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Seminararbeit / Hausarbeit

Eine Analyse des Stückes Arturo Ui (kein Literatu­rverzeic­hnis!)

3.886 Wörter / ~20 Seiten sternsternsternstern_0.25stern_0.3 Autor Eric R. im Mrz. 2011
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Dokumenttyp

Seminararbeit
Deutsch

Universität, Schule

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf - HHU

Note, Lehrer, Jahr

2005, Frau Prof. Cepl-Kaufmann

Autor / Copyright
Eric R. ©
Metadaten
Preis 3.20
Format: pdf
Größe: 0.27 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternstern_0.25stern_0.3
ID# 5503







Eine Analyse des Stückes Arturo Ui


2.  Zur Entstehung des Arturo Ui


Bertold Brechts Interesse an Amerika fokussierte sich stark auf die korrupten Verstrickungen von Politik und Kapitalismus.

Informationen über realistische Details dieses Gefüges aus Politik und Wirtschaft, sammelte er während seiner Bearbeitung des Stoffes zum Dreigroschenroman. Mit dem so gewonnenen Einblick und dem intensiven Befassen dieser Thematik, stellte sich Brecht gegen die faschistische Form des Kapitalismus, in der


die Regierung schrittweise in die Hand von Verbrechern fällt, die das bestehende System mit aller Macht zu verteidigen gewillt sind und nicht davor zurückschrecken, das Volk in Kriege zu treiben, um ihre Geschäfte ungehindert weiterführen zu können.[1]


Bei seinen zahlreichen Recherchen und seinem Studium dieser Thematik, weckte das Organisierte Verbrechen, in seiner Funktion und Vorgehensweise, das besondere Interesse Brechts.

Als Brecht im Oktober 1935 zur Uraufführung der Mutter Courage zum ersten Mal nach Amerika reiste, dauerte sein Aufenthalt ganze zwei Monate. Die dort verbrachte Zeit nutzte er um die Lebensumstände vor Ort näher kennen zu lernen.

Er befasste sich unter anderem mit der Kulturszene in New York, indem er Theater und Kinos am Broadway besuchte, er studierte die Presse und schaute sich auch die Slums an.

Es war eine Zeit in der Brecht intensiv versuchte die sozialen, kulturellen und politischen Gegebenheiten dieses Landes aufzunehmen.

Dabei stieß er auch auf den, in Amerika grade aktuellen, Bandenkrieg in New York, der eine immense Serie von Ermordungen mit sich brachte.


Brecht sammelte Stöße von Berichten aus verschiedenen deutschen und englischen Zeitungen New Yorks und brachte das ganze Material mit nach Dänemark zurück.[2]


Unter all den abgefassten Artikeln und Berichten befand sich auch derjenige, in dem beschrieben wurde wie Al Capone zum Gangsterboss von Chicago aufgestiegen war.[3]

Diese Geschichte hatte einen ausschlagebenden Einfluss auf das von Brecht verfasste Stück vom aufhaltsamen Aufstieg des Arturo Ui.

Die Arbeit an diesem Stück wurde aber erst später begonnen. In seinem Arbeitsjournal am 10. März 1941, also bereits im finnischen Exil, notierte er:


An das amerikanische theater denkend, kam mir jene idee wieder in den kopf, die ich einmal in New York hatte, nämlich ein gangsterstück zu schreiben, das gewisse vorgänge, die wir alle kennen, in die erinnerung ruft. (the gangsterplay we know). Ich entwerfe schnell einen plan für 11-12 szenen. Natürlich muß es im großen stil geschrieben werden[4]


Anhand dieser Ausführung ist zu entnehmen, dass Brecht bereits mit einer Aufführung in Amerika nicht nur spekulierte sondern sie fest einplante.

Der Anspruch an das Stück war, dem amerikanischen Publikum den Aufstieg Adolf Hitlers in einer ihm vertrauten Umgebung bzw. in einem ihm vertrauten Rahmen nahe zu bringen.

