Veranstaltung: Medien und Gewalt
Dozent: Sitzer
Angefertigt von: V. xxx
Matrikel: 166xxxxx
Studiengang: Master UfP
Ausarbeitung
zum Referat ‚Einflussvariablen im Wirkungsprozess’
Note:___________________________________________________
Gliederung
Einleitung 3
Inhaltsvariablen
Ausmaß
und Grad der expliziten Gewaltdarstellung 4
Attraktivität
des Gewalttäters 4
Rechtfertigung
& Konsequenzen der Gewalt für den Täter 5
Konsequenzen
der Gewalt für das Opfer 5
Realismus 7
Humor 7
Genre 7
Personenvariablen
Alter 9
Geschlecht 10
Persönlichkeitseigenschaften 11
Soziales
Umfeld 12
Literatur 13
I.Einleitung
Hopf (2001):
Rezipienten
sind keine Reaktionsdeppen:
Sie
interpretieren das Filmgeschehen und sind den Filmen nicht willenlos
ausgeliefert. Aber sie sind dennoch nicht völlig frei.
Der
Aufbau der Filmhandlung steuert sie in Verbindung mit ihren
jeweiligen kognitiven, affektiven und moralischen Voraussetzungen in
bestimmter, vorhersagbarer Weise.
Geht man davon aus, dass jedes Medium
eine Wirkung beim Rezipienten erzielt, kann man dennoch nicht von
universalen Wirkungen sprechen. Jedes Individuum ist mehr oder
weniger empfänglich für bestimmte Inhalte. Es wäre also falsch, zu
behaupten, dass ein bestimmter Inhalt, eine bestimmte Reaktion oder
Wirkung beim Rezipienten auslöst. Sicher können Parallelen gefunden
oder ein signifikanter Zusammenhang zwischen Inhalt und Wirkung
herausgestellt werden. Dennoch müssen die Lerngeschichte und die
Sozialisationsgeschichte des Einzelnen immer berücksichtigt bleiben,
wenn man darauf schließen möchte, welchen Einfluss gezeigte Gewalt
haben könnte.
In dieser Ausführung zu meinem
Referat gehe ich auf einzelne Variablen ein, die einen Zugang
schaffen können, wenn man Medienwirkung – und hier im Speziellen
Mediengewalt – begreifen möchte. Ich möchte aber nochmals
betonen, dass diese Variablen nicht separat gesehen werden sollen,
sondern eher als Potpourri von möglichen Wirkungen. Einige sind nur
Vermutungen, die nicht empirisch untersucht wurden, aber dennoch eine
Möglichkeit darstellen, wie Mediengewalt wirken könnte. Deshalb
haben sie auch die Berechtigung hier benannt zu werden.
Ich gehe in dieser Ausarbeitung auf
die gewichtigen Erkenntnisse der Wirkung von Mediengewalt ein.
Einzel- und Teilaspekte habe ich im Referat erläutert. Bei
nochmaliger Ausführung würde der formale Rahmen überschritten.
II.Inhaltsvariablen
A.Ausmaß
und Grad der expliziten Gewaltdarstellung
Die Annahme, eine stärke Wirkung
würde durch Quantität und Blutrünstigkeit der dargestellten Gewalt
entstehen, wurde mit unter durch die Studie von Kalamas und Gruber
relativiert. Auch kleine Unterschiede werden vom Rezipienten
wahrgenommen und der Kontext spiele eine größere Rolle als die
Auftretenshäufigkeit von Gewalt. In dieser Studie bekamen 35
Versuchspersonen zwischen 10 und 15 Jahren den Film ‚Freitag der
13.’ gezeigt. Dabei wurde festgestellt, dass implizite violente
Stimuli stärkere emotionale Reaktionen auslösen als die direkte
Gewaltdarstellung. Dabei verstärken Soundeffekte diese Stimuli und
die damit einhergehende Reaktion des Rezipienten.
