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Interpretation

Ein Jüngling liebt ein Mädchen Heinrich Heine. Analyse und Inter­pre­ta­tion

1.544 Wörter / ~4½ Seiten sternsternsternsternstern Autorin Merle S. im Mai. 2016
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Literaturanalysen zur Epoche Romantik: Die Abitur & Hausaufgabenhilfe: Interpretationen zu Joseph v. Eichendorff, Clemens Brentano, Heinrich Heine, ... Heinrich von Kleist (Textanalysen, Band 5)
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Dokumenttyp

Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Internatschule Schloss Hansenberg - Johannisberg

Note, Lehrer, Jahr

10 Punkte, 2015

Autor / Copyright
Merle S. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.15 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern
ID# 56682








Ein Jüngling liebt ein Mädchen - Heinrich Heine

Analyse und Interpretation

1.   Analyse

Das 1827 veröffentlichte Gedicht „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“ von Heinrich Heine aus dem Kapitel „Lyrisches Intermezzo“ aus dem „Buch der Lieder“ behandelt das zeitlose Thema Liebeskummer.

Heine beschreibt in diesem Gedicht, in einem sehr sachlichen und erzählenden Stil, die Geschichte eines jungen Mannes. Es behandelt das Thema Liebeskummer und beschreibt die unerwiderte Liebe dieses Mannes zu einer Frau.

Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen. Es reimen sich jeweils der zweite und vierte Vers. Bis auf Vers fünf und sechs ist das Gedicht im Zeilenstil geschrieben. In Vers fünf und sechs findet sich ein Enjambement.

Das Metrum ist nicht beständig, sondern besteht aus Jamben und Anapästen, wobei Vers eins, zwei und vier immer aus Jamben besteht und Vers drei aus Anapästen. Am Versende wechseln sich männliche und weibliche Kadenzen ab. Hierbei beginnt eine weibliche Kadenz gefolgt von einer männlichen und so weiter. Dieser ständige Wechsel unterstützt den Inhalt des Gedichts - den ständigen Wechseln zwischen den Personen und Gefühlen - stark. Das gesamte Gedicht ist in Parataxen geschrieben.

Der junge Mann im Frack betrachtet sehnsüchtig die Frau auf der Bank.
Der junge Mann im Frack betrachtet sehnsüchtig die Frau auf der Bank.

Durch den berichtenden Stil werden so gut wie keine bildlichen Figuren von Heine verwendet, dafür jedoch klangliche.

In Vers drei wiederholt sich das Wort „andre“. Diese Anapher kann durch die verschiedenen Bedeutungen, die diesem Wort zugeordnet werden, leicht beim ersten visuellen Überblick zu einer kurzweiligen Irritation führen. So ist beim ersten Mal der Mann gemeint, den das Mädchen liebt, bei der Wiederholung des Wortes jedoch ein Mädchen, in welches eben dieser Mann verliebt ist.

Ein weiteres Klangbild, ein Homöoteleuton findet sich in Vers sechs des Gedichtes mit den Worten „ersten besten“, hierbei stimmen im Gegensatz zu Alliteration die Wortenden statt den Wortanfängen überein. Dieses Klangbild führt zu einem guten und einfachen Lesefluss, was die Schlichtheit und Sachlichkeit des gesamten Gedichts noch einmal hervorhebt. Zusätzlich wird das darauffolgende Wort „Mann“, welches den Lesefluss abrupt beendet verstärkt hervorgehoben und betont.

Vers sieben und acht beginnen beide mit dem Wort „der“. Diese Anapher bezieht sich, genau wie die Wiederholung von dem Wort „andre“ in Vers drei auf verschiedene Personen. Hierbei bezieht sich das erste „der“ auf den Mann, den das Mädchen aus Trotz heiratet, die Wiederholung bezieht sich jedoch auf den Jüngling.

Die Antithese in Vers neun und zehn „es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu“ beschreibt die Zeitlosigkeit dieser „Geschichte“ und drückt aus, dass obwohl es eine Geschichte ist, also der Vergangenheit angehört, diese Geschichte sich in jeder Zeit und Epoche wiederholen kann, also immer aktuell oder eben „neu“ bleibt.

Die einzige bildliche Figur und Poetisierung des Gedichts findet sich in dem letzten Vers. Mit der Metapher „dem bricht das Herz entzwei“ beschreibt Heine nicht nur die Gefühle des Jünglings, sondern auch von jedem anderen, dem diese Geschichte widerfährt. Diese Metapher beschreibt sehr eindringlich den Liebeskummer, den die Betroffenen haben und bekräftigt somit die Aussage des Gedichts.

Während Heine in den ersten zwei Strophen die männlichen Reime „erwählt-vermählt“ und „Mann-dran“ verwendet, folgt in der letzten Strophe nur ein unreiner Reim „neu-entzwei“. Dieser unreine Reim unterbricht die Harmonie des Gedichts und spiegelt den Inhalt desselben wieder. Da sich das Gedicht weder an ein Reimschema, noch Metrum hält wird es der Universalpoesie zugeordnet, welche mit ihrer offenen Form  typisch für die Zeit der Romantik ist. Die Hauptmotive der Romantik waren Liebe und Sehnsucht. Die Romantik steht vor allem für das Streben nach Glück und dem idealen Leben.  Da es nach Auffassung der Romantiker kein glückliches Leben ohne Liebe gibt und die Liebe ein wichtiger Schritt zu einem erfüllten Leben darstellt und auch ein sehr starkes Gefühl der Menschen ist, wurde die Liebe eines der Hauptmotive der romantischen Lyrik. Auch dieses Gedicht von Heine handelt von einer Form der Liebe; der Liebeskummer, eine bestimmte und eher negative Form steht in diesem Gedicht im Mittelpunkt. Somit lässt sich das Gedicht der Romantik zuordnen.

 

2.   Interpretation

Der Autor des Gedichts, Heinrich Heine ist als Harry Heine 1797 in Düsseldorf geboren und 1856 in Paris gestorben. Heine wird oft als der letzte Dichter der Romantik beschrieben, gleichzeitig wird ihm auch nachgesagt derjenige zu sein, der diese überwunden hat. Sein Leben als Außenseiter, durch seine jüdische Herkunft und den Zwang nach Paris zu fliehen, prägte seine Schriften sehr.

Heine schrieb das Gedicht „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“ im Alter von circa  25 Jahren in Anlehnung an ein Ereignis seiner Jugend.

Das Gedicht ist auffallend sachlich und kühl geschrieben. Es werden nur Fakten aneinander gereiht, sodass sehr wenig Raum für Interpretationen bleibt.

Durch die klaren Aussagen, denen jede Ausschmückung und jedes Detail fehlt und die alltägliche Sprache, ist das Gedicht auf Jeden zu jeder Zeit anwendbar und hat somit eine allgemeine Gültigkeit.

Die Liebe wird in diesem Gedicht, im Gegensatz zu den meisten anderen Gedichten der Romantik nicht verherrlicht und ausgeschmückt oder detailreich erklärt. Heine schreibt weder über Aussehen noch Ausstrahlung der Personen in diesem Gedicht, das einzige Gefühl, was Heine darstellt ist der Liebeskummer des jungen Mannes, doch selbst dieser wird nicht weiter vertieft, sondern wie alles andere in diesem Gedicht nur festgestellt. Heine bringt damit die Banalität der Liebe zum Ausdruck, ebenso wie den Zufall, mit dem sich die Liebe auf die verschieden Menschen verteilt.

Heine stellt nicht das Scheitern der Liebe in den Mittelpunkt des Gedichts, sondern die Tatsache, dass diese Geschichte jeden treffen kann, jeden beliebigen Betroffenen verletzt und, dass es kein Trost ist zu wissen, dass es anderen auch so geht, ging oder gehen wird.

In der letzten Strophe schreibt Heine es wäre eine alte Geschichte, die doch immer neu bliebe. Und genau diese wahrheitsgemäße  Aussage macht er durch die klaren Statements möglich. Viele Menschen sowohl damals als auch heute kennen das Gefühl von unerwiderter Liebe und auch in der Zukunft wird es dieses Gefühl noch geben. Dieses Thema füllt ganze Bücher und Filme, aber auch Schauspiele und Lieder.

„Wem sie just passieret,“, schreibt Heine weiter „dem bricht das Herz entzwei.“ Mit dem Wort „just“ zeigt Heine wie unerwartet und auch zufällig einen diese Situation treffen kann, sodass eigentlich niemand davon ausgeht, selbst einmal davon betroffen zu sein. Wenn einem diese Situation dann doch wiederfährt, unerwartet und zufällig, wie eben beschrieben, dann reist es ihm oder ihr den Boden unter den Füßen weg und nur, wer dieses Gefühl schon einmal erlebt hat, weiß wie es sich anfühlt.

Der eine oder andere Betroffene ist vielleicht in der Lage besser mit dem Verlust umzugehen, doch ein gebrochenes Herz haben alle und jeder muss lernen damit umgehen zu können und es zu überwinden.

Die verschiedenen Bedeutungen, die den gleichen Worten (andern/andern V3; der/der V7/8) zukommen zeigen den wechselnden und zufälligen Charakter der Liebe. Durch Verwendung der alltäglichen Sprache, der jede Ausschmückung fehlt, stellt Heine die Alltäglichkeit der Liebe dar und, dass diese oft vorkommt. So ist es normal, wenn diese auch einen selbst trifft.

Die betonte Gleichgültigkeit, mit der Heine die Ereignisse schildert, lässt vermuten, dass eine persönliche Erfahrung mit diesem Gedicht zusammenhängt.
Der junge Heinrich Heine verliebte sich 1814, mit 18 Jahren in seine Cousine Amalie, auch Molly genannt aus Hamburg. Im Jahr 1816 wechselt er in das Bankhaus seines Onkels Salomon nach Hamburg und berichtet voller Vorfreude einem Freund: „Mit ihr kehrt auch meine Muse zurück. Seit 2 Jahr hab ich sie nicht gesehen. Altes Herz was freust du dich und schlägst so laut!“[1] Doch dort angekommen musste Heinrich Heine feststellen, dass die Cousine von seiner Liebe nichts wissen wollte. So schreibt er in einem Brief „Sie liebt mich nicht!“ und weiter „In den ersten Wörtchen liegt der ewig lebendige Himmel, aber auch in dem letzten liegt die ewig lebendige Hölle.“[2] Doch auch Amalies Liebe zu einem anderen Mann wurde nicht erwidert, woraufhin die verzweifelte Amalie 1821 John Friedländer aus Ostpreußen, der ein Gutsbesitz in Königsberg hatte heiratete.

Heine, der leer ausging, also in dem Fall der Jüngling war, schrieb zunächst in Briefen an Freunde über diese Ereignisse, bis er seine unerwiderte Liebe zu Amalie im „Buch der Lieder“ verarbeitete, aus welchem auch das zu interpretierende Gedicht stammt. In Vers neun des Gedichts („Es ist eine alte Geschichte“) zitiert Heine sich selbst. Denn genau diesen Satz schrieb er auch in einem der Briefe an seine Freunde, in denen er seinen Kummer zum Ausdruck brachte. In diesem Brief bezeichnete er seine Cousine Amalie auch als eine Klippe, an welcher sein Verstand scheiterte. Auch wenn Heine ziemlich schnell nach seiner Ankunft in Hamburg gemerkt hatte, dass seine Liebe nicht erwidert wurde, hielt diese die ganze Zeit in Hamburg an und auch während seines Studiums ab 1819 in Bonn ließ ihn seine Liebe zu ihr nicht los. Erst nach der Hochzeit seiner Cousine, 1821 ließ seine Liebe für sie stark nach, sodass er sie 1827, als er sie nach 11 Jahren wieder traf nur noch eine „dicke Frau, der man nachsagt ich sey einst verliebt in sie gewesen“[3]nannte.

 

 

 

3.   Fazit

Abschließend ist zu sagen, dass der Autor Heinrich Heine die Erfahrungen mit seiner Cousine Amalie aus seiner Jugendzeit in Hamburg und den darauffolgenden Jahren in diesem, der Epoche der Romantik zu zuordneten Gedicht schildert. Heine beschreibt in diesem Gedicht die Gefühle der Hilflosigkeit und Trauer, die ein gebrochenes Herz verursacht und die Tatsache, dass dieses immer unerwartet eintrifft.
Durch die nüchterne Erzählweise, die er wählt kann das Gedicht auf jede beliebige Person zu jeder beliebigen Zeit angewendet werden und ist somit zeitlos.



[1] Heinrich Heine an Christian Sethe am 6. Juli 1816 (HSA Bd. 20, S. 17)

[2] Heinrich Heine an Christian Sethe am 27. Oktober/20. November 1816 (HSA Bd. 20, S. 19)

[3] Heinrich Heine an Karl August Varnhagen von Ense am 19. Oktober 1827 (HSA Bd. 20, S. 300)


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