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Aufsatz
Geschichte / Historik

Heidelberg St. Raphael Gymnasium

1-2, 2012

Christian M. ©
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ID# 33486







        Entdeckung Amerikas und die Rechtfertigungsdebatte


Begriff „Entdeckung“

Von der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus kann im strengen Sinne nicht gesprochen werden, da der Kontinent mindestens 15.000 Jahre früher schon von Homo sapiens besiedelt wurde. Auch aus Europa waren bereits rund 500 Jahre vor Kolumbus isländische Wikinger auf den amerikanischen Kontinent gelangt

Aber trotzdem gilt Kolumbus heute als Entdecker Amerikas, da erst nach seiner Fahrt die kontinuierliche Erkundung und schließlich Eroberung des Kontinents begann, denn er war der erste, dem bewusst wurde, etwas Neues entdeckt zu haben.


Vorraussetzungen und Columbus Plan

Schon seit dem  13. Jahrhundert trieben europäische Länder regen Handel mit dem fernen Osten, vor allem Indien und China. Importiert wurden hauptsächlich Luxusartikel wie zum Beispiel Gewürze und Seide.

Mitte des 14. Jahrhunderts zwängte sich jedoch das schnell wachsende Osmanische Reich zwischen Europa und den Osten, so dass sie den Landweg, der für den Handel benutzt wurde, kontrollieren konnten. Dadurch lief der Handel nun über arabische Zwischenhändler und durch die hohen Zölle, die erhoben wurden, wurden die Produkte in Europa deutlich teurer. Hinzu kam, dass der Transport von den Luxusgütern immer gefährlicher wurde.

Diese Umstände hatten die Folge, dass die Europäer nach einer alternativen Route nach Asien über das Meer suchten. Die Seemächte Portugal und Spanien nahmen die Vorreiterrolle bei dieser Suche ein und so entsendete Portugal bereits 1418 die ersten Entdecker, um eine Schiffsroute nach Indien ausfindig zu machen. Die Portugiesen setzten auf die Umsegelung Südafrika Richtung Süd-Osten.

Christoph Kolumbus, ein aus Genua stammender Kaufmann, begann ebenfalls einen Plan auszuarbeiten. Er entschied sich für die andere Option und befasste sich mit der Route Richtung Westen. Es war zu seiner Zeit, jeden Falls bei den Gebildeten, bekannt, dass die Erde eine Kugel ist und so berechnete Kolumbus die Längen- und Breitengrade der Erde und somit die ungefähre Entfernung des asiatischen Kontinents, wenn man Richtung Westen segelt.

Bei seinen Vorbereitungen und Berechnungen griff er auf antike, aber auch auf neue Schriften zurück, mit denen er kalkulierte, dass die Distanz zu Asien etwa 5000 Kilometer betrage. Richtig sind jedoch, wie wir heute wissen, etwa 20 000 Kilometer. Hätte es Amerika also nicht gegeben, wäre er mit seinen Vorräten nie in Asien angekommen.

Das ist auch sehr gut auf der Karte von Toscanelli zu sehen, mit der Kolumbus segelte, unterlegt mit dem eigentlichen Standort Amerikas (hellbraun).

Da ihm die Mittel fehlten, um so eine Reise anzutreten, bat er erst Portugal und dann Spanien um Unterstützung, doch beide lehnten ab. Portugal tat dies, da das Herrscherhaus völlig auf die Ostroute setzte und Spanien, weil sie Kolumbus´ Berechnungen für unrealistisch hielten.

Aber als Portugal 1488 den Kap der guten Hoffnung, die Südspitze Afrikas, erreichte, zeigte die Spanische Krone doch Interesse in Kolumbus´ Plan. Dieser hatte mächtige Freunde in Spanien und so sicherte die Spanische Krone Kolumbus, trotz seiner übertriebenen Forderungen, ihre Unterstützung zu.

Kolumbus musste Gewürze und Gold liefern und im Gegenzug erhält er, festgehalten in einem Vertrag, 10 Prozent der Profite aus dem Verkauf der Güter, die Statthalterschaft über die gefundenen Ländereien und den Titel Admiral der Weltmeere.


Kolumbus 1. Reise

Christoph Kolumbus verfolgte mit seiner Reise drei wichtige Motive: Einen neuen Seeweg nach Asien zu finden, Ruhm und Reichtum und nicht zuletzt die Missionierung der Eingeborenen. Und so stach er am 3. August 1492 mit drei Schiffen und 90 Mann in See.

