1.
Der
Verlauf der Zirkulation des Golfstroms erstreckt sich über ein
riesiges Gebiet.
Ihren
Anfang hat die Zirkulation des Golfstroms im südlichen Atlantik
zwischen Südamerika und Afrika. Dort entstehen durch die
Passatwinde, insbesondere durch den Südost-Passat, sowie die
Gezeitenkräfte, starke Meeresströmungen, von denen sich ein Teil in
Form des Südäquatorialstroms entlang der Brasilianischen Küste
nach Nordwesten in Richtung der Karibik und des Golfs von Mexiko
bewegt. Aufgeteilt in Antillen- und Floridastrom durchfließt diese
Strömung nun die Karibik und die Golfregion, wobei sie durch die
starke Sonneneinstrahlung aufgeheizt wird. Diese beiden Ströme
vereinigen sich etwas weiter nördlich in den Gewässern vor Florida
wieder und bewegen sich nun als Golfstrom entlang der
Nordamerikanischen Küsten gen Norden. Durch die in den nördlicheren
Breitengraden stärkere Corioliskraft sowie dem Aufeinandertreffen
mit dem Labradorstrom vor der amerikanischen Küste wird der
Golfstrom bzw. der Nordatlantischer Strom zunehmend in Nordöstliche
Richtung und damit in Richtung Europas abgelenkt. Dort teilt dieser
sich wiederum in viele kleine Ströme auf und umfließt den
europäischen Kontinent von Island über das Nordkap und
Großbritannien bis hinunter nach Spanien und Portugal. Ein Großteil
des südlichen Teil des Stroms fließt über die Westküste Afrikas
und die Kanaren im sogenannten Kanarenstrom wieder gen Süden und
Südwesten und bildet so mit dem deutlich wärmeren Golfstrom vor der
amerikanischen Küste den nördlichen Äquatorialstrom.
Bereits
ein einfacher Blick auf die Weltkarte zeigt deutlich, wie stark das
europäische Klima vom warmen Golfstrom profitiert. So liegt
beispielsweise das relativ kalte New York City, welches im Winter
regelmäßig von starken Schneestürmen mit zweistelligen Minusgraden
heimgesucht wird, auf dem gleichen Breitengrad wie das warme Rom oder
das milde Stockholm auf ähnlicher Höhe wie das eisige alaskische
Anchorage.
Diese
deutliche Erwärmung unseres Klimas entsteht durch das vom Golfstrom
nach Europa transportierte warme Wasser, welches seine Wärmeenergie
langsam an die Atmosphäre abgibt.
Im
Zusammenspiel mit dem kalten und nährstoffreichen Wasser der
Gegenströmungen sorgt der Golfstrom zudem für ein großes Aufkommen
von Fischen und Plankton im Nordatlantik, welche den europäischen
Fischern hohe Erträge ermöglicht.
Aufgrund
dieser Zirkulation des warmen Wassers des Golfstroms und dem durch
die Strömung aufsteigende nährstoffreiche Tiefenwasser birgt der
Kanarenstrom auch einen deutlich höheren Nähstoffgehalt als etwa
der Antillen- oder Südäquatorialstrom.
Eine
weitere positive Folge des Golfstroms ist die durch dessen warmes
Wasser stattfindende höhere Verdunstung, welche Nordeuropa deutlich
mehr Niederschlag und somit Wasserreichtum beschert als
beispielsweise Teilen von Nordamerika ähnlicher Breitengrade.
2.
Es gibt
eine Reihe von Ursachen beziehungsweise von Faktoren, insbesondere im
Zusammenhang der globalen Erwärmung, die eine Abschwächung des
Golfstroms zur Folge haben können und bereits haben. Eine
Abschwächung oder ein komplettes versiegen des Golfstroms hätte
katastrophale Auswirkungen auf das Klima in Europa sowie seine Flora
und Fauna.
Zu den
Ursachen für die bereits messbare Abschwächung dieser so wichtigen
thermohalinen Zirkulation zählt vor allem die Tatsache, dass die
Meere, insbesondere im Bereich der Pole, immer wärmer werden. Genau
diese Gebiete sind jedoch gleichzeitig der Motor für die Zirkulation
des nordatlantischen Stroms.
Dieser
„Motor“ besteht dabei aus verschiedenen Faktoren, die allesamt
essentiell für die Aufrechterhaltung der Zirkulation sind und die
allesamt Anzeichen von Abschwächung zeigen.