Bereits am 28. März 1941 schreibt Brecht:


inmitten all des trubels um die visas und die reisemöglichkeiten arbeite ich hartnäckig an der neuen GANGSTERHISTORIE. nur noch die letzte szene fehlt. die wirkung der doppelverfremdung – gangstermilieu und großer stil – kann schwer vorrausgesagt werden.[ .].[5]


An den beiden vorangegangenen Auszügen aus dem Arbeitsjournal Brechts, ist die kurze Zeitspanne in der das Stück .....[Volltext lesen]

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Diese Parallelen in den Biographien lassen sich an vielen Stellen des Textes ausmachen. Alle drei Figuren arbeiten sich im Verlaufe ihres Werdegangs konsequent nach oben – Capone und Ui innerhalb ihrer Verbrechersyndikate, Hitler innerhalb der Politik.

Am Anfang seiner Karriere gab sich Capone, aufgrund seiner eher einfachen Herkunft steif, ungelenk und wenig eloquent.[10] Um sich in die sogenannte bessere Gesellschaft besser einfügen und bewegen zu können, ließ er sich von einem gewissen Torrio das in solchen Kreisen angemessene Benehmen beibringen.

Auch Hitler nahm Unterricht und erlernte bei einem Schauspieler die Kunst des Redens und die Anwendung von Gestiken, um sich in Öffentlichkeit und Politik als gefestigter und souveräner Staatsmann zu präsentieren.

Der Aspekt des Aneignens und Erlernens einer Rolle, findet sich auch in der Ui Figur wieder.

Arturo Ui, ebenfalls aufgrund seiner Herkunft des überzeugenden Auftretens nicht mächtig, bekommt von einem Schauspieler die Kunst der Rhetorik beigebracht.


So hören Sie: man hat mir zu verstehen gegeben, daß meine Aussprache zu wünschen übrig läßt. Und da es unvermeidlich sein wird, bei dem oder jenem Anlaß ein paar Worte zu äußern, ganz besonders, wenn’s einmal politisch wird, will ich Stunden nehmen. Auch im Auftreten.[11]


Die angewandte Theatralik, die Wortwahl, die Gestik sowie das für die NS-Sprache typische Wechselspiel von hohem Pathos und Gassenjargon in den Reden Hitlers bei öffentlichen Auftritten, sind im Stück abgebildet.

Die vorrangige Stellung des „Ich“, als grammatisches Subjekt der meisten Sätze, fällt ebenso auf wie die Anspielungen auf die Gestik im Regiekommentar.

So heißt es:

Ui reicht Dockdaisy die Hand und fasst dem Kind unter das Kinn.[12]


oder


Roma begibt sich zu Ui, der nach seiner großen Rede erschöpft und gleichgültig dasaß.[13]


Brecht zielt bei seiner Verfremdung des Materials nicht auf die Parodie einer historischen Hitlerrede, sondern verwendet Merkmale der faschistischen Rhetorik und kopiert diese auf der syntaktischen, lexikalischen und rhetorisch pragmatischen Ebene.[14]


Neben den erwähnten Parallelen, die sich direkt auf die Personen beziehen, finden sich auch Parallelen in Bezug auf historische Ereignisse und Orte. Der Name Cicero, im Zusammenhang mit der Vereinigung des Karfiol-Trusts und dem Ciceroer Gemüsetrust am Ende des Stücks, ist der Stadtteil in Chicago, den Al Capone als erstes unter Kontrolle brachte und impliziert gleichzeitig die Einverleibung Österreichs durch die Nationalsozialisten.

Karfioltrust selber ist eine Anspielung darauf, dass


Die Syndikate nach der Kontrolle über den Alkohol-, Glücksspiel- und Prostitutionsmarkt ihre Macht auf Lebensmittelhandel ausdehnten.[15]


(Karfiol kommt aus der süddeutschen Mundart und bezeichnet Blumenkohl.)