B.Attraktivität des Gewalttäters
Findet eine Identifikation mit dem
gewalttätigen Protagonisten statt, soll die Wirkung der gezeigten
Gewalt verstärkt werden. Götz und Ensinger halten fest, dass Kinder
äußerst empfänglich sind, wenn es um Identifikationen mit
Heldenfiguren geht und machen das fest an den Befragungen der Kinder,
die sich die Anime-Serie ‚Dragonball Z’ regelmäßig ansehen.
Sie widmen Programminhalten mehr
Aufmerksamkeit, wenn die Figur eine wahrgenommene Ähnlichkeit zu
ihnen hat. Oft reicht die Altersnähe aus, um eine angemessene
Ähnlichkeit zum Protagonisten herzustellen.
Weil Kinder sich schnell begeistern
lassen, vermuten Götz und Ensinger, dass eine Gefahr bestünde durch
die Wahrnehmung, innere Stärke und Härte würden sie gegenüber
Angriffen in der Realität immunisieren, weil sie diese Stärke auch
ausstrahlen und somit als Gefahr von Altersgleichen wahrgenommen
werden.
Außerdem soll die Gewaltbereitschaft
der Heldenfiguren eine negative Auswirkung haben, weil diese Art der
Problemlösung in der gesehenen Serie nicht sanktioniert wird. Diese
Vermutung wird angestellt, weil sich Götz und Ensinger dabei auf die
Lerntheorie Banduras stützen.
Allerdings sind diese Mutmaßungen
nicht empirisch belegt worden.
C.Rechtfertigung & Konsequenzen der Gewalt für den Täter
Nach der Lerntheorie wird legitime
Gewalt, also Gewalt als Selbstverteidigung oder Ähnliches, als
weniger stark empfunden. Sie löst zwar Angst aus, aber in geringerem
Maße als illegitime Gewalt. Nicht gerechtfertigte Gewalt löst zwar
ein höheres Mitgefühl für das Opfer aus, wird allerdings als
weniger interessant wahrgenommen als gerechtfertigte Gewalt.
Krcmar und Valkenburg stellten in
ihrer Befragung von Kindern fest, dass sie gerechtfertigte Gewalt als
weniger verwerflich empfanden, ältere Kinder jedoch kritisch
hinterfragten und nach anderen Lösungsansätzen suchten. Kinder, die
überwiegend oder ausschließlich reale Gewalt sahen, hatten
allerdings eine geringe Akzeptanz gegenüber gewalthaltiger
Auseinandersetzungen. Der Schluss daraus, dass reale Gewalt-Seher
einen positiven Effekt auf ihre Moralbildung erfahren, ist durch
Vielseher beider Gewaltdarstellungen relativiert worden.
Aus dieser Differenzierung prägte
Grimm 1999 in seiner Studie die Begriffe intrafiktionale (innerhalb
des Filmgeschehens gerechtfertigt) und extrafiktionale (in der
Realität gerechtfertigt) Gewalt.
In dieser Studie zeigte er Probanden
den Film Rambo. Eine Gruppe
bekam zwei Szenen zu sehen, die andere eine. Die erste Versuchsgruppe
sah wie Rambo gefangen genommen und in seinem Gefängnis von einem
Wachmann gefoltert und gequält wurde. Die zweite Szene zeigt wie
Rambo spektakulär aus dem Gefängnis ausbricht und schließlich die
Gelegenheit hat, den Wachmann umzubringen. Ob er es tut, wird nicht
gezeigt.
Die erste Gruppe empfand die gezeigte
Gewalt intrafiktional als gerechtfertigt, jedoch ließ sich keine
extrafiktionale Rechtfertigung finden.
Bei der zweiten Gruppe, die nur die
Ausbruchsszene sah, war die Akzeptanz beider Arten der Rechtfertigung
deutlich geringer als bei der ersten.
Somit ist festzuhalten, dass der
Kontext, in dem Gewalt passiert, eine entscheidende Rolle für den
Rezipienten spielt.
D.Konsequenzen der Gewalt für das Opfer
Grimm geht in seiner Studie (1999)
entgegengesetzt der Lerntheorie davon aus, dass sich der Rezipient
auf Grund von Angstempfinden mit dem Opfer identifiziert und nicht
mit dem Täter. Deshalb hat er den Begriff ‚Robespierre-Affekt’
geprägt.
