in Hinblick auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Die hohe Bewegungszeit sowie der quantitative Anteil des „Spielens“ bieten den Schülern eine Abwechslung zum hohen Sitzanteil während des Schulalltags.
Zudem haben das aktive, eigenständige Handeln sowie die Verantwortungsübernahme einen großen Aufforderungscharakter. Im Gesamtzusammenhang gilt es des Weiteren zu beachten, dass Schüler spielen wollen, „weil sie ein Spiel interessanter und herausfordernder finden als [eine] isolierte Technikschulung“8. Damit einhergehend sollen den spielunerfahrenen SuS Erfolgserlebnisse durch Korberfolge sowie gelungene Zuspiele ermöglicht werden, während spielerfahrene SuS, deren intrinsische Motivation bereits sehr hoch ist, durch die Aufgabe der Wissensvermittlung und Hilfestellung für andere Mitschüler, herausgefordert werden.
Spiele allgemein sind durch Regeln gekennzeichnet und „üben ihre Faszination so lange aus, wie die Spieler die Regelbeherrschung zu weiterer Perfektion bringen können“9. Der Verlauf des Basketballspiels wird also von der Spielidee bestimmt. Aus dieser Spielidee lassen sich Spielregeln ableiten, innerhalb derer sich die Spieler entfalten können; durch die sie spielbezogene Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten treffen können10.
Die Grundregeln des Basketballs werden für die Lerngruppe, wie in Kap. 5d beschrieben, vereinfacht, um den SuS ein erfolgreiches Basketballspiel ermöglichen zu können. Der Fokus der Besuchsstunde liegt auf der Entwicklung erster taktischer Verhaltensweisen im Basketballspiel. Die Taktik spielt beim Basketball eine wichtige Rolle und kann über Sieg und Niederlage entscheiden.
Dabei lässt sich Taktik unterteilen in die Individual-, die Gruppen- und die Mannschaftstaktik11. Während die Individualtaktik sich speziell mit dem Angriffs- und Verteidigungsverhalten in der 1:1-Situation auseinandersetzt (Anbieten, Freilaufen), meint die Gruppentaktik das Zusammenspiel von mehreren Spielern in Angriff und Verteidigung (Mann-Mann-Verteidigung).
Unter Mannschaftstaktik lässt sich ein gesamtmannschaftliches Angriffs- und Verteidigungsverhalten verstehen, das die Mann-Mann-Verteidigung vertieft und durch die Ball-Raum-Verteidigung ergänzt. Erfolgreiches taktisches Agieren steht stets mit den Kernaspekten „Zeitpunkt des Passens, Absprache und Kommunikation sowie Bereitschaft des Passempfängers“12 in Interdependenz.
Es gilt diese komplexen taktischen Spielzüge für die Lerngruppe angepasst zu vereinfachen (s. 5d).
d) Transformation
Basketball stellt besonders für Anfänger ein Spiel dar, bei dem SuS schnell an ihre motorischen Grenzen stoßen: Besonders das Dribbeln, das bei Fortgeschrittenen, Könnern und vor allem bei Profis die Spielfähigkeit und das Spektrum an situativen Handlungsentscheidungen bezüglich der Spielgestaltung stark erhöht, limitiert die Spielfähigkeit der Anfänger enorm: Basketballanfänger schauen beim Dribbeln fast ausschließlich auf den Ball und somit auf den Boden.
An dieser Stelle setzt die Besuchsstunde ihren Fokus. Ziel ist es, dass die SuS erste Regeln finden, um diese Problematik zu umgehen. Da das Arbeits- und Sozialverhalten der meisten SuS als besonders positiv und motiviert einzustufen ist, kann die Unterrichtsstunde schülerorientiert, in Form des genetischen Konzepts, umgesetzt werden. Diese Form der Unterrichtskonzeption ist aus sportdidaktischer Perspektive im Gegenteil zu alternativen Spielvermittlungskonzepten vorzuziehen, da im Gegensatz zu Spielreihenkonzepten bei genetischen Sportspielvermittlungen die „Übergänge von einer Spielform zur anderen [nicht] vom Lehrer bestimmt [werden]14“.
Die SuS „erkennen Probleme des laufenden Spiels und müssen Lösungen bzw. neue Spielformen erarbeiten und erproben.Damit stehen zum einen soziale Prozesse im Vordergrund, zum anderen erhalten die SuS eine Einsicht in die Strukturen des Spiels: Taktiken und Techniken [werden] als Mittel zum Zweck des Lösens einer Spielaufgabe im Rahmen der Spielidee; Regeln als Instrument der Verwirklichung der Spielidee [begriffen und entwickelt]“15.