Nach über 70 Tagen Fahrt landete er am 12. Oktober auf einer Insel, die er San Salvador (spanisch: der Erlöser)  taufte. Bis zu seinem Tod 1506 glaubte Kolumbus, den Seeweg nach Indien gefunden zu haben, doch eigentlich landete er auf den heutigen Bahamas, eine Inselgruppe vor der amerikanischen Küste. Das war auch der Grund, wieso er die Einwohner Indios, zu Deutsch Indianer, nannte.

Über sein erstes Zusammentreffen mit den Indianern schrieb Kolumbus in seinen Bordbüchern  Folgendes:

„Sie kamen alle nackt herbei, so wie Gott sie erschaffen hatte. […] Sie waren sehr gut gewachsen, sie hatten wunderschöne Körper und sehr schöne Gesichter.[…]Sie haben alle einen guten Körperbau und bewegen sich anmutig. Ich sah einige unter ihnen, die Wundmale an ihren Körpern hatten, und ich fragte sie in der Zeichensprache, woher dies komme, und sie zeigten mir, wie Menschen von anderen benachbarten Inseln herkamen und sie gefangen nehmen wollten und wie sie sich verteidigten.

Der erste Kontakt mit den Indios verlief also friedlich auf der einen Seite, auf der anderen jedoch auch nicht ganz ohne Hintergedanken, denn Kolumbus meint, dass man die Indios gut als Diener  benutzen könnte und dass sie leicht zum Christentum bekehrbar sind.

Da er auf San Salvador aber kein Gold fand, fuhr er weiter und erreichte mit Zwischenstopp auf dem heutigen Kuba das heutige Haiti. Dort ging ein Schiff in den untiefen Gewässern kaputt und so baute Kolumbus mit seiner Mannschaft auf Haiti die erste Kolonie in der neuen Welt.

Mit den beiden übrigen Schiffen kehrte er zurück nach Spanien  und ließ einen Teil der Besatzung wegen des Schiffsbruchs als Bewohner der Kolonie zurück. In Spanien angekommen wurde Kolumbus gefeiert. Seine Expedition hatte ihm Ruhm und Ehre eingebracht und in allen Schichten der Bevölkerung fanden sich Bewunderer.


Umgang mit den Eingeborenen

Die Entdeckung des neuen Landes im Westen durch Kolumbus war der Startschuss für unzählige Entdeckerfahrten (siehe Karte). Die meisten der Seefahrer waren auf Ruhm und Gewinn aus und hatten wenig Rücksicht mit den Eingeborenen und sahen diese oftmals nicht als Menschen, sondern als Tiere an. Die Indianer wurden vor allem in drei Punkten mit jenen verglichen: die Nacktheit, die fehlenden Hierarchie und der Kannibalismus


Aufgrund der ersten, so erfolgreichen Fahrt trat Kolumbus bald darauf eine zweite an. Als er jedoch in seiner Siedlung ankam, fand er diese zerstört auf und keiner der zurück gelassenen Männer war noch am Leben. Diese gerieten nämlich schon bald nach seiner Abfahrt untereinander in Streit, verteilten sich über die Insel, versklavten und töteten zahlreiche Eingeborene und wurden letztlich alle, wahrscheinlich durch Gegenwehr der Indianer und eigene Streitereien, getötet.

Die Reaktion Kolumbus´ war die Vernachlässigung der Prinzipien der Harmonie und der Toleranz, die ihm bei der ersten Fahrt so wichtig waren. Und so sah er sich gezwungen, Krieg gegen die Eingeborenen zu führen und nahm mehr als 1.500 von ihnen als Sklaven, obwohl Königin Isabella kriegerische Handlungen ausdrücklich verboten hatte.

Ein anderes Beispiel für den schrecklichen Umgang mit den Indianern bietet Hernán Cortés. Dieser eroberte mit skrupelloser Grausamkeit das Aztekenreich und dessen Hauptstadt Tenochtitlán, eine der damals größten Städte der Welt, auf der Suche nach Gold und brachte so mehreren
100 000 Einheimischen den Tod.