Das bedeutet, der Seher fühlt sich in
das Opfer ein und durch die Gewalteinwirkung des Täters wird eine
violenzsteigernde Wirkung erzielt. Die Geschlechtszugehörigkeit des
Opfers unterstützt die Identifikation.
Er zeigte Frauen wie Männer 3
verschiedene Kampfsportszenerien.
In der ersten war eine faire
sportliche Auseinandersetzug zwischen einer Frau und einem Mann zu
sehen.
Die zweite Szene fing sportlich an,
jedoch endete sie unfairem Verhalten des Mannes, das zur Niederlage
der Frau führte. Außerdem wurde sie sichtlich verletzt.
Die dritte Szene zeigte wie sich die
Frau nach unfairen Handhabungen des Mannes ihr gegenüber trotz aller
Verletzungen durch technische Ãœberlegenheit behaupten konnte und dem
Mann dadurch eine Lektion erteilt wurde.
Die anschließenden Befragungen gaben
Aufschluss darüber wie die verschiedenen Szenen auf die beiden
Geschlechter gewirkt haben.
Die erste Szene zeigte keine
aggressionssteigernde Wirkung. Die Darstellung, in der die Frau
unterlag, löste allerdings heftige Reaktionen aus. Vor allem die
Frauen waren bestürzt und wütend, weil der Mann keine
Sanktionierung erfuhr. Einige der Männer empfanden Mitgefühl,
jedoch war das ein kleiner Teil, der empathiefähig war.
Das letzte Szenario löste
Befriedigung bei den Frauen aus, bei den Männern allerdings zum
geringen Teil Angst. Der Großteil der Männer war verwirrt oder
machte sich über den besiegten Mann lustig, weil er von einer
verletzten Frau besiegt wurde.
Diese Reaktionen nimmt Grimm als
Grundlage für seine Forderung, Gewalt in einer geeigneten
dramaturgischen Kontextualisierung zu nutzen um so einen
unabgeschlossenen Rachezirkel auf Seiten der Rezipienten zu
verhindern. Das heißt, Gewalt, die als unrecht empfunden wird am
Anfang oder in der Mitte zu verwenden und nicht am Ende eines Films.
Weil der Seher sich mit dem Opfer identifiziert, muss dieses auch die
Möglichkeit erhalten, sich zu behaupten oder zu rächen, um so
wieder eine empfundene Gerechtigkeit wiederherzustellen. So
entstünden keine negativen Empfindungen, die nicht während der
Rezeption verarbeitet werden können und ein ‚Tugendterror’
bliebe aus.
Grimm plädiert auch dafür ein
ausgewogenes Verhältnis von sauberer und schmutziger Gewalt zu
finden, um eine optimale Klimax zu erreichen und dem Seher einen
spannenden Sehgenuss zu bieten.
E.Realismus
Die Frage, ob gesendete Gewalt real
sein sollte, wollte Geisler (1998) konstatieren.
Allerdings wurde nur in einer kleinen
Gruppe diskutiert und argumentativ analysiert, welchen Wert reale
Gewalt in den Medien haben könnte. Es wurden keine Studien zu diesem
Thema durchgeführt, jedoch kann festgehalten werden, dass das
Bewusstsein darüber, reale Gewalt zu sehen, ein höheres Mitgefühl
gegenüber dem Opfer empfunden wird und die Frage aufkommt, ob es im
eigenen Lebenskontext möglich ist, dieselbe reale Erfahrung machen
zu können. Demnach ist auch das Angstempfinden von anderer Qualität.
F.Humor
Humor spielt eine nennenswerte
Bedeutung bei der Frage nach der Wirkung von Gewalt in Medien. Es
wurden noch keine Studien durchgeführt, jedoch kann konstatiert
werden, dass eine wechselseitige Wirkung zu erwarten ist.