Die allgemeine Spielfähigkeit soll in Form von „reflektierter Praxis“, durch das eigenständige Aufwerfen von Problemen und deren Lösungsmöglichkeiten verbessert werden. Für die Lehrperson gilt, insbesondere durch gezielte Beobachtungsaufträge, auf bestimmte Problematiken im Spiel (Knäuelbildung, kein Freilaufen, keine Spielübersicht) hinzuweisen. Der didaktische Schwerpunktder Besuchsstunde liegt darin, erste grobe individual- und gruppentaktische Verhaltensweisen problemorientiert aufzuzeigen.
Zudem könnte das gleichzeitige Beibehalten der bisher besprochenen Regeln in den Hintergrund treten. Daher spielen die SuS von Beginn an in 4er-Mannschaften, sodass nicht zu viele Spieler gleichzeitig auf dem Spielfeld sind und die SuS die Möglichkeit haben, das Spielgeschehen nach und nach zu überblicken. Während der Gesprächsphase wird es die Aufgabe der Lehrperson sein, dass Gespräch zu moderieren, ohne den SuS etwas vorwegzunehmen.
Für den Fall, dass die Schüler jedoch selbst keine Lösungen finden, wird es gegebenenfalls nötig sein, auch die Außenansicht der Lehrperson in die Gesprächsphasen mit einzubeziehen, um den SuS eine Hilfestellung zu bieten (vgl. 10.5). Die Differenzierung findet durch die (im Voraus) fest vorgegebene Gruppeneinteilung der Lehrperson statt (auf Basis der Lerngruppenanalyse).
Es gibt vier Mannschaften, die im Vergleich zueinander leistungshomogen sind. Innerhalb der einzelnen Mannschaften besteht ein heterogenes Leistungsniveau. Dies hat zur Folge, dass stärkere Schüler dadurch gefordert werden, dass sie auch schwächere Schüler in ihrer Mannschaft integrieren und anspielen müssen, während Schwächere von Beginn an durch Chancengleichheit motiviert werden.
Des Weiteren hat jeder Spieler beim Spielaufbau zunächst nur zwei weitere Anspielpartner, denn ein Schüler jeder Mannschaft steht auf einem Kasten und ist „lediglich“ für den Korbwurf zuständig. Progressiv sollen die im Spiel „Turmball“ aufgeworfenen Probleme und deren erprobte Lösungen, auf das 4:4-Basketballspiel übertragen werden. Dabei wird die Umsetzung der neu eingeführten Regeln vertieft, indem der vierte Spieler wieder vollständig in das Spielgeschehen integriert werden muss und die Korbwurfwahrscheinlichkeit durch das Entfernen der Kästen erschwert wird.
6. Intentionen – Lernziele und Kompetenzen
6.1 Hauptanliegen der Stunde
Die SuS regulieren und verändern ihren Lernprozess eigenständig, indem sie Formen des Turmballs durch Regelveränderungen weiterentwickeln und die Spielprozesse in Hinblick auf taktische Grundprinzipien des großen Sportspiels Basketball problemorientiert reflektieren.
6.2 Angestrebte Kompetenzen und Lernziele
Die SuS .
6.3 Teillernziele
Die SuS .
7. Ãœberlegungen zur Methodik
In der Gesprächsphase wird das Vorgehen der Stunde knapp erläutert und auf die Regelwiederholung mithilfe des Regelplakats Bezug genommen. Anschließend wird der Beobachtungsauftrag für die SuS formuliert, sodass sie genau wissen, was die Aufgabe für die nächste Phase ist. Dieser Impuls soll zielführend auf die Problematiken des taktischen Verhaltens hinweisen. Um Unruhe zu vermeiden, teile ich die Gruppen erst zum Abschluss der Gesprächsphase ein.
Die Lerngruppe spielt die gesamte Stunde über geschlechtergetrennt. Zum einen lässt sich dieses Vorgehen durch das deutlich unterschiedliche Leistungsniveau der Mädchen und Jungen legitimieren, zum anderen sind die Schüler dieses Vorgehen in der derzeitigen Einheit gewohnt und fordern es aufgrund von Ballangst vor zu starken Pässen der Jungen selbst ein. Des Weiteren spielen die Mädchen mit dem 5er-Ball, während die Jungen den nächstgrößeren (6er-)Ball nutzen.