Rechtfertigungsdebatte

Der grausame Umgang mit den Indianern blieb in Europa aber nicht unbemerkt und so diskutierte man, wie man die Herrschaft über die Indianer und den Krieg gegen sie legitimieren könnte. Denn wenn man sie als vernunftbegabte Menschen und

damit den Spaniern ebenbürtig darstellte, dann hatte auch für sie das Völkerrecht Geltung, welches einen Angriffskrieg mit dem Zweck der Bereicherung verbot.


Aber in der Praxis änderte sich äußerst wenig, denn der spanischen Krone fehlte schlichtweg ein Kontrollorgan in der neuen Welt, mit dem sie ihre Gesetzte hätten durchsetzten können.

Erst durch den Dominikaner Bartolomé de Las Casas, der die Zustände der Eingeborenen anprangerte, kam es 1542 zu den Leyes Nuevas (Neuen Gesetzen), in denen schließlich die Indios unter den direkten Schutz der Krone gestellt wurden. Jedoch wurden auch diese nur schleppend umgesetzt.


Deshalb berief  der spanische König Karl V. eine Jury ein, deren Verhandlungsgegenstand die Frage nach der Legitimität der Versklavung der Einheimischen in der Neuen Welt war. Die Jury setzte sich aus anerkannten Gelehrten der Zeit zusammen. Die bedeutendsten Antagonisten in dieser Disputation waren der Dominikaner Bartolomé de Las Casas und der Priester und Humanist Juan Ginés de Sepúlveda.

Juan Ginés de Sepúlveda
vertrat die Interessen spanischen Siedler und Landbesitzer in der neuen Welt. Er sah die Ureinwohner Amerikas als Barbaren und natürliche Sklaven an. Dabei bezog er sich auf Aristoteles, welcher behauptete, die Sklaven seien lebendiger Besitz eines anderen Menschen, da sie sich nicht von Natur aus selbst gehören, sondern einem anderen.

Seiner Meinung nach handelte es sich bei den Indianern nicht um menschliche Wesen, sondern eher um Tiere. Damit konnte er die Versklavung und Sklavenarbeit rechtfertigen, genauso wie die damit verbundene Gewaltanwendung.

Bartolomé de Las Casas hingegen erhob Anklage gegen den Völkermord an den amerikanischen Ureinwohnern durch die Entdecker. Er predigte gegen den Krieg und die Versklavung der Indianer und stützte sich auf Cicero, welcher meinte, dass es keinen natürlichen Unterschied zwischen den Menschen gibt, der dazu führt, dass der eine Sklave des anderen von Natur aus sei.


Bevölkerungsschwund in Amerika

Währenddessen starb in Zentralamerika ein Großteil der Bevölkerung aus. Aus der Sicht der Europäer war die Entdeckung der Neuen Welt ein voller Erfolg, aus der Sich der dort Einheimischen hingegen eine demographische Katastrophe.

In Zentralamerika gab es vor Cortés Landung 20 bis 25 Mio. Einwohner, 28 Jahre später noch 6,3 Mio. und nach weiteren 22 Jahren bloß noch 2,6 Mio. – ein Verlust von mehr als 90 Prozent der Bevölkerung.

Noch extremer war die Situation in Haiti: Innerhalb von 40 Jahren starb die gesamte Bevölkerung, etwa 1 Mio. Menschen, aus, sodass die Europäer sogar Sklaven aus Afrika auf die Insel bringen mussten.


Doch wir sehen: Schon im 16. Jahrhundert wurde ethischen Fragen nachgegangen und man debattierte über den Umgang mit dem Neuen, Unbekannten, was nicht selbstverständlich ist. Doch trotz des vorhandenen Widerstandes gegen die Versklavung der Indianer änderte sich der Umgang mit diesen wenig, aufgrund von missglückter Kommunikation bzw. fehlender Kontrolle.

Doch für die Eingeborenen waren die Misshandlungen das zweitrangige Übel, viel schlimmer waren die europäischen Krankheiten, die ganze Stämme ausrotteten.


Quellen


Bildquellen

Portrait Kolumbus:

Toscanellis Karte:

Karte der ersten Reise:

Portrait Cortés:

Portrait Las Casas:

Portrait Sepúlveda:

Textquellen

Bücher:

Strosetzki, Christoph: Der Griff nach der Neuen Welt, Frankfurt, 1991

Bitterli, Urs: Die Wilden und die Zivilisierten, München, 1976

Bitterli, Urs: Die Entdeckung Amerikas, München, 1991



[1]Aus Kolumbus Bordbüchern, übersetzt von Michaela Peters


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