Zum einen kann ein Täter, der den
Rezipienten zum Lachen bringt, die empfundene Attraktivität
steigern und somit auch die Akzeptanz gegenüber seines aggressiven
Verhalten. Allerdings muss unterschieden werden zwischen den Nuancen
von Humor. Ist ein Antiheld sarkastisch, kann dieser Umstand die
Antipathie steigern, weil es ihm als Persönlichkeitsmerkmal
zugesprochen wird und seine bösen Machenschaften unterstreicht. Ist
es eine Art von Slapstick, wird der Aggressor als trottelig oder
unfähig wahrgenommen und kann zur Erheiterung beitragen. Zum anderen
kann Humor eine Verharmlosung der gezeigten Gewalt durch die
Stimmungsverbesserung herbeiführen und/oder die Hemmschwelle senken
auf Seiten des Konsumenten.
G.Genre
Das Genre spielt eine entscheidende
Rolle bei der Wahrnehmung der Intensität von Gewalt. Das heißt,
dass die Enttäuschung groß ist oder sogar Verwirrung gestiftet
wird, wenn die erwartete Gewaltintensität nicht gezeigt wird.
Eine Befragung von Kindern hat
gezeigt, dass ein Bruch der Konventionen mit dem Genre dazu führt,
dass Gewaltdarstellungen als gewalttätiger empfunden werden und
somit größere Furcht auslösen.
Im Umkehrschluss wird Langeweile
empfunden, wenn nicht genug oder keine Gewalt gezeigt wird, wo sie
erwartet wird. Kinder sind sensibler bei der Erwartbarkeit von
Gewalt, aber dieses Phänomen lässt sich ohne Bedenken auch auf
Erwachsene übertragen. Gibt es in einem Liebesfilm (viel) Gewalt,
wird dieser nicht mehr als Romanze wahrgenommen und löst im
Grenzfall Angst aus. Wird in einem Horrorfilm dagegen zu wenig oder
keine Gewalt gezeigt, erfüllt er nicht die erwarteten Konventionen
und enttäuscht den Rezipienten und wird höchstwahrscheinlich ein
Ladenhüter, was nicht im Sinne der Produzenten sein kann.
Demnach lernen wir im Laufe unseres
Medienkonsums gewisse Merkmale kennen und sprechen sie gewissen
Genres zu. Somit können wir uns vor der Rezeption mental darauf
einstellen, was uns erwarten könnte und gehen so mit einer
bestimmten Erwartungshaltung in die Rezeption. Ob es sich dabei um
einen Selbstschutz oder um einen Automatisierungsprozess handelt,
soll hier nicht erörtert werden.
III.Personenvariablen
A.Alter
Es ist festzuhalten, dass Kinder eine
differente Einstufung von Gewalt haben als Erwachsene. Es bleibt aber
fraglich, ob die Wirkung auch zu differenzieren ist.
Kinder neigen dazu, Bezüge zu ihren
eigenen Ängsten herzustellen und diese Darstellungen dann als
besonders gewalthaltig zu empfinden. So kann ein Elternstreit als
Gewalt identifiziert werden, wenn das Kind im eigenen Lebenskontext
erlebt wie die eigenen Eltern streiten. Weil das Verunsicherung in
einem Kind hervorruft, wird auch die Darstellung in Medien als
furchteinflößend empfunden und als Gewalt eingestuft.
Um eine Messung von Gewaltempfinden
durchführen zu können, werden drei Bestimmungsfaktoren
unterschieden:
1. Ordnung: Identifizierung von
Gewalt
2. Ordnung: Grad der Stärke
3. Ordnung: Einschätzung der
Betroffenheit
Kinder neigen dazu 2. und 3. Ordnung
gleichzusetzen und sind somit zu keiner Unterscheidung fähig, weil
der Grad der Stärke konform geht mit der Betroffenheit.
Sie fühlen sich nur dadurch
betroffen, dass sie die gezeigte Gewalt in ihrer Erfahrenswelt
erfahren haben oder erfahren.
Trotzdem ist ein genereller
Zusammenhang zwischen Alter und Wirkung nicht erkennbar. Nur die
wahrgenommene Realitätsnähe entscheidet über die emotionale
Wirkung. Eine Affinität zur eigenen Erfahrungswelt löst also
stärkere Emotionen aus, ganz unabhängig von dem Alter des
Rezipienten.
Die unterschiedliche Einstufung von
Gewalt wird unterschiedlich entwickelten
Informationsverarbeitungskapazitäten (Unterscheidung von Fiktion und
Realität, Empathie und Verständnis von Medieninhalten) begründet.
Demnach wird je nach Entwicklungsthema des Kindes auch Gewalt
unterschiedlich wahrgenommen.
Neben dem Alterseffekt steht der
Generationseffekt (Vogelsang 2000). Dieser Effekt besagt, dass
Erwachsenen der passende Entschlüsselungscode fehlt, um bestimmte
dramaturgische Spannungsinszenierungen genießen zu können.
Nur weil Kinder eine strikte Trennung
zwischen Fiktion und Realität vornehmen, können sie
Zeichentrickfilme genießen, während Erwachsene keine Komik darin
entdecken können. Allerdings ist das eine Vermutung und wurde nicht
empirisch belegt.
B.Geschlecht
Grimm
(1999):
Frauen
reagieren auf Gewaltbilder besonders heftig mit Angst. Außerdem
können Frauen den Einfühlungsstress bei Blutszenen deutlich
schlechter kontrollieren als Männer. […] Insgesamt sind die
Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Bereich der
Angstvermittlung erheblich, die aggressionsbezogenen
Wirkungsdimensionen werden hingegen von geschlechtsübergreifenden
Grundmustern beherrscht.
Frauen/Mädchen werden als weniger
gefährdet betrachtet, was die Entstehung violenter Verhaltensweisen
durch Mediengewalt angeht, weil sie eine geringe Präferenz haben als
Männer/Jungen. Diese Präferenzen sind schon im Kindesalter
(3-11Jahre) zu beobachten.
Es gibt dafür zwei Erklärungsansätze
(Oliver 2000). Einen a)inhaltsbezogenen und einen
b)rezipientenbezogenen.
a) Gewalthaltige Medieninhalte sind
durch die Dominanz maskuliner Figuren für Männer interessanter als
für Frauen. Die tatsächliche Beeinflussung durch solche Inhalte ist
allerdings umstritten. Zudem lehnen Frauen nicht die Spannung oder
die Konfliktentstehung ab, sondern die explizite Gewaltdarstellung.
Frauen bevorzugen alternative Lösungen.
b) Es werden soziologische Faktoren
diskutiert, die nicht unabhängig von der kulturellen Ausprägung der
Geschlechterrollen sind. So werden Mädchen schon im Kleinkindalter
von den Eltern von Gewalt ferngehalten, weil sie für emotional
zerbrechlicher angesehen sind als Jungen. Im Umkehrschluss werden
Jungen im Kleinkindalter dazu erzogen, stark zu sein und keine
Schwäche zu zeigen.
An einem Beispiel verdeutlicht könnte
das so aussehen, dass ein Junge, der sich das Knie aufgeschlagen hat,
vom Vater dazu animiert wird, den Schmerz nicht zu zeigen. Manche
Eltern würden sogar zu ihrem Jungen sagen: Benimm dich nicht wie ein
Mädchen!
Schlägt sich ein Mädchen das Knie
auf, wird es behutsam von der Mutter umsorgt und es wird nicht
ermahnt, wenn es weint oder sich ‚zimperlich’ anstellt.
So wird den verschiedenen
Geschlechtern durch kulturelle Prägung der Eltern das gängige
Muster anerzogen, dass Mädchen fürsorglich und emotional sein
müssen/können, Jungen aber stark und Schmerzen gegenüber
unempfindlich sein müssen. Das Bewusstsein für das eigene
Geschlecht führt zu einer größeren Aufmerksamkeit und zieht
langfristig unterschiedliche Mediennutzungspräferenzen nach sich.
Röser und Kroll führten im Jahr 1995
eine Telefonbefragung mit 1000 Personen durch und konnten
herausstellen, dass 57% der Frauen das Gefühl von Angst und
Bedrohung vor dem Bildschirm kennen, aber nur 16% der Männer.
Dabei bleibt aber fraglich, ob die
Männer ehrlich geantwortet haben. Geht man von dem
rezipientenbezogenen Erklärungsansatz aus, könnte man vermuten,
dass Männer ihre Angst aus konventionell kulturellen Gründen nicht
zugeben, auch wenn die Befragung anonym durchgeführt wurde, weil die
Geschlechterrollenausprägung mit ihren zugesprochenen Präferenzen
als Persönlichkeitsmerkmal vom Individuum adaptiert worden ist. Wenn
dem so ist, kann man davon ausgehen, dass der Prozentsatz höher
liegen muss.
Röser und Kroll sehen diese Zahlen
als absolut an und ziehen somit das Resümee, dass für Frauen
subjektiv empfunden das Fernsehen voll von Gewalt gegen Frauen ist,
weil dies Szenarien besonders präsent bleiben, während Gewalt unter
Männern vermutlich anders wahrgenommen wird.
Ob allerdings eine Befragung von 1000
Personen signifikant zu sehen ist, bleibt fraglich.
C.Persönlichkeitseigenschaften
Eyal und Rubin (2003) konstatierten,
dass aggressive Dispositionen die Identifikation mit dem Aggressor
begünstigen. Für Vielseher violenter Medieninhalte war dieser
Zusammenhang ausgeprägter. Die Autoren schlossen dadurch auf eine
Verstärkung aggressiver Dispositionen durch Fernsehgewalt. Ein
Zusammenhang zwischen einer aggressiven Persönlichkeit und der
wahrgenommenen der eigenen Ähnlichkeit zum violenten Protagonisten
konnte jedoch nicht festgestellt werden.
IV.Soziales Umfeld
Das Umfeld hat eine Moderatorwirkung.
Das bedeutet, dass gerade Kinder und Jugendliche in Hinblick auf ihre
Mediennutzung und auf gewalttätiges Verhalten ein Vorbild brauchen.
Entscheidend bei der Prägung des Mediennutzungsverhaltens ist die
Qualität der erhaltenen medienpädagogischen Impulse von Elternhaus
und Schule.
Eine Untersuchung Weilers (1993 &
1997) ergab, dass die familiale Einstellung, das Verhalten in Bezug
auf Mediennutzung und Unterstützungs- und Fördermaßnahmen über
die Medienvorlieben der Kinder entscheiden. Inhaltliche Präferenzen
werden so auch geprägt und bis ins Erwachsenenalter beibehalten.
Allerdings ist die Vermittlung von Vorlieben nicht untersucht worden.
Was aber festgehalten werden kann,
ist, dass Kinder, die behütet aufwachsen, also wenig bis keine
Gewalt in ihrem Umfeld erleben, viel weniger von schädlichem
Medieneinfluss betroffen sind als Kinder aus Haushalten, in denen
Erziehungsfragen eine kleine oder keine Aufmerksamkeit geschenkt wird
und Gewalt für die Heranwachsenden erlebbar ist. In diesen
Haushalten verstärken sich violenter Medienkonsum und violente
persönliche Erfahrungen wechselseitig. Das heißt, eignen sich
Kinder eine gewalterfüllte Grundhaltung an, wird diese durch
gewalthaltige Medien verstärkt. Somit werden alltägliche Konflikte
eher mit Gewalt versucht zu lösen. Es darf aber nicht der Schluss
gezogen werden, dass Medien allein Kinder und Jugendliche dazu
bringen, gewalttätig zu sein. Diese Grundhaltung hat nicht nur eine
Ursache, sondern ist auf ein Ursachenbündel zurückzuführen. Der
Medienkonsum darf also nur als eine Variabel gesehen werden, die
gewalttätiges Verhalten verstärken, jedoch nicht auslösen kann.
Eine Überbewertung der Medien würde zu einer Fehldiagnose führen.
V.Literatur
Michael Kunczik, Astrid Zipfel. Gewalt
und Medien. Ein Studienhandbuch. Auflage 5. Böhlau Verlag. Köln,
Weimar, Wien. 2006