Aufgrund der Zeit sowie der mit der Gruppeneinteilung einhergehenden Differenzierung, habe ich die Gruppen zuvor selbst zusammengestellt (vgl. 10.4). Die Gruppenaufteilung präsentiere ich anhand von bunten Karten, die an der Wand hängen. Die jeweiligen Mannschaften tragen die Leibchenfarbe, die die Karte vorgibt.
Die Beobachtungsaufträge sollen den SuS zu jeder Zeit präsent sein, um in der nächsten Phase mit den Beobachtungen gezielt weiterarbeiten zu können. Alternativ zum Turmball gäbe es auch die Möglichkeit „Parteiball“ zu spielen. Da diese Lerngruppe, wie anfangs beschrieben, jedoch insgesamt sehr leistungsstark und bewegungsmotiviert ist, kann das zusätzliche Dribbeln, dass beim Parteilball wegfallen würde, jedoch bereits situationsangemessen integriert werden.
Da die SuS in der vorherigen Einheit selbst die Notwendigkeit eines Schiedsrichters erkannt und diesen eigenständig eingeführt haben, stellt jede Mannschaft einen Schiedsrichter, der während der Spielphase für die Einhaltung der Regeln zuständig ist. Die Schiedsrichter haben unterschiedliche Pfeifen, sodass die Signale voneinander trennbar sind.
Lösung & Reflexion: Das Sammeln von Problemen, Lösungsmöglichkeiten und die Auswahl der zu erprobenden Regeln werden an der Tafel festgehalten, sodass die SuS jederzeit überblicken können, auf was sie in der jeweiligen Phase der Stunde achten sollen. Im Sinne einer sukzessiven Erarbeitung werden in der Reflexionsphase die erprobten Regeln entweder von der Liste gestrichen oder auf das Regelplakat übertragen.
8. Geplanter Unterrichtsverlauf
9. Literaturverzeichnis
Adolph, H. & Becker, T. (2003): Basketball – das Spiel mit dem roten Ball. (2. Aufl.), Kassel: Fachbereich Psychologie.
Fisette, J. (2006): Spielverständnis lehren durch das „Taktik-Spiel-Modell“ – Beispiel Basketball. In: Sportunterricht 55 (9), S. 267-272.
Knaur (1991): Band 13. Münschen: Lexikographisches Institut.
Lange, T. (2010): Förderung von Selbstständigkeit durch Übertragung von Sportunterricht im Sportunterricht. Examensarbeit.
Loibl, J. (2000): Integrieren statt isolieren. Üben in komplexen Bewegungszusammenhängen. In: Friedrich Jahresheft XVIII 2000: Üben und Wiederholen. Sinn schaffen – Können entwickeln. S. 98-100.
Loibl, J. (2006): Basketball – Genetisches Lehren und Lehren: Spielen-erfinden-erleben-verstehen. (2. Aufl.), Schorndorf: Hofmann Verlag.
Niedersächsisches Kultusministerium (2007). Kerncurriculum für die Schulformen des Sekundarbereichs I. Schuljahrgänge 5-10. Sport. Abgerufen am 08.12.2015.
Remmert, H. (2006): Basketball. Lernen, Spielen und Trainieren. Schorndorf: Hofmann Verlag.
Schell, C.: Methoden zur Einführung des Basketballspiels in der Schule. Examensarbeit.
10. Anhang
10.1 Langzeitplanung
10.3 Material
gültige, bisher erarbeitete Regeln auf einem Regelplakat
10.5 antizipierte Schülerantworten und mögliche Lösungswege
1 vgl. Serve-Pandrick, E. (2013), S. 12.
2Die Verwendung der männlichen Form bei geschlechtsspezifischen Substantiven erfolgt aus Gründen der besseren Lesbarkeit und bezieht sich ebenso auf Schülerinnen.
3 Loibl, J. (2006).
4Niedersächsisches Kultusministerium (2007). Kerncurriculum für die Schulformen des Sekundarbereichs I. Schuljahrgänge 5-10. Sport.
WS 2016/17 UNIVERSITÄT AUGSBURG Lehrstuhl: Soziologie Seminar in der Kategorie Lehre: Sozialwissenschaft­en und Praxis Digitale Meinungsplattforme­n und Zensur: Das Beispiel „Facebook“ und „CORRECTIV“ im Hinblick auf die Entwicklung des demokratischen Individuums Eingereicht…
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