Im elften Bild lässt Ui Roma und einige seiner Gefolgsleute ermorden. Art und Weise des Geschehens erinnern einerseits stark an das sogenannte St. Valentines Massaker, bei dem Capone sieben seiner engsten Vertrauten ermorden ließ.[16] Andererseits ist die Szene eine Anspielung auf den sogenannten Röhmputsch, eine von Hitler angeordnete Mordaktion zur Liquidierung von Opponenten innerhalb der SA.

Die aufgeführten Parallelen zeigen, dass die primäre Verfremdung, Hitler als Al Capone, sehr stark auf konkrete Details aus der Biografie .....

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ist eine scheinbare. Der von den Kleinbürgern getragene Faschismus tritt ihnen immer mehr als ein Fremdkörper entgegen, während sie selbst zwischen den Klassen stehen bleiben. Auch lässt sich der Faschismus nicht mehr länger von der Wirtschaft steuern.[22]


Es ist handlangertum, faustlangertum, aber die faust hat eine gewisse selbständigkeit; die industrie bekommt ihren imperialismus, aber sie muß ihn nehmen, wie sie ihn bekommt, den hitlerischen.[23]


Die vom Nationalsozialismus erhobene Universalität verdeckt die wirtschaftliche Ungerechtigkeit, indem sie die Einheit aller in der Form einer Nation proklamiert. Diese geschaffene nationale Geschlossenheit impliziert die Vernichtung von Gruppierungen die gegen eine solch nationale Geschlossenheit gerichtet sind, wie Juden und Arbeiter. [24]

Es ist ein „verzerrtes spiegelbild“[25] des Sozialismus, „mit keiner seiner tugenden, aber allen seinen lastern.“[26]

Den Grund der Attraktivität des Faschismus und der Politik Hitlers liegt, so Brecht, in einer gewissen Logik die ihnen inne wohnt:

Einerseits wird das Phänomen des Antisemitismus durch erwähntes Nationalgefühl erklärbar, andererseits wurde durch die Kriegswirtschaft das Problem der Arbeitslosigkeit gelöst und bekam so den Zuspruch unter den Arbeitern.[27]

Durch die Ästhetisierung der Politik und die damit einhergehende Funktion des faschistischen Führerpathos, rückt die Figur des Hitlers ins Zentrum der Ideologiekritik.


Im „Ui“ steht die Figur des Demagogen selbst im Zentrum. An ihr wird das Zusammenspiel von ökonomischer Krise, Terror gegen Kleinbürger und Arbeiter sowie deren ideologische Verbrämung dargestellt.[28]


.....

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herabsetzt, verständlich macht und entlarvt. So lässt sich zwar der Handlungsverlauf des Stücks in 5 Abschnitte unterteilen:


1.    Ui in Wartestellung (Bild 1, 2, 3)

2.    Ui im Geschäft (Bild 4, 5, 6)

3.    Ui an der Macht (Bild 7, 8)

4.    Ui als Staatsmann (Bild 9, 10, 11)

5.    Ui als Imperator (Bild 12, 13, 15)[34]


in denen die wichtigsten Etappen Hitlers nachgezeichnet sind, dennoch liegt eine Parabel, welche die historischen Vorgänge exakt nachbildet, nicht vor.

Im ui kam es darauf an [ .] die historischen vorgänge durchscheinen zu lassen [ .].[35]


In Abschnitt 1 (Ui in Wartestellung) zeigt sich, dass die Kulisse des Stücks das Al Capone-Milieu bildet, mit der bereits angesprochenen Verstrickung von Staat und Gangsterwesen auf der einen und Hitlers Versuch der legalen Revolution auf der anderen Seite.

Um einer zu einfachen Erklärung des Faschismus vorzubeugen, wird Ui nicht als von der Wirtschaft und vom Kapital gekaufter Gangster vorgeführt.

Von der Industrie flossen damals Gelder zu allen rechten Gruppierungen und nicht nur zur NSDAP, die bis 1923 von noch geringer Bedeutung war. Erst mit der Reichstagswahl am 14.09.1930 wurde sie, als zweitstärkste Partei, für die Machteliten interessant und zeigt Hitlers bestreben auf legalem Weg, über Wahlen und den Reichpräsidenten, zur Macht zu kommen.[36]

Zwar spiegelt das Stück die vorerst vorhandene Ablehnung Hitl.....

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Viel wichtiger erscheint Brecht den daraus resultierenden Aufstieg Hitlers.


Der darauffolgende Abschnitt zeigt Ui an der Macht. Der Schwerpunkt liegt auf dem ´Speicherbrandprozess`, an dessen Ende das Gericht auf der Seite Uis steht und ein unschuldiger Arbeitsloser zur Verantwortung gezogen wird. Brecht verdichtet den Tag von Potsdam am 21.03.1333 und den Reichstagsbrand am 17.02.1933 zu einem Ereignis.

Der Tag von Potsdam dient Brecht dazu, die große ´Politschau` von Hitler im Ui verfremdend darzustellen. Die von Ui neu erlernten Fähigkeiten in Gestik und Rhetorik, werden zum ersten Mal herausgestellt.[42]

Gleichzeitig werden in dem Zeitraum zwischen den beiden Ereignissen die Grundpfeiler der NS-Diktatur errichtet.

Im Ui lässt Brecht durch das Zusammenziehen des Prozesses das faktische Scheitern der Nazis am Restbestand bürgerlicher Justiz weg und hebt nur die Gleichschaltung der Justiz hervor.[43]


Abschnitt vier ist eine Anspielung auf das Testament Hindenburgs und auf den sog. ´Röhmputsch`.

Am Anfang der Szene schreibt Givola ein neues Testament.


(Givola:)

So hinterlaß ich, Dogsborough, dem guten

Fleißigen Givola meine Kneipe, dem tapfern

Nur etwas hitzigen Giri hier mein Landhaus

Dem biederen Roma meinen Sohn. Ich bitt euch

Ich bitt euch den Giri zum Richter zu machen und den Roma

Zum Polizeichef, [ .]. Ich empfehl euch herzlich

Arturo Ui für meinen eigenen Posten.[44]


Brecht spielt mit der Testamentszene auf den aufkommenden Verdacht der Fälschung an, der dadurch entstand, dass


Nach Hindenburgs Tod das Testament zunächst nicht aufgefunden wurde, dass der zweite Teil (der Brief an Hitler) bei der offiziellen Publikation 14 Tage nach Hindenburgs Tod nicht mit veröffentlicht wurde, zunächst sogar die Existenz des Testaments bestritten wurde.[45]

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(Ui:)

[ .], denn nach Schutz

Schrein nicht nur Cicero und Chicago, sondern

Auch andre Städte: Washington und Milwaukee!

Detroit! Toledo! Pittsburg! Cincinnati!

[ .] Flint! Boston! Philadelphia! Baltimore! St. Louis

Little Rock! Minneapolis! Columbus! Charleston! Und

New York! [ .].[48]

Brecht zielt mit dieser Aufzählung verfremdend auf die Unterwerfung weiterer Länder und somit auf den Weltmacht-Anspruch Hitlers.


Die von Brecht gewählten Ausschnitte aus dem historischen Gesamtbild dienen dazu, das „phänomen HITLER“[49] näher zu erklären.

Ui gelingt es den verbrecherischen Charakter des kapitalistischen Systems für sich zu nutzen und sich als politische Macht neben dem Karfioltrust zu etablieren.


Im Augenblick der zugespitzten Krise werden die ansonsten bestandsnotwendigen Rechtspositionen aufgegeben; die prinzipielle Affinität zwischen bürgerlicher Gesellschaft und Kriminalität setzt sich gegenüber moralischer Bedenken durch.[50]


Brecht wehrt sich gegen die Bezeichnung Hitlers als Hampelmann.


Hitler sei keine pathologische Erscheinung des bürgerlichen Politikers, sondern der Repräsentant einer kleinbürgerlichen Bewegung.[51]


Durch die absichtsvolle Reduzierung in das Gangstermilieu ist es Brecht gelungen, ein Phänomen der deutschen Geschichte zu entlarven. Eine „Individuation“[52] der .....

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