Zum
einen führt das Abschmelzen großer Mengen an Eis rund um die
Polregion zu einer stetigen Erwärmung dieser Meeresregion, da der
Ozean die Sonneneinstrahlung deutlich effizienter absorbiert als das
ihn zuvor bedeckende Eis.
Wärmeres
Wasser an den Polen und insbesondere der Labradorsee bedeutet jedoch
auch, dass der Temperaturgradient, der für den Antrieb des
Golfstroms und anderer Meeresströmungen so wichtig ist, sinkt und
diese dadurch maßgeblich abgeschwächt werden.
Ein
weiterer wichtiger Punkt für die Aufrechterhaltung des Golfstroms
und aller anderen Zirkulationssysteme unserer Ozeane ist die
Salinität des Meerwassers.
Insbesondere
rund um die nördliche Polregion und Grönland lässt sich seit
Jahren in Folge der globalen Erwärmung ein rapides Abschmelzen von
Eisflächen und Gletschern beobachten, wodurch große Mengen an
Süßwasser in die umliegende Meeresregion gelangen. Zur
Aufrechterhaltung des Zirkulationssystems ist der sich auf seinem Weg
nach Norden abkühlende und durch Verdunstung salzhaltiger werdende
Golfstrom jedoch darauf angewiesen, dass sein nun kaltes und relativ
salzhaltiges Wasser im Nordatlantik absinken und zurück in Richtung
Süden strömen kann.
Dieser
Kreislauf wird jedoch zunehmend schwächer, da sich wie oben
beschrieben das Wasser in diese Region stetig erwärmt und weniger
salzhaltig wird.
Zudem
kommt es durch die erhöhte Verdunstung in tropischen und
subtropischen Breiten auch zu mehr Niederschlag in nördlicheren
Regionen, wodurch die Salinität des dortigen Wassers weiter abnimmt.
Aufgrund
dessen kommt es zu einer Abnahme des absinkenden Wassers rund um die
Polarregion und damit zu einer Abschwächung der in Richtung des
Südatlantik fließenden Strömung, wodurch es gleichzeitig zu einem
allmählichem Versiegen des mit dem Golfstroms nach Norden und
schließlich Europa strömenden warmen Oberflächenwassers kommt.
Die
Folgen eines sich abschwächenden beziehungsweise versiegenden
Golfstroms wären wie bereits erwähnt katastrophal.
Durch
die Einschränkung oder gar den Verlust der durch den Golfstrom nach
Europa transportierten Wärmeenergie käme es zu einem starken
Absinken der durchschnittlichen Temperatur auf dem gesamten Kontinent
um bis zu 5 Grad, was dem Niveau der letzten Eiszeit entspricht.
Dies
würde dazu führen, dass die Erträge der europäischen
Landwirtschaft extrem einbrechen und die Zahl der Winterstürme stark
zunimmt.Gleichzeitig wären die meisten europäischen Häfen über
viele Monate hinweg meterdick zugefroren und nicht schiffbar. Die
Folge wäre ein Einbruch der europäischen Exportkapazitäten und
damit ein starkes schrumpfen der Wirtschaft und des Wohlstands.
Zusätzlich
zu den eingebrochenen landwirtschaftlichen Erträgen käme es zu
einem starken Fischschwund im Nordatlantik, da durch das Versiegen
der nordatlantischen Strömung weder Nährstoffe aus dem Süden nach
Norden transportiert werden und noch Nährstoffe durch das an den
Kontinentalschelfs aufsteigende Strömungswasser nachgeliefert
werden.
Diese
schlimmen Folgen würden sich allerdings nicht nur auf Europa
beschränken, sondern auf die gesamte nördliche Hemisphäre
einschließlich Nordamerika und Westafrika. Zudem würde sich ein
Versiegen des Golf- bzw. Nordatlantikstroms auch auf das globale
thermohaline Zirkulationssystem auswirken und dieses ebenso
abschwächen oder gar versiegen lassen.
Schlussendlich
lässt sich somit sagen, dass ein Versiegen des Golfstroms das Ende
für unsere modernen westlichen Gesellschaften darstellt, da ohne ihn
unsere heutige Landwirtschaft, der Fischfang und der Seehandel nicht
möglich wären. Gleichzeitig würde dies große Teile der
nördlicheren Breitengrade Eurasiens und Nordamerikas durch den
Temperaturabfall unbewohnbar machen.