Ein Volksfeind von Henrik Ibsen (film 1970)
Ein fiktives Interview mit den Schauspielern
Heinrich George(=Tomas Stockmann) / Hans Müller(=Peter
Stockmann)
Reporter:
Hallo Herr George, hallo Herr Müller.
Sie haben gerade die Personen Tomas und Peter Stockmann in „Ein Volksfeind“
verkörpert. Bitte stellen Sie doch mal kurz Ihre Rolle vor.
Heinrich George:
Hi, also ich spiele den Badearzt
Tomas Stockmann. Er ist glücklich verheiratet und hat drei Kinder. Tomas
entdeckt, dass das Heilwasser seines Heimatorts von krankheitserregenden
Mikroorganismen durchsetzt ist. Im Interesse der Allgemeinheit möchte er den
Befund in der Zeitung veröffentlichen.
Hans Müller:
Genau und ich spiele seinen Bruder,
Peter, er ist der Stadtrat des Ortes und hält Tomas schwere Bedenken entgegen,
dass die Veröffentlichung des Problems schwere Wirtschaftliche Folgen hätte.
Peter ist ein Macht- und Realist Mensch, der viel Einfluss besitzt.
Reporter:
So, wie sich das anhört, scheint
Tomas ja das Wohl der Menschen sehr am Herz zu liegen.
George:
Da haben Sie Recht. Moralische
Grundwerte sind für Tomas sehr wichtig und er könnte es mit seinem Gewissen
nicht vereinbaren, dass die Besucher des Kurbades in einem Verseuchten Wasser
baden.
Müller:
Recht hat Tomas damit natürlich, doch
Peter denkt auch an die Wirtschaftlichen Folgen. Es würden hohe Kosten für die
Reparaturen für die Allgemeinheit anfallen, da die Wasserleitungen neu verlegt
werden müssten und bei einer Schließung hätten die Bürger keine Mieteinnahmen,
von Besuchern des Kurortes, mehr.
Reporter:
Oh das hört sich nach einem großen
Konflikt an. Wie kommt es denn dann zum Volksfeind?
George:
Das kommt davon, dass Tomas Stockmann
sich nicht belehren lässt und einfach nur starr nach seinem Muster vorgeht und
erst damit alle auf seiner Seite sieht. Aber nach und nach erkennen
die Leute, dass es doch sehr schlecht
wäre wenn Ihnen der Ertrag aus dem Kurbad entfallen würde und so stellen sich
die Leute dann auf Peter Stockmanns Seite.
Müller:
Ich würde es genauso beschreiben.
Aber man könnte auch sagen, dass Tomas einfach nur alles richtig macht, aber
die Leute sich blenden lassen von allen wirtschaftlichen Faktoren in diesem
Stück. Der Badearzt wird auch erst als Volksfreund betitelt und später auf der
Versammlung wird ihm der Titel des Volksfeindes von den Hausbesitzern
verliehen.
Reporter:
Sie sagen dass die
Hausbesitzer und der Stadtrat Peter Stockmann sich sozusagen zusammenschließen
gegen Tomas. Könnte man das auch so als politischem Zusammenschluss sehen?
Müller:
Ja ich sehe das so, dass sich die konservativen
Hausbesitzer und der wirtschaftlich denkende Peter sich gegen den freidenkenden
und liberalen Tomas Stockmann verbünden.
George:
Ja da hat Herr Müller Recht. Man
könnte sagen sie bilden eine Koalition und ziehen noch die Medien mit auf ihre
Seite, so dass Tomas Stockmann ganz alleine gegen alle da steht.
Reporter:
Steht Tomas Stockmann denn wirklich
alleine da?
Müller :
Nein, denn er hat noch Hilfe von
seiner Familie am meisten unterstützt ihn seine Tochter Petra. Er bekommt
außerdem noch Hilfe von seinem Freund dem Kapitän Horster, der ihm sein Haus zu
Verfügung stellt und sich damit auch am Rande der Gesellschaft bewegt und
gefeuert wird von seinem Reeder, nur weil er geholfen hat, dass ein freier Mann
seine freie Meinung zu äußern.
Reporter:
Also wird in diesem Stück nicht nur
Tomas Stockmann Unrecht getan?
George:
Man kann das doch nicht nur als
Unrecht ansehen. Man muss doch auch mal an die Folgen denken, wenn so ein
Skandal in unserer heutigen Welt passiert, wäre es doch genauso.
Müller:
Ja, da magst du wohl Recht mit haben.
Aber in unserer heutigen Zeit haben wir doch auch freie Meinungsäußerung und
können doch vertreten was wir wollen. Also wenn man dies so sieht, werden in
diesem Stück Tomas und seiner Familie und dem Kapitän Horster Unrecht getan.
Reporter:
Man sieht dass Sie auch nicht
derselben Meinung sind. Macht es dann das Spielen leichter, wenn man sich in
die Person besser versetzten kann?
Müller:
Ja, es macht sich schon besser wenn
man sich mit der Person identifizieren kann und das kann ich sehr gut, denn ich
bin derselben Ansicht wie Tomas. Man muss einfach die Wahrheit sagen egal
welchen Preis man zahlt und die Kurbadverwaltung hätte vorher die Gegebenheiten
prüfen sollen. Aber das kommt immer erst wenn es zu spät ist…
George:
Ich unterbreche dich jetzt einfach
mal. Ich würde auch sagen dass es gut ist wenn man sich identifizieren kann mit
der zuspielenden Person. Aber das Stück spielt in einer Zeit, wo man die
technischen Voraussetzungen noch nicht hatte, um solche Prüfungen
durchzuführen. Die Leute wollen einfach nur gut leben und das geht in diesem
Stück halt nur mit der Inbetriebnahme des Kurbades.
Reporter:
Klar das kann man verstehen, das
beide Seiten ihren Standpunkt haben, aber wäre es nicht sinnvoll irgendwie
einen Konsens zu finden? Weil mit diesem Punkt im Stück wäre es ja für beide
Seiten negativ.
Müller:
Klar, es müsste
irgendeinen Konsens geben, aber damals war es halt schwer einen zu finden, denn
die Hausbesitzer hatten viel Macht und sie stärkten der Stadtverwaltung den
Rücken, somit war es kaum möglich eine vernünftige Übereinkunft zu finden.
George:
Da stimme ich Herr Müller zu.
Reporter:
OK. Das war meine letzte Frage. Ich
danke Ihnen beiden für dieses sehr informative Interview und wünsche Ihnen für
die nächste Aufführung Hals-und-Bein-bruch.
Geroge & Müller:
Vielen